VwGH AW 2010/21/0032

VwGHAW 2010/21/00321.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des G, geboren 1981, vertreten durch Mag. Dr. M, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 27. Jänner 2010, Zl. Frp/8008, betreffend Versagung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 44 Abs. 4 NAG, erhobenen und zur hg. Zl. 2010/21/0052 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

NAG 2005 §43 Abs2 idF 2009/I/122;
NAG 2005 §44 Abs3 idF 2009/I/122;
NAG 2005 §44 Abs4 idF 2009/I/122;
NAG 2005 §44 Abs5 idF 2009/I/122;
NAG 2005 §44 Abs5 Z1 idF 2009/I/122;
NAG 2005 §44 Abs5 Z2 idF 2009/I/122;
NAG 2005 §44b Abs3 idF 2009/I/122;
VwGG §30 Abs2;
VwRallg;
NAG 2005 §43 Abs2 idF 2009/I/122;
NAG 2005 §44 Abs3 idF 2009/I/122;
NAG 2005 §44 Abs4 idF 2009/I/122;
NAG 2005 §44 Abs5 idF 2009/I/122;
NAG 2005 §44 Abs5 Z1 idF 2009/I/122;
NAG 2005 §44 Abs5 Z2 idF 2009/I/122;
NAG 2005 §44b Abs3 idF 2009/I/122;
VwGG §30 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 27. Jänner 2010 wies der Bürgermeister der Stadt Steyr (im Namen des Landeshauptmannes von Oberösterreich) den Antrag des seit Mitte Mai 2003 in Österreich aufhältigen Beschwerdeführers, eines indischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" nach § 44 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Mit dem - im Hinblick auf die ihm sonst infolge einer gegen ihn am 1. Juli 2009 ergangenen asylrechtlichen Ausweisung drohende Abschiebung nach Indien und die damit verbundenen Folgen - näher begründeten Antrag begehrt der Beschwerdeführer, der gegen den genannten Bescheid erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Dem gegenständlichen Antrag liegt mithin die Auffassung zu Grunde, im Fall der Zuerkennung der beantragten aufschiebenden Wirkung wäre eine Abschiebung des Beschwerdeführers unzulässig. Da die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwar die aus der Verfahrensbeendigung resultierenden Folgen sistiert, nicht aber dem Zweck dienen kann, eine Rechtsposition zu erlangen, die der Beschwerdeführer vor Erlassung des bekämpften Bescheides nicht innehatte, setzt die Stattgebung des gegenständlichen Antrags voraus, dass eine Abschiebung während eines anhängigen Verfahrens nach § 44 Abs. 4 NAG nicht in Betracht kommt (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 14. September 2009, Zl. AW 2009/21/0149).

Das trifft - anders als nach der dem genannten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 2009 noch zugrunde liegenden Rechtslage des NAG idF der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 (siehe dazu auch den Beschluss vom 29. Oktober 2009, Zl. AW 2009/21/0173, sowie Punkt 4.3.4. des Erkenntnisses vom 22. Oktober 2009, Zl. 2009/21/0293) - auf Basis des § 44 Abs. 4 NAG in der seit 1. Jänner 2010 novellierten Fassung BGBl. I Nr. 122/2009 nur mehr in dem im Abs. 5 genannten Ausnahmefall zu:

Vorauszuschicken ist, dass gemäß der Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 15 NAG alle am 1. Jänner 2010 anhängigen Verfahren gemäß § 44 Abs. 4 NAG nach den Bestimmungen des NAG in der Fassung des BGBl. I Nr. 122/2009 zu Ende zu führen sind.

Der demnach im vorliegenden Fall maßgebliche § 44 Abs. 4 und 5 NAG (in der zuletzt genannten geltenden Fassung) lautet:

"(4) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, eine quotenfreie 'Niederlassungsbewilligung - beschränkt' erteilt werden, wenn

1. der Drittstaatsangehörige nachweislich seit dem 1. Mai 2004 durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist und

2. mindestens die Hälfte des Zeitraumes des festgestellten durchgängigen Aufenthalts im Bundesgebiet rechtmäßig gewesen ist.

Die Behörde hat dabei den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der Deutschen Sprache, zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Z 2 bis 4 kann auch durch Vorlage einer Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 18) erbracht werden. Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 und 5 einschließlich fremdenpolizeilicher Maßnahmen hat die Behörde unverzüglich eine begründete Stellungnahme der der zuständigen Fremdenpolizeibehörde übergeordneten Sicherheitsdirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß § 74 und § 73 AVG gehemmt. Ein einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag (Folgeantrag) ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(5) Anträge gemäß Abs. 4 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht nach diesem Bundesgesetz. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Behörde über einen solchen Antrag hat die zuständige Fremdenpolizeibehörde jedoch mit der Durchführung der eine Ausweisung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung erst nach einer Antragstellung gemäß Abs. 4 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung einer 'Niederlassungsbewilligung - beschränkt' gemäß Abs. 4 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des Abs. 4 Z 1 und 2 jedenfalls vorzuliegen haben. Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen der Z 2 hat die zuständige Fremdenpolizeibehörde vor Durchführung der Abschiebung eine begründete Stellungnahme der Behörde einzuholen. Verfahren gemäß Abs. 4 gelten als eingestellt, wenn der Fremde das Bundesgebiet verlassen hat."

Zu dem erst im Innenausschuss eingefügten Abs. 5 lautet der Bericht AB 387 BlgNR 24. GP 8 (auszugsweise) wie folgt:

"Im neuen § 44 Abs. 5 NAG wird, wie auch in der bisherigen Rechtslage gemäß § 44b Abs. 3 NAG, explizit normiert, dass eine Antragstellung gemäß § 44 Abs. 4 NAG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründet. Auf Grund der spezifischen Sonderstellung des § 44 Abs. 4 NAG ist in diesen Fällen allerdings in Abweichung des in §§ 21 Abs. 6, 44b Abs. 3 und 69a NAG normierten Grundsatzes, dass die Durchführung fremdenpolizeilicher Maßnahmen durch eine Antragstellung nach dem NAG nicht hintangehalten werden kann, mit der auf Grund einer Ausweisung durchzuführenden Abschiebung unter bestimmten Voraussetzungen zuzuwarten. Mit dieser Regelung wird daher weder die Einleitung eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung (Ausweisung oder Aufenthaltsverbot), noch die Erlassung der diesbezüglichen Entscheidung verhindert, sondern ist lediglich die Vollstreckung dieser Entscheidung gegebenenfalls aufzuschieben. Von dieser Ausnahme umfasst sind Fremde, gegen die zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung gemäß § 44 Abs. 4 NAG weder eine Ausweisung vorliegt, noch ein Ausweisungsverfahren bereits eingeleitet war.

...

Weiters hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 44 Abs. 4 NAG wahrscheinlich zu sein. Dies ist jedenfalls nur dann der Fall, wenn die in § 44 Abs. 4 Z 1 und 2 normierten Voraussetzungen vorliegen. Zur Beurteilung dieser Wahrscheinlichkeit hat die zuständige Fremdenpolizeibehörde eine Stellungnahme von der Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde einzuholen. Selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 44 Abs. 4 Z 1 und 2 NAG wird die Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde die Wahrscheinlichkeit einer Erteilung zu verneinen haben, wenn die sonstigen Erteilungsvoraussetzungen wie insbesondere der hohe Integrationsgrad nicht vorliegen. In der Praxis wird daher die Erteilung dann als wahrscheinlich anzusehen sein, wenn der Fall bereits dem Bundesminister für Inneres zur Zustimmung gemäß § 74 NAG vorgelegt wurde oder diese Vorlage konkret beabsichtigt ist. Wenn der Fremde das Bundesgebiet verlassen hat, gilt das Verfahren als eingestellt. Dabei ist es unbeachtlich, ob die Ausreise freiwillig oder mittels Abschiebung erfolgt. Siehe dazu auch unten zu § 44b Abs. 3 NAG. Mit dem neuen Abs. 5 wird daher eine Sondernorm für jene Personen, die einen Antrag gemäß § 44 Abs. 4 NAG stellen und gegen welche zuvor keine fremdenpolizeilichen Maßnahmen ergriffen wurden, geschaffen."

Der zweite Satz des § 44 Abs. 5 NAG knüpft an den - in § 44b Abs. 3 zweiter Satz NAG für die Fälle des § 43 Abs. 2 und § 44 Abs. 3 NAG ausdrücklich aufgenommenen, aus dem Fehlen eines Aufenthalts- oder Bleiberechtes abgeleiteten (siehe dazu den AB 387 BlgNR 24. GP 9) - "Grundsatz" an, dass ein Antrag nach § 44 Abs. 4 NAG der Erlassung und Durchführung fremdenpolizeilicher Maßnahmen nicht entgegensteht und daher in fremdenpolizeilichen Verfahren keine aufschiebende Wirkung entfalten kann. Davon macht § 44 Abs. 5 NAG nur unter den dort genannten Bedingungen eine Ausnahme. Es kommt einem Fremden während eines Verfahrens über den von ihm gestellten Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" nach § 44 Abs. 4 NAG demzufolge nur (mehr) dann ein Abschiebeschutz bis zur rechtskräftigen Antragserledigung zu, wenn die im zweiten Satz des § 44 Abs. 5 NAG in der Z 1 und 2 (kumulativ) angeführten Voraussetzungen erfüllt sind.

Die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" nach § 44 Abs. 4 NAG muss sich also insbesondere auch - aus der Sicht der Behörde - als wahrscheinlich darstellen, wovon allerdings dann, wenn wie hier bereits eine Abweisung dieses Antrages vorliegt, im Regelfall nicht ausgegangen werden kann.

Da der Beschwerdeführer daher schon mangels Erfüllung der Voraussetzungen nach § 44 Abs. 5 Z 2 NAG nicht (mehr) vor einer Abschiebung geschützt wäre und demnach ein solcher Schutz auch bei einer Sistierung der verfahrensbeendenden Wirkungen des angefochtenen Bescheides nicht bestünde, kommt die Bewilligung des vorliegenden - auf eine Weitergewährung von Abschiebeschutz zielenden - Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht.

Wien, am 1. März 2010

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