VwGH Ra 2016/21/0122

VwGHRa 2016/21/012230.6.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Revision von 1. M M, 2. A M,

3. M M und 4. A M, alle in L und vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13. Juli 2015, L518 1410613-4/5E, L518 1410614-4/5E, L518 1415627-4/5E und L518 1410615-4/5E, betreffend Nichterteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Festsetzung einer Ausreisefrist und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §57;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art144 Abs1;
FrPolG 2005 §52 Abs2;
FrPolG 2005 §52 Abs9;
EMRK Art8;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §26 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §30a Abs7;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §57;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art144 Abs1;
FrPolG 2005 §52 Abs2;
FrPolG 2005 §52 Abs9;
EMRK Art8;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §26 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §30a Abs7;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind miteinander verheiratet, die beiden anderen, im Juni 1993 und im Februar 2000 geborenen Revisionswerber sind deren Kinder. Alle sind armenische Staatsangehörige. Sie reisten (ausgenommen die Drittrevisionswerberin) gemeinsam im September 2009 illegal nach Österreich ein und stellten hier Anträge auf internationalen Schutz. Die Drittrevisionswerberin folgte im August 2010 und stellte ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Das Bundesasylamt gab diesen Anträgen (im dritten Rechtsgang) mit Bescheiden vom 21. September 2012 keine Folge und wies die Revisionswerber nach Armenien aus. Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 25. August 2014, Asyl und subsidiären Schutz betreffend, als unbegründet ab. Im Übrigen verwies es gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 "die Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung" an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurück.

3 Mit Bescheiden vom 21. Mai 2015 sprach das BFA aus, dass den Revisionswerbern Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 und § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werden. Unter einem wurden gegen die Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 2 FPG Rückkehrentscheidungen erlassen und es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Armenien zulässig sei. Schließlich setzte das BFA die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen fest. Die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde wies das BVwG mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 13. Juli 2015 als unbegründet ab.

4 Gegen dieses Erkenntnis erhoben die Revisionswerber zunächst Beschwerden nach Art. 144 Abs. 1 B-VG. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung dieser Beschwerden mit Beschlüssen vom 18. Februar 2016, E 1686-1687/2015-15, und E 1712-1713/2015-11, ab und trat sie unter einem antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

5 In der Folge brachten die Revisionswerber beim BVwG innerhalb der Frist des § 26 Abs. 4 VwGG die vorliegende (außerordentliche) Revision ein, über deren Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtshof nach der gemäß § 30a Abs. 7 VwGG erfolgten Aktenvorlage erwogen hat:

6 Das BVwG hatte im angefochtenen Erkenntnis gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ausgesprochen, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

8 Unter diesem Gesichtspunkt wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision das Ergebnis der vom BVwG nach § 9 BFA-VG vorgenommenen Interessenabwägung kritisiert. Dazu ist allerdings festzuhalten, dass die einzelfallbezogene Beurteilung, ob der (durch die Rückkehrentscheidung bewirkte) Eingriff iSd Art. 8 EMRK zulässig oder unzulässig ist, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht revisibel ist, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (vgl. etwa den Beschluss vom 16. Dezember 2015, Ra 2015/21/0154, mwN, und daran anschließend beispielsweise den Beschluss vom 15. März 2016, Ra 2016/21/0040 bis 0042).

9 Als unvertretbar kann die in der bekämpften Entscheidung unter Einbeziehung aller von den Revisionswerbern ins Treffen geführten Umstände - insbesondere der von den Zweit- bis Viertrevisionswerbern erlangten sehr guten Deutschkenntnisse und ihrer sonstigen gesellschaftlichen Integrationsbemühungen (Teilnahme an Kursen und Veranstaltungen, Mitgliedschaft in Vereinen und freiwillige Hilfstätigkeiten) - vorgenommene Interessenabwägung angesichts des (bis zur Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses) erst knapp sechs bzw. fünf Jahre dauernden, nur auf unberechtigten Anträgen auf internationalen Schutz beruhenden Aufenthalts in Verbindung mit der bislang fehlenden Selbsterhaltungsfähigkeit aber nicht angesehen werden. An dieser Beurteilung kann auch der Gesundheitszustand (insbesondere) des Erstrevisionswerbers nach einer im Juli 2014 erfolgreich vorgenommenen Nierentransplantation vor dem Hintergrund der (auch schon im Asylverfahren) unbekämpft festgestellten Tatsache, dass die entsprechende medizinische Nachbehandlung in der Heimatstadt Jerewan kostenlos zur Verfügung steht, nichts ändern. Soweit in der Revision noch mehrfach das (angebliche) Fehlen einer Existenzgrundlage bei einer Rückkehr der Revisionswerber nach Armenien angesprochen wird, ist dem entgegen zu halten, dass ein solches Vorbringen in der Beschwerde nicht erstattet worden war und dass mit der diesbezüglich bloß pauschalen Behauptung in der Revision die gegenteiligen - mit dem Bestehen von familiärem Anschluss und einer Wohnmöglichkeit schlüssig begründeten - Feststellungen des BVwG (Seite 55/56; vgl. idS auch die Wiedergabe aus dem BVwG-Erkenntnis vom 25. August 2014 auf Seite 43/44) nicht wirksam bekämpft werden können.

10 Vor diesem Hintergrund gelingt es der Revision auch nicht, einen entscheidungswesentlichen klärungsbedürftigen Sachverhalt darzutun, der das auf § 21 Abs. 7 BFA-VG gestützte Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung hätte rechtswidrig erscheinen lassen.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, sodass sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen war.

Wien, am 30. Juni 2016

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte