VwGH AW 99/16/0023

VwGHAW 99/16/002322.10.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des S in W, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien VI, Windmühlgasse 30, der gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 26. März 1999, Zl. MD-VfR - T 16 u. 17 /98, betreffend Haftung für Getränkesteuer, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

61989CJ0213 Factortame VORAB;
EURallg;
VwGG §30 Abs2;
61989CJ0213 Factortame VORAB;
EURallg;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag der Beschwerde die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist gemäß § 30 Abs. 2 VwGG unter anderem davon abhängig, dass nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Antragsteller ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Unverhältnismäßigkeit des Nachteiles aus einer Verpflichtung zu einer Geldleistung ist vom Antragsteller durch ziffernmäßige Angaben über seine Wirtschaftsverhältnisse (Einkommens- und Vermögensverhältnisse) zu konkretisieren (vgl. unter anderem den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Februar 1981, Slg. Nr. 10381/A). Erst eine entsprechende Konkretisierung, die glaubhaft darzutun ist, erlaubt die durch das Gesetz gebotene Abwägung. Ferner ist ein konkretes Tatsachenvorbringen zur Unverhältnismäßigkeit des dem Antragsteller drohenden Nachteils unerlässlich (vgl. hg. Beschluss vom 8. September 1995, Zl. AW 95/12/0016).

Der Antragsteller hat seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse in der Beschwerde dargestellt. Danach verfügt er über kein Vermögen und ein monatliches Nettoeinkommen von etwas unter S 10.000,--. Er vertritt die Ansicht, es gehe im Beschwerdefall ausschließlich um gemeinschaftsrechtliche Fragen und es liege daher im öffentlichen Interesse der belangten Behörde bzw. der Republik Österreich, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Es dürfe die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechtes nicht inhibiert werden; vielmehr seien die Mitgliedstaaten verpflichtet, für die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechtes Sorge zu tragen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Erfolgsaussichten der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde kein Tatbestandsmerkmal für die Gewährung der aufschiebenden Wirkung im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG. Im Provisorialverfahren über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist auf die behauptete Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Bescheides und die Erfolgsaussichten der Beschwerdeführung daher nicht Bedacht zu nehmen vgl. hg. Beschlüsse vom 21. Juni 1990, Zl. 90/17/0009, und vom 11. März 1996, Zl. 95 /17/0071).

Der Antragsteller behauptet zwar, die Zahlung der Haftungsschuld von nahezu S 30.000 bedeute bei einem Nettogehalt von ca. S 10.000 eine extreme Beeinträchtigung seiner privaten Vermögenslage. Dies allein erscheint aber nicht geeignet, einen unverhältnismäßigen Nachteil durch den sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides darzutun, zumal auch bei sofortigem Vollzug des angefochtenen Bescheides bei Vorliegen der Voraussetzungen Zahlungserleichterungen nach den Bestimmungen der WAO nicht von vornherein ausgeschlossen sind.

Zu der vom Antragsteller vorgetragenen, aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleiteten Verpflichtung der Aufschiebung des Vollzugs des angefochtenen Bescheides wird auf die Begründung des Urteils des EuGH vom 19. Juni 1990, Factortame, Rs C-213/89 , verwiesen, in dem unter anderem Folgendes ausgeführt wird (Rz 21):

"Die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts würde auch dann abgeschwächt, wenn ein mit einem nach Gemeinschaftsrecht zu beurteilenden Rechtsstreit befasstes Gericht durch eine Vorschrift des nationalen Rechts daran gehindert werden könnte, einstweilige Anordnungen zu erlassen, um die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der aus dem Gemeinschaftsrecht hergeleiteten Rechte sicherzustellen. Ein Gericht, das unter diesen Umständen einstweilige Anordnungen erlassen würde, wenn dem nicht eine Vorschrift des nationalen Rechts entgegen stünde, darf diese Vorschrift somit nicht anwenden."

Daraus folgt, dass bei Rechtsstreitigkeiten vor nationalen Gerichten, in denen der Antragsteller eine Verletzung von aus dem Gemeinschaftsrecht resultierenden Rechten geltend macht, aufschiebende Wirkung nicht - wie der Antragsteller offenbar meint -jedenfalls zwingend zuzuerkennen ist, sondern - neben anderen Voraussetzungen - nur dann, wenn anders die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der aus dem Gemeinschaftsrecht hergeleiteten Rechte nicht sichergestellt werden kann (vgl. hg. Beschluss vom 7. April 1997, Zl. 96/07/0069).

Ein solcher Fall liegt im Beschwerdefall aber nicht vor. Dass durch die Zahlung die Wirksamkeit oder der Vollzug des Gemeinschaftsrechtes nicht mehr sichergestellt werden könnte und der Antragsteller dadurch einen nicht wieder gut zu machenden Schaden erleide, wird vom ihm weder geltend gemacht, noch bestehen Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Umstandes.

Aus den dargestellten Gründen war die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Wien, am 22. Oktober 1999

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