Normen
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs4;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §24 Abs2 idF 2013/I/033;
VwGG §26 Abs1 idF 2013/I/033;
VwGG §26 Abs3 idF 2013/I/033;
VwGG §46 Abs1 idF 2013/I/033;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
VwGG §46 Abs4;
VwGG §61 Abs3;
VwGG §62 Abs1;
Spruch:
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
Begründung
1 1. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 8. August 2017 wurde die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Bescheid der belangten Behörde, mit welchem Art und Ausmaß der Grundumlagenpflicht der Antragstellerin für das Kalenderjahr 2016 mit EUR 589 festgesetzt worden war, als unbegründet abgewiesen. Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.
2 Dieses Erkenntnis wurde dem Geschäftsführer der Antragstellerin - dies ergibt sich aus dem im Akt erliegenden Rückschein - am 19. September 2017 ausgehändigt. Von diesem Zustelldatum ausgehend endete die sechswöchige Revisionsfrist am 31. Oktober 2017.
3 2. Mit dem am 23. November 2017 zur Post gegebenen Schriftsatz eingelangt beim Verwaltungsgerichtshof am 27. November 2017 beantragte die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist und stellte unter einem den Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts zur Erhebung der außerordentlichen Revision.
4 Zur Wiedereinsetzung brachte die Antragstellerin vor, der Geschäftsführer der Antragstellerin sei etwa zwei Wochen nach Zustellung des anzufechtenden Erkenntnisses an einem schweren und außergewöhnlich langwierigen grippalen Infekt erkrankt, weshalb er nicht fähig gewesen sei, die laufenden Schreibtischarbeiten zu erledigen. In der Folge habe er die Rechtsmittelfrist versäumt. Diese Erkrankung stelle ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis dar. Eine Besserung des gesundheitlichen Zustandes sei erst ungefähr am 10. November 2017 eingetreten. Der Antragsteller (gemeint wohl: der Geschäftsführer) habe sich erst ab diesem Zeitpunkt um die liegen gebliebenen Arbeiten kümmern können. Die versäumte Prozesshandlung - der Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe - werde unter einem nachgeholt.
5 Dem gegenständlichen Antrag sind Kopien einer ärztlichen Bestätigung und einer "Bestätigung" des Bruders des Geschäftsführers "als Beweismittel" beigeschlossen.
6 3.1. Gemäß § 24 Abs. 1 zweiter Satz VwGG sind Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen, der gemäß § 61 Abs. 3 leg. cit. über derartige Anträge entscheidet. Mangels diesbezüglicher näherer Vorschriften im VwGG - § 46 Abs. 3 und 4 VwGG enthält Regelungen betreffend die Wiedereinsetzung nach erfolgter Einbringung der Revision bzw. für den Fall der Versäumung der Revisionsfrist - sind Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Verfahrenshilfeantrages in derartigen Angelegenheiten gemäß § 62 Abs. 1 VwGG iVm § 71 Abs. 4 AVG beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen und hat der Verwaltungsgerichtshof über diese Anträge zu entscheiden (vgl. VwGH, 23.9.2014, Ra 2014/01/0070).
7 3.2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist entgegen § 24 Abs. 2 VwGG nicht von einem Rechtsanwalt eingebracht. Ein Auftrag an den Antragsteller, den Wiedereinsetzungsantrag, der entgegen der Bestimmung des § 24 Abs. 2 VwGG nicht durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abgefasst und eingebracht wurde, zu verbessern, erübrigt sich, wenn der Antrag zweifelsfrei erkennen lässt, dass keinerlei Anhaltspunkte für die Stattgebung des Wiedereinsetzungsantrages gegeben sind und somit auch nach Behebung des Formgebrechens die Bewilligung der Wiedereinsetzung ausgeschlossen wäre (vgl. etwa VwGH 11.9.2013, 2013/02/0152, mwN). Davon ist fallbezogen aufgrund nachstehender Begründung auszugehen.
8 § 46 Abs. 1 VwGG lautet: "(1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt." Im Wiedereinsetzungsantrag ist konkret jenes unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis zu bezeichnen, das den Wiedereinsetzungswerber an der Einhaltung der Frist gehindert hat (vgl. etwa VwGH 26.4.2010, 2010/10/0070, mwN).
9 Im vorliegenden Fall ist das "Ereignis", welches die Antragstellerin nach dem Antragsvorbringen an der Einhaltung der Frist zur Stellung eines Verfahrenshilfeantrags gehindert hat, darin gelegen, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin krankheitsbedingt keine Schreibtischarbeiten habe erledigen können.
10 Nach der hg. Rechtsprechung erfüllt eine krankheitsbedingte Säumnis die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann, wenn die Krankheit zu einer Dispositionsunfähigkeit des Betroffenen geführt hat oder die Dispositionsfähigkeit so stark beeinträchtigt hat, dass das Unterlassen der fristwahrenden Handlung als auf einem Versehen bloß minderen Grades beruhend zu beurteilen ist (vgl. VwGH 23.9.2014, Ra 2014/01/0070, mwN). Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt nur vor, wenn die Partei auch daran gehindert war, der Fristversäumung durch andere geeignete Dispositionen - im Besonderen durch Beauftragung eines Vertreters - entgegen zu wirken (vgl. VwGH 26.4.2001, 2000/20/0336).
11 Dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag ist - auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Dokumente - keinerlei substanziierter Hinweis dafür zu entnehmen, dass die Dispositionsfähigkeit des Geschäftsführer der Antragstellerin derart beeinträchtigt gewesen wäre, dass er nicht in der Lage gewesen wäre, der Fristversäumung - zumindest durch Bestellung eines Vertreters - entgegenzuwirken, zumal das anzufechtende Erkenntnis laut Zustellnachweis bereits zwei Wochen vor Auftreten der vorgebrachten Erkrankung zugestellt worden war und eine Unkenntnis des Zustellvorgangs seitens des Geschäftsführers nicht behauptet wurde.
12 Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher gemäß § 46 Abs. 1 VwGG nicht stattzugeben.
Wien, am 29. Jänner 2018
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