VwGH Ra 2015/22/0097

VwGHRa 2015/22/009716.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrat Dr. Robl und Hofrätin Mag.a Merl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision des Landeshauptmannes von Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 9. April 2015, VGW-151/007/28270/2014-5, betreffend Aufenthaltstitel (mitbeteiligte Partei: F S, vertreten durch die Mag. Wolfgang Auner Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft KG in 8700 Leoben, Parkstraße 1/I), zu Recht erkannt:

Normen

EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1 Z2;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §41a Abs9 idF 2011/I/038;
NAG 2005 §81 Abs23;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1 Z2;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §41a Abs9 idF 2011/I/038;
NAG 2005 §81 Abs23;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger des Kosovo, stellte bei der Österreichischen Botschaft Skopje am 4. Februar 2014 den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" unter Hinweis auf den unbefristeten Aufenthaltstitel seiner mit ihm seit dem Jahr 2013 verheirateten Ehefrau.

Der Landeshauptmann von Wien (der nunmehrige Revisionswerber) wies mit Bescheid vom 17. Juni 2014 den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Rot-Weiß-Rot - Karte plus (§ 46/1/2)" gemäß § 11 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab. Dies wurde damit begründet, dass gegen den Mitbeteiligten ein von Ungarn erlassenes Einreise- und Aufenthaltsverbot für das "Schengener Gebiet" erlassen worden sei und die Ausschreibung bis 21. August 2016 aufrecht sei.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 9. April 2015 gab das Verwaltungsgericht Wien der gegen den genannten Bescheid erhobenen Beschwerde statt und erteilte dem Mitbeteiligten den Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 41a Abs. 9 NAG idF vor BGBl. I Nr. 87/2012.

Begründend verwies das Verwaltungsgericht auf die Bestimmung des § 11 Abs. 3 NAG und kam unter Hinweis auf die näher dargelegten persönlichen Umstände des Mitbeteiligten zum Ergebnis, dass eine Interessenabwägung gemäß § 11 Abs. 3 NAG zu dessen Gunsten geboten sei.

Weiters erklärte das Verwaltungsgericht Wien die ordentliche Revision für unzulässig, weil keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen gewesen sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision des Landeshauptmannes von Wien, der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das angefochtene Erkenntnis weicht mehrfach von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weshalb die Revision zulässig und auch berechtigt ist.

Zunächst ist festzuhalten, dass sowohl dem angefochtenen Bescheid als auch der Beschwerde übereinstimmend zu Grunde liegt, dass der Mitbeteiligte die Familienzusammenführung mit seiner Ehefrau und demnach einen Aufenthaltstitel gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 NAG anstrebt. Indem nun das Verwaltungsgericht ausdrücklich die Titelerteilung auf § 41a Abs. 9 NAG stützte und somit einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen erteilte, nahm es in unzulässiger Weise eine Umdeutung des Antrages vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. April 2010, 2008/22/0071).

Weiters zog es die Bestimmung des § 41a Abs. 9 NAG idF vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 (diese regelte die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK) heran, die im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Antragstellung im Februar 2014 nicht mehr anzuwenden war (§ 81 Abs. 23 NAG setzt ein am 31. Dezember 2013 bei der Behörde anhängiges Verfahren voraus).

Indem das Verwaltungsgericht eine im Entscheidungszeitpunkt nicht (mehr) geltende Fassung einer gesetzlichen Bestimmung herangezogen hat, hat es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Letztlich hat das Verwaltungsgericht eine Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG vorgenommen, obwohl eine solche bei Vorliegen des absoluten Versagungsgrundes des § 11 Abs. 1 Z 2 NAG unzulässig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2011, 2011/22/0145).

Wegen dieser mehrfachen Verkennung der Rechtslage war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat aufzuheben.

Bei diesem Ergebnis kommt ein Kostenzuspruch an den Mitbeteiligten nicht in Betracht.

Wien, am 16. September 2015

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