VwGH Ra 2017/05/0036

VwGHRa 2017/05/003629.3.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revisionen der revisionswerbenden Parteien *****, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 6. Dezember 2016, Zlen. VGW- 111/082/6868/2016-10 (betreffend den Erstrevisionswerber, protokolliert zur hg. Zl. Ra 2017/05/0036) und VGW- 111/V/082/6870/2016 (betreffend die Zweitrevisionswerberin, protokolliert zur hg. Zl. Ra 2017/05/0037), und gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 6. Dezember 2016, Zl. VGW-111/V/082/6872/2016 (betreffend die Drittrevisionswerberin, protokolliert zur hg. Zl. Ra 2017/05/0038), betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Partei: *****), den Beschluss

Normen

BauO Wr §134a Abs1;
BauRallg;
BauO Wr §134a Abs1;
BauRallg;

 

Spruch:

gefasst:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit der angefochtenen Entscheidung wies das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 25. April 2016, mit welchem der mitbeteiligten Partei unter anderem die Baubewilligung für die Errichtung eines unterkellerten einstöckigen Wohngebäudes für eine Wohnung auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien erteilt worden war, hinsichtlich der Drittrevisionswerberin mangels Parteistellung als unzulässig zurück und hinsichtlich der Erst- und Zweitrevisionswerber als unbegründet ab. Unter einem wurde ausgesprochen, dass gegen diese Entscheidungen jeweils eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

5 Die Revisionswerber behaupten in der Zulässigkeitsbegründung zunächst ein Abgehen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weil das Verwaltungsgericht auf Grund "der Zurückweisung des Ehepaares (die Erst- und Zweitrevisionswerber) im erstinstanzlichen Verfahren" lediglich dazu befugt gewesen sei, darüber abzusprechen, ob die von der Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen sei. Dazu genügt es darauf hinzuweisen, dass mit dem in Rede stehenden erstinstanzlichen Spruch die Erst- und Zweitrevisionswerber bzw. deren Einwendungen nicht zurückgewiesen worden sind, sondern (unter anderem) die seitens der mitbeteiligten Partei beantragte Baubewilligung erteilt wurde, wobei die von den Nachbarn dagegen erhobenen Einwendungen in der Begründung dieses Bescheides behandelt wurden. Dieses Vorbringen ist somit nicht geeignet, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.

6 Der Vorwurf der Revisionswerber, das Verwaltungsgericht habe in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen, ist nicht berechtigt. Die Revisionswerber haben im Beschwerdeverfahren die von der Baubehörde getroffenen Tatsachenannahmen nicht bestritten und keinen neuen, die von ihnen geltend gemachten Einwendungen betreffenden Sachverhalt behauptet. Insbesondere lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen, dass bzw. welche (weiteren) nach den Bestimmungen der Bauordnung für Wien allenfalls relevanten Einwendungen der Revisionswerber anlässlich der seitens der Baubehörde durchgeführten Verhandlung nicht protokolliert worden seien, was im Übrigen auch in den Zulässigkeitsgründen nicht dargelegt wird. Es ist daher nicht zu erkennen ist, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien eine weitere Klärung der Rechtssache im Sinn des § 24 Abs. 4 VwGVG hätte erwarten lassen. Der EGMR hat im Übrigen mit Blick auf Art. 6 EMRK die Auffassung vertreten, dass eine Verhandlung nicht in jedem Fall geboten ist, und zwar insbesondere dann nicht, wenn - wie hier - keine Fragen der (maßgeblichen) Beweiswürdigung auftreten oder die (maßgeblichen) Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2017, Zl. Ra 2016/05/0066, mwN).

7 Zu den weiters geltend gemachten Verfahrensmängeln (Verletzung des Parteiengehörs und der Begründungspflicht) ist auszuführen, dass die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraussetzt, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 28. Juni 2016, Ra 2016/06/0071, mwN). Die genannten Kriterien werden in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht dargestellt. Insbesondere geht daraus nicht hervor, welche konkreten Feststellungen das Verwaltungsgericht bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensmängel hätte treffen müssen, um zu einer anderen, für die Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage als der von ihm angenommenen zu gelangen, wobei dem Vorbringen der Revisionswerber, mit welchem sie sich auf Einwendungen berufen, die im Verfahren nicht geltend gemacht wurden, das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot entgegensteht.

8 Bemerkt wird, dass es sich bei den Festlegungen im Bebauungsplan hinsichtlich der Mindestdachneigung um Festlegungen aus Gründen des Stadtbildes bzw. aus schönheitlichen Rücksichten handelt, hinsichtlich derer dem Nachbarn nach § 134a Abs. 1 BO kein Mitspracherecht zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2002/05/1507). Zudem übersehen die Revisionswerber mit ihrer Behauptung, durch den gegenständlichen Baubewilligungsbescheid würden die für ihre Nachbargrundstücke festgesetzten Baufluchtlinien abgeändert werden, dass die (allfällige) Festsetzung von Fluchtlinien gemäß § 5 Abs. 6 BO im Bebauungsplan zu erfolgen hat.

9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen dargelegt, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

10 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 29. März 2017

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