VwGH Ra 2017/01/0187

VwGHRa 2017/01/018713.12.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des A K in L, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 8. Mai 2017, Zl. W226 1305385-4/7E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §8 Abs1;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
MRK Art2;
MRK Art3;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §24;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der russischen Föderation und in Österreich mehrfach strafgerichtlich verurteilt, stellte am 30. Oktober 2016 seinen sechsten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 16. Jänner 2017 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und unter einem ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen, kein Durchsetzungsaufschub erteilt und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

2 Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 8. Mai 2017 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung insofern statt, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf fünf Jahre herabgesetzt wurde. Im Übrigen wies das BVwG die Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

3 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis vom Revisionswerber gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 21. September 2017 ab und trat diese mit Beschluss vom 17. Oktober 2017 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der gegenständlichen Revision vor, für die Gefährdungsprognose hinsichtlich des ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes hätte ein Sachverständiger herangezogen werden müssen. Das BVwG habe die Gründe des Revisionswerbers für die begangenen Straftaten und die wiederholten Asylanträge nicht hinterfragt. Dies stelle einen Verstoß gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Verpflichtung zur Erforschung der materiellen Wahrheit dar. Weiters gehe das BVwG davon aus, dass die Krankheit des Revisionswerbers im Herkunftsstaat behandelbar sei. Da aber auch vorkommen könne, dass man nicht behandelt werde, bestehe "Raum der Unsicherheit" für eine Art. 3 EMRK-Verletzung. Nur eine Einzelfallzusicherung stelle eine menschenrechtskonforme Behandlung des Revisionswerbers sicher. Schließlich habe das BVwG entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

8 Mit dem Vorbringen zur Einholung eines Sachverständigengutachtens und der materiellen Wahrheitspflicht bezieht sich der Revisionswerber auf Verfahrensmängel. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht es nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 10.4.2017, Ra 2017/01/0088, mwN). Die allgemeinen Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision werden dieser Anforderung nicht gerecht.

9 Soweit der Revisionswerber hinsichtlich einer möglichen Art. 3 EMRK-Verletzung vorbringt, die Annahme der Behandelbarkeit seiner Krankheit im Zielstaat sei nicht ausreichend, ist nicht ersichtlich, inwieweit die diesbezügliche Beurteilung des BVwG vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unzutreffend sein sollte. Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nämlich nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüber hinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (vgl. VwGH 26.4.2017, Ra 2017/19/0016, mwN). Eine solche Wahrscheinlichkeit wird vom Revisionswerber mit seinen Ausführungen nicht dargelegt.

10 Soweit der Revisionswerber zur Zulässigkeit schließlich vorbringt, das Bundesverwaltungsgericht habe zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen, ist auszuführen, dass gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG von der Durchführung einer Verhandlung unter anderem dann abgesehen werden kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (vgl. VwGH 23.2.2017, Ra 2017/21/0028). Inwieweit diese Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht erfüllt gewesen wäre, zeigt der Revisionswerber mit seinen Zulässigkeitsausführungen nicht auf.

11 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 13. Dezember 2017

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