VwGH Ra 2016/21/0163

VwGHRa 2016/21/016330.6.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Revision des R H H B in G, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14. März 2016, I409 1431838-2/3E, betreffend Nichterteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Festsetzung einer Ausreisefrist und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §57;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §52 Abs3;
FrPolG 2005 §52 Abs9;
EMRK Art8;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §57;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §52 Abs3;
FrPolG 2005 §52 Abs9;
EMRK Art8;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein ägyptischer Staatsangehöriger, reiste am 10. Jänner 2012 mit einem über Einladung seines in Österreich wohnhaften Cousins ausgestellten, bis 14. Februar 2012 gültigen Besuchsvisum auf dem Luftweg in das Bundesgebiet ein.

2 Der Revisionswerber stellte am 4. Februar 2012 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18. Dezember 2012 vollinhaltlich abgewiesen wurde; unter einem erging gegen ihn eine Ausweisung aus dem Bundesgebiet nach Ägypten.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 4. März 2013 zur Gänze als unbegründet ab. Der Asylgerichtshof erachtete das (im Laufe des Verfahrens gesteigerte) Fluchtvorbringen - Verfolgung als koptischer Christ durch Anhänger der Muslimbruderschaft "bzw."

durch Salafisten - für nicht glaubwürdig. Einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen dieses Erkenntnis wies der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 6. Juni 2013 wegen offenbarer Aussichtslosigkeit ab.

3 Ungeachtet der rechtskräftigen Ausweisung verblieb der Revisionswerber in Österreich. Er stellte am 6. November 2013 einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach § 43 Abs. 3 NAG.

4 Nach Abschluss der vom - gemäß § 81 Abs. 24 NAG zuständig gewordenen - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) im Februar 2014 begonnenen Ermittlungen zu den aktuellen Lebensverhältnissen des Revisionswerbers erließ die genannte Behörde sodann mit Bescheid vom 28. Jänner 2016 eine Entscheidung, mit der dem Revisionswerber Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 55 und § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wurden, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG (samt Festsetzung der Ausreisefrist mit 14 Tagen) erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung nach Ägypten festgestellt wurde.

5 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 14. März 2016 zur Gänze als unbegründet ab. Weiters sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (ua.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

8 Unter diesem Gesichtspunkt wird vom Revisionswerber zunächst bemängelt, das BVwG habe seinen Ausspruch nach § 25a Abs. 1 VwGG nur "inhaltsleer" begründet. Das ist zwar zutreffend, weil die Begründung für die Nichtzulassung der ordentlichen Revision lediglich in einer verneinenden Wiedergabe der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG besteht. Das führt aber - entgegen der Meinung des Revisionswerbers - für sich betrachtet noch nicht zur Zulässigkeit der Revision (vgl. den hg. Beschluss vom 1. Oktober 2014, Ra 2014/09/0022, und daran anschließend etwa den Beschluss vom 16. Oktober 2014, Ra 2014/21/0045, mwN, und aus der letzten Zeit beispielsweise den Beschluss vom 23. Februar 2016, Ra 2016/01/0023).

9 Außerdem werden in der Revision in Bezug auf das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage noch Ermittlungsmängel und die Unterlassung einer Beschwerdeverhandlung geltend gemacht. Das ist im Zusammenhang mit der in der weiteren Revisionsbegründung vorgetragenen Kritik an dem - für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 gleichermaßen wie für die Rückkehrentscheidung maßgeblichen - Ergebnis der vom BVwG an Hand der Kriterien des § 9 BFA-VG vorgenommenen Interessenabwägung zu sehen. Dazu wird vom Revisionswerber der Sache nach die Auffassung vertreten, das BVwG hätte angesichts der während seines durch Verwandte finanziell abgesicherten Aufenthalts in Österreich erlangten sozialen Integration und seiner Deutschkenntnisse insofern zu einer anderen Entscheidung kommen müssen.

10 Dem ist jedoch zu entgegnen, dass die gemäß § 9 BFA-VG vorgenommene einzelfallbezogene Beurteilung, ob ein Eingriff iSd Art. 8 EMRK zulässig oder unzulässig ist, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht revisibel ist, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (siehe aus der letzten Zeit etwa den Beschluss vom 28. Jänner 2016, Ra 2016/21/0006, mit dem Hinweis auf den grundlegenden Beschluss vom 25. April 2014, Ro 2014/21/0033).

11 Das Ergebnis der angesprochenen Interessenabwägung ist im vorliegenden Fall aber trotz Unbescholtenheit und ansatzweisen Integrationsbemühungen des ledigen und nicht berufstätigen Revisionswerbers, dessen Eltern und auch Geschwister in Ägypten leben, jedenfalls nicht zu beanstanden, zumal der knapp vierjährige Inlandsaufenthalt dadurch entscheidend relativiert ist, dass der Revisionswerber nach Ablauf seines zum Zweck des Besuchs ausgestellten Visums nicht ausreiste, sondern einen unberechtigten Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz stellte und auch nach dessen rechtskräftiger Abweisung und Erlassung einer Ausweisung im März 2013 den Ausreisebefehl nicht befolgte, sondern unrechtmäßig in Österreich verblieb.

12 Vor diesem Hintergrund gelingt es der Revision aber auch nicht, einen entscheidungsrelevanten klärungsbedürftigen Sachverhalt darzutun, der das BVwG in diesem (eindeutigen) Fall verpflichtet hätte, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen. Die diesbezügliche Rüge des Revisionswerbers, die darauf hinausläuft, die vom BVwG angenommenen Voraussetzungen des § 21 Abs. 7 BFA-VG für ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung wären nicht vorgelegen, ist daher nicht zielführend. Soweit in diesem Zusammenhang noch releviert wird, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wäre allein deshalb erforderlich gewesen, weil es das BFA "verabsäumt" habe, den Revisionswerber "selbst persönlich zu befragen", beruht das im Übrigen auf einer aktenwidrigen Prämisse, weil der Revisionswerber vor dem BFA erstmals am 17. April 2014, dann noch am 21. November 2014 und am 26. November 2015 sowie abschließend am 22. Dezember 2015 niederschriftlich einvernommen wurde.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, sodass sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen war.

Wien, am 30. Juni 2016

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