VwGH Ra 2015/16/0070

VwGHRa 2015/16/007026.8.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Berger über die Revision des Dr. GS, Rechtsanwalt in 1010 Wien, als Insolvenzverwalter im Konkurs über das Vermögen der A GmbH in W, vertreten durch die Pitzal/Cerny/Partner Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Paulanergasse 9, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 24. April 2015, RV/4200153/2013, betreffend Festsetzung von Mineralölsteuer und Säumniszuschlag, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs1 Z1 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 idF 2012/I/051;
ZPO §500;
B-VG Art133 Abs1 Z1 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 idF 2012/I/051;
ZPO §500;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 13. Februar 2013 hatte das Zollamt St. Pölten Krems Wr. Neustadt der A GmbH Mineralölsteuer

für das Jahr 2010 in der Höhe von insgesamt EUR 3.923.356,10 und

für das Jahr 2011 in der Höhe von insgesamt EUR 275.839,59 sowie Säumniszuschläge in der Höhe von insgesamt EUR 83.983,92 vorgeschrieben, weil es sich bei dem von der Gesellschaft hergestellten und aus deren Steuerlager verbrachten "Universaltechnischem Öl" um Gasöl gehandelt habe, das zolltarifarisch unter die Warennummer 2710 1941 falle.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wandte sich die Gesellschaft der Sache nach gegen die Einreihung des Öls als Gasöl. Mit Berufungsvorentscheidung vom 8. Oktober 2013 gab das Zollamt der Berufung nur teilweise Folge, woraufhin die Gesellschaft mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2013 einen Vorlageantrag einbrachte.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Gericht der Bescheidbeschwerde teilweise statt, hob den Bescheid über die Festsetzung von Mineralölsteuer für den Monat April 2011 in der Höhe von EUR 275.839,59 auf und änderte den Bescheid über die Festsetzung von Mineralölsteuer für die Monate September, Oktober und November 2010 insofern ab, als die Mineralölsteuer für den Monat September 2010 mit EUR 1.613.080,14, für den Monat Oktober 2010 mit EUR 1.164.548,39 und für den Monat November 2010 mit EUR 1.136.969,44 neu festgesetzt wurde; weiters wurde der Säumniszuschlag mit EUR 78.290,72 neu festgesetzt. Weiters sprach das Gericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

Unter Erörterung der Beweisergebnisse und der Argumente der Revisionswerberin gelangte das Gericht zum Schluss, dass das "Universaltechnische Öl" in den der Steuervorschreibung zugrunde liegenden Fällen mineralölsteuerpflichtiges Gasöl (Diesel) gewesen sei (Seiten 10 bis 17 der Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses), weil die in der zusätzlichen Anmerkung 2e der KN angeführten Destillationswerte erfüllt seien. Abschließend begründete das Gericht die Nachforderung an Mineralölsteuer im Grunde des § 201 BAO, die Festsetzung des Säumniszuschlages nach § 217 BAO sowie den Ausspruch einer Unzulässigkeit einer Revision gegen dieses Erkenntnis, da die Entscheidung ein Ergebnis der freien Beweiswürdigung sei und somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliege.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision des Insolvenzverwalters im Konkurs über das Vermögen der Gesellschaft, die ihre Zulässigkeit wie folgt begründet:

"1. Zulässigkeit der a.o. Revision:

Das Bundesfinanzgericht hat in seiner Entscheidung das Rechtsmittel der Revision für unzulässig erklärt, weil die angefochtene Entscheidung bloß ein Ergebnis der freien Beweiswürdigung wäre.

Diese Ansicht ist unrichtig, da die wesentlichen Rechtsfragen nicht gelöst wurden und auch nicht Gegenstand einer freien Beweiswürdigung sein können.

Hierbei wäre zu klären gewesen, warum das von uns hergestellte Universaltechnische Öl nach der Kombinierten Nomenklatur (KN) nicht unter den Tarif 2710 1999 einzureihen ist, obwohl die Technische Untersuchungsanstalt (TUA) vorgeschlagen hat, unser Produkt unter der Zolltarifnummer 2710 1999 einzureihen, womit bestätigt wurde, dass keine Mineralölsteuerpflicht vorliegt. Hierbei hätte der Bundesfinanzgerichtshof feststellen müssen, ab welchem Dieselanteil unseres Produktes diese Einreihung unter der angegebenen Zolltarifnummer nicht mehr zulässig gewesen wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu

suchen ... Diese ergeben sich aus dem Wortlaut der Positionen der

Kombinierten Nomenklatur und den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln ...

Die Vorschriften und Kapiteln des GZ, ebenso wie die Erläuterungen der KN des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens sind wichtige Hilfsmittel, um eine einheitliche Anwendung des ZT zu gewährleisten und können wichtige Mittel zur Auslegung des Tarifs sein ...

Für die Zwecke der Einreihung in die geeignete Position kann schließlich der Verwendungszweck der Ware ein objektives Kriterium sein, wenn dieser der Ware innewohnt, was sich anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware beurteilen lässt.

Aus den vorliegenden Proben und Probenuntersuchung ergibt sich kein Grund, der daraus schließen ließe, dass die von uns vorgenommene Einreihung in den oben zitierten Zolltarif unrichtig wäre.

Erst wenn die unrichtige Einreihung der Ware unter dem angeführten Zolltarif feststeht und nicht nur als vage vermutet wird, wäre das Zollamt berechtigt gewesen, gemäß § 201 Abs. 1 bis Abs. 3 BAO die Abgabe im Rahmen einer Ermessensentscheidung festzusetzten.

Die bloße Vermutung einer unrichtigen Tarifeinreihung reicht nicht aus, um die belangte Behörde zu ermächtigen, die Mineralölsteuer mit Bescheid festzusetzen. Die Kriterien für die richtige Einreihung einer Ware in den Zolltarif müssen aber vorher im Rahmen der rechtlichen Beurteilung geklärt sein, um Rechtsfolgen aus der falschen Zolltarifeinreihung ableiten zu können.

Da dies aber weit über den Anlassfall von Interesse ist, liegen daher die Voraussetzungen für eine a.o. Revision vor."

Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Das Revisionsmodell der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an jenem nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (ErläutRV 1618 BlgNR XXIV. GP 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Auch kann einer Rechtsfrage etwa des Verfahrensrechts nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet.

Die vorliegende Revision sieht ihre Zulässigkeit im Kern darin, dass die Ansicht des Gerichts über die Unzulässigkeit einer Revision unrichtig sei, da die "wesentlichen Rechtsfragen nicht gelöst" worden seien und auch nicht Gegenstand einer freien Beweiswürdigung sein könnten. Sie sieht die Diskrepanz darin, aus den vorliegenden Proben und Probenuntersuchungen ergebe sich kein Grund, der darauf schließen ließe, dass die von der Gesellschaft vorgenommene Einreihung in den oben zitierten Zolltarif unrichtig wäre.

Damit übergeht die Revision allerdings die eingehende Auseinandersetzung des Gerichts mit den vorliegenden Proben (auch aus dem Bereich der Gesellschaft), Untersuchungs- und anderen Beweisergebnissen und unterlässt es insbesondere, eine Überschreitung der freien Beweiswürdigung durch eine Unschlüssigkeit darzulegen.

Da die Revision somit keine Rechtsfragen aufwirft, denen grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 26. August 2015

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