Normen
AVG §7 Abs1;
BDG 1979 §123 Abs2 idF 2011/I/140;
BDG 1979 §123 idF 2011/I/140;
BDG 1979 §124;
BDG 1979 §135a Abs3 Z2;
BDG 1979 §135b Abs1;
BDG 1979 §43;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §94 Abs1 Z1;
BDG 1979 §94 Abs1;
BDG 1979 §94 Abs2 Z3;
B-VG Art133 Abs4;
BVwGG 2014 §17;
BVwGG 2014 §6;
BVwGG 2014 §7 Abs2;
MRK Art6 Abs1;
MRK Art6 Abs3 lita impl;
StPO 1975 §1 Abs2 idF 2004/I/019;
VStG §5 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
1. den Beschluss gefasst:
Die Revisionen gegen die Erkenntnisse 1. und 2. (zu den Zahlen Ra 2014/09/0042 und Ra 2015/09/0001) werden zurückgewiesen.
und
2. zu Recht erkannt:
Die Revision gegen das Erkenntnis 3. (zur Zahl Ra 2015/09/0010) wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der im Jahr 1957 geborene Revisionswerber steht als Hofrat der Verwendungsgruppe A1 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und verrichtete als Referatsleiter (Strafamt) in der sicherheits- und verwaltungspolizeilichen Abteilung der Landespolizeidirektion G (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) seinen Dienst.
1. Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres leitete gegen den Revisionswerber mit Beschluss vom 8. September 2014 gemäß § 91 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) ein Disziplinarverfahren wie folgt ein:
"Der Revisionswerber ist verdächtig, er habe am 02. Mai 2014 das Verwaltungsstrafverfahren VStV/xxx/2014 gegen E.K. (§ 99 Abs. 1 lit b i.V.m. § 5 Abs. 2 2.Satz Ziffer 1 StVO) entgegen der bestehenden - ihm zuletzt am 18. März 2014 mitgeteilten - Rechts- und Erlasslage rechtswidrig eingestellt und es dadurch unterlassen ein Straferkenntnis zu erlassen."
In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, dass der Revisionswerber am 18. März 2014 ein E-Mail seines Vorgesetzten HR Dr. F.R. erhalten habe, dessen wesentlicher Teil wie folgt laute:
"In Zusammenschau dieser Ausführungen ist jedenfalls davon auszugehen, dass ein Lenker dann einen Alkotest verweigert, wenn er trotz Anordnung des Straßenaufsichtsorgans keine Flüssigkeiten zu sich zu nehmen, eine Flüssigkeit aufnimmt. Auch Wasser stellt eine Flüssigkeit dar. Der Revisionswerber stehe im Verdacht, dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 1 sowie § 44 Abs. 1 BDG 1979 begangen zu haben."
Die Beschwerde des Revisionswerbers gegen diesen Bescheid wurde mit dem zur Zl. Ra 2014/09/0042 erstangefochtenen Erkenntnis ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mit einer näheren Begründung abgewiesen.
2. Mit weiterem Beschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 19. September 2014 wurde ein weiteres Disziplinarverfahren gegen den Revisionswerber wie folgt eingeleitet:
"'Der Revisionswerber ist verdächtig,
1. Er habe es als zuständiger Strafreferent von Mitte
Februar bis 16. Mai 2014 unterlassen, die Verwaltungsstrafanzeige
der PI N, Geschäftszahl A2/3xxx/2014-TO (A.R. - Verweigerung der
Blutabnahme im LKH Salzburg, § 99 Abs. 1 lit. c StVO), eingelangt
im Strafamt am 21. Jänner 2014,
a. zu protokollieren, bzw. die Protokollierung zu
veranlassen
b. Verfolgungshandlungen gegen die angezeigte Lenkerin
zu setzen, bzw. ein Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten.
2. Er habe anlässlich seiner Suspendierung am
16. Mai 2014 versucht, diesen Akt (A.R.) mit nach Hause zu nehmen und dadurch zu unterdrücken.'
Der BF sei daher unbeschadet seiner strafgerichtlichen Verantwortung nach den §§ 302 und 229 bzw. 295 StGB verdächtig, seine Dienstpflichten gemäß §§ 43 Abs. 1 und 2 und § 44 Abs. 1 verletzt zu haben."
Die Beschwerde des Revisionswerbers gegen diesen Bescheid wurde mit dem zur Zl. Ra 2015/09/0001 zweitangefochtenen Erkenntnis ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mit einer näheren Begründung abgewiesen.
3. Mit Beschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 14. Mai 2014 wurde gegen den Revisionswerber ein Disziplinarverfahren wie folgt eingeleitet:
"I. Einleitungsbeschluss
Gegen den Leiter des Strafamtes der Landespolizeidirektion G, den Revisionswerber wird wegen des Verdachtes der schuldhaften Verletzung seiner Dienstpflichten nach § 91 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG), BGBl. Nr. 333/1979 idgF., gemäß § 123 Abs. 1 BDG ein Disziplinarverfahren eingeleitet.
Der Revisionswerber ist - nach derzeitigem Verfahrensstand - verdächtig:
1. Er habe es unterlassen Verwaltungsstrafverfahren,
welche ihm als grundsätzlich verantwortlichen Referenten zugewiesen waren, in den Zeiträumen von ca. Jänner bis 10. April 2012 und 24. Juli 2012 bis Mitte Februar 2013 rechtskonform zu bearbeiten, bzw. abzuschließen, wodurch es in den nachfolgenden 20 Fällen zu Verjährungen und einem noch zu bestimmenden Vermögensschaden zum Nachteil der Republik Österreich gekommen ist:
......(tabellarische Darstellung der GZ)......
2. Er habe im Zeitraum 2012 bis Februar 2013 wissentlich rechtswidrige Entscheidungen im Zusammenhang mit der Einstellung der Verwaltungsstrafverfahren GZ: S 26xxx/12, S- 1xxx/13, S-25xxx/12, S-38xxx/12, S-37xxx/12 getroffen und dadurch seine Befugnisse Amtsgeschäfte vorzunehmen, missbraucht.
3. Er habe im Zeitraum 2012 bis 25. Februar 2013 - nachdem zum Teil contra legem entschieden worden war oder Verfolgungshandlungen unterblieben waren - die nachfolgenden 12 Akten ohne Gegenzeichnung seines Vorgesetzten und somit entgegen dem per Weisung vom 25. Oktober 2006 normierten 4-Augen-Prinzip im Archiv abgelegt:
S-32xxx/12, S-29xxx/12, S-28xxx/12, S-29xxx/12, S-2xxx/12, S- 29xxx/12, S 34xxx/12, S-26xxx/12, S-1xxx/13, S-25xxx/13, S- 38xxx/12, S-37xxx/12
Der Beamte ist daher - unbeschadet seiner strafgerichtlichen Verantwortlichkeit wegen des Verdachtes der Begehung des Verbrechens des Amtsmissbrauchs nach § 302 StGB - verdächtig seine Dienstpflichten nach
- § 43 Abs. 1 BDG, nämlich seine dienstlichen Aufgaben treu und gewissenhaft zu erfüllen;
- § 43 Abs. 2 BDG, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf zu achten, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seines Amtes erhalten bleibt und
- § 44 Abs. 1 BDG i.V.m. der schriftlichen Anordnung vom 25.10.2006, nämlich die Weisungen seines Vorgesetzten zu befolgen
gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt zu haben.
II. Nichteinleitungsbeschluss
Hingegen wird das Disziplinarverfahren gemäß § 123 Abs. 1 BDG zu folgenden Vorwürfen eingestellt:
1. Er habe 27 Akten nicht mit gebotener Eile bearbeitet, wodurch es beinahe zu Verjährungen gekommen wäre, wenn dies nicht durch die Dienstkontrolle des Vorgesetzten bekannt geworden wäre (Einstellung gemäß § 118 Abs. 1 Ziffer 2 BDG wegen Verjährung nach § 94 Abs. 1 Ziffer 1 BDG).
2. Er habe am 28. Februar 2013, entgegen ausdrücklicher Dienstanweisung, ein Radiointerview gegeben (Einstellung gemäß § 118 Abs. 1 Ziffer 2 BDG wegen Verjährung nach § 94 Abs. 1 Ziffer 1 BDG)."
Gegen diesen Beschluss erhoben der Revisionswerber und der Disziplinaranwalt Beschwerden. Auf Grund dieser Beschwerden sprach das Bundesverwaltungsgericht durch seine Einzelrichterin mit dem zur Zl. Ra 2015/09/0010 drittangefochtenen Erkenntnis ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wie folgt aus:
"I. Der Beschwerde des Disziplinaranwaltes gegen Spruchpunkt II.1. (Nichteinleitungsbeschluss) wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben und Spruchpunkt II.1. des bekämpften Bescheides aufgehoben.
II. Der Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten gegen Spruchpunkt I. (Einleitungsbeschluss) wird gemäß § 123 Abs. 2 BDG 1979 iVm § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG insoweit stattgegeben als das Disziplinarverfahren zum Faktum des Spruchpunktes I.3. gemäß § 118 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 eingestellt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten hinsichtlich der Spruchpunkte I.1. und I.2. als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt."
Das Erkenntnis enthält eine nähere Begründung, in der die Begründung des Bescheides der Disziplinarkommission auszugsweise wie folgt wiedergegeben ist:
"Bei der Staatsanwaltschaft Salzburg ist unter Zahl 18 St xxx/13 d ein Strafverfahren wegen des Verdachtes des Amtsmissbrauchs nach § 302 Abs. 1 StGB anhängig (Rückfrage vom 08 Mai 2014). Von diesem Strafverfahren sind alle auch in diesem Einleitungsbeschluss angelasteten Sachverhalte umfasst (siehe Anfallsbericht GZ B5/xxx/2013-BAK vom 20. Juni 2013 durch das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung).
Verdacht von Dienstpflichtverletzungen
Der Verdacht von Dienstpflichtverletzungen ergibt sich aus der Disziplinaranzeige GZ P6/xxx-2013/PA vom 21. März 2014, samt umfangreicher Beilagen, sowie - soweit der Disziplinarkommission vorliegend - den Akten des Strafverfahrens (insbesondere dem Anfallsbericht vom 20. Juni 2013, GZ B5/xxx/2013-BAK und dem Zwischenbericht vom 23. September 2013, gleiche GZ, beide ergangen an die Staatsanwaltschaft Salzburg), weiters den ergänzenden Stellungnahmen der Dienstbehörde vom 11. April 2014. Daraus ergibt sich folgender, für das Disziplinarverfahren relevanter Sachverhalt:
Sachverhalt:
zu Spruchteil I
(=Anfallsbericht an die Staatsanwaltschaft G, Punkte I bis IV)
Der Disziplinarbeschuldigte versieht seit 2006 im (Amt) Dienst und war bis zu seiner Bestellung als Referatsleiter dieses Amtes mit der Funktion eines (Referenten) betraut. Als solcher hatte er - wie auch die anderen Mitarbeiter des (Amtes) - Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen, die nach einem vom Vorgesetzten verfügten Aufteilungsschlüssel (meist nach Sachgebieten oder/und nach Buchstaben) auf die einzelnen Mitarbeiter aufgeteilt wurden. Zum Zeitpunkt der Suspendierung des Disziplinarbeschuldigten am 11. April 2012 waren - auch aufgrund hoher Arbeitsbelastung im (Amt) - zahlreiche von ihm zu bearbeitende Verfahren noch nicht erledigt, weshalb der damalige Leiter des (Amtes) Hofrat Dr. W am 22. Mai 2012 eine Aufteilung der grundsätzlich vom Disziplinarbeschuldigten zu erledigenden Verfahren, an andere Mitarbeiter vornahm (Mail vom 22. Mai 2012, 15:18 Uhr). Eine genaue Erfassung mit Aktenzahl und nachvollziehbarem Übergabe/Übernahme-Schreiben erfolgte jedoch - soweit sich nachvollziehen lässt - nicht. Mit Aufhebung der Suspendierung am 24. Juli 2012 wurden ihm die Akten zurückgegeben; eine Nachkontrolle durch den Dienstvorgesetzen, welche der von ihm zunächst aufgeteilten Akten von anderen Mitarbeitern nun tatsächlich erledigt worden waren und ob überhaupt welche erledigt worden waren, erfolgte - soweit sich aus den Akten des Disziplinarverfahrens schließen lässt - nicht. Laut Anlastung in der Disziplinaranzeige und auch in der erstatteten Strafanzeige (Anfallsbericht GZ B5/xxx/2013-BAK vom 20. Juni 2013) war der Disziplinarbeschuldigte ab dem Zeitpunkt seiner Rückkehr jedenfalls wieder für die Bearbeitung zuständig. Aufgrund eines Hinweises von Mitarbeitern des (Amtes) führte der Dienstvorgesetzte Hofrat Dr. W am 09. Jänner 2013 eine Kontrolle durch, bei der er im leerstehenden Büro 68 des (Amtes) einen Stapel mit insgesamt 322 Verwaltungsstraf-Akten vorfand, die vom Disziplinarbeschuldigten vermutlich zwischen Weihnachten und Sylvester 2012 dort deponiert worden waren.
zu Punkt 1.
Eine Überprüfung dieser Akten ergab, dass mangels unterbliebener Verfolgungshandlungen, bzw. ordnungsgemäßer Erledigungen zum Zeitpunkt der Sicherstellung 13 Verwaltungsstrafverfahren verjährt waren. Obwohl ein Teil der Akten auf andere Mitarbeiter protokolliert, bzw. während aufrechter Suspendierung (des DB) eingelangt ist, sind sie - laut Dienstbehörde - dem Disziplinarbeschuldigten zuzuordnen.
Dabei handelt es sich - lt. Anlastung in der Disziplinaranzeige - um folgende 13 Verfahren:
......(tabellarische Darstellung der GZ)......
Anmerkung: Daraus ergibt sich, dass ein Akt während der Suspendierung verjährte und acht weitere auf andere Mitarbeiter protokolliert waren. Jene Akten, die während der Suspendierung eingelangt sind (Tatzeit oder Eingangsvermerk) sind Fett dargestellt.
Der Disziplinarbeschuldigte gab zu jedem einzelnen Akt eine Stellungnahme ab, in der er zusammenfassend im Wesentlichen ausführt, dass Verjährungen in die Zeit seiner Suspendierung fallen, es teilweise nicht nachvollziehbar sei warum Akten ihm zugerechnet würden, weil andere Sachbearbeiter ausgewiesen seien und auch eine Verantwortlichkeit anderer Beamter, insbesondere des damaligen Leiters des (Amtes) bestehe.
Zu Punkte 1. - 3
Am 25. Februar 2013 führte der Dienstvorgesetzte eine Kontrolle im Archiv des (Amtes) durch und fand dabei einen Aktenstoß von 17 Verwaltungsstrafakten, für deren Bearbeitung der Disziplinarbeschuldigte zuständig war und von denen 12 ohne vorgeschriebene Genehmigung seines Vorgesetzten (4-Augen-Prinzip) im Archiv abgelegt waren, obwohl keine ordnungsgemäße Erledigung erfolgte. In 7 Fällen gab es keine Verfolgungshandlung und in 5 Fällen lag - laut Bericht des Dienstvorgesetzten - eine rechtswidrige Erledigung vor. Im Einzelnen stellt sich dies wie folgt dar:
zu Punkt 1.
Die nachfolgenden 7 Akten wurden ohne dass Verfolgungshandlungen gesetzt worden waren vom Disziplinarbeschuldigten ad acta gelegt und sind in weiterer Folge verjährt:
......(tabellarische Darstellung der GZ)......
Der Disziplinarbeschuldigte gab dazu an, dass für die Bearbeitung/Ablage das Protokollbüro zuständig gewesen sei.
zu Punkt 2.
Bei den nachfolgenden 5 Akten wurden lt. Vorhalt in der Disziplinaranzeige Entscheidungen contra legem getroffen, wodurch der Staat in seinem Strafanspruch geschädigt wurde.
- GZ: S - 26874/12
Dem Vorgang liegt ein Einschreiten von Polizeibeamten zugrunde, wobei die Exekutivorgane zum Zeitpunkt des Einschreitens vertretbar annehmen konnten, dass auch der Beifahrer - der einen Alkotest verweigert hatte - das Kraftfahrzeug zuvor gelenkt hatte. Das Verwaltungsstrafverfahren wurde vom Disziplinarbeschuldigten mit AV vom 18.02.2013 eingestellt, obwohl laut rechtlicher Prüfung des Dienstvorgesetzten eine Bestrafung wegen Verweigerung des Alkotests (§ 99 Abs. 1 lit b iVm § 5 Abs. 2 StVO) hätte erfolgen müssen.
Der Disziplinarbeschuldigte gab dazu an, dass der Tatbestand der Verweigerung nicht aufrecht zu erhalten gewesen sei.
- GZ: S - 1702/13
Diesem Verfahren liegt eine Verwaltungsübertretung nach § 14 Abs. 8 FSG (Minderalkoholisierung) zugrunde; dabei handelt es sich um ein Vormerkdelikt nach § 30 FSG und jedenfalls kein Bagatelldelikt. Das Verfahren sei am 18.02.2013 auf 'Aviso' (Anmerkung der DK: Bei unbekannten Aufenthalt einer Partei erfolgt ein Eintrag in das zentrale Melderegister, meldet sich diese Person dann irgendwo in Österreich an, erfährt die Behörde davon) gesetzt worden, obwohl keine Verfolgungshandlung gesetzt worden war, wodurch die 6-monatige Verjährungsfrist zu laufen begann. Üblich wäre es etwa durch Zustellung einer Strafverfügung an den bisherigen bekannten Wohnort, oder die Einvernahme eines Tatzeugen, eine solche Verfolgungshandlung zu setzen, wodurch die Verjährung unterbrochen wird und die Behörde mehr Zeit für die Erledigung des Verfahrens gewinnt.
Der Disziplinarbeschuldigte gab an, dass eine Verfolgungshandlung mangels bekannter Abgabestelle nicht gesetzt werden konnte.
- GZ: S - 25419/12
Diesem Verwaltungsstrafverfahren liegt ein Straferkenntnis vom 05.11.2012 zugrunde, in welchem eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.200,-- wegen § 5 Abs. 1 Ziffer 2 StVO verhängt wurde (SB: Dr. W). Die Rechtskraft trat am 08.02.2013 ein, weil der die Tat bestreitende Betroffene eine verspätete Berufung einbrachte. Der Disziplinarbeschuldigte stellte das Verfahren nach § 45 Abs. 1 Ziffer 1 VStG mittels Aktenvermerk vom 19.02.2013 in dubio pro reo ein, ohne den Verwaltungsstrafakt der Berufungsbehörde (damals: UVS) vorzulegen.
Der Akt wurde, nachdem er im Archiv aufgefunden worden war, vom Vorgesetzten dem UVS Salzburg vorgelegt, der die Berufung mit Erkenntnis vom 03.06.2013, Zahl UVS 104/355/3-2013, als verspätet zurückwies.
Der Disziplinarbeschuldigte gab dazu - unbeschadet des Erkenntnisses des UVS an, dass das E-Mail des Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren nicht als Berufung zu werten gewesen sei.
- GZ: S - 38257/12
Auch diesem Strafverfahren liegt eine Verwaltungsübertretung nach § 5 StVO, im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Personenschaden (§ 88 StGB - diversionelle Erledigung) zugrunde. Der Disziplinarbeschuldigte stellte das Verwaltungsstrafverfahren am 19.02.2013 gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG iVm § 99 Abs. 6c StVO ein, obwohl er zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst haben konnte, ob die Alkoholisierung beim gerichtlichen Strafverfahren berücksichtigt worden war.
Erst auf ausdrückliche Anfrage vom 24.09.2013 teilte die Staatsanwaltschaft Salzburg mit, dass die Alkoholisierung beim Strafverfahren Berücksichtigung gefunden habe.
Der Disziplinarbeschuldigte gab an, dass er das Verwaltungsstrafverfahren aufgrund von Erfahrungswerten eingestellt habe.
- GZ: S - 37455/12
Diesem Verfahren liegt eine private Anzeige gegen einen Rechtsanwalt zugrunde, welcher am 11. Jänner 2013 beim Disziplinarbeschuldigten vorgesprochen und Akteneinsicht genommen hatte. Eine Stellungnahme zu den Vorwürfen wurde jedoch dabei nicht abgegeben. Der Disziplinarbeschuldigte stellte das Verwaltungsstrafverfahren am 19. Februar 2013 ohne weitere Begründung nach § 21 Abs. 1 2. Satz VStG ein.
Der Disziplinarbeschuldigte gab dazu an, dass die Voraussetzungen für eine Abmahnung gegeben waren.
zu Punkt 3
Mit E-Mail vom 25. Oktober 2006 ordnete der damalige Leiter des (Amtes), Hofrat Dr. W bestimmte Vorgangsweisen zur Optimierung von Verfahrensabläufen an. Im Punkt 5. wird dazu angeordnet:
Akte, welche mit Strafbescheid abgeschlossen und bezahlt wurden, sollten nicht mehr durch den Amtsleiter ad-acta geschrieben werden. Diese sollten vielmehr gleich nach Bezahlung im Archiv abgelegt werden. Alle übrigen Akte, welche z. B. eingestellt oder abgebrochen wurde, bzw. bei denen eine Abmahnung erfolgte oder die verjährt sind, sind dem Amtsleiter jedenfalls zur ad-acta-Zeichnung vorzulegen. Um eine Kontrolle der 'bezahlten' Akte trotzdem zu gewährleisten, sollten zumindest ein Mal pro Monat Stichprobenkontrollen durchgeführt werden. (Entlastung: (Amtsleiter) und Vollzug)
Bei der Dienstkontrolle am 25. Februar 2013 im Archiv (siehe auch oben - Überschrift zu Punkte 1-3) wurden 17 Akten vorgefunden. Bei 12 fehlte der Genehmigungsvermerk (Gegenzeichnung) des Vorgesetzten. Obwohl ein solcher nicht vorlag, wurden die Akten ohne weitere Bearbeitung im Archiv abgelegt. Dies stellt sich wie folgt dar:
......(tabellarische Darstellung der GZ)......
Anmerkung: Die Aktenzahlen stimmen mit jenen der Punkte 1.(7 Akte) und 2. (5 Akte) überein.
zu Spruchteil II
Punkt 1.
Die Dienstbehörde lastet in ihrer Disziplinaranzeige und ihrem ergänzenden Bericht (Seiten 8-10) dem Disziplinarbeschuldigten Versäumnisse im Zusammenhang mit einer raschen Bearbeitung von Verwaltungsstrafverfahren an, wodurch es in 27 genau aufgelisteten Fällen fast zu Verjährungen gekommen wäre.
Soweit es für den erkennenden Senat nachvollziehbar war, sind aber in all diesen Fällen - nicht zuletzt aufgrund der Intervention des Vorgesetzten - tatsächlich keine Verjährungen eingetreten und wurden die Verfahren letztlich vom Disziplinarbeschuldigten oder auch anderen Mitarbeitern zum Abschluss gebracht.
Punkt 2.
Der Disziplinarbeschuldigte gab am 28. Februar 2013 ein Radiointerview zum Thema Straßenprostitution, obwohl ihm bekannt war, dass diesbezüglich seitens der Behördenleitung eine Pressekonferenz geplant war.
Die Disziplinarkommission hat dazu erwogen:
Auf dieses Disziplinarverfahren ist die Geschäftsordnung der Disziplinarkommission für das Jahr 2014 anzuwenden.
......(Wiedergabe der §§ 43 Abs. 1 und 2, 44 Abs. 1 bis 3 und 94 BDG 1979)......
zur Frage der Verjährung
Insoweit der Disziplinarbeschuldigte in seinen Stellungnahmen Verjährung geltend machte, wird von der Disziplinarkommission folgendes ausgeführt: Die Disziplinaranzeige wurde vom Vorgesetzten am 10. Mai 2013 verfasst und ist am gleichen Tag auch der Dienstbehörde zur Kenntnis gelangt. Der Anfallsbericht GZ B 5/792/2013-BAK, in welchen dem Disziplinarbeschuldigten all jene Sachverhalte, wie in diesem Bescheid im Spruchteil I angeführt angelastet werden, wurde am 20. Juni 2013 verfasst und gab es - wie sich aus dem Zwischenbericht des BAK vom 23. September 2013 ergibt - bereits am 23. Juli 2013 Anordnungen der Staatsanwaltschaft. Es liegt daher ein Hemmungstatbestand nach § 94 Abs. 2 Ziffern 3 - 5 BDG vor (anhängiges Strafverfahren). Dass die Disziplinaranzeige daher erst am 21. März 2014 der Disziplinarkommission vorgelegt wurde, schadet nicht - Verjährung liegt nicht vor.
Relevant war die verspätete Vorlage der Disziplinaranzeige jedoch im Hinblick auf jene angelasteten Sachverhalte, welche nicht zugleich Gegenstand des Strafverfahrens sind. Dies sind jene im Spruchteil II (Nichteinleitungsbeschluss) angeführten Sachverhalte. Diesbezüglich liegt - wie der Disziplinarbeschuldigte richtig argumentiert - jedenfalls Verjährung nach § 94 Abs. 1 Ziffer 1 BDG vor.
Zum Vorliegen des Verdachtes von Dienstpflichtverletzungen
In Anwendung auf den vorliegenden Fall hatte die Disziplinarkommission zu prüfen, ob ein ausreichender Verdacht von Dienstpflichtverletzungen besteht. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH reicht es für die Einleitung des Verfahrens aus, wenn genügend Verdachtsgründe gegen den Beamten vorhanden sind, welche die Annahme des Vorliegens einer oder mehrerer Dienstpflichtverletzungen rechtfertigen. Ein solcher Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen, wobei 'Verdacht' mehr als eine bloße Vermutung ist. Es kommt auf die Kenntnis von Tatsachen an, aus denen - nach der Lebenserfahrung - auf ein Vergehen geschlossen werden kann. Dies ist im konkreten Fall eindeutig gegeben. Das Verhalten des Disziplinarbeschuldigten ist nach derzeitiger Verdachtslage disziplinär wie folgt zu würdigen:
Laut derzeit vorliegender Akten- und Beweislage, insbesondere auch dem anhängigen Strafverfahren bestehen insgesamt hinreichende Anhaltspunkte, aus denen nach der Lebenserfahrung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Vorliegen schwerwiegender Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG geschlossen werden kann. Die Amtsführung des Disziplinarbeschuldigten, im Hinblick auf die Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren, begründet derzeit den Verdacht des Verbrechens des Amtsmissbrauchs nach § 302 StGB und daraus folgend schwerer Dienstpflichtverletzungen nach dem BDG. Ob der Tatbestand der Begehung von Verbrechen und Vergehen tatsächlich vorliegt, wird im strafgerichtlichen Verfahren zu beurteilen sein, an dessen Ausgang die Disziplinarkommission gem. § 95 Abs. 2 BDG gebunden ist. Der Senat der Disziplinarkommission verkennt nicht, dass zu den im Spruchteil I/1 angelasteten von 20 verjährten Akten die mehr als dreimonatige Suspendierung des Disziplinarbeschuldigten zu berücksichtigen sein wird; ebenso die Tatsache, dass die dem Disziplinarbeschuldigten nunmehr zugerechneten Akten während der Suspendierungsdauer von anderen Beamten des (Amtes) zu erledigen gewesen wären (Anordnung des damaligen (Amtsleiters) Dr. W vom 22. Mai 2012), die aber - soweit sich jedenfalls aus der der Disziplinarkommission vorliegenden Aktenlage nachvollziehen lässt - auch säumig gewesen sein könnten. Dies betrifft soweit nachvollziehbar vermutlich 9 Akten; die restlichen sind nach derzeitiger Verdachtslage dem Disziplinarbeschuldigten zuzurechnen. Derzeit sind jedenfalls alle Akten Gegenstand des strafgerichtlichen Verfahrens und ist eine allfällige Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten, oder anderer Beamter von der Staatsanwaltschaft, bzw. in weiterer Folge vom Strafgericht zu beurteilen. Es ist zu diesem Zeitpunkt des Verfahrens nicht die Aufgabe der Disziplinarkommission den ihr vorgelegten Sachverhalt einer umfassenden strafrechtlichen Würdigung zu unterziehen und einzelne Anklagepunkte allenfalls als strafrechtlich nicht relevant zu beurteilen. Der Disziplinarkommission ist es im Zusammenhang mit § 114 BDG auch verwehrt, eigenständige, in die Kompetenz der Strafverfolgungsbehörden eingreifende Ermittlungen durchzuführen, weshalb auch eine Vernehmung jener Beamter, die als zuständige Bearbeiter von Akten ausgewiesen sind, die nunmehr dem Disziplinarbeschuldigten zugerechnet werden, ausscheidet (betrifft einen Teil der im Punkt I/1 angeführten Akten). Dies ist ausschließlich Sache der dazu berufenen Behörden, das sind die Staatsanwaltschaft und die Strafgerichte. Der Disziplinarkommission ist nicht bekannt, ob derzeit auch gegen andere Beamte des Strafamtes Ermittlungen geführt werden; eine Anfrage an die Staatsanwaltschaft wurde gestellt. Die Disziplinarkommission hat die Entscheidung der Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren zu führen zur Kenntnis zu nehmen und auf Basis dieser staatsanwaltlichen Entscheidung lediglich zu prüfen, ob sich ausreichende dienst- bzw. disziplinarrechtliche Tatbestände ergeben, welche den Verdacht einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung begründen. Ein solches strafrechtliches Ermittlungsverfahren wird aber im gesamten Umfang der im Spruchteil I angelasteten Sachverhalte derzeit durchgeführt, weshalb auch der Einleitungsbeschluss darauf abzustimmen war. Insoweit dem Disziplinarbeschuldigten nach derzeitiger Verdachtslage im Spruchteil I/2 rechtlich bedenkliche Entscheidungen vorgeworfen werden, ergeben sich - nach Ansicht des erkennenden erstinstanzlichen Senates - jedenfalls massive Verdachtsmomente auf das Vorliegen des Verbrechens des Amtsmissbrauchs. So entspricht es z.B. der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Verweigerung des Alkotests durch jemandem der im Verdacht steht ein Kraftfahrzeug alkoholisiert gelenkt zu haben, strafbar ist und zwar unabhängig, ob er das Kraftfahrzeug nun tatsächlich gelenkt hat oder nicht (Akt GZ 26874/12); es reicht der begründete Verdacht. Ebenso ist es im Bereich der Strafämter durchaus gängige Praxis, dass bei schwereren Delikten (wozu § 14 Abs. 8 FSG als Vormerkdelikt jedenfalls zählt) auch bei unbekanntem Aufenthalt Verfolgungshandlungen eingeleitet werden (z.B. die Einvernahme eines Zeugen); gerade um eben einen Verjährungseintritt zu vermeiden (betrifft Akt GZ 1702/13). Die diesbezüglichen Vorgangsweisen des Disziplinarbeschuldigten entsprechen - auch aus der Erfahrung der erkennenden Disziplinarkommission - nicht der gängigen Praxis und Rechtsprechung. Dies hätte ihm aber als Leiter des Strafamtes, der zudem juristisch ausgebildet ist und für den derartige Verfahren eigentlich tägliche Praxis sind, bekannt sein müssen. Ähnlich verhält sich mit seiner Entscheidung zum Akt GZ 25419/13. Bloß aufgrund eines E-Mails, in welchem die Tat bestritten wird und welches wie der UVS schließlich erkannte, als verspätete Berufung zu werten war, ein Strafverfahren - ohne die Berufung vorzulegen - mit einem lapidaren Vermerk nach § 45 Abs. 1 VStG in dubio einzustellen, stellt nach derzeitiger Verdachtslage einen nicht zu tolerierenden willkürlichen Rechtsbruch dar und erweckt den Eindruck der Disziplinarbeschuldigte entscheide nach Lust und Laune und ohne Rücksicht auf bestehende Vorschriften, oder die Rechtslage. Im Einzelnen hat der Senat den Sachverhalt wie folgt gewürdigt:
Verdacht der Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 1 BDG zu Punkten 1. und 2.
Gemäß § 43 Abs. 1 BDG hat der Beamte seine dienstlichen Aufgaben treu, gewissenhaft und engagiert aus eigenem zu erfüllen. Er darf also während der Ausübung seines Dienstes keine strafbaren Handlungen (Beachtung der geltenden Rechtsordnung) begehen (VwGH 4.9.1990, 88/09/0013) und muss die ihm übertragenen Aufgaben ordentlich erledigen (treu und gewissenhaft). Konkret versteht man darunter, dass die zugewiesenen Verwaltungsstrafakten ordnungsgemäß zu administrieren und die entsprechenden Verfügungen gesetzeskonform zu treffen sind.
Der Disziplinarbeschuldigte ist verdächtig - soweit derzeit bekannt, bzw. angelastet ist - bei ca. 20 Akten keine, oder nur unzureichende Entscheidungen/Verfügungen getroffen zu haben, wodurch es zu Strafbarkeitsverjährungen mit derzeit unbekannter Schadenshöhe gekommen ist. In weiteren 5 Fällen ist er verdächtig, rechtlich nicht nachvollziehbare Entscheidungen getroffen und Verwaltungsstrafverfahren contra legem eingestellt zu haben. Zur vermutlichen Verschleierung seines Handelns wurden die Akten einfach in einem Büro gestapelt, bzw. - ohne Gegenzeichnung durch seinen Vorgesetzten - im Archiv gelagert.
Ein derartiges Vorgehen stellt aber nicht nur ein bloß geringfügiges Fehlverhalten dar, welches grundsätzlich auch einem ordentlichen Beamten hin und wieder passieren kann, sondern begründet den Verdacht eines umfassenden Versagens. Der Disziplinarbeschuldigte ist ja nicht bloß verdächtig, Akten - etwa aus Überlastung oder Schlamperei - quasi vergessen zu haben, sondern wissentlich Verfolgungshandlungen unterlassen, bzw. Verwaltungsstrafverfahren rechtswidrig eingestellt zu haben. Im konkreten Fall musste ihm schon kraft seiner Ausbildung bewusst sein, dass sein Verhalten gegen Strafgesetze, insbesondere § 302 StGB verstoßen könnte. Beim Disziplinarbeschuldigten handelt es sich um eine Führungskraft, der seine Aufgaben weitestgehend selbständig wahrzunehmen hat und auch gegenüber Mitarbeitern weisungsberechtigt ist. Er genießt daher gegenüber seinem Dienstgeber eine besondere Vertrauensstellung.
...
Konkret wird dem Disziplinarbeschuldigten - wie schon ausgeführt - vorgeworfen, er habe durch Untätigkeit die Verjährung mehrerer Verwaltungsstrafverfahren zu verantworten bzw. in 5 weiteren Fällen, wissentlich rechtswidrige Entscheidungen getroffen und dadurch den Staat in Strafanspruch verletzt. All jene Akten, die - nach derzeitiger Verdachtslage - verjährt oder contra legem bearbeitet/erledigt wurden, wurden in einem Stapel im Büro 68, bzw. ohne Gegenzeichnung (4-Augen-Prinzip) im Archiv abgelegt.
Er ist verdächtig, Verwaltungsstrafverfahren nicht nach gesetzlichen Regeln, bzw. sachlichen Überlegungen geführt zu haben und über Verfolgungsmaßnahmen oder Einstellungen von Verfahren willkürlich - nach eigenem Gutdünken und ohne Nachvollziehbarkeit (siehe z.B. Erledigung des Aktes S-25xxx/13 nach Intervention eines Rechtsanwaltes) - entschieden zu haben. ...
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Wie sich aus der Aktenlage ergibt, ordnete Dr. R am 25. Oktober 2006 (damals Leiter des (Amtes)) an, dass bei Akten welche eingestellt (abgebrochen) werden, oder bei denen eine Abmahnung erfolgt, bzw. die verjährt sind, vor Ablage eine Gegenzeichnung durch den Amtsleiter zu erfolgen hat. Dies ist im Fall der Mitarbeiter des (Amtes) der Leiter des (Amtes) und in jenen Fällen, in denen der (Amtsleiter) selbst solche Verfügungen trifft, der vorgesetzte Abteilungsleiter. Sinn dieser Weisung ist die Sicherstellung eines gesetzlichen Vollzuges und damit auch eine Entlastung des (Amtsleiters) (Mitarbeiter). Diese Weisung ist dem Disziplinarbeschuldigten zugegangen und war zum Zeitpunkt seiner Entscheidungen jedenfalls noch in Kraft. Wie sich aus der Aktenlage nunmehr ergibt, hat er 12 Akten, ohne die entsprechende Gegenzeichnung im Archiv abgelegt. Diese Akten sind - wie schon oben ausführlich dokumentiert - noch insofern bedenklich, als rechtswidrige Entscheidungen getroffen (5 Fälle) und Verfolgungshandlungen gänzlich unterblieben sind (7 Fälle), obwohl solche relativ einfach und ohne besonders großen Verfahrensaufwand möglich gewesen wären.
Der Disziplinarbeschuldigte hätte daher bei den ihm angelasteten 12 Akten jedenfalls eine Gegenzeichnung durch seinen Vorgesetzten erwirken müssen. Dies hat er - vermutlich in der Absicht die unterbliebene bzw. rechtswidrige Erledigung zu verschleiern - vor Verfrachtung ins Archiv unterlassen.
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Seine Entscheidung begründete das Bundesverwaltungsgericht auszugsweise wie folgt:
"... Nach der vorliegenden Aktenlage ist jedoch von einer begründeten Verdachtslage auch bei Bedachtnahme auf die vom DB zu den erhobenen Vorwürfen abgegebene Stellungnahme - nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass zu den gegenständlichen Vorwürfen ein Strafverfahren anhängig ist - auszugehen. Im Hinblick darauf, dass jene Akten, die bereits verjährt waren oder beinahe verjährt wären, sich in jenen Aktenstapeln befanden, die der DB, wie er selbst zugesteht, zwischen Weihnachten und Neujahr 2012 in einem leerstehenden Büro deponierte, stellt das Vorbringen des DB, dass für einen Teil dieser Akten nicht nachvollziehbar sei, wie sie zu dem von ihm abgelegten Aktenkonvolut gekommen seien, keinen Umstand für eine sofortige Einstellung des Disziplinarverfahrens dar. Dasselbe gilt für das Vorbringen, das einige der verjährten Akten dem Protokollbüro zuzurechnen seien und durch ihn als nunmehrigen Amtsleiter wegen Verjährung im Protokollbüro ad acta zu schreiben gewesen wären. Insofern der DB in diesem Zusammenhang zu den Vorwürfen der Verjährung von Strafakten die Verantwortung des früheren Amtsleiters sowie Organisationsverschulden geltend macht, hat die belangte Behörde zutreffend festgestellt, dass nach der vorliegenden Aktenlage durchaus auch anderer Mitarbeiter der Dienststelle des DB säumig gewesen sein könnten und im weiteren Verfahren auch die Suspendierung des DB im Jahr 2012 zu berücksichtigen sein wird. Im Hinblick auf die Tatsache, dass die gegenständlichen Vorwürfe Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen sind, war es der belangten Behörde jedoch im Hinblick auf die Unterbrechung des Disziplinarverfahrens gemäß § 114 Abs. 2 BDG 1979 verwehrt, weitere Erhebungen zum Vorbringen des DB, wie z.B. durch Befragung von Zeugen, anzustellen."
Dagegen richten sich die Revisionen. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs verbunden und erwogen:
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden; er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
Die Revisionen gegen das erst- und gegen das zweitangefochtene Erkenntnis hängen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukäme:
Soweit der Revisionswerber gegen das erst- und gegen das zweitangefochtene Erkenntnis geltend macht, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht entgegen § 24 VwGVG keine mündliche Verhandlung durchgeführt, ist er auf das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2015, Zl. Ra 2014/09/0007, ua. Zlen. zu verweisen, in welchem der Verwaltungsgerichtshof die Frage der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bei Einleitungsbeschlüssen gemäß § 123 BDG 1979 im Einzelnen behandelt hat und zum Ergebnis gelangte, dass - insbesondere mangels Anwendbarkeit des Art. 6 Abs. 1 EMRK auf das Verfahren zu Einleitungsbeschlüssen - in diesen Fällen mündliche Verhandlungen nicht erforderlich waren. Die Erwägungen dieses, den Beschwerdeführer selbst betreffenden Erkenntnisses haben auch hier Bedeutung und der Revisionswerber zeigt keine Gesichtspunkte auf, die in den vorliegenden Fällen eine andere Beurteilung geboten erscheinen ließen. Es wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das angeführte Erkenntnis verwiesen und zwar auch hinsichtlich der rechtlichen Anforderungen, die an einen Einleitungsbeschluss nach § 123 BDG 1979 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2012 zu stellen sind, sowie auch hinsichtlich einer behaupteten Befangenheit des Vorsitzenden der vor dem Bundesverwaltungsgericht belangten Behörde.
Der Revisionswerber irrt mit seiner Auffassung, dass eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu fehle, ob die Frage der richtigen Lösung einer Rechtsfrage überhaupt den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung auslösen könne. Grundsätzlich gehört es nämlich zu den Dienstpflichten eines Beamten, sich mit den einschlägigen Vorschriften seines Betätigungsfeldes bekannt zu machen, wenn auch nicht jede Verletzung des materiellen Rechts oder der Verfahrensbestimmungen bei Ausübung des Dienstes Gegenstand des Disziplinarrechts ist, sondern nur eine solche, die mit Rücksicht auf Art und Schwere der Verfehlung aus general- und spezialpräventiven Gründen einer disziplinären Ahndung bedarf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. September 2013, 2011/09/0040, mwN). Ob der Revisionswerber mit der ihm im erst- und im zweitangefochtenen Erkenntnis vorgeworfenen Handlungsweise tatsächlich Dienstpflichtverletzungen nach § 43 BDG 1979 begangen hat, wird im Disziplinarerkenntnis zu klären sein.
Wenn der Beschwerdeführer meint, seine Revision gegen das erstangefochtene Erkenntnis sei deswegen zulässig, weil es keine Rechtsprechung zur Frage gebe, ob der Konsum von einem Schluck Wasser und eine Mundspülung mit Wasser geeignet seien, das Ergebnis einer Atemalkoholuntersuchung zu verfälschen, zeigt er damit schon deswegen nicht die Zulässigkeit der Revision auf, weil der dort erhobene Vorwurf nur im Verdachtsbereich erfolgte und ihm diesbezüglich im Übrigen auch ein Weisungsverstoß vorgeworfen wurde.
Die Revisionen gegen das erst- sowie gegen das zweitangefochtene Erkenntnis sind daher als unzulässig zurückzuweisen.
Der Revisionswerber hält seine Revision gegen das drittangefochtene Erkenntnis auch deswegen für zulässig, weil keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage bestehe, ob - wie der Revisionswerber meint - das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde des Disziplinaranwaltes gegen einen Nichteinleitungsbeschluss gemäß §§ 135a Abs. 3 Z 2 und § 135b Abs. 1 BDG 1979 iVm § 7 Abs. 2 BVwGG durch einen Senat oder - wie dies im vorliegenden Fall erfolgte - gemäß § 6 BVwGG durch eine Einzelrichterin zu entscheiden habe.
Damit zeigt der Revisionswerber eine "grundsätzlich Rechtsfrage" im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf, weil zu dieser Frage noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist. Die Revision ist daher zulässig und das drittangefochtene Erkenntnis im Rahmen der geltend gemachten Revisionspunkte zu prüfen.
Die §§ 6 und 7 des Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, lauten:
"Einzelrichter
§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Senate
§ 7. (1) Die Senate bestehen aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Für jeden Senat sind mindestens ein Stellvertreter des Vorsitzenden und mindestens zwei Ersatzmitglieder (Ersatzbeisitzer) zu bestimmen.
(2) Ist in Bundes- oder Landesgesetzen die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vorgesehen, sind diese anstelle der Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsverteilung als Beisitzer heranzuziehen. Ist in Bundes- oder Landesgesetzen die Mitwirkung von mehr als zwei fachkundigen Laienrichtern vorgesehen, ist der Senat entsprechend zu vergrößern.
(3) Ist ein Mitglied des Senates verhindert, so hat der Vorsitzende den Eintritt des in der Geschäftsverteilung vorgesehenen Ersatzmitgliedes zu verfügen.
(4) Die Tätigkeit des Präsidenten und des Vizepräsidenten in einem Senat bedarf deren Zustimmung."
Die maßgeblichen Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333/1979 idF BGBl. I Nr. 120/2012, lauten:
"Einleitung
§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.
(2) Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Einleitungsbeschluss der oder dem Beschuldigten, der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben.
(3) Sind in anderen Rechtsvorschriften an die Einleitung des Disziplinarverfahrens Rechtsfolgen geknüpft, so treten diese nur im Falle des Beschlusses der Disziplinarkommission, ein Disziplinarverfahren durchzuführen, und im Falle der (vorläufigen) Suspendierung ein.
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Disziplinarerkenntnis
§ 126. (1) Wenn eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, hat die Disziplinarkommission bei der Beschlußfassung über das Disziplinarerkenntnis nur auf das, was in der mündlichen Verhandlung vorgekommen ist, sowie auf eine allfällige Stellungnahme des Beschuldigten gemäß § 125a Abs. 4 Rücksicht zu nehmen.
(2) Das Disziplinarerkenntnis hat auf Schuldspruch oder Freispruch zu lauten und im Falle eines Schuldspruches, sofern nicht nach § 115 von einem Strafausspruch abgesehen wird, die Strafe festzusetzen.
(3) Eine schriftliche Ausfertigung des Disziplinarerkenntnisses ist den Parteien längstens innerhalb von zwei Wochen zuzustellen und der Dienstbehörde unverzüglich zu übermitteln.
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Verwaltungsgerichtsbarkeit Senatsentscheidungen
§ 135a. (1) In Angelegenheiten des § 15a, des § 20 Abs. 1 Z 2, des § 38, des § 40 und des § 41 Abs. 2 hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch einen Senat zu erfolgen.
(2) In Angelegenheiten des § 14 hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch einen Senat zu erfolgen, wenn die Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen erfolgt ist.
(3) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hat
weiters durch einen Senat zu erfolgen, wenn
1. gegen ein Erkenntnis, mit dem die Disziplinarstrafe
der Entlassung oder der Verlust aller aus dem Dienstverhältnis
fließenden Rechte und Ansprüche verhängt wurde, Beschwerde erhoben
wurde oder
2. die Disziplinaranwältin oder der Disziplinaranwalt
gegen ein Erkenntnis Beschwerde erhoben hat.
Dienstrechtliche Laienrichterinnen und Laienrichter
§ 135b. (1) Bei Senatsentscheidungen gemäß § 135a haben je eine Vertreterin oder ein Vertreter des Dienstgebers und je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer als fachkundige Laienrichterinnen oder Laienrichter mitzuwirken.
(2) Die Vertreterinnen oder Vertreter des Dienstgebers werden von der Bundeskanzlerin oder dem Bundeskanzler nominiert.
(3) Die Vertreterinnen oder Vertreter der Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer werden von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst nominiert. Erfolgt eine Nominierung durch die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst nicht rechtzeitig, so obliegt die Nominierung der Bundeskanzlerin oder dem Bundeskanzler.
(4) Bei Senatsentscheidungen betreffend Beamtinnen und Beamte aus dem PTA-Bereich haben als Vertreterinnen und Vertreter der Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer im Sinne des Abs. 1 von der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten zu nominierende Vertreterinnen und Vertreter mitzuwirken.
(5) Als dienstrechtliche Laienrichterinnen und Laienrichter dürfen lediglich rechtskundige Bundesbedienstete mit einer mindestens fünfjährigen Berufserfahrung im Bundesdienst nominiert werden. Gegen sie darf kein Disziplinarverfahren oder Verfahren gemäß § 30 Abs. 1 Z 5 oder 9 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 (VBG), BGBl. Nr. 86, anhängig sein. Beamtinnen und Beamte des Ruhestandes dürfen nicht als dienstrechtliche Laienrichterinnen oder Laienrichter nominiert werden.
(6) Das Amt ruht vom Zeitpunkt der Einleitung eines Disziplinarverfahrens bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss, während der Zeit der (vorläufigen) Suspendierung, der Außerdienststellung und der Erteilung eines Urlaubs von mehr als einem Jahr. Das Amt endet mit der rechtskräftigen Verhängung einer Disziplinarstrafe, mit der Versetzung ins Ausland, mit dem Ausscheiden aus dem Bundesdienst und mit der Versetzung oder dem Übertritt in den Ruhestand."
Angesichts dieser Normenlage ist von der in § 6 BVwGG statuierten Regel auszugehen, dass das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter entscheidet, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die in § 135a Abs. 1 und 2 BDG 1979 vorgesehenen Ausnahmen zu Gunsten von Senatsentscheidungen kommen hier nicht in Betracht. Es könnte aber fraglich erscheinen, ob der Ausnahmefall des § 135a Abs. 3 Z 2 BDG 1979 zum Tragen kommt, wonach über Beschwerden des Disziplinaranwalts "gegen ein Erkenntnis" durch einen Senat zu entscheiden ist. Diese Ausnahme trifft jedoch bei näherer Betrachtung des Gesetzeswortlautes auf Beschwerden des Disziplinaranwalts gegen eine Entscheidung der Disziplinarkommission gemäß § 123 BDG 1979 nicht zu, weil es sich bei einem Bescheid über einen "Einleitungsbeschluss" (§ 123 Abs. 2 BDG 1979) nicht um ein "Erkenntnis" der Disziplinarkommission im Sinne des § 135a Abs. 3 Z 2 BDG 1979 (vgl. § 124 BDG 1979: "Disziplinarerkenntnis") handelt.
Auch der in den Erläuterungen der Regierungsvorlage erkennbare historische Wille des Gesetzgebers spricht hier für die Zuständigkeit der Einzelrichterin, es sollten "besonders starke Eingriffe in die Rechtsstellung von Bediensteten einer Entscheidung durch einen Senat vorbehalten bleiben" (2003 BlgNR 24. GP 10). Mit der Entscheidung gemäß § 123 BDG 1979 gegen einen Beamten ein Disziplinarverfahren wegen bestimmter Vorwürfe einzuleiten oder nicht einzuleiten erfolgt jedoch bloß eine Konkretisierung der Vorwürfe im Disziplinarverfahren, damit wird noch keine Entscheidung über Schuld und Strafe getroffen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2015, Zl. Ra 2014/09/0007 ua. Zlen.). Daher kann darin kein besonders starker Eingriff in die Rechtsstellung eines Bediensteten in diesem Sinne erblickt werden. Es war daher rechtmäßig, wenn das Bundesverwaltungsgericht über die Beschwerde des Disziplinaranwalts durch eine Einzelrichterin entschied.
Soweit der Revisionswerber auch gegen das drittangefochtene Erkenntnis geltend macht, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht entgegen § 24 VwGVG keine mündliche Verhandlung durchgeführt, ist er auf das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2015, Zl. Ra 2014/09/0007, ua. Zlen. zu verweisen, in welchem der Verwaltungsgerichtshof die Frage der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bei Einleitungsbeschlüssen gemäß § 123 BDG 1979 im Einzelnen behandelt hat und zum Ergebnis gelangte, dass - insbesondere mangels Anwendbarkeit des Art. 6 Abs. 1 EMRK auf das Verfahren zu Einleitungsbeschlüssen - in diesen Fällen mündliche Verhandlungen nicht erforderlich waren. Die Erwägungen dieses, den Beschwerdeführer selbst betreffenden Erkenntnisses haben auch hier Bedeutung und der Revisionswerber zeigt keine Gesichtspunkte auf, die in den vorliegenden Fällen eine andere Beurteilung geboten erscheinen ließen. Es wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das angeführte Erkenntnis verwiesen und zwar auch hinsichtlich der rechtlichen Anforderungen, die an einen Einleitungsbeschluss nach § 123 BDG 1979 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2012 zu stellen sind, sowie auch hinsichtlich einer behaupteten Befangenheit des Vorsitzenden der vor dem Bundesverwaltungsgericht belangten Behörde. Der Revisionswerber zeigt auch die Relevanz der von ihm vorgebrachten Verfahrensmängel nicht auf.
Soweit der Revisionswerber das angefochtene Straferkenntnis deswegen für rechtswidrig hält, weil die darin gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht ausreichend konkretisiert seien, ist auf den Spruch des angefochtenen Erkenntnisses im Zusammenhang mit dessen Begründung und der dort wiedergegebenen Begründung des Bescheides der vor dem Bundesverwaltungsgericht belangten Behörde zu verweisen, woraus im Zusammenhang eine ausreichende nähere Konkretisierung der Vorwürfe ableitbar ist. Ob der Revisionswerber aber durch die vorgeworfenen Handlungen und Unterlassungen tatsächlich vorwerfbare Dienstpflichtverletzungen begangen hat, wird im Disziplinarverfahren zu klären sein.
Wenn der Revisionswerber geltend macht, das Disziplinarverfahren hinsichtlich der gegen ihn mit dem drittangefochtenen Erkenntnis erhobenen Vorwürfe sei verjährt, zeigt er ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf. Der Revisionswerber bestreitet nämlich nicht, dass die Dienstbehörde von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen am 10. Mai 2013 Kenntnis erlangte, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft mit Anfallsbericht vom 20. Juni 2013 mitgeteilt worden seien und es bereits am 23. Juli 2013 Anordnungen der Staatsanwaltschaft gegeben habe.
Der Revisionswerber vertritt die Auffassung, ein gerichtliches Strafverfahren gelte mit verjährungsunterbrechender Wirkung erst dann als eingeleitet, wenn ein Beschuldigter gemäß Art. 6 Abs. 3 lit. a EMRK darüber in allen Einzelheiten über die Art und den Grund der gegen ihn erhobenen Beschuldigungen in Kenntnis gesetzt worden sei und verweist in dieser Hinsicht auf die Entscheidung des EGMR vom 3. Mai 2011, im Fall Viehböck gegen Österreich Nr. 27933/07. Damit übersieht er jedoch, dass es nach § 94 Abs. 2 Z 3 BDG 1979 auf die "Dauer eines Strafverfahrens nach der StPO" ankommt, sohin darauf, ob ein Strafverfahren nach der StPO eingeleitet war. Nach § 1 Abs. 2 StPO 1975, BGBl. Nr. 631/1975 idF BGBl. I Nr. 19/2004, beginnt das Strafverfahren dann, "sobald Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft zur Aufklärung des Verdachts einer Straftat gegen eine bekannte oder unbekannte Person ermitteln oder Zwang gegen eine verdächtige Person ausüben" (vgl. dazu Fabrizy, Die österreichische Strafprozessordnung, Kurzkommentar, 11. Auflage 2011, zu § 1, RZ 5 ff.). Dass alle Ermittlungen dem Beschuldigten zur Kenntnis gelangen, ist nicht erforderlich.
Nach der Aktenlage wurde die Disziplinaranzeige von der Dienstbehörde mit Schreiben vom 10. Mai 2013 dem Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung vorgelegt. Dieses ist gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 des Gesetzes über das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung - BAK-G für kriminalpolizeiliche Angelegenheiten wegen Missbrauch der Amtsgewalt (§ 302 des Strafgesetzbuches) zuständig. Nach der Aktenlage erfolgte am 14. Juni 2013 eine Besprechung zwischen dem Vorgesetzten des Revisionswerbers und zwei Beamten des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung und der Revisionswerber selbst erwähnt einen Anfallsbericht an die Staatsanwaltschaft vom 20. Juni 2013 und Anordnungen der Staatsanwaltschaft vom 23. Juli 2013.
Im vorliegenden Fall durfte daher davon ausgegangen werden, dass die Verfolgungsverjährungsfrist des § 94 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 gemäß § 94 Abs. 2 Z 3 BDG 1979 für die Dauer des Strafverfahrens gegen den Revisionswerbers innerhalb von sechs Monaten nach Kenntnis der Dienstbehörde vom Verdacht der Dienstpflichtverletzungen unterbrochen war.
Der Revisionswerber meint, der Verwaltungsgerichtshof müsse seine Rechtsprechung über die Hemmungstatbestände der Verjährung des § 94 Abs. 2 Z. 3 und 5 BDG 1979 angesichts der Entscheidung des EGMR vom 3. Mai 2011 in der Rechtssache Viehböck gegen Österreich, Nr. 27933/07, möglicherweise ändern. Dieser Meinung kann sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anschließen, weil es in dieser Entscheidung um die Beurteilung des Beginns eines Strafverfahrens für die Beurteilung der Angemessenheit der Dauer eines Strafverfahrens, nicht aber um Hemmungstatbestände der Verjährung im Disziplinarverfahren nach dem BDG 1979 ging.
Wenn der Revisionswerber das angefochtene Erkenntnis deswegen für rechtswidrig hält, weil der Vorsitzende der Behörde erster Instanz nicht bereit gewesen sei, angesichts von zwei Stellungnahmen des Revisionswerbers vom 14. und vom 20. Mai 2013 seine Meinung nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern, und dies nicht vom Bundesverwaltungsgericht aufgegriffen worden sei, so zeigt er eine Rechtswidrigkeit im Hinblick darauf schon deswegen nicht auf, weil es für sich noch keine Befangenheit darstellt, wenn ein Verwaltungsorgan angesichts des Vorbringens einer Partei seine Meinung nicht ändert oder Beweise nicht wie von der Partei gewünscht aufnimmt. Hinsichtlich der behaupteten Verfahrensmängel wird nochmals darauf hingewiesen, dass es - wie im bereits verwiesenen hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2015 ausgeführt - für den Einleitungsbeschluss nach § 123 BDG 1979 auch in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2011 um die Klärung genügender Verdachtsgründe geht, welche die Annahme eines ausreichenden Verdachtes einer konkreten Dienstpflichtverletzung rechtfertigen, nicht jedoch darum, ob der Beamte eine solche Dienstpflichtverletzung tatsächlich schuldhaft begangen hat.
Den von den Revisionen gegen das erst- sowie das zweitangefochtene Erkenntnis gestellten Rechtsfragen kommt nach dem Gesagten keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu. Diese Revisionen waren daher zurückzuweisen.
Die Revision gegen das drittangefochtene Erkenntnis war hingegen zwar zulässig. Diese Revision war jedoch, weil ihr Inhalt erkennen ließ, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorlag, gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Diese Entscheidungen konnten gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG ohne Durchführung der vom Revisionswerber beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden, weil die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Angesichts der Beweislage vor dem Gerichtshof und angesichts der Beschränktheit der zu entscheidenden Fragen war das Vorbringen des Revisionswerbers nicht geeignet, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte. Der Verwaltungsgerichtshof hat in solchen Fällen eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet sind und in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen wurden, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. Februar 2006, Zl. 2003/16/0079, und vom 28. Februar 2011, Zl. 2007/17/0193, mwN).
Wien, am 21. April 2015
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