VwGH Ra 2017/10/0006

VwGHRa 2017/10/000625.1.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision der K W in S, vertreten durch Mag. Roland Reisch, Rechtsanwalt in 6370 Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11a, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 10. Oktober 2016, Zl. LVwG-2015/41/2360-16, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der außerordentlichen Revision (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel), den Beschluss gefasst:

Normen

ABGB §1332;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
B-VG Art144 Abs3 idF 2012/I/051;
Verwaltungsgerichtsbarkeits-AusführungsG 2013;
VwGG §25a Abs5 idF 2013/I/033;
VwGG §26 Abs4 idF 2013/I/033;
VwGG §34 Abs1 idF 2013/I/033;
VwGG §46 Abs1 idF 2013/I/033;
VwGG §46 Abs2 idF 2013/I/033;
VwRallg;
ABGB §1332;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
B-VG Art144 Abs3 idF 2012/I/051;
Verwaltungsgerichtsbarkeits-AusführungsG 2013;
VwGG §25a Abs5 idF 2013/I/033;
VwGG §26 Abs4 idF 2013/I/033;
VwGG §34 Abs1 idF 2013/I/033;
VwGG §46 Abs1 idF 2013/I/033;
VwGG §46 Abs2 idF 2013/I/033;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

4 Hat das Verwaltungsgericht ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 Die Gründe für die Revisionszulässigkeit sind gesondert anzuführen, ein Verweis auf die sonstigen Revisionsausführungen genügt nicht (vgl. die hg. Beschlüsse vom 4. Juli 2016, Zl. Ra 2016/04/0047, und vom 22. Jänner 2015, Zl. Ra 2014/06/0054). Die vorliegende Revision enthält keine derartige gesonderte Zulässigkeitsbegründung, sondern verweist insofern lediglich auf das Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer - im Rahmen der Revisionsgründe -

"im nachfolgenden erörterten Rechtsfrage".

6 Davon abgesehen trifft es nicht zu, dass zu den hier relevanten Fragen (Rechtswirkungen der Abtretung einer an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG; Pflicht des Rechtsvertreters, sich über Rechtsänderungen zu informieren) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt. Der Gerichtshof hat im hg. Beschluss vom 24. Februar 2016, Zlen. Ra 2015/09/0145 und 0016, Folgendes ausgeführt:

"Aus der eindeutigen Regelung der § 26 Abs. 4 iVm § 25a Abs. 5 VwGG folgt, dass bei Abtretung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG die Revisionsfrist erst mit der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes an den Einschreiter zu laufen beginnt und dieser (als Revision zu bezeichnende) Schriftsatz vom Revisionswerber dann bei dem Verwaltungsgericht einzubringen ist, dessen Entscheidung er bekämpft. Die vom Revisionswerber vermeinte ‚Weiterbehandlung' der abgetretenen Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof scheidet im vorliegenden Fall schon deshalb aus, weil der Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 B-VG seit 1. Jänner 2014 zur Entscheidung über Revisionen gegen Erkenntnisse oder Beschlüsse der Verwaltungsgerichte zuständig ist. Eine zwischenzeitige Information des Verwaltungsgerichtshofes durch den Verfassungsgerichtshof setzt somit - im Gegensatz zur Rechtslage vor der Einführung des ‚Revisionsmodells', als sowohl der Verfassungsgerichtshof wie auch der Verwaltungsgerichtshof mit ‚Beschwerden' angerufen werden konnten - kein Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof in Gang, sondern es obliegt dem Revisionswerber bei sonstiger Fristversäumung die Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen, welches diese dann dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen hat.

...

Im vorliegenden Fall ist die Rechtslagenänderung, wodurch die Bekämpfung von Entscheidungen der (‚neuen' erstinstanzlichen) Verwaltungsgerichte mittels Revisionen eingeführt wurde, bereits mit 1. Jänner 2014 und sohin mehr als ein Jahr vor dem Zeitpunkt der Abtretung der gegenständlichen Beschwerde seitens des Verfassungsgerichtshofes in Kraft getreten ...; dabei erfolgte eine massive Änderung in der Rechtsmittelsystematik, die zweifelsohne eine rechtzeitige Nachschau auch in die Bestimmungen des VwGG, welches neben dem B-VG die Kernregelungen zu den in die Kompetenz des VwGH fallenden Revisionen beinhaltet, notwendig gemacht hätte. Wenn das Verwaltungsgericht angesichts dessen in der zugestandenen Unterlassung des berufsmäßigen Parteienvertreters, sich mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen rechtzeitig vertraut zu machen, ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden erblickt und deshalb den Wiedereinsetzungsantrag abweist, so steht dies der aufgezeigten ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht entgegen (vgl. den hg. Beschluss vom 30. Mai 2012, 2012/22/0053, wonach von einem Rechtsanwalt zu erwarten ist, dass er sich über Änderungen der in laufenden Verfahren maßgeblichen Rechtslage informiert hält und Vorkehrungen trifft, um in diesen Verfahren entsprechend reagieren zu können)."

7 Das Verwaltungsgericht ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen.

8 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. Jänner 2017

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