VwGH Ra 2015/19/0150

VwGHRa 2015/19/015010.11.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Feiel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Revision des M S, vertreten durch Dr. Bettina Pressl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 21A, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 2015, Zl. L507 2010646- 1/15E, betreffend Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
EMRK Art3;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §39 Abs1 Z1;
AsylG 2005 §3 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
EMRK Art3;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §39 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Republik Türkei und Zugehöriger der kurdischen Volksgruppe, stellte am 25. Juli 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Er machte im Wesentlichen geltend, auf Grund einer Intrige des Geheimdienstes seien seine Brüder und er wegen Raubes ungerechtfertigt verurteilt worden. Er habe die Tat nicht begangen und sei deswegen geflohen. Einer seiner Brüder befinde sich ebenfalls im österreichischen Bundesgebiet und habe ebenfalls hier einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Bei Rückkehr in die Türkei drohe ihm eine langjährige Haftstrafe.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 17. Juli 2014 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und erklärte die Abschiebung des Revisionswerbers für zulässig. Die Verwaltungsbehörde führte aus, eine strafrechtliche Verurteilung sei nicht asylrelevant. Auch sei im Fall der Rückkehr in die Türkei keine Verletzung der in Art. 3 EMRK genannten Rechte zu befürchten.

3. In der dagegen erhobenen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wies der Revisionswerber unter anderem darauf hin, es habe die Verwaltungsbehörde festgestellt, dass es Kritik an den Haftbedingungen in türkischen Gefängnissen gebe, beispielsweise hinsichtlich Überbelegung der Haftanstalt sowie der medizinischen Versorgung der Häftlinge. Dies hätte, weil dem Revisionswerber im Falle der Abschiebung eine langjährige Haftstrafe drohe, bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Abschiebung berücksichtigt werden müssen.

4. Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Einlangen einer Stellungnahme, in welcher vom Revisionswerber wieder auf die in den Länderberichten beschriebenen Probleme im Bereich Justiz und Haft hingewiesen wurde - die Beschwerde als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, der Revisionswerber sei türkischer Staatsangehöriger kurdischer Abstammung. Sein Bruder halte sich ebenfalls im österreichischen Staatsgebiet auf. Er sei in der Türkei wegen mehrfachen Raubes zu einer Haftstrafe im Ausmaß von dreizehn Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Dagegen habe der Revisionswerber auch berufen, das erstinstanzliche Urteil sei aber bestätigt worden. Die Verurteilung zu einer Haftstrafe wegen einer strafbaren Handlung stellte keine asylrelevante behördliche Verfolgung dar. Dass die Verurteilung auf Grund einer Verschwörung oder der Volksgruppenzugehörigkeit des Revisionswerbers erfolgt sei, werde als nicht glaubwürdig erachtet. Im Rahmen der Entscheidung über die Erteilung von subsidiärem Schutz führte das Bundesverwaltungsgericht aus, beim Revisionswerber handle es sich um einen arbeitsfähigen Mann, es sei davon auszugehen dass er sich so wie bisher durch Arbeit ein ausreichendes Einkommen erwirtschaften könne, außerdem könne er mit Unterstützung durch seine Familie rechnen. Sollte der Revisionswerber tatsächlich eine Freiheitsstrafe verbüßen müssen, so sei den Feststellungen zu entnehmen, dass die Haftbedingungen im türkischen Strafvollzug aktuell keinen Widerspruch zu Art. 3 EMRK erkennen ließen. Weiters folgen Ausführungen zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie zur Rückkehrentscheidung.

5. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6.1. Der Revisionswerber bringt zur Begründung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision vor, das Bundesverwaltungsgericht verkenne, dass dem Revisionswerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. Abschnitt 1 A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention drohe. Auf Grund der kurdischen Abstammung des Revisionswerbers und seiner langjährigen Mitgliedschaft bei der DTP-Bewegung sei es zu Problemen mit dem Geheimdienst gekommen und er sei deswegen für eine Tat, die er nicht begangen habe, verurteilt worden.

Dem ist zu erwidern, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis das Vorbringen zu den Fluchtgründen (Verschwörung und ungerechtfertigte Verurteilung) im Rahmen der Beweiswürdigung als nicht glaubwürdig beurteilt und das Vorbringen des Revisionswerbers seiner rechtlichen Beurteilung gar nicht zugrunde legt. Der Verwaltungsgerichtshof ist im Allgemeinen zur Überprüfung der Beweiswürdigung nicht berufen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. September 2015, Ra 2015/19/0091). Dass die Beweiswürdigung durch das Bundesverwaltungsgericht in unvertretbarer, die Rechtssicherheit beeinträchtigender Weise vorgenommen worden wäre, macht der Revisionswerber nicht geltend.

6.2. Der Revisionswerber bringt zur Begründung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision weiters vor, das Bundesverwaltungsgericht sei von der hg. Rechtsprechung abgewichen, wonach eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Asylwerbers, für welchen sich im Herkunftsstaat die ernste Gefahr ergebe, dass es für ihn zu einem als unmenschliche Behandlung zu qualifizierenden Gefängnisaufenthalt als Folgewirkung der Aufenthaltsbeendigung kommen würde, für unzulässig zu erklären sei. Das Bundesverwaltungsgericht verkenne, dass dem Revisionswerber eine mehrjährige Gefängnisstrafe unter teils unmenschlichen Bedingungen drohe. Eine Abschiebung unter solchen Umständen sei nicht zulässig. Sofern das Bundesverwaltungsgericht darauf verweise, dass der Revisionswerber im Fall seiner Rückkehr keiner Folter oder erniedrigenden bzw. unmenschlichen Behandlungen oder Strafen ausgesetzt wäre, sei aufzuzeigen, dass zu dieser Thematik keine bzw. lediglich unzureichende Erkundigungen getroffen worden seien.

Auch mit diesem bloß pauschalen Vorbringen gelingt es dem Revisionswerber nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, von deren Lösung der gegenständliche Fall abhängen würde. Der Revisionswerber legt nicht hinreichend konkret dar, dass eine Anhaltung in Haft fallbezogen zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führen würde. Mit dem bloßen Verweis auf primär Einzelfälle betreffende Entscheidungen des EGMR wird nicht dargetan, inwieweit für den Revisionswerber im vorliegenden Fall ein "real risk" einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung gegeben sei.

7. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 1 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 10. November 2015

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