VwGH Ra 2016/01/0023

VwGHRa 2016/01/002323.2.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schweda, über die Revision des A S in W, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 7. Dezember 2015, Zl. VGW- 151/022/2796/2015-17, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §46;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde gemäß § 42 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) festgestellt, dass der Revisionswerber nicht österreichischer Staatsbürger sei (I.). Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt (II.).

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dem Revisionswerber, einem ursprünglich gambischen Staatsangehörigen, sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. Jänner 2004 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden. Mit Bescheid vom 2. September 2008 habe die belangte Behörde - auf Antrag des Bundesministeriums für Inneres - das Verleihungsverfahren wieder aufgenommen und den Antrag des Revisionswerbers auf Verleihung der Staatsbürgerschaft abgewiesen. Dieser Bescheid sei der (mit Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt vom 23. Juni 2008 bestellten) Abwesenheitskuratorin am 11. September 2008 zugestellt worden. Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers im wiederaufgenommenen Verfahren sei die Bestellung der Abwesenheitskuratorin rechtswirksam erfolgt. Dies ergäbe sich aus dem im Akt des BG Innere Stadt erliegenden Ausdruck aus der Ediktsdatei vom 23. Juni "2006" (richtig wohl: 2008) sowie der Aussage der für die Eintragung in die Ediktsdatei zuständigen Bediensteten des BG Innere Stadt in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht. Nach deren glaubhafter Aussage (wonach alle damals mit dem Zugang "Schulung" getätigten Eingaben in der Ediktsdatei öffentlich zugänglich gewesen seien) gebe es keinen Grund zur Annahme, dass die Kundmachung der Kuratorenbestellung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Wie sich aus dem Akt des BG Innere Stadt weiter ergebe, sei die Abwesenheitskuratorin mit Beschluss vom 13. Jänner 2009 ihres Amtes enthoben worden. Die Einvernahme eines informierten Vertreters des Bundesrechenzentrums sei daher zur Klärung des Sachverhalts nicht notwendig gewesen.

3 Da der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft in der Zwischenzeit nicht (wieder) erworben habe, sei festzustellen gewesen, dass er nicht österreichischer Staatsbürger sei.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtete sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Der vom Revisionswerber unter dem Gesichtspunkt einer erheblichen Rechtsfrage zunächst aufgezeigte Umstand, dass das Verwaltungsgericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG lediglich durch die verneinende Wiedergabe dieser Gesetzesbestimmung begründet habe, wirft keine Rechtsfrage von der Qualität des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf, von deren Lösung die Entscheidung über die Revision abhinge. Auch wenn das Verwaltungsgericht nach § 25a Abs. 1 letzter Satz VwGG seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG kurz - und in der Regel fallbezogen - zu begründen hat, ist der Verwaltungsgerichtshof entsprechend § 34 Abs. 1a VwGG bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an diesen Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof vielmehr im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. An der gesonderten Darlegung von in § 28 Abs. 3 VwGG geforderten Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird, war der Revisionswerber nicht gehindert (vgl. den hg. Beschluss vom 1. Oktober 2014, Zl. Ra 2014/09/0022).

9 Inhaltlich wird zur Zulässigkeit der Revision im Sinn des § 28 Abs. 3 VwGG vorgebracht, dass sich das Verwaltungsgericht zur Frage der wirksamen Veröffentlichung der Bestellung der Abwesenheitskuratorin "ausschließlich" auf eine "untaugliche Zeugenaussage" gestützt und zu Unrecht die beantragten Erhebungen beim Bundesrechenzentrum unterlassen habe. Damit wird aber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. Nach der hg. Rechtsprechung dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2013, Zl. 2012/08/0250, mwN). Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt aber der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab den hg. Beschluss vom 8. Jänner 2015, Zl. Ra 2014/08/0064, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur "erheblichen Rechtsfrage" sowie zur einzelfallbezogenen Frage der Beweiswürdigung). Eine derart krasse Fehlbeurteilung ist im vorliegenden Fall nicht zu sehen, zumal sich die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts - entgegen dem Revisionsvorbringen - nicht ausschließlich auf die erwähnte (unbedenkliche) Zeugenaussage, sondern auch auf den Akteninhalt des BG Innere Stadt gestützt hat.

10 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 23. Februar 2016

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