VwGH Ra 2014/02/0079

VwGHRa 2014/02/007930.1.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Revision des H in P, vertreten durch die Winkler Reich-Rohrwig Illedits Wieger Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1010 Wien, Gonzagagasse 14, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 2. Juni 2014, Zl. LVwG-BL-14-2000, betreffend Übertretungen des Tierschutzgesetzes (Partei im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
TierschutzG 2005 §38 Abs3;
TierschutzG 2005 §38 Abs6;
VStG §21 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
B-VG Art133 Abs4;
TierschutzG 2005 §38 Abs3;
TierschutzG 2005 §38 Abs6;
VStG §21 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 533,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 9. Dezember 2013 wurde der Revisionswerber zweier Übertretungen des § 38 Abs. 3 Tierschutzgesetz (TSchG) in Verbindung mit der Anlage 3 Z 2.7 bzw Anlage 1 Z 2.7 der

1. Tierhalteverordnung für schuldig erkannt. Über den Revisionswerber wurden wegen dieser Übertretungen zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 150,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 13 Stunden) verhängt.

2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung (nunmehr: Beschwerde) wurde vom Verwaltungsgericht mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

3. In seiner außerordentlichen Revision macht der Revisionswerber zur Zulässigkeit der geltend, dass Rechtsprechung zum Absehen von der Strafe gemäß § 38 Abs. 6 TSchG fehle.

4. Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof erstattete die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision beantragt.

5. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6. § 38 Abs 6 TSchG sieht vor, dass die Behörde bei - hier gegenständlichen - Verwaltungsübertretungen gemäß § 38 Abs. 3 TSchG, sofern sie nicht nach § 21 VStG vorgeht, ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe abzusehen hat, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung für das Wohlbefinden der gehaltenen Tiere unbedeutend sind.

Diese Bestimmung ist dem § 21 Abs. 1 VStG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 nachgebildet; demnach konnte die Behörde "ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind" (vgl. nunmehr § 45 Abs. 1 Z 4 VStG). § 38 Abs. 6 TSchG unterscheidet sich von § 21 Abs. 1 VStG (in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013) lediglich dadurch, dass auf spezifische Folgen der Übertretung, nämlich die Folgen für das Wohlbefinden der gehaltenen Tiere, abzustellen ist.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des TSchG (446 BlgNR 22. GP , S. 29) heißt es zum (nunmehrigen) § 38 Abs 6:

"Abs. 5 (nun: Abs. 6) regelt das Absehen von der Strafe. Bei bloß geringfügigem Verschulden des Täters und unbedeutenden Folgen für das Wohlbefinden der Tiere soll der Akzent auf bewusstseinsbildende, aufklärende Maßnahmen gesetzt werden, womit dem Tierschutz besser gedient ist als durch Strafen."

7. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, die Frage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits beantwortet wurde. Dass diese Rechtsprechung allenfalls zu Vorgängerregelungen der in Frage stehenden Norm erging, schadet nicht, wenn es keiner neuen Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung bedarf, um die strittige Vorschrift auszulegen, insbesondere, weil sie in den entscheidenden Teilen inhaltlich nicht relevant verändert worden ist (vgl. dazu Nedwed, Die Zulässigkeit der Revision an den Verwaltungsgerichtshof, ÖJZ 2014, 1041 f); dasselbe hat auch bei Normen zu gelten, die sich in den entscheidenden Teilen nicht von anderen Normen unterscheiden, zu denen entsprechende Rechtsprechung ergangen ist.

Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass es zur Frage des für ein Absehen von der Verhängung einer Strafe - sowohl nach § 21 Abs. 1 VStG (in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013) als auch nach § 38 Abs 6 TSchG - jedenfalls erforderlichen geringfügigen Verschuldens an Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung fehlt, oder dass das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre (vgl. dazu etwa die Darstellung bei Raschauer/Wessely (Hrsg.), VStG, Rz 6 zu § 21 VStG).

Soweit der Revisionswerber fehlende Feststellungen rügt, die zur Beurteilung des Grades seines Verschuldens notwendig wären, legt er auch nicht dar, welche Feststellungen das Verwaltungsgericht dazu hätte treffen sollen, aus denen sich ein bloß geringfügiges Verschulden hätte ergeben können.

8. Damit kommt es aber für die Entscheidung über die Revision auch nicht mehr auf die Frage an, ob die nach § 38 Abs 6 TSchG für das Absehen von der Verhängung einer Strafe - zusätzlich zum Vorliegen eines bloß geringfügigen Verschuldens - erforderlichen unbedeutenden Folgen der Übertretung für das Wohlbefinden der gehaltenen Tiere - im angefochtenen Erkenntnis nicht getroffene - konkrete Feststellungen über die Auswirkungen der Übertretungen auf das Wohlbefinden der Tiere erfordern.

9. In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 30. Jänner 2015

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte