VwGH 99/21/0155

VwGH99/21/01559.10.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des S in D, geboren am 5. Oktober 1974, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 20. April 1999, Zl. Fr-4250a-9/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §39 Abs1;
StGB §71;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §39 Abs1;
StGB §71;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen bosnischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm den §§ 35, 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf acht Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich.

Sie ging dabei von folgendem - in der Beschwerde unbestrittenen - Sachverhalt aus: Der Beschwerdeführer reiste im Juni 1989 in das Bundesgebiet ein, wobei sein Aufenthalt ab März 1991 durchgehend rechtmäßig ist. Seit März 1995 ist er beschäftigt und verfügt über ein regelmäßiges Einkommen. Er wohnt mit seinen Eltern und einem Bruder im gemeinsamen Haushalt.

Er wurde in folgender Weise rechtskräftig verurteilt:

a) am 7. Jänner 1994 vom Bezirksgericht Dornbirn wegen des Vergehens der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 (§ 81 Z. 1) StGB zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen (der Beschwerdeführer fuhr mit 180 km/h, überholte trotz Überholverbots, überfuhr eine Sperrlinie, passierte eine Kreuzung bei rotem Licht und geriet schließlich von der Fahrbahn ab);

b) am 6. Dezember 1995 vom Bezirksgericht Feldkirch wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen;

c) am 5. Februar 1998 vom Landesgericht Feldkirch wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe von 360 Tagessätzen und einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von neun Monaten; diese Strafe wurde über Berufung des Beschwerdeführers auf 240 Tagessätze und fünf Monate herabgesetzt. Dieser Verurteilung lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer im Mai 1997 durch Einbruch Gegenstände im Wert von erheblich über S 100.000,-- weggenommen hat.

Weiters wurde der Beschwerdeführer in den Jahren 1996 bis 1998 insgesamt 13 Mal wegen Verwaltungsübertretungen rechtskräftig bestraft, wobei es sich um Übertretungen nach den §§ 16 Abs. 2 lit. a iVm 52 lit. a Z. 4a, 20 Abs. 2, 46 Abs. 4 lit. e und 52 lit. a Z. 10a StVO, 64 Abs. 1, 102 Abs. 4, Abs. 5 lit. a und 103 Abs. 2 KFG, 37 Abs. 1 iVm 39 Abs. 5 Führerscheingesetz sowie 7 Abs. 1 lit. a Parkabgabengesetz gehandelt hat.

Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes rechtfertigte die belangte Behörde im Wesentlichen mit dem Hinweis, dass der Beschwerdeführer wiederholt die körperliche Sicherheit anderer Personen gefährdet habe und er trotz mehrfacher Bestrafungen und der gerichtlichen Verurteilungen nicht bereit gewesen sei, die Rechtsordnung einzuhalten. Da die letzte Bestrafung erst im November 1998 erfolgt sei, könne der von ihm angesprochene Gesinnungswandel nicht gesehen werden. Eine Aufenthaltsverfestigung nach § 35 FrG komme ihm nicht zugute, weil er sich vor dem maßgeblichen Sachverhalt, somit vor 1993, lediglich drei Jahre rechtmäßig und durchgehend in Österreich aufgehalten habe. Selbst unter Zugrundelegung des maßgeblichen Zeitpunktes mit dem Jahr 1998 wäre für ihn nichts gewonnen, weil er sogar mehrfach gerichtlich rechtskräftig habe verurteilt werden müssen und durch das den Verurteilungen zu Grunde liegende Verhalten die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet sei.

Da der Beschwerdeführer seit 1989 in Österreich mit seinen Eltern und einem Bruder im gemeinsamen Haushalt lebe, sei mit dem Aufenthaltsverbot ein relevanter Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden. Die Freundin des Beschwerdeführers lebe allerdings in der Schweiz. Auf Grund der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr für seine Mitmenschen sowie für fremdes Eigentum überwiege das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme den Eingriff in sein Privat- und Familienleben. Auf Grund der Anzahl und Schwere der begangenen Straftaten, verbunden mit dokumentierter Unbelehrbarkeit und Ignoranz gegenüber den österreichischen Gesetzen und den Rechten Anderer sei die Befristung des Aufenthaltsverbotes auf die Dauer von acht Jahren angemessen. Die Sinnesart des Beschwerdeführers sowie dessen Hartnäckigkeit und Regelmäßigkeit, die österreichische Rechtsordnung zu verletzen, ließen eine positive Prognose für die nähere Zukunft nicht zu.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der belangten Behörde ist an sich zuzustimmen, dass nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 13. März 2001, Zl. 2000/18/0061) die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht zwingend voraussetzt, dass eine in § 36 Abs. 2 FrG näher genannte bestimmte Tatsache gegeben ist; vielmehr kann ein Aufenthaltsverbot gemäß § 36 Abs. 1 FrG auch dann erlassen werden, wenn triftige Gründe - ohne die Voraussetzungen der in § 36 Abs. 2 FrG angeführten Fälle aufzuweisen - die in § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigen. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer keinen Tatbestand des § 36 Abs. 2 FrG angelastet, obwohl er iSd § 36 Abs. 2 Z. 1 letzter Fall FrG mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender - nämlich gegen das Rechtsgut des fremden Vermögens gerichteter - strafbarer Handlungen verurteilt worden ist (§ 71 StGB). Durch diesen Rechtsirrtum wurde der Beschwerdeführer aber nicht in Rechten verletzt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass er, der im Zeitraum 1994 bis 1998 auch gerichtlich strafbare Handlungen mehrfach gesetzt hat und in vielen Fällen wegen Übertretungen insbesondere der StVO bestraft werden musste, eine Gefährdung für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit iSd § 36 Abs. 1 FrG darstellt. Insbesondere der zuletzt verübte Einbruchsdiebstahl mit einem Schadenswert von erheblich über S 100.000,-- zeugt von einer negativen Einstellung des Beschwerdeführers gegen rechtlich geschützte Werte, in diesem Fall gegen das Eigentum anderer Personen. Sein der ersten Verurteilung zu Grunde liegendes Fehlverhalten war in krasser Weise gegen die körperliche Unversehrtheit anderer Personen gerichtet. Da das letzte strafbare Verhalten im Jahr 1997 gesetzt wurde, kann die Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine positive Zukunftsprognose für den Beschwerdeführer noch nicht getroffen werden kann, zumal dieser auch noch im Jahr 1998 mehrfach gegen Bestimmungen der StVO und des Führerscheingesetzes verstoßen hat. An dieser Beurteilung vermag der behauptete Umstand, dass der Beschwerdeführer im letzten Jahr seinen Pkw abgemeldet habe, nichts zu ändern, zumal der Beschwerdeführer nicht nur im Straßenverkehr gegen die Rechtsordnung - überdies in massiver Weise - verstoßen hat.

Das Hauptgewicht der Beschwerde liegt im Vorwurf, die belangte Behörde sei bei der Interessenabwägung nach § 37 FrG zu einem rechtswidrigen Ergebnis gelangt. Diesbezüglich gestand die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine berufliche und familiäre Integration im Bundesgebiet zu, merkte aber auch an, dass die Freundin des Beschwerdeführers in der Schweiz lebt. Einer bloßen Heiratsabsicht konnte die belangte Behörde zu Recht keine Bedeutung zumessen. Wenn auch mit dem Aufenthaltsverbot ein gravierender Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden ist, so ist doch auf das öffentliche Interesse an der Verhinderung strafbarer Handlungen und dem Schutz der körperlichen Integrität und des Eigentums anderer Personen Bedacht zu nehmen. Da der Beschwerdeführer über einen längeren Zeitraum in mehrfacher Weise gegen das genannte öffentliche Interesse verstoßen hat, kann die Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass gegenüber diesem öffentlichen Interesse das persönliche Interesse des Beschwerdeführers an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet zurückzutreten habe. Das Aufenthaltsverbot erweist sich somit auch im Licht des § 37 FrG als zulässig.

Letztlich spricht die Beschwerde die Dauer des Aufenthaltsverbotes an. Ein Aufenthaltsverbot ist unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarer Weise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, oder auf unbestimmte Zeit zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Erlassung nicht vorhergesehen werden kann. Angesichts des sich über einen längeren Zeitraum bis relativ kurz vor Erlassung des Aufenthaltsverbotes erstreckenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers kann die von der belangten Behörde gewählte Befristung des Aufenthaltsverbotes nicht als rechtswidrig beurteilt werden, zumal die Beschwerde lediglich vorbringt, die Dauer des Aufenthaltsverbotes sei "mit nichts zu rechtfertigen".

Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 9. Oktober 2001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte