VwGH AW 99/21/0061

VwGHAW 99/21/00619.4.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Y in B, geboren am 28. Mai 1979, vertreten durch

Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7, der gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 1. März 1999, Zl. Fr-4250b-198/98, betreffend Ausweisung, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung, den Beschluss gefasst:

Normen

61988CJ0143 Zuckerfabrik Süderdithmarschen Soest VORAB;
61989CJ0213 Factortame VORAB;
61993CJ0465 Atlanta Fruchthandelsgesellschaft mbH VORAB;
61995CJ0334 Krüger VORAB;
EURallg;
FrG 1997 §34 Abs1 Z2;
VwGG §30 Abs2;
61988CJ0143 Zuckerfabrik Süderdithmarschen Soest VORAB;
61989CJ0213 Factortame VORAB;
61993CJ0465 Atlanta Fruchthandelsgesellschaft mbH VORAB;
61995CJ0334 Krüger VORAB;
EURallg;
FrG 1997 §34 Abs1 Z2;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stattgegeben, jedoch dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem mit Beschwerde angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg wurde die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsbürgerin, gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. §§ 8 Abs. 1 und 3 Z. 2, 10, Abs. 2 Z. 1, § 35 Abs. 1 und § 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Der Beschwerdeführerin sei erstmals am 24. April 1991 ein Sichtvermerk erteilt, dieser sei letztmalig bis zum 31. September 1997 verlängert worden. Derzeit halte sie sich aufgrund eines fristgerecht gestellten Antrages auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels stehe entgegen, dass die Beschwerdeführerin die Mittel zu ihrem Unterhalt nicht nachweisen könne.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde stellt die Beschwerdeführerin den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde sowie auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung "in der Weise, dass die Beschwerdeführerin vom Höchstgericht eine (vorläufige) Niederlassungsbewilligung erhält". Letzteren Antrag begründet die Beschwerdeführerin damit, dass alle ihre Familienangehörigen seit vielen Jahren in Österreich wohnten und hier aufenthaltsberechtigt seien; ihr stehe nach dem Beschluss Nr. 1/80 des nach dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 eingerichteten Assoziationsrates der freie Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu. Ein Verfahren bezüglich dieses Rechts sei beim Arbeitsmarktservice anhängig. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung setze nur die belastende Wirkung des angefochtenen Bescheides aus. Sie habe aber ein gewichtiges Interesse daran, dass ihr Aufenthalt in Österreich nicht nur toleriert werde, sondern dass sie von Österreich (ihrer zweiten Heimat) in die anderen EU-Staaten und die Türkei (erste Heimat) reisen und wieder nach Österreich zurückkehren könne.

Einer Beschwerde ist gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Soweit mit dem vorliegenden Beschluss der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, bedarf dies gemäß § 30 Abs. 2 letzter Satz VwGG keiner Begründung.

Hinsichtlich ihres Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung beruft sich die Beschwerdeführerin offensichtlich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, wonach ein mit einem nach Gemeinschaftsrecht zu beurteilenden Rechtsstreit befasstes Gericht durch eine Vorschrift des nationalen Rechts nicht daran gehindert werden darf, einstweilige Anordnungen zu erlassen, um die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der aus dem Gemeinschaftsrecht hergeleiteten Rechte sicherzustellen (vgl. etwa das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 19. Juni 1990, in der Rechtssache C-213/89 , Factortame, Slg. 1990, I-2433, und auch die Urteile vom 21. Februar 1991, in der Rechtssache C-143/88 und C-92/89 , Zuckerfabrik Süderdithmarschen u. a., Slg. 1991, I-0415, vom 9. November 1995, in der Rechtssache Atlanta Fruchthandelsgesellschaft mbH u.a. C-465/93 , Slg. 1995, I-3761, und vom 17. Juli 1997, in der Rechtssache KrügerGmbH & Co. KG, C-334/95 , Slg. 1997, I-4517).

Zwar könnte als Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof im Lichte der genannten Rechtsprechung grundsätzlich auch die Erlassung von einstweiligen Anordnungen durch den Verwaltungsgerichtshof in Frage kommen. Entscheidungen darüber sind im Rahmen einer gemeinschaftsrechtskonformen Anwendung des § 30 Abs. 2 VwGG zu treffen.

Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat im vorliegenden Fall jedoch bereits zur Folge, dass die für die Beschwerdeführerin nachteiligen Folgen der mit dem angefochtenen Bescheid gegen sie erlassenen Ausweisung während des Beschwerdeverfahrens suspendiert sind, insbesondere darf sie während des Beschwerdeverfahrens in Durchsetzung des angefochtenen Bescheides nicht abgeschoben und auch gemäß § 107 Abs. 1 Z. 1 FrG nicht bestraft werden. Damit darf sich die Beschwerdeführerin während des Beschwerdeverfahrens in Österreich aufhalten und es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Ausübung des von ihr behaupteten - auf das Gemeinschaftsrecht gegründeten - Rechtes auf freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt (worüber im Übrigen der Beschwerde zufolge ein eigenes Verwaltungsverfahren anhängig ist) beeinträchtigt wäre. Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlassung der von ihr begehrten einstweiligen Anordnung war daher nicht stattzugeben. Wien, am 9. April 1999

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