VwGH Ra 2016/01/0233

VwGHRa 2016/01/023320.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revisionen der revisionswerbenden Parteien K T und A T, beide in E, beide vertreten durch Dr. Holzmann Rechtsanwalts GmbH in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 17/P, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 9. August 2016 und vom 27. Juli 2016, Zlen. LVwG-2016/42/0889-1 und LVwG-2016/18/0888-1, betreffend Personenstandsangelegenheiten (belangte Behörde: Bürgermeister der Marktgemeinde S), den Beschluss gefasst:

Normen

AdelsaufhG 1919 §1;
AdelsaufhG 1919 §2;
AdelsaufhV 1919 §2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
WRV-D 1919 Art109;
AdelsaufhG 1919 §1;
AdelsaufhG 1919 §2;
AdelsaufhV 1919 §2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
WRV-D 1919 Art109;

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheiden des Bürgermeisters der Marktgemeinde S vom 15. März 2016 wurden, soweit wesentlich, jeweils unter Spruchpunkt I. die Familiennamen der beiden Revisionswerberinnen, zweier Schwestern, gemäß § 41 Personenstandsgesetz 2013 (PStG 2013), von "Freifrau von T" auf "T" abgeändert. Begründend führte die belangte Behörde hierzu in beiden Fällen aus, die Mutter der 1999 und 2002 jeweils in S geborenen Revisionswerberinnen, welche die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, und deren Vater, welcher österreichischer Staatsbürger sei, hätten am 24. Oktober 2003 in E die Ehe geschlossen, wodurch die Revisionswerberinnen gemäß § 7a Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 die österreichische Staatsbürgerschaft erworben hätten. Bei der Eheschließung hätten die Eltern den Familiennamen der Mutter, nämlich "Freifrau von T", als den Familiennamen der Kinder bestimmt. Am 28. Oktober 2003 sei dieser Familienname der Revisionswerberinnen jeweils im Geburtenbuch eingetragen worden. Die bis zu diesem Zeitpunkt geübte Verwaltungspraxis, Adelsnamen, welche nach der Weimarer Reichsverfassung zum bürgerlichen Familiennamen geworden seien, für österreichische Staatsbürger zuzulassen, sei jedoch aufgrund der neueren Rechtsprechung nicht mehr aufrecht zu erhalten. Der Familienname "Freifrau von T" sei daher auf "T" zu ändern gewesen.

2 Mit den angefochtenen Erkenntnissen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 9. August 2016 und vom 27. Juli 2016 wurden die gegen die Abänderung der Familiennamen erhobenen Beschwerden der Revisionswerberinnen als unbegründet abgewiesen. Die ordentliche Revision wurde in beiden Erkenntnissen für nicht zulässig erklärt.

Hierzu führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, im Rahmen der Antragstellung auf "Verlängerung der Gültigkeitsdauer respektive Neuausstellung" der Reisepässe der Revisionswerberinnen sei beim Bürgermeister der Marktgemeinde S die Frage aufgekommen, ob der im Geburtenbuch eingetragene Familienname der Revisionswerberinnen richtig sei. Dieser Umstand sei den Revisionswerberinnen mit Schreiben vom 12. Februar 2015 mitgeteilt worden; zugleich seien diese zur Wahl eines passenden Familiennamens aufgefordert worden. Nach ausführlicher Korrespondenz sei am 4. Dezember 2015 ein Schreiben an die Rechtsvertretung der Revisionswerberinnen ergangen, welche in der Folge eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben habe. Mit Bescheiden der Behörde vom 15. März 2016 seien die Familiennamen der Revisionswerberinnen jeweils von "Freifrau von T" auf "T" abgeändert worden. Im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Juni 2014, B 212/2014 ua. (mit weitergehendem Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zu 2008/17/0114 vom 17. Februar 2010), seien die Familiennamen der Revisionswerberinnen von der Behörde zu Recht berichtigt worden; auch gemeinschaftsrechtliche Bedenken bestünden in Anbetracht des "Erkenntnisses" des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache Sayn-Wittgenstein, C-208/09 (vom 22. Dezember 2010) nicht.

3 Die vorliegenden Revisionen richten sich ihrem Inhalt nach erkennbar in beiden Fällen gegen Spruchpunkt 1. der angefochtenen Erkenntnisse (Abweisung der Beschwerden gegen die amtswegige Abänderung der Familiennamen der Revisionswerberinnen).

4 Zur Zulässigkeit wird in den Revisionen gleichlautend vorgebracht, die Revisionswerberinnen hätten der vom Landesverwaltungsgericht Tirol herangezogenen Rechtsprechung das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes 2362/53 (vom 14. Juli 1954) entgegengehalten, "woraus sich zweifelsfrei ergibt, dass ehemalige reichsdeutsche Adelsbezeichnungen, die gem. § 109 der Weimarer Reichsverfassung nur als Teil des Namens gelten, den Bestimmungen des Gesetzes über die Aufhebung des Adels, StGBl. Nr. 211/1919 und der Vollzugsanweisung StGBl. Nr. 237/1919 nicht unterworfen sind, wenn der Namensträger nach dem Inkrafttreten dieser Bestimmung die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt hat". Es liege eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, da die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beurteilt werde.

5 Die Revisionen stehen in persönlichem und sachlichem Zusammenhang, weshalb sie zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden wurden.

6 Die Revisionen sind unzulässig.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 In den Revisionen wird als Zulässigkeitsbegründung (einzig) vorgebracht, es liege eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, da die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Anwendbarkeit des Adelsaufhebungsgesetzes auf ehemalige reichsdeutsche Adelsbezeichnungen, welche gemäß Art. 109 der Weimarer Reichsverfassung als Teil des Namens gelten, wenn der Namensträger nach dem Inkrafttreten dieser Bestimmung die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt hat, uneinheitlich sei.

11 Die Revisionen übersehen, dass bereits im hg. Erkenntnis vom 15. März 2016, Ra 2014/01/0045 (mit Verweis auf das hg. Erkenntnis 2008/17/0114 vom 17. Februar 2010) darauf hingewiesen wurde, dass der Verwaltungsgerichtshof - der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes folgend - die in der älteren hg. Judikatur vertretene Annahme, dass nach der österreichischen Rechtslage die Führung von in Deutschland auf Grund der dortigen Rechtslage zulässigerweise als Bestandteil des bürgerlichen Namens geführten Adelsprädikaten bzw. Adelszeichen auf Grund des Adelsaufhebungsgesetzes sowie der betreffenden Vollzugsanweisung nicht verboten sei, nicht aufrecht erhalten hat. Damit liegt eine Divergenz der hg. Rechtsprechung, wie von den Revisionswerberinnen behauptet, nicht vor.

12 In den Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.

Wien, am 20. Dezember 2016

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