Normen
EURallg;
GSpG 1989 §52;
VwGG §42 Abs2 Z1;
EURallg;
GSpG 1989 §52;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 4. September 2015 wurde die Revisionswerberin für schuldig erkannt, als Betreiberin eines Lokals in Wien am 19. November 2014 verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 des Glücksspielgesetzes (GSpG) unternehmerisch zugänglich gemacht zu haben, indem sie es gestattet habe, dass durch Herrn W in den durch sie betriebenen Räumlichkeiten ein näher bezeichnetes Glücksspielgerät voll funktionsfähig in betriebsbereitem Zustand aufgestellt gewesen sei, um Glücksspiele in Form von Ausspielungen an diesem Gerät durchzuführen, obwohl eine behördliche Konzession oder Bewilligung nicht erteilt worden und auch keine Ausnahme vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 GSpG gegeben gewesen sei.
2 Die Revisionswerberin habe dadurch eine Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz begangen; über sie wurde nach dieser Bestimmung eine Geldstrafe von EUR 500,- und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Stunden verhängt.
3 In der Begründung führte das Verwaltungsgericht u.a. aus, der EuGH habe rechtliche Restriktionen im Glücksspielbereich nicht schlechthin ausgeschlossen (Hinweis auf das Urteil Dickinger und Ömer). Der Verwaltungsgerichtshof habe bei ähnlich gelagerten Sachverhalten bis dato eine Unionsrechtswidrigkeit des GSpG nicht zu erblicken vermocht (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. April 2012, 2011/17/0074). Auch der Verfassungsgerichtshof habe sich nicht veranlasst gesehen, eine aus einer möglichen Unionsrechtswidrigkeit abgeleitete Verfassungswidrigkeit zu erblicken (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 18. September 2014, E 648/2014-7) und habe diesbezügliche Bedenken des Obersten Gerichtshofes (Hinweis auf dessen Beschluss vom 21. Oktober 2014, 4 Ob 145/14y) nicht durch die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens wegen einer möglichen Inländerdiskriminierung geteilt.
4 Das Verwaltungsgericht erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit den Anträgen, der Verwaltungsgerichtshof möge eine mündliche Verhandlung anberaumen, die Angelegenheit in einem verstärkten Senat behandeln und das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufheben.
6 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete keine Revisionsbeantwortung.
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
8 Die vorliegende Revision erweist sich entgegen den Ausführungen des Landesverwaltungsgerichts als zulässig, weil das angefochtene Erkenntnis im Hinblick auf die fehlenden Feststellungen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, worauf im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens in der Revision zutreffend hingewiesen wurde.
9 Der vorliegende Fall ist in seinen entscheidungswesentlichen Elementen jenem gleichgelagert, welcher dem hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2016, Ra 2015/09/0080 mwN, zugrunde lag. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auf seine frühere Rechtsprechung verwiesen, dass das Verwaltungsgericht zur Ermöglichung der Beurteilung, ob Unionsrecht unmittelbar anwendbar ist, Feststellungen dazu zu treffen habe, ob die gegebene Wettbewerbsbeschränkung den unionsrechtlichen Vorgaben entspreche, und - wie der Revisionswerber aufzeigt - im hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2015, Ro 2014/17/0049, die Auffassung vertreten, dass das Verwaltungsgericht für den Fall der Annahme der Nichtanwendbarkeit von Unionsrecht sich auch mit der Frage verfassungsrechtlicher Bedenken der Anwendung von § 52 GSpG wegen Inländerdiskriminierung auseinandersetzen müsse (vgl. auch die gleichgelagerten Erkenntnisse vom 24. Mai 2016, Ra 2015/09/0064, und vom 20. Juni 2016, Ra 2016/09/0036).
10 Auf dem Boden der angeführten hg. Rechtsprechung war daher auch das im vorliegenden Fall angefochtene Erkenntnis aufzuheben, weil es nach der Rechtsprechungspraxis des Verwaltungsgerichtshofes für ein Verwaltungsgericht, das in einer Verwaltungsstrafsache in der Sache selbst zu entscheiden hat, zur Beurteilung der Unionsrechtskonformität im vorliegenden Zusammenhang nicht ausreicht, allein auf die Entscheidungen anderer Gerichte in anderen Fällen zu verweisen, sondern vielmehr in jedem einzelnen Fall eine nähere Beurteilung der Erforderlichkeit der durch das GSpG bewirkten Einschränkung der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit zur Erreichung legitimer Zielsetzungen verlangt wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 2014, Ro 2014/17/0121, vom 24. April 2015, Ro 2014/17/0126, und vom 29. Mai 2015, Ro 2014/17/0049, sowie zur Gesamtwürdigung der maßgeblichen Umstände das hg. Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022).
11 Daher war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
12 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen werden. Für eine Verstärkung des Senats bestand mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 13 VwGG keine Veranlassung.
13 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 6. September 2016
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)