Normen
AVG §56;
FrPolG 2005 §46;
FrPolG 2005 §52 Abs4 Z4;
FrPolG 2005 §52 Abs9;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §53 Abs3 Z5;
AVG §56;
FrPolG 2005 §46;
FrPolG 2005 §52 Abs4 Z4;
FrPolG 2005 §52 Abs9;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §53 Abs3 Z5;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der seit dem 17. September 2002 gemeinsam insbesondere mit den Eltern und Geschwistern in Österreich aufhältige Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger des Libanon, hatte im Jahr 2002 erfolglos die Erstreckung von Asyl beantragt. Ein im Jahr 2010 gestellter Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Unter einem wurde ausgesprochen, dass eine Ausweisung des Mitbeteiligten auf Dauer unzulässig sei. In der Folge wurden ihm Aufenthaltstitel, zuletzt eine bis zum 11. Mai 2015 gültige "Rot-Weiß-Rot-Karte plus", erteilt. Am 29. April 2015 stellte der Mitbeteiligte einen Verlängerungsantrag.
2 Der Mitbeteiligte war mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Braunau vom 7. März 2007 wegen eines am 19. Oktober 2006 begangenen Diebstahls zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt worden.
Mit rechtskräftigem Urteil vom 22. Dezember 2011 verhängte das Bezirksgericht Salzburg über ihn wegen eines am 29. August 2011 begangenen versuchten Diebstahls eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen.
Schließlich verhängte das Landesgericht Ried im Innkreis über ihn mit rechtskräftigem Urteil vom 17. September 2014 wegen des am 1. November 2013 begangenen Verbrechens des versuchten schweren Raubes (unter Beteiligung eines Mittäters versuchte Abnötigung von rund EUR 5.500,-- Bargeld durch Faustschläge und einen Schlag mit einem Gummihammer gegen den Kopf seines Opfers) sowie des Vergehens der Urkundenunterdrückung (unter Berücksichtigung der Vorhaft seit 27. Mai 2014 in Vollzug befindliche) eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten.
3 Mit Bescheid vom 2. Dezember 2015 sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) aus, dass dem Mitbeteiligten ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Es erließ gemäß § 52 Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.). Außerdem stellte es gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG fest, dass seine Abschiebung in den Libanon nach § 46 FPG nicht zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG erließ es gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.).
Begründend verwies das BFA insbesondere auf die letztgenannte massive strafgerichtliche Verurteilung. Die Unzulässigkeit der Abschiebung folge aus der derzeitigen Lage im Libanon, folgte doch aus einer Abschiebung die reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung iSd Art. 2 oder 3 EMRK. Der Aufenthalt des Mitbeteiligten im Bundesgebiet sei somit gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 FPG geduldet.
4 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 30. Mai 2016 behob das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) über Beschwerde des Mitbeteiligten den genannten Bescheid vom 2. Dezember 2015. Es sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 Begründend teilte es die Ansicht des BFA, dass die Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach dem Tatbestand des § 52 Abs. 4 Z 4 FPG im Hinblick auf den Versagungsgrund für Aufenthaltstitel gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 Z 1 NAG erfüllt seien. Aus dem fortgesetzten strafbaren Verhalten und der Schwere der letzten Verurteilung des Mitbeteiligten sei ein öffentliches Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes im Bundesgebiet abzuleiten. Auch die gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG vorzunehmenden Erwägungen stünden der Rückkehrentscheidung nicht entgegen. Ebenso sei das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zutreffend verneint worden.
Da eine Abschiebung in den Herkunftsstaat, den Libanon, im Hinblick auf § 50 Abs. 1 FPG wegen des Drohens einer unmenschlichen Behandlung allerdings für nicht zulässig erklärt worden sei, wäre eine Rückkehrentscheidung aber nur dann zu erlassen, wenn eine Ausreise in einen Drittstaat möglich wäre. Dafür hätten sich im Verfahren jedoch keine Anhaltspunkte ergeben. Die mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides erlassene Rückkehrentscheidung erweise sich daher als unzulässig und sei aufzuheben. Dasselbe gelte für die daran anknüpfenden Aussprüche in den Spruchpunkten II. und III. des Bescheides vom 2. Dezember 2015. Auf Grund des rechtlichen Zusammenhanges verlören nach Aufhebung eines Spruchteiles auch darauf rechtlich aufbauende Aussprüche ihre Grundlage.
Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhänge. Weder weiche die Entscheidung von der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehle eine solche oder könne sie als uneinheitlich beurteilt werden. Vielmehr sei der Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG iVm § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005, namentlich dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Oktober 2015, Ra 2015/21/0013, gefolgt worden, dessen Grundsätze auf den vorliegenden Fall sinngemäß übertragbar seien.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
8 Unter diesem Gesichtspunkt macht die Revision das Fehlen von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage geltend, ob die Unzulässigkeit einer Abschiebung (in den Herkunftsstaat) aus Gründen des Art. 3 EMRK dazu führe, dass auch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG sowie die weiteren erwähnten Spruchpunkte, die eine solche Rückkehrentscheidung voraussetzten, nicht erlassen werden dürften.
9 Damit ist die Amtsrevision jedoch iSd § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2016, Ra 2016/21/0101, insbesondere Rz. 16 der Entscheidungsgründe, zu verweisen. Dort hat der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung dargelegt, dass in jenen Fällen, in denen die im § 52 Abs. 9 FPG vorgesehene ("positive") Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat (noch) nicht möglich ist, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung - so es keinen Drittstaat gibt, der faktisch als Zielland einer Abschiebung in Betracht käme - in aller Regel nicht zulässig sei und daher zu unterbleiben habe. Das gilt umso mehr für die vorliegende Konstellation, in der das BFA eine ausdrückliche Feststellung dahin getroffen hat, dass die Abschiebung des Mitbeteiligten in seinen Herkunftsstaat Libanon nicht zulässig sei. Dass auf dieser Grundlage auch für das daran anknüpfende Einreiseverbot nichts anderes gelten kann, zieht auch die Revision nicht in Zweifel.
10 Soweit die Revision in den Ausführungen zu ihrer Zulässigkeit weiter darauf verweist, dass das BVwG lediglich § 28 Abs. 5 VwGVG als verfahrensrechtliche Grundlage für seine Entscheidung angegeben hat, ist sie auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2016/21/0162, Rz. 16, zu verweisen. Auch insofern wird in der Revision somit keine für den Ausgang des Verfahrens noch wesentliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.
11 Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 4. August 2016
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