VwGH Ra 2016/22/0058

VwGHRa 2016/22/005820.7.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, in der Revisionssache der *****, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 31. März 2016, VGW- 151/016/11360/2015-17, betreffend Aufenthaltskarte, den Beschluss gefasst:

Normen

MRK Art8;
NAG 2005 §30 Abs1;
NAG 2005 §54 Abs1;
NAG 2005 §54 Abs7;
MRK Art8;
NAG 2005 §30 Abs1;
NAG 2005 §54 Abs1;
NAG 2005 §54 Abs7;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Die Revisionswerberin beantragte die Ausstellung einer Aufenthaltskarte und berief sich dabei auf die Ehe mit einem Österreicher, der sein Freizügigkeitsrecht in Anspruch genommen hatte. Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag gemäß § 54 Abs. 1 iVm Abs. 7 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zurück, weil die Eheleute zu keiner Zeit ein Familienleben geführt hätten und die Ehe nur zu dem Zweck geschlossen worden sei, um der Revisionswerberin die Erlangung eines Aufenthaltstitels zu ermöglichen. Das Verwaltungsgericht Wien (VwG) wies die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab und begründete dies im Wesentlichen mit dem Vorliegen einer Aufenthaltsehe gemäß § 30 NAG.

5 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Soweit die Revision das Vorliegen einer Aufenthaltsehe im Sinn des § 30 Abs. 1 NAG bestreitet, wird auf das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 2016, Ra 2016/22/0015, verwiesen. Demnach ist der Tatbestand des § 30 Abs. 1 NAG auch dann erfüllt, wenn sich der Ehegatte zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (weiterhin) auf eine Ehe beruft, obwohl zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde oder des VwG kein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK (mehr) geführt wird.

Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass das Ehepaar zumindest seit mehreren Jahren keinen gemeinsamen Wohnsitz hat, der Ehemann mit seiner Lebensgefährtin zusammenlebt und die Revisionswerberin nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem VwG seit drei Jahren "keine Beziehung" mit ihrem Ehemann führt; der letzte persönliche Kontakt zwischen den Eheleuten fand mehr als ein Jahr vor der Verhandlung statt. Der Revisionswerberin ist zuzustimmen, dass das Fehlen eines gemeinsamen Wohnsitzes für sich genommen noch nicht das Vorliegen einer Aufenthaltsehe beweist. Der Umstand, dass die Ehe noch nicht geschieden wurde und der Ehemann die vermutete Vaterschaft bezüglich des Kindes der Revisionswerberin formal noch nicht bestritten hatte, ist jedoch nicht geeignet, das Bestehen eines gemeinsamen Familienlebens nachzuweisen, zumal beide Ehepartner übereinstimmend angeben, dass der Ehemann nicht der Vater des Kindes ist. Fallbezogen ging das VwG zutreffend davon aus, dass die Revisionswerberin mit ihrem Ehemann kein gemeinsames Familienleben mehr führte und daher der Tatbestand der Aufenthaltsehe gemäß § 30 NAG erfüllt ist.

Mit dem Hinweis auf § 55 Abs. 3 NAG, wonach in bestimmten Fällen ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung einzuleiten ist, zeigt die Revision schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, weil diese Bestimmung gemäß deren vorletztem Satz in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7 NAG gerade nicht gilt.

6 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 20. Juli 2016

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