VwGH Ra 2016/05/0076

VwGHRa 2016/05/007613.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision 1. der P W und 2. des S W, beide in N, sowie 3. der Mag. H L, 4. des W L, 5. des H W, 6. des H W und

7. des M L, diese in G, alle vertreten durch die

K M R Rechtsanwaltssocietät Dr. Longin Josef Kempf Dr. Josef Maier in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 15. Juni 2015, Zl. LVwG-150554/3/DM/WP, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Gemeinderat der Stadtgemeinde G; weitere Partei:

Oberösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: S GmbH in H, vertreten durch die Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
AVG §66;
B-VG Art133 Abs4;
GdO OÖ 1990 §37 Abs1;
GdO OÖ 1990 §37 Abs4;
GdO OÖ 1990 §51 Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §12;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
AVG §66;
B-VG Art133 Abs4;
GdO OÖ 1990 §37 Abs1;
GdO OÖ 1990 §37 Abs4;
GdO OÖ 1990 §51 Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §12;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

I.

1 Nach den im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde G. (im Folgenden: Bürgermeister) vom 1. Juli 2014 der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage mit Tiefgarage auf einem näher angeführten Grundstück erteilt. Dagegen erhoben Nachbarn die Berufung vom 24. Juli 2014.

2 In der Sitzung des Gemeinderates der Stadtgemeinde G. (im Folgenden: Gemeinderat) am 2. Oktober 2014 wurde der an ihn mit dem Amtsvortrag des Stadtamtes G. (im Folgenden: Stadtamt) vom 29. Juli 2014 gestellte Antrag, er möge beschließen, der Berufung keine Folge zu geben und den Bescheid des Bürgermeisters vom 1. Juli 2014 zu bestätigen, zur Abstimmung gebracht. Für den Antrag stimmten 18 Gemeinderatsmitglieder, gegen diesen ebenfalls 18 Gemeinderatsmitglieder. Laut dem Sitzungsprotokoll wurde damit der Antrag "mehrheitlich abgelehnt".

3 Mit Bescheid des Gemeinderates vom 27. Oktober 2014 wurde gemäß § 66 Abs. 2 AVG der erstinstanzliche Bescheid vom 1. Juli 2014 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an den Bürgermeister zurückverwiesen.

4 Auf Grund der von der mitbeteiligten Partei dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis (unter Spruchpunkt I.) aus Anlass dieser Beschwerde der Berufungsbescheid gemäß § 27 iVm § 28 Abs. 1 VwGVG wegen Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde von Amts wegen aufgehoben und (unter Spruchpunkt II.) eine ordentliche Revision für unzulässig erklärt.

II.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

8 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zum Ganzen etwa den Beschluss vom 29. September 2016, Ra 2016/05/0083, mwN).

9 In ihrer Zulässigkeitsbegründung bringt die Revision vor, es liege keine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage vor, ob in Wahrung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs eine Partei, die keine Beschwerde erhoben habe, in das verwaltungsgerichtliche Verfahren einzubeziehen sei und wie im gegebenen Zusammenhang die Verfahrensbestimmungen des § 10 VwGVG iVm § 24 Abs. 3 leg. cit. zu sehen seien. Gegenständlich habe das Verwaltungsgericht einen neuen Aspekt im Sinne des § 10 leg. cit., nämlich die Unzuständigkeit des Gemeinderates, aufgegriffen sowie die Revisionswerber, die von Amts wegen beizuziehen gewesen wären, nicht beigezogen und zunächst nicht einmal das angefochtene Erkenntnis zugestellt. Dieses sei ihnen erst über ihren Antrag zugestellt worden. Damit sei vom Verwaltungsgericht gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs in gravierender Weise verstoßen worden. Wären die Revisionswerber von der Einbringung der Beschwerde informiert und ihnen rechtliches Gehör eingeräumt worden, hätten sie auf die Verspätung der Beschwerde der mitbeteiligten Partei, in eventu auf deren Unzulässigkeit sowie darauf, dass keine Unzuständigkeit des Gemeinderates vorgelegen sei und der Beschwerde auch aus meritorischen Gründen nicht Folge zu geben gewesen wäre, hinweisen können.

10 In diesem Zusammenhang bezeichnet die Revision in der Zulässigkeitsbegründung die Rechtsfrage, ob das Verwaltungsgericht aus Anlass einer nach § 7 Abs. 4 VwGVG verspätet und entgegen der Bestimmung des § 12 leg. cit. nicht bei der belangten Behörde (hier: beim Gemeinderat) eingebrachten Beschwerde dennoch im Rahmen des § 27 leg. cit. die Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgreifen könne. Im Revisionsfall sei das Aufgreifen der Unzuständigkeit des Gemeinderates von Amts wegen insoweit gesetzwidrig erfolgt. So seien gemäß § 12 leg. cit. Schriftsätze bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht bei der belangten Behörde, somit im vorliegenden Fall beim Gemeinderat bzw. dessen Geschäftsstelle, dem Stadtamt, einzubringen gewesen. Die mitbeteiligte Partei habe ihre Bescheidbeschwerde jedoch an die Gebietskörperschaft Stadtgemeinde G. und nicht an den Gemeinderat und auch nicht an das Stadtamt als Geschäftsstelle des Gemeinderates gerichtet. Die Einbringung der Beschwerde bei der Gemeinde als Gebietskörperschaft wäre im Übrigen nur dann fristwahrend gewesen, wenn die Beschwerde rechtzeitig an den Gemeinderat bzw. dessen Geschäftsstelle weitergeleitet worden wäre, was jedoch wohl nicht der Fall gewesen sei. Eine bei einer falschen Stelle eingebrachte Beschwerde sei nicht als rechtzeitig anzusehen, und es werde damit die Frist zur Erhebung der Bescheidbeschwerde von vier Wochen nicht gewahrt. Die Beschwerde wäre daher als verspätet zurückzuweisen gewesen.

11 Dazu ist Folgendes auszuführen:

Nach ständiger hg. Judikatur sind Rechtsfragen des Verfahrensrechtes - wie etwa die vorliegend angesprochene Frage einer Verletzung des Parteiengehörs - nur dann solche von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen, die Beurteilung durch das Verwaltungsgericht grob fehlerhaft erfolgt ist und diese zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Ergebnis geführt hat. Außerdem muss in den Revisionszulässigkeitsgründen die Relevanz des Verfahrensmangels dargelegt werden, das heißt, weshalb im Falle eines mängelfreien Verfahrens von einer anderen, für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage auszugehen gewesen wäre (vgl. zum Ganzen etwa den Beschluss vom 4. November 2016, Ra 2016/05/0101, mwN).

12 In Bezug auf die Relevanz der gerügten Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör bringt die Revision im Wesentlichen vor, dass die mitbeteiligte Partei die Bescheidbeschwerde an die Gebietskörperschaft Stadtgemeinde G. und nicht an den Gemeinderat oder das Stadtamt als dessen Geschäftsstelle gerichtet habe, sodass im Hinblick darauf die Beschwerde erst nach Ablauf der Beschwerdefrist erhoben worden sei.

13 Die §§ 7, 9, 10 und 12

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013,

lauten (zum Teil auszugsweise) wie folgt:

"Beschwerderecht und Beschwerdefrist

§ 7. ...

(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, gegen Weisungen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen. Sie beginnt

1. in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung,

..."

"Inhalt der Beschwerde

§ 9. (1) Die Beschwerde hat zu enthalten:

...

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

...

(2) Belangte Behörde ist

1. in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat,

..."

"Mitteilung der Beschwerde

§ 10. Werden in einer Beschwerde neue Tatsachen oder Beweise, die der Behörde oder dem Verwaltungsgericht erheblich scheinen, vorgebracht, so hat sie bzw. hat es hievon unverzüglich den sonstigen Parteien Mitteilung zu machen und ihnen Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist vom Inhalt der Beschwerde Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern."

"Schriftsätze

§ 12. Bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht sind die Schriftsätze bei der belangten Behörde einzubringen. Dies gilt nicht in Rechtssachen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG."

14 § 37 Oö. Gemeindeordnung 1990 (im Folgenden: GemO), LGBl. Nr. 91/1990, idF LGBl. Nr. 152/2001 lautet auszugsweise:

"Gemeindeamt

(1) Die Geschäfte der Gemeinde werden durch das Gemeindeamt besorgt. Der Gemeinderat hat einen Leiter des Gemeindeamtes und bei Bedarf einen Stellvertreter zu bestellen. ...

(2) Der Bürgermeister ist Vorstand des Gemeindeamtes. In dieser Funktion sind ihm der Leiter des Gemeindeamtes, dessen Stellvertreter, die übrigen Bediensteten der Gemeinde und die sonstigen Organe des Gemeindeamtes unterstellt. Dem Leiter des Gemeindeamtes obliegt nach den Weisungen des Bürgermeisters die Leitung des inneren Dienstes sowie die Dienstaufsicht über alle Dienststellen der Gemeinde.

...

(4) In Städten führt das Gemeindeamt die Bezeichnung ‚Stadtamt', in Marktgemeinden ‚Marktgemeindeamt'. ..."

15 Aus der von der mitbeteiligten Partei gegen den Berufungsbescheid vom 27. Oktober 2014 erhobenen Beschwerde (vgl. darin Seite 1) geht hervor, dass diese am 3. Dezember 2014 beim Stadtamt eingelangt ist. In dieser Beschwerde ist als Adressat die Stadtgemeinde G. und als belangte Behörde der Gemeinderat bezeichnet.

16 Nach § 37 Abs. 1 und 4 GemO werden die Geschäfte einer Stadtgemeinde durch das Stadtamt besorgt. Dieses ist der Hilfsapparat aller Gemeindeorgane (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2006, Zl. 2005/05/0068, mwN). Die am 3. Dezember 2014 beim Stadtamt als Hilfsapparat des Gemeinderates eingegangene Beschwerde ist somit im selben Zeitpunkt beim Gemeinderat, wo sie gemäß § 12 VwGVG einzubringen war, eingelangt. Dass im Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde beim Stadtamt die vierwöchige Beschwerdefrist (§ 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG) bereits verstrichen gewesen sei, wird von der Revision nicht konkret behauptet. Bemerkt wird, dass sich ein solches Fristversäumnis auch nicht aus den Verfahrensakten ergibt, ist doch der Berufungsbescheid laut dem diesbezüglichen Rückschein am 5. November 2014 der mitbeteiligten Partei zugestellt worden.

17 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung weiter vor, es fehle eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die Rechtsfrage, ob die Bestimmung des § 51 Abs. 1 GemO dahingehend auszulegen sei, "dass im Fall der Verneinung des Amtsantrages durch den Gemeinderat bei der Stimmabgabe oder durch Stimmenthaltung, wodurch der Antrag ebenfalls abgelehnt wird, ein Entscheidungswille des Gemeinderates über eine Berufung gegen einen erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuleiten ist, dass der Berufung Folge zu geben ist, wenn der Amtsantrag auf eine Entscheidung des Gemeinderates im Sinne einer Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides abgezielt hat". Im Hinblick darauf, dass der an den Gemeinderat gestellte Antrag nicht die gemäß § 51 Abs. 1 leg. cit. erforderliche Zustimmung von mehr als der Hälfte der in beschlussfähiger Anzahl anwesenden stimmberechtigten Gemeinderäte gefunden habe, sei die Stattgabe der Berufung und Aufhebung des Bescheides durch den Gemeinderat zu Recht erfolgt. Würde man - wie das Landesverwaltungsgericht meine - davon ausgehen, dass dem Gemeinderat ein Beschlusswille im Sinne einer Stattgabe der Berufung nicht zugemessen werden könne, so würde dies erforderlich machen, dass auf Grund eines zu formulierenden Antrages auf Stattgabe der Berufung vom Gemeinderat über dieselbe Berufung neuerlich abzustimmen und ein Beschluss zu fassen wäre, was allerdings nicht dem Gesetz entspräche und auch gegen den Grundsatz "nl (offenbar gemeint: ne) bis in idem" verstieße. Es sei wohl davon auszugehen, dass dann (auf Grund einer neuerlichen "Pattstellung") auch dieser Antrag die notwendige Mehrheit nicht erhalten hätte, und es würde solcherart dann nie zu einer Entscheidung über die Berufung der Revisionswerber kommen, was einer Rechtsverweigerung gleichkäme. Daher müsse unter Heranziehung des § 51 Abs. 2 GemO die Bestimmung des § 51 Abs. 1 leg. cit. dahin ausgelegt werden, dass durch eine Verneinung des Antrages bei der Stimmabgabe oder durch Stimmenthaltung, wodurch ebenfalls der Antrag abgelehnt werde, ein Entscheidungswille im Sinne einer Stattgabe der Berufung der Revisionswerber vorgelegen sei. Wenn also "ein Antrag" in einem Rechtsmittelverfahren im Gemeinderat nicht die notwendige Mehrheit erhalte, so müsse konsequenterweise ein Beschlusswille des Gemeinderates dahingehend angenommen werden, dass dann der Berufung Folge zu geben sei.

18 Auch mit diesem Vorbringen legt die Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar.

19 Nach der hg. Judikatur (vgl. etwa den Beschluss vom 24. Mai 2016, Ra 2016/05/0035, mwN) fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer außerordentlichen Revision (u.a.) dann, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist.

20 § 51 GemO in der Stammfassung lautet auszugsweise:

"Abstimmung

(1) Zu einem Beschluß des Gemeinderates ist, sofern die Gesetze nichts anderes bestimmen, die Zustimmung von mehr als der Hälfte der in beschlußfähiger Anzahl anwesenden Stimmberechtigten erforderlich. Kommt die erforderliche Mehrheit nicht zustande, so ist der Antrag abgelehnt.

(2) Die Stimmberechtigten haben ihr Stimmrecht persönlich auszuüben. Die Stimme ist durch Bejahung oder Verneinung des Antrages abzugeben; Zusätze sind unwirksam. Wer sich der Stimme enthält, lehnt den Antrag ab. Der Vorsitzende stimmt zuletzt ab.

..."

21 Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. September 2015, Zlen. 2013/05/0179, 0180, 0182, mwN) muss bei der Abstimmung über die bescheidmäßige Erledigung sowohl der Spruch der Entscheidung als auch deren Begründung (zumindest in den Grundsätzen) der Beschlussfassung unterzogen werden, andernfalls der ausgefertigte Bescheid, der eine (eingehende) Begründung enthält, durch den Beschluss des Kollegialorganes nicht gedeckt und damit rechtswidrig wäre. Liegt einem Bescheid, der einem Kollegialorgan zugerechnet werden soll, kein entsprechender Beschluss dieses Organes zu Grunde, dann ist der Bescheid so zu betrachten, als ob er von einer unzuständigen Behörde erlassen worden wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. November 2015, Zl. 2013/06/0086, mwN).

22 Nach dem klaren Wortlaut des § 51 Abs. 1 GemO ist ein an den Gemeinderat zur Beschlussfassung gestellter Antrag dann abgelehnt, wenn bei der Abstimmung über diesen im Gemeinderat die erforderliche Mehrheit der in beschlussfähiger Anzahl anwesenden Stimmberechtigten nicht zustande kommt. Gegenstand einer solchen Abstimmung ist allein der gestellte Antrag.

23 Dass mit der Ablehnung des an den Gemeinderat gestellten Antrages, der Berufung Folge zu geben, denknotwendigerweise - wie die Revision meint - der Beschluss gefasst worden sei, der Berufung Folge zu geben, kann weder aus dem Beschluss des Gemeinderates noch aus den Bestimmungen der GemO erschlossen werden. Im Übrigen steht - entgegen der Auffassung der Revisionswerber - der Grundsatz "ne bis in idem" einer (neuerlichen) Beratung und Beschlussfassung des Gemeinderates, der als Kollegialbehörde seinen Willen mit einen Beschluss bilden kann, der durch Abgabe der Stimmen der Mitglieder zustande kommt (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 29. Juni 2016, Ra 2016/05/0052, 0053, mwN), über die genannte Berufung schon deshalb nicht entgegen, weil über diese mit der Ablehnung des genannten Antrages noch nicht im Sinne des § 66 AVG entschieden wurde und somit schon deshalb keine "entschiedene Sache" vorliegt.

24 Von den Revisionswerbern wurden somit in der Zulässigkeitsbegründung keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

25 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. 26 Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, darauf einzugehen,

ob auch der Siebtrevisionswerber gegen den erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid die Berufung vom 24. Juli 2014 erhoben hat bzw. das angefochtene Erkenntnis ihm gegenüber erlassen worden ist und ob im Hinblick darauf die von diesem Revisionswerber erhobene Revision auch deshalb zurückzuweisen wäre (vgl. in diesem Zusammenhang etwa den hg. Beschluss vom 28. Juni 2016, Ro 2016/17/0001, wonach im Fall der Zurückweisung einer Revision mangels einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung die Frage, ob überhaupt ein rechtliches Interesse an einer Entscheidung über die Revision bestünde, nicht geprüft zu werden braucht).

27 Einen Anspruch auf Aufwandersatz könnte die mitbeteiligte Partei nur dann geltend machen, wenn die Zurückweisung der Revision nach der Einleitung des Vorverfahrens erfolgt wäre. Ein Vorverfahren wurde jedoch nicht eingeleitet, und eine Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes zur Einbringung einer Revisionsbeantwortung ist an die Parteien nicht ergangen (vgl. dazu § 36 Abs. 1 VwGG). Der in der von der mitbeteiligten Partei eingebrachten Revisionsbeantwortung begehrte Aufwandersatz war daher nicht zuzuerkennen (vgl. in diesem Zusammenhang etwa den hg. Beschluss vom 28. April 2015, Ra 2015/05/0026, 0027).

Wien, am 13. Dezember 2016

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