VwGH Ra 2015/11/0014

VwGHRa 2015/11/00149.3.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Revision des H H in B, vertreten durch Mag. Andreas Germann, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Scheffelstraße 7a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 17. Dezember 2014, Zl. LVwG-1-483/R7-2014, betreffend Übertretungen des AVRAG (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Bregenz; mitbeteiligte Partei: Vorarlberger Gebietskrankenkasse in 6850 Dornbirn, Jahngasse 4), den Beschluss gefasst:

Normen

AVRAG 1993 §7i Abs3;
VStG §31 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

1.2. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

1.3. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber, soweit hier relevant, als Geschäftsführer einer näher genannten juristischen Person gemäß § 7i Abs. 3 AVRAG bestraft, weil diese in bestimmten Zeiträumen näher bezeichnete Arbeitnehmer beschäftigt habe, ohne diesen den zustehenden Grundlohn für geleistete Überstunden bezahlt zu haben (mit dem unangefochten gebliebenen Teil des genannten Erkenntnisses wurden Verwaltungsstrafverfahren gegen den Revisionswerber betreffend weitere Arbeitnehmer wegen Verfolgungsverjährung eingestellt). Das Verwaltungsgericht sprach gemäß § 25a VwGG aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

2.2. Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit aus, es liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, weil auch hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht bestätigten Verwaltungsübertretungen Verfolgungsverjährung eingetreten sein "kann", was das Verwaltungsgericht hätte klären müssen. Dabei wäre zu berücksichtigen gewesen, dass nach dem Vorbringen der Parteien im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht "bei mehreren Dienstnehmern wegen kurzfristiger Abmeldungen bei Erteilung einer Wiedereinstellungszusage kurzfristige Lücken im Versicherungsverlauf vorhanden" gewesen seien. Zur Rechtsfrage, wie sich die "die kurzfristige Abmeldung eines Dienstnehmers bei Erteilung einer Wiedereinstellungszusage für einen späteren Zeitpunkt" auf den Beginn der Frist für die Verfolgungsverjährung einer Verletzung des § 7i Abs. 3 AVRAG auswirke, fehle bislang Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

2.3. Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision weder auf, dass der vorliegende Fall von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt, zu der keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, noch dass das Verwaltungsgericht von einer solchen Rechtsprechung abgewichen wäre:

Der § 7i Abs. 3 AVRAG stellt unter Strafe, dass ein Arbeitgeber Arbeitnehmer "beschäftigt oder beschäftigt hat", ohne ihnen den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Lohn zu leisten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem (auch in der Revision angesprochenen) Erkenntnis vom 23. Oktober 2014, Zl. Ra 2014/11/0063, klargestellt, dass die strafbare Handlung gemäß § 7i Abs. 3 AVRAG im gesetzwidrigen (weil unzureichend entlohnten) Beschäftigen des Arbeitnehmers liegt und als Dauerdelikt andauert, so lange die unterbezahlte Beschäftigung aufrecht erhalten wird.

Daraus ergibt sich unmissverständlich, dass mit dem jeweiligen Ende einer Beschäftigung (mit den Worten der Revision:

Abmeldung eines Dienstnehmers und Wiedereinstellung zu einem späteren Zeitpunkt; nach der Aktenlage offenbar gemeint: in auftragsschwachen Zeiträumen) die strafbare Handlung gemäß § 7i Abs. 3 AVRAG endet und gleichzeitig (siehe § 31 Abs. 1 VStG) die Frist für die Verfolgungsverjährung beginnt.

Dennoch ist das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall nicht von der hg. Rechtsprechung abgewichen, wenn es im angefochtenen Erkenntnis hinsichtlich der dort bestätigten Verwaltungsübertretungen die in der Anzeige der Mitbeteiligten aufgelisteten Arbeitszeiten der in Rede stehenden Dienstnehmer zugrunde gelegt hat und somit von durchgehenden Arbeitsverhältnissen ausgegangen ist, ohne die in der Revision behaupteten "kurzfristigen Abmeldungen" dieser Dienstnehmer zu ermitteln:

Da es sich bei den behaupteten "kurzfristigen Abmeldungen" (Beendigung der Arbeitsvertragsverhältnisse) der Dienstnehmer um sog. betriebsbezogene Umstände handelt, wäre es dem Revisionswerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht oblegen, spätestens vor dem Verwaltungsgericht ein substanziiertes Vorbringen zu erstatten, konkret welche der im erstinstanzlichen Straferkenntnis angeführten Arbeitnehmer in jeweils welchen Zeiträumen beim Revisionswerber nicht in Beschäftigung standen (vgl. zur ständigen hg. Rechtsprechung etwa Raschauer/Wessely, VStG, Rz 5 zu § 25 VStG, sowie zur erhöhten Mitwirkungspflicht bei der Ermittlung von Arbeitszeiten das Erkenntnis vom 27. September 2007, Zl. 2005/11/0183, mwN), um es dem Verwaltungsgericht zu ermöglichen, ausgehend vom jeweiligen Ende einer Beschäftigung die Verfolgungsverjährung der entsprechenden Delikte zu prüfen.

Dass der Revisionswerber gegenständlich ein solches substanziiertes Vorbringen erstattet hätte, wird in der Revision nicht dargetan (und ist im Übrigen auch nicht aus den vom Verwaltungsgericht vorgelegten Akten ersichtlich).

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 9. März 2015

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