VwGH Ra 2017/03/0086

VwGHRa 2017/03/00861.10.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des M D in B, vertreten durch Dr. Paul Kreuzberger, Mag. Markus Stranimaier und Mag. Manuel Vogler, Rechtsanwälte in 5500 Bischofshofen, Franz‑Mohshammerplatz 14, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 24. Juli 2017, Zl. 405‑4/1207/1/14‑2017, betreffend Übertretung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes ‑ GGBG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau), zu Recht erkannt:

Normen

ADR 1973 7.5.7.1
GGBG 1998 §13 Abs1a Z3
GGBG 1998 §15a
GGBG 1998 §15a Abs1
GGBG 1998 §15a Abs2
GGBG 1998 §15a Abs3
GGBG 1998 §15a Abs4
GGBG 1998 §37 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017030086.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von Euro 1.346,40 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Das vom Revisionswerber vertretene Unternehmen D hatte am 23. November 2016 eine Beförderung gefährlicher Güter ‑ UN 1993 entzündbarer flüssiger Stoff - durchgeführt. Anlässlich einer Kontrolle durch Organe der Straßenaufsicht wurde festgestellt, dass die Versandstücke (10 Fässer) auf der Ladefläche des LKW nach einer Seite hin gänzlich ungesichert standen und hinter den Versandstücken eine ungesicherte Palette befördert worden war, wodurch zwei der Fässer bereits verformt waren.

2 In dem gegen den Revisionswerber als Beförderer wegen des Vorwurfs einer Übertretung des § 13 Abs. 1a Z 3 GGBG (er habe es unterlassen, sich zu vergewissern, dass die Ladung keine den maßgebenden Vorschriften widersprechenden Mängel aufweise) eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren rechtfertigte er sich (zusammengefasst) damit, er selbst habe nach Beladung und vor Abfahrt des LKW die Ladung auf Mängel, Verpackung und Ladungssicherheit kontrolliert und dabei keine Mängel feststellen können; erst nachträglich sei im Zuge des Abladens eines Teils der beförderten Güter eine Umstellung der Ladung durch den Fahrer erfolgt.

3 Mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis wurde dem Revisionswerber ‑ in Bestätigung eines entsprechenden Straferkenntnisses der belangten Behörde ‑ eine Übertretung des § 13 Abs. 1a Z 3 GGBG angelastet. Der Revisionswerber habe es als Verantwortlicher der Firma D, die eine Beförderung gefährlicher Güter durchgeführt habe, „unterlassen, sich im Rahmen des § 7 Abs. 1 GGBG zu vergewissern, dass die Fahrzeuge und die Ladung keine den gem. § 2 Z 1 GGBG in Betracht kommenden Vorschriften widersprechenden offensichtlichen Mängel ... aufweisen“. Die gefährliche Güter enthaltenden Versandstücke seien nicht durch geeignete Mittel gesichert gewesen, die in der Lage gewesen wären, die Güter im Fahrzeug so zurückzuhalten, dass eine Bewegung während der Beförderung, durch die die Ausrichtung der Versandstücke verändert wird oder die zu deren Beschädigung führt, verhindert werde. Am Ende des Spruchs findet sich die Wendung

„Unterabschnitt 7.5.7.1. zweiter Satz ADR

Absatz 1.4.2.2.1 lit c ADR

GEFAHRENKATEGORIE I“

Wegen dieser Übertretung wurde über den Revisionswerber gemäß § 37 Abs. 2 Z 8 GGBG eine Geldstrafe von 750,‑ ‑ Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Die ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

4 Das Verwaltungsgericht legte dieser Entscheidung (zusammengefasst) zu Grunde, dass die anlässlich der Kontrolle festgestellte (eingangs beschriebene) Art und Weise der Beförderung nicht ordnungsgemäß gewesen sei, weil keine ausreichende Ladungssicherung bestanden habe.

5 Der Revisionswerber habe zwar seine Verantwortlichkeit unter Hinweis auf das von ihm eingerichtete Kontrollsystem bestritten. Diesem komme aber keine exkulpierende Wirkung zu, weil mit ihm die Überwachung des Zustands aller im Betrieb eingesetzter Fahrzeuge nicht sichergestellt habe werden können.

6 Vom Revisionswerber sei zwar auch die Einstufung in die Gefahrenkategorie I bestritten worden. Der dazu beantragte Sachverständigenbeweis sei jedoch als unzulässiger Erkundungsbeweis zu werten, zumal schon im Verfahren vor der belangten Behörde durch den Gefahrgutsachverständiges Ing. H eine Einstufung in die Gefahrenkategorie I vorgenommen worden sei. Dies sei damit begründet worden, dass die gefährlichen Güter zur Seite überhaupt nicht gesichert gewesen seien und die Versandstücke durch die dahinter stehende ‑ zur Seite und nach vorne ebenfalls ungesicherte ‑ Palette bereits verformt worden seien. Bei der Einstufung sei nicht abzustellen „auf das Gefahrgut sondern auf die Ladesicherung“. Soweit der Revisionswerber dazu geltend gemacht habe, die beförderten Stoffe seien der Gefahrenklasse III zuzuordnen, sei er auf ADR 7.5.7. zu verweisen, wonach „auch nicht gefährliches Gut genauso gut gesichert“ sein müsse wie gefährliches. Für die Einstufung in die Gefahrenkategorie sei nicht das Gefahrenpotential des beförderten Gutes entscheidend, sondern der Umstand, dass „keinerlei Ladungssicherung“ vorgelegen sei. Unter Einstufung in die Gefahrenkategorie I reiche der Strafrahmen von 750,‑ ‑ bis 50.000,‑ ‑ Euro, sodass ohnehin nur die Mindeststrafe verhängt worden sei.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vom Verwaltungsgericht zusammen mit den Verfahrensakten vorgelegte ‑ außerordentliche ‑ Revision.

8 Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

9 Die Revision ist aus dem von ihrer Zulassungsbegründung geltend gemachten Grund, wonach (zusammengefasst) die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Einstufung in die Gefahrenkategorie nicht den von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs geforderten Kriterien an die Begründung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung genüge, zulässig. Sie ist insofern auch begründet.

10 Hinsichtlich der maßgebenden Rechtslage und den Anforderungen an eine Entscheidung betreffend die Bestrafung eines Beförderers gefährlicher Güter wegen einer Übertretung des GGBG wird zunächst gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf VwGH 20.3.2018, Ra 2017/03/0092, verwiesen. Fallbezogen ist daraus Folgendes hervorzuheben:

11 § 13 Abs. 1a Z 3 GGBG verlangt vom Beförderer gefährlicher Güter, „sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Fahrzeuge und die Ladung keine den gemäß § 2 Z 1 in Betracht kommenden Vorschriften widersprechenden offensichtlichen Mängel, insbesondere keine Undichtheiten oder Risse aufweisen und dass keine Ausrüstungsteile fehlen“.

12 Bei der iSd § 2 Z 1 GGBG maßgebenden Vorschrift handelt es sich um das Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR).

13 Dessen Punkt 7.5.7.1 lautet:

„7.5.7. Handhabung und Verstauung

7.5.7.1 Die Fahrzeuge oder Container müssen gegebenenfalls mit Einrichtungen für die Sicherung und Handhabung der gefährlichen Güter ausgerüstet sein. Versandstücke, die gefährliche Güter enthalten, und unverpackte gefährliche Gegenstände müssen durch geeignete Mittel gesichert werden, die in der Lage sind, die Güter im Fahrzeug oder Container so zurückzuhalten (z.B. Befestigungsgurte, Schiebewände, verstellbare Halterungen), dass eine Bewegung während der Beförderung, durch die die Ausrichtung der Versandstücke verändert wird oder die zu einer Beschädigung der Versandstücke führt, verhindert wird. Wenn gefährliche Güter zusammen mit anderen Gütern (z.B. schweren Maschinen oder Kisten) befördert werden, müssen alle Güter in den Fahrzeugen oder Containern so gesichert oder verpackt werden, dass das Austreten gefährlicher Güter verhindert wird. Die Bewegung der Versandstücke kann auch durch das Auffüllen von Hohlräumen mit Hilfe von Stauhölzern oder durch Blockieren und Verspannen verhindert werden. Wenn Verspannungen wie Bänder oder Gurte verwendet werden, dürfen diese nicht überspannt werden, so dass es zu einer Beschädigung oder Verformung des Versandstücks kommt. ...

Die Vorschriften dieses Unterabschnitts gelten als erfüllt, wenn die Ladung gemäß der Norm EN 12195‑1:2010 gesichert ist.“

14 Die Erfüllung der den Beförderer (u.a.) nach dem GGBG treffenden rechtlichen Verpflichtungen bei betrieblicher arbeitsteiliger Aufgabenerfüllung erfordert ‑ insbesondere zur Umsetzung der gegenüber den Mitarbeitern bestehenden Kontrollpflichten ‑ die Einrichtung eines wirksamen begleitenden Kontrollsystems, durch welches die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften jederzeit sichergestellt werden kann.

15 Vor diesem Hintergrund ist zunächst festzuhalten, dass es keinem Zweifel unterliegen kann, dass der bei der Kontrolle festgestellte Zustand der Ladung den maßgebenden Anforderungen nicht genügte, war doch nicht sichergestellt, dass die Ausrichtung der Versandstücke während der Beförderung nicht verändert wird und war es schon zu einer Beschädigung zweier Fässer gekommen.

16 Entgegen dem Revisionsvorbringen kann aber auch nicht zweifelhaft sein, dass der Revisionswerber als Verantwortlicher des Beförderers, der sich gemäß § 13 Abs. 1a Z 3 GGBG durch eine Sichtprüfung u.a. davon zu vergewissern hat, dass die Ladung keine den maßgebenden Vorschriften widersprechenden offensichtlichen Mängel aufweist, sich nicht unter Hinweis auf die vor der Abfahrt erfolgte Kontrolle von seiner Verantwortlichkeit befreien kann: Gerade wenn, wie im Revisionsfall geltend gemacht, im Rahmen der Beförderung eine sukzessive Entladung erfolgt, wäre sicherzustellen, dass eine den maßgebenden Vorschriften entsprechende, am Beginn der Beförderung gegebenenfalls noch bestandene Ladungssicherheit auch dann aufrecht bleibt, wenn Versandstücke zu unterschiedlichen Zeitpunkten entladen werden (und damit die räumliche Anordnung der Ladungsstücke zueinander verändert wird). Die vom Revisionswerber vertretene Auffassung (er könne sich exkulpieren durch eine bloß am Beginn der Beförderung bestandene ausreichende Sicherung) liefe darauf hinaus, die Verantwortung des Beförderers auf einen bloßen Teil der Beförderung zu beschränken; dafür besteht keine Grundlage.

17 Schließlich verfängt auch das Revisionsargument, dem Revisionswerber sei im Spruch des Straferkenntnisses nicht explizit die Unterlassung einer „Sichtprüfung“, zu deren Durchführung allein er aber im gegebenen Zusammenhang verpflichtet sei, vorgeworfen worden, nicht: Vor dem Hintergrund der ständigen Judikatur, wonach die Tatumschreibung so präzise zu sein hat, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist (vgl. nur etwa VwGH 22.6.2016, Ra 2016/03/0036, mwN.), ist nicht zu erkennen, inwieweit mit dem vom Verwaltungsgericht übernommenen (eingangs wiedergegebenen) Tatvorwurf eine nicht ausreichende Konkretisierung der als erwiesen angenommenen Tat iSd § 44a Z 1 VStG verbunden sei.

18 Begründet ist die Revision allerdings insoweit, als sie geltend macht, das Verwaltungsgericht habe die von ihm vorgenommene Einstufung in die Gefahrenkategorie I nicht ausreichend begründet.

19 Gemäß § 15 Abs. 1 GGBG können die zuständige Behörde und die ihr zur Verfügung stehenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes jederzeit an Ort und Stelle prüfen, ob die Zulässigkeit der Beförderung gegeben ist.

20 § 15a GGBG (idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 47/2018) lautet:

„Mängeleinstufung

§ 15a. (1) Bei Kontrollen gemäß § 15 festgestellte Mängel sind entsprechend den Bestimmungen der nachstehenden Absätze und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der jeweiligen Beförderung in Gefahrenkategorie I, II oder III einzustufen. Dabei sind, soweit zutreffend, die in Anhang II der Richtlinie 95/50/EG über einheitliche Verfahren für die Kontrolle von Gefahrguttransporten auf der Straße, ABl. Nr. L 249 vom 17.10.1995, S. 35, in der Fassung der Richtlinie der Kommission 2004/112/EG , ABl. Nr. L 367 vom 14.12.2004, S. 23 zu den einzelnen Gefahrenkategorien angegebenen Beispiele heranzuziehen. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat darüber hinaus einen Mängelkatalog mit Empfehlungen für die Einstufung von Mängeln in die Gefahrenkategorien auszuarbeiten und den gemäß § 15 in Betracht kommenden Behörden und Organen zur Verfügung zu stellen.

(2) In Gefahrenkategorie I ist einzustufen, wenn der Mangel geeignet sein könnte, eine große Gefahr des Todes oder der schweren Verletzung von Personen oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt herbeizuführen.

(3) In Gefahrenkategorie II ist einzustufen, wenn der Mangel geeignet sein könnte, eine Gefahr der schweren Verletzung von Personen oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt herbeizuführen und nicht in Gefahrenkategorie I einzustufen ist.

(4) In Gefahrenkategorie III ist einzustufen, wenn der Mangel mit geringer Gefahr hinsichtlich Verletzung von Personen oder Schädigung der Umwelt verbunden und nicht in Gefahrenkategorie I oder II einzustufen ist.“

21 Die Strafbestimmungen des § 37 Abs. 2 GGBG differenzieren jeweils danach, in welche Gefahrenkategorie (gemäß den Kriterien des § 15a) eine Übertretung einzustufen ist: Bei Einstufung in die Kategorie I reicht der Strafrahmen (abgesehen von einer hier nicht maßgeblichen Ausnahme) von 750,‑ ‑ bis 50.000,‑ ‑ Euro Geldstrafe (lit. a), bei Einstufung in die Kategorie II von 110,‑ ‑ bis 4.000,‑ ‑ Euro (lit. b) und bei Einstufung in die Kategorie III bis 80,‑ ‑ Euro; die jeweilige Einstufung ist also strafrahmenbestimmend.

22 Anhang II der nach § 15a Abs. 1 GGBG maßgebenden Richtlinie 95/50/EG lautet:

„ANHANG II

VERSTÖSSE

Für die Zwecke dieser Richtlinie stellt die folgende, nicht erschöpfende Liste mit drei Gefahrenkategorien (wobei Kategorie I die schwerwiegendste ist) eine Leitlinie dafür dar, was als Verstoß einzustufen ist.

Die Bestimmung der angemessenen Gefahrenkategorie erfolgt unter Berücksichtigung der besonderen Umstände und liegt im Ermessen der Vollstreckungsbehörde bzw. des Vollstreckungsbeamten auf der Straße.

Nicht unter den Gefahrenkategorien aufgeführte Mängel werden entsprechend den Beschreibungen der Kategorien eingestuft.

...

1. Gefahrenkategorie I

Wenn der Verstoß gegen die einschlägigen ADR‑Bestimmungen mit einem hohen Sterberisiko bzw. der Gefahr schwerer Verletzungen oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt verbunden ist, so dass in der Regel unverzüglich geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahr ergriffen werden, z. B. die Stilllegung des Fahrzeugs.

Mängel sind:

1. Die Beförderung der beförderten Gefahrgüter ist verboten.

2. Austreten von gefährlichen Stoffen.

3. Beförderung mit einem verbotenen Verkehrsträger oder einem ungeeigneten Beförderungsmittel.

4. Beförderung in loser Schüttung in einem in bautechnischer Hinsicht ungeeigneten Behälter.

5. Beförderung in einem Fahrzeug ohne angemessene Zulassungsbescheinigung.

6. Das Fahrzeug entspricht nicht mehr den Genehmigungsnormen und stellt eine unmittelbare Gefahr dar (sonst Gefahrenkategorie II).

7. Nichtgenehmigte Verpackung.

8. Verpackung ist nicht mit den gültigen Verpackungsanweisungen konform.

9. Die besonderen Bestimmungen für die Zusammenladung wurden nicht eingehalten.

10. Die Regeln für Befestigung der Ladung wurden nicht eingehalten.

11. Die Regeln für die Zusammenladung von Versandstücken wurden nicht eingehalten.

12. Der zulässige Füllungsgrad von Tanks oder Versandstücken wurde nicht eingehalten.

13. Die Vorschriften zur Begrenzung der in einer Beförderungseinheit beförderten Mengen wurden nicht eingehalten.

14. Beförderung von Gefahrgütern ohne Angabe ihres Vorhandenseins (z. B. Dokumente, Kennzeichnung und Bezettelung der Versandstücke, Anbringen von Großzetteln (Placards) und Kennzeichnung auf dem Fahrzeug ...).

15. Beförderung ohne Anbringen von Großzetteln (Placards) und Kennzeichnung des Fahrzeugs.

16. Relevante Angaben zu dem beförderten Stoff, die die Feststellung eines Verstoßes der Gefahrenkategorie I ermöglichen, fehlen (z. B. UN‑Nummer, offizielle Benennung, Verpackungsgruppe ...).

17. Der Fahrer ist nicht im Besitz einer ordnungsgemäßen Schulungsbescheinigung.

18. Verwendung von Feuer oder ungeschützten Glühbirnen.

19. Das Rauchverbot wird nicht beachtet.

 

2. Gefahrenkategorie II

Wenn der Verstoß gegen die einschlägigen ADR‑Bestimmungen mit der Gefahr schwerer Verletzungen oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt verbunden ist, so dass in der Regel geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahr ergriffen werden, z. B. wenn möglich und angemessen die Behebung am Kontrollort, spätestens jedoch nach Abschluss der laufenden Beförderung.

Mängel sind:

1. Die Beförderungseinheit besteht aus mehr als einem Anhänger/Sattelanhänger.

2. Das Fahrzeug entspricht nicht mehr den Genehmigungsnormen, stellt jedoch keine unmittelbare Gefahr dar.

3. Im Fahrzeug befinden sich nicht die geforderten funktionsfähigen Feuerlöscher; ein Feuerlöscher gilt noch als funktionsfähig, wenn nur das vorgeschriebene Siegel und/oder das Verfallsdatum fehlen; dies gilt jedoch nicht, wenn der Feuerlöscher offensichtlich nicht länger funktionstüchtig ist, z. B. Manometer auf 0.

4. Im Fahrzeug befindet sich nicht die in den ADR oder den schriftlichen Anweisungen vorgeschriebene Ausrüstung.

5. Prüfdaten und Nutzungszeiträume von Verpackungen, IBC oder Großpackmitteln wurden nicht eingehalten.

6. Versandstücke mit beschädigter Verpackung, IBC oder Großpackmittel oder beschädigte, ungereinigte leere Verpackungen werden befördert.

7. Beförderung verpackter Güter in einem in bautechnischer Hinsicht ungeeigneten Behälter.

8. Tanks/Tankcontainer (einschließlich leerer und ungereinigter) wurden nicht ordnungsgemäß verschlossen.

9. Beförderung einer zusammengesetzten Verpackung, bei der die Außenverpackung nicht ordnungsgemäß verschlossen ist.

10. Falsche Kennzeichnung, Bezettelung oder falsches Anbringen von Großzetteln (Placards).

11. Keine schriftlichen Anweisungen gemäß ADR vorhanden oder die schriftlichen Anweisungen betreffen nicht die beförderten Güter.

12. Das Fahrzeug ist nicht ordnungsgemäß überwacht oder geparkt.

 

3. Gefahrenkategorie III

Wenn der Verstoß gegen die einschlägigen Bestimmungen mit einer geringen Gefahr von Verletzungen oder einer Schädigung der Umwelt verbunden ist und geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahr nicht an der Straße ergriffen werden müssen, sondern zu einem späteren Zeitpunkt auf dem Betriebsgelände getroffen werden können.

Mängel sind:

1. Die Größe der Großzettel (Placards) oder Zettel oder der Buchstaben, Zahlen oder Symbole auf den Großzetteln oder Zetteln entspricht nicht den Vorschriften.

2. Weitere Angaben als die in Gefahrenkategorie I/(16) sind in den Beförderungsunterlagen nicht verfügbar.

3. Die Schulungsbescheinigung befindet sich nicht an Bord des Fahrzeugs, es gibt jedoch Belege dafür, dass der Fahrer sie besitzt.“

23 Der entsprechend § 15a Abs. 1 letzter Satz GGBG vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie erstellte „Mängelkatalog“ lautet (auszugsweise):

Mängelkatalog zu §§ 15a und 16 GGBG (4. überarbeitete Ausgabe)

Vorwort

Der Mängelkatalog ist als Hilfestellung für die Beurteilung der Mängel bestimmt, die im Zuge einer Kontrolle gemäß Richtlinie 95/50 EG festgestellt werden. Die Definitionen in Anhang 2 der Richtlinie werden wiedergegeben und die Beispiele konkretisiert und ergänzt. Dabei wurde insbesondere der jeweils zweite Teil der Definition herangezogen, der auf die angemessenen Maßnahmen abzielt. Auf Grund der Umstände kann es aber im Einzelfall auch zu einer anderen Beurteilung kommen.

Da dieser Mängelkatalog in erster Linie für die Maßnahmen im Zuge einer Kontrolle erstellt worden ist, darf die Einstufung eines Mangels in allfälligen Strafverfahren nicht ungeprüft übernommen werden. Vielmehr ist eigenständig zu erheben und zu beurteilen, ob dem betreffenden Mangel ein Verstoß gegen die Vorschriften zu Grunde liegt und wie dieser gegebenenfalls gemäß § 37 (2) GGBG zu qualifizieren ist.

Gefahrenkategorie I

Gefahrenkategorie II

Gefahrenkategorie III

Wenn der Verstoß gegen die einschlägigen Bestimmungen mit einem hohen Sterberisiko bzw. der Gefahr schwerer Verletzungen oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt verbunden ist, so dass in der Regel unverzüglich geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahr ergriffen werden, z.B. die Stilllegung des Fahrzeugs.

Wenn der Verstoß gegen die einschlägigen Bestimmungen mit der Gefahr schwerer Verletzungen oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt verbunden ist, so dass in der Regel geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahr ergriffen werden, z.B. wenn möglich und angemessen die Behebung am Kontrollort, spätestens jedoch nach Abschluss der laufenden Beförderung.

Wenn der Verstoß gegen die einschlägigen Bestimmungen mit einer geringen Gefahr von Verletzungen oder einer Schädigung der Umwelt verbunden ist und geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahr nicht an der Straße ergriffen werden müssen, sondern zu einem späteren Zeitpunkt auf dem Betriebsgelände getroffen werden können.

   

 

Allgemeine Hinweise zur Zuordnung

Mängel, welche die richtige Zuordnung verhindern (wesentliche Informationen zur Beurteilung ob ein Kategorie‑I‑Verstoß vorliegt, fehlen), gelten immer als Kategorie I bis die notwendigen Informationen vorliegen.

Angemessen sind jedenfalls Maßnahmen vor Ort wie z.B. das Ergänzen des Beförderungspapiers oder das Beibringen der schriftlichen Weisungen.

Wenn bei der Klassifizierung aus Sicherheitsgründen eine nicht auszuschließende Gefahr berücksichtigt oder höher eingeschätzt wird als im konkreten Fall tatsächlich zutreffend, so ist das nicht zu beanstanden. z.B.: Verpackungsgruppe, Grenzfälle bei gefährlichen Eigenschaften (Flammpunkt, ...)

Kraftfahrrechtliche Mängel sind gemäß PBStV zu beurteilen, jedoch ist gegebenenfalls das höhere Gefahrenpotential zu berücksichtigen.

Wenn die Voraussetzungen für eine Freistellung gemäß 1.1.3 im konkreten Fall nicht vorliegen, so sind die daraus resultierenden Mängel im Sinne der zutreffenden Vorschriften zu bewerten. Hingegen sind auf im konkreten Fall anwendbare Freistellungen bezogene Kennzeichen/Vermerke im Beförderungspapier gemäß den Positionen für Kennzeichen/Beförderungspapier zu bewerten. Verstöße gegen Auflagen in Bescheiden sind sinngemäß zuzuordnen.

Formale Mängel, für die in der Mängelbeschreibung keine definitive Zuordnung getroffen ist und die im Einzelfall auf die Transportsicherheit keinen Einfluss haben, sind Kategorie III zuzuordnen.

Für die Mängelbewertung bei Gegenständen, Maschinen, etc. gelten sinngemäß die Einstufungskriterien der Versandstücke/Verpackungen.

Beispielhafte Umstände, die zur Qualifizierung des Mangels im Einzelfall herangezogen werden können, insbesondere dann, wenn mehrere Kategorien bei einer Position angeführt sind.

- Gefährlichkeit des betroffenen Gefahrguts

- Mengen des betroffenen Gefahrguts

- Witterungsbedingungen

- Straßen‑ und Verkehrsverhältnisse

- Unterschiedliche Austrittsgefahr bei festen, flüssigen und gasförmigen Stoffen

- Art der Umschließung

 

Tabelle: Liste der Mängel

Checklisten

nummer-

Unter-

position

 

Mängelbeschreibung

 

ADR

Vorschrift

Ge-

fahren

kategorie

...

 

 

 

 

 

22

Beladung, Ladungssicherung und Handhabung

 

 

 

 

22.1

Sondervorschrift für die Beförderung nicht eingehalten

7.2.4, 7.3.3, 7.5.11, 8.5

I

II

 

22.2

Mengenbegrenzung je Beförderungseinheit überschritten

7.5.5

I

 

 

22.3

Ladung unzureichend gesichert

7.5.7.1, 7.5.7.2

I

II

 

22.4

Versandstück nicht entsprechend den Ausrichtungspfeilen verladen

5.2.1.9, 7.5.1.5

I

II

 

22.5

Unzulässige Stapelung (z.B. IBC mit Stapellast 0)

6.5.2.1.1(g), 7.5.7.2

I

II

 

22.6

Reinigungsvorschrift nicht eingehalten - gefährliche Reste

7.5.8

I

II

 

22.7

Maßnahmen zur Vermeidung elektrostatischer Aufladung nicht beachtet

7.5.10

I

 

 

22.8

Betrieb des Motors während des Beladens oder Entladens

8.3.6

 

 

III

22.9

Versandstücke durch Sicherung verformt. Dabei ist die Verformung als Vorstufe der Beschädigung zu verstehen, also nur jene Verformungen, die die Verpackungsfunktion beeinträchtigen sind umfasst

7.5.7.1

 

II

 

      

24 Der Revisionswerber hatte schon in der Beschwerde gegen das behördliche Straferkenntnis die Kategorisierung nach der Gefahrenkategorie I bestritten: Bei den zehn Gebinden zu je fünf Liter habe es sich um ein Silikonentfernungs(Entfettungs‑)mittel gehandelt, das nicht selbstentzündlich und nicht explosionsgefährlich sei und nur eine leichte aliphatische Toxizität aufweise.

25 Die Ladung sei selbst zum Zeitpunkt der Anhaltung nach vorne und hinten sowie nach rechts gesichert gewesen; lediglich zur linken Seite hin hätte eine Sicherung gefehlt. Der transportierende LKW habe einen geschlossenen Metallaufbau aufgewiesen; das (in geringer Menge) transportierte Entfettungsmittel hätte somit selbst im Falle eines Austretens oder eines starken Bremsmanövers nicht (offenbar gemeint: aus dem LKW‑Aufbau) austreten können.

26 Der Mangel bei der Ladungssicherung hätte demzufolge weder eine große Gefahr des Todes oder der schweren Verletzung von Personen oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt herbeiführen können.

27 Im ergänzenden Schriftsatz vom 23. Juni 2017 hatte er weiters geltend gemacht, dass ausgehend von dem entsprechend § 15a GGBG vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie veröffentlichten Mängelkatalog zur Qualifizierung des Mangels etwa folgende Umstände herangezogen werden könnten: Die Gefährlichkeit und die Mengen des betroffenen Gefahrguts, die Witterungsbedingungen und die Straßen‑ und Verkehrsverhältnisse, eine allenfalls unterschiedliche Austrittsgefahr bei festen, flüssigen und gasförmigen Stoffen sowie die Art der Umschließung. Unter Checklistennummer 22.3 dieses Mängelkatalogs werde ausgeführt, dass eine unzureichend gesicherte Ladung grundsätzlich unter die Gefahrenkategorie I oder II fallen könne. Dabei seien nach den Kriterien des Mängelkatalogs die Gefährlichkeit des transportierten Gefahrguts an sich, dessen Menge und die „Transportverhältnisse“ entscheidend. Berücksichtige man die geringe Menge des transportierten Gefahrguts, seine geringe Gefährlichkeit sowie die besten Witterungsbedingungen und Straßen‑ sowie Verkehrsverhältnisse, könne keine Einstufung in die Gefahrenkategorie I vorgenommen werden. Dagegen spreche auch das Sicherheitsdatenblatt betreffend das gegenständliche Entfettungsmittel, das es in die „Verpackungsgruppe II“ einreihe.

28 Das Verwaltungsgericht hat sich mit diesem Vorbringen nicht näher auseinandergesetzt. Es hat vielmehr die Auffassung vertreten, für die Einstufung sei nicht das Gefahrenpotential des beförderten Stoffs entscheidend, vielmehr die Sicherung der Ladung; weil „keinerlei Ladungssicherung“ bestanden habe, sei die Einstufung in die Kategorie I gerechtfertigt.

29 Diese Ausführungen zeigen ein Verkennen der Rechtslage: Die Einstufung festgestellter Mängel in die Gefahrenkategorien I bis III entsprechend § 15a Abs. 2 bis 4 GGBG hat gemäß § 15a Abs. 1 GGBG unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der jeweiligen Beförderung zu erfolgen. Der vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie ausgearbeitete Mängelkatalog enthält lediglich Empfehlungen für die Einstufung von Mängeln, stellt aber keine verbindliche Rechtsvorschrift dar (vgl. VwGH 23.11.2009, 2008/03/0115); dies wird im Übrigen im Vorwort des Mängelkatalogs selbst deutlich gemacht, wonach „die Einstufung eines Mangels in allfälligen Strafverfahren nicht ungeprüft übernommen werden [darf]“.

30 Wenn § 15a Abs. 2 GGBG davon spricht, dass in die Gefahrenkategorie I dann einzustufen ist, wenn der Mangel geeignet sein könnte, eine große Gefahr des Todes oder der schweren Verletzung von Personen oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt herbeizuführen, zeigt dies ‑ entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ‑ deutlich, dass für die Einstufung das Gefahrenpotential der konkret zu beurteilenden Beförderung gefährlicher Güter entscheidend ist, also der potentielle Einfluss auf die genannten Schutzgüter (menschliches Leben, körperliche Unversehrtheit, Umwelt).

31 Das Verwaltungsgericht hätte sich daher aufgrund der vom Revisionswerber erhobenen konkreten Einwendungen gegen die Einstufung in die Gefahrenkategorie I mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob der festgestellte Mangel der Ladungssicherung tatsächlich geeignet sein konnte, eine große Gefahr des Todes oder der schweren Verletzung von Personen oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt herbeizuführen.

32 Da es dies unterlassen hat, war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

33 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung.

Wien, am 1. Oktober 2018

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