VwGH 99/20/0560

VwGH99/20/056021.3.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Grünstäudl und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des KN in Mödling, vertreten durch Dr. Rudolf Beck und Dr. Richard Krist, Rechtsanwälte in 2340 Mödling, Freiheitsplatz 8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 15. September 1999, Zl. Wa-69/99, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erweiterung einer Waffenbesitzkarte und Entzug einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1996 §25 Abs1;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs6;
WaffG 1996 §25 Abs1;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs6;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 23. Dezember 1998, mit dem zu Spruchpunkt I der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Waffenbesitzkarte für eine dritte genehmigungspflichtige Schusswaffe abgewiesen und zu Spruchpunkt II die für den Beschwerdeführer bereits ausgestellte Waffenbesitzkarte für zwei derartige Waffen vom 2. März 1982 mangels Verlässlichkeit entzogen worden war.

Aus dem angefochtenen Bescheid und den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer war Inhaber einer am 2. März 1982 ausgestellten Waffenbesitzkarte für den Besitz von zwei genehmigungspflichtigen Faustfeuerwaffen. Der ursprünglich in Schwechat wohnhaft gewesene Beschwerdeführer unterließ es der Behörde die am 9. März 1995 erfolgte Verlegung seines Wohnsitzes nach Mödling gemäß § 21 WaffG 1986 mitzuteilen. In dem von der Bundespolizeidirektion Schwechat daraufhin eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er von Schwechat nach Mödling umgezogen und in dringenden Angelegenheiten telefonisch an seiner Arbeitsstelle in Deutschland erreichbar sei.

In dem in der Folge nach § 25 WaffG 1996 (im Folgenden "WaffG") von der - auf Grund der Wohnsitzverlegung nunmehr zuständigen - Bezirkshauptmannschaft Mödling geführten Verfahren zur Überprüfung der Verlässlichkeit des Beschwerdeführers teilte der Gendarmerieposten Mödling am 9. Oktober 1997 mit, dass es sich bei der inländischen Wohnadresse des Beschwerdeführers in Mödling lediglich um dessen Zweitwohnsitz handle, der Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers sei in Deutschland, "wo auch das waffenrechtliche Dokument und die Waffe(n) sind. Eine weitere Erhebung konnte daher von ho. nicht durchgeführt werden." Welche Erhebungen der Gendarmerieposten Mödling im Einzelnen durchgeführt hat, um zu diesem Ergebnis zu gelangen, lässt sich den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten nicht entnehmen.

Laut einem Aktenvermerk der Bundespolizeidirektion Schwechat vom 21. November 1997 wurde der Beschwerdeführer von dieser Behörde unter der von ihm angegebenen Telefonnummer in Deutschland an diesem Tag angerufen und dieser habe über die Aufbewahrung seiner Waffen sinngemäß Folgendes angegeben:

"Es ist richtig, dass ich mich überwiegend in Deutschland aufhalte, da ich hier arbeite. Die Waffen sind bei mir in einem Banksafe. Wo sich dieser Banksafe befindet, möchte ich derzeit nicht sagen. Ich weiß, dass ich in Deutschland keine Waffen besitzen darf."

Weiters ist in diesem Aktenvermerk festgehalten, der Beschwerdeführer habe sich selbst nach Androhung der Einleitung eines Verfahrens zum Entzug der Waffenbesitzkarte beharrlich geweigert, den Verwahrungsort seiner Waffen bekannt zu geben.

Mit Schreiben vom 30. Juni 1998 - ergänzt durch das Antragsformular vom 8. September 1998 - beantragte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Mödling die "Erweiterung der derzeitigen Waffenbesitzkarte ... auf drei genehmigungspflichtige Schusswaffen". Dem Antrag waren Belege über den Erwerb eines halbautomatischen Gewehrs und dessen Deponierung bei einem Waffenhändler in Wien angeschlossen.

Daraufhin ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Mödling den Gendarmerieposten Mödling - auch mit Blickrichtung auf "ein etwaiges Entziehungsverfahren" - um neuerliche Erhebung zur Überprüfung der Verlässlichkeit des Beschwerdeführers, da vermutet werde, dass der Beschwerdeführer seine Waffen in Deutschland deponiert habe. Der Gendarmerieposten Mödling teilte am 11. November 1998 mit, dass nach Auskunft der an der vom Beschwerdeführer angegebenen Adresse in Mödling wohnhaften Ilse N. der Beschwerdeführer dort keine persönlichen Gegenstände aufbewahrte.

Die Bezirkshauptmannschaft Mödling hielt dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17. November 1998 sowohl den Aktenvermerk der Bundespolizeidirektion Schwechat vom 21. November 1997 als auch dieses Erhebungsergebnis vor und führte aus, dass "durch die Tatsache, dass Sie sich in Österreich nicht aufhalten und auch die Waffen offensichtlich nicht an der von Ihnen angegebenen Adresse aufbewahren, ... es der Behörde nicht möglich (war), die sichere Verwahrung der Waffen zu überprüfen." Es sei daher beabsichtigt, den Antrag vom 8. September 1998 auf Ausstellung einer Waffenbesitzkarte für drei genehmigungspflichtige Schusswaffen abzuweisen bzw. die Waffenbesitzkarte vom 2. März 1982 zu entziehen.

In seiner Stellungnahme zu diesem Vorhalt führte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 4. Dezember 1998 im Wesentlichen aus, dass er nicht behauptet habe, die Waffen an seinem Wohnsitz in Mödling zu verwahren; die Waffen würden vielmehr in einem Banksafe aufbewahrt. Er bestreite, dass er sich am 22. (gemeint: 21.) November 1997 gegenüber der Bundespolizeidirektion Schwechat geweigert habe, bekannt zu geben, wo sich der Banksafe befinde. Er sei gerne bereit, der Behörde auf Anfrage den Aufenthaltsort der beiden Faustfeuerwaffen zu benennen. Bezüglich der "Langwaffe", für die er eine Erweiterung der Waffenbesitzkarte beantragt habe, habe ihn die Behörde "nach der Adresse des Aufenthaltsortes gefragt" und er habe diesen (ein Waffengeschäft in Wien) zutreffend genannt. Hinsichtlich der beiden Faustfeuerwaffen habe sich die Behörde bisher mit seiner Angabe "Banksafe" zufrieden gegeben, ohne die genaue Adresse nachgefragt zu haben.

Wo sich der Banksafe befinde, in dem die beiden Faustfeuerwaffen aufbewahrt seien, gab der Beschwerdeführer in diesem Schreiben (wieder) nicht an. Weiter führte er darin aus:

"Um alle Bedenken der BH hinsichtlich Überprüfbarkeit des Aufbewahrungsortes zu beseitigen, biete ich der BH an, die BH möchte mir einen Aufbewahrungsort nach ihrem Ermessen benennen und ich werde die Waffen dann an diesem Ort aufbewahren. Dieser Ort könnte meines Erachtens z.B. ein Waffenhändler oder ein Banksafe in Mödling sein." Er habe sich nicht geweigert, den Verwahrungsort der Faustfeuerwaffen zu nennen, die Behörde habe "bislang nur nicht danach gefragt."

Die Bezirkshauptmannschaft Mödling erließ daraufhin den Bescheid vom 23. Dezember 1998, mit dem das "Ansuchen um Ausstellung einer Waffenbesitzkarte für drei genehmigungspflichtige Schusswaffen" abgewiesen und die von der Bundespolizeidirektion Schwechat am 2. März 1982 ausgestellte Waffenbesitzkarte gemäß § 25 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 6 (nach der Begründung: erster Satz) WaffG mangels Verlässlichkeit entzogen wurde.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht bei der Überprüfung der Verlässlichkeit nicht genügt habe. Weiters wurde in diesem Bescheid angeführt, dass sich die Waffen "offensichtlich" in Deutschland befänden.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, die Annahme der Behörde, dass sich seine Waffen in Deutschland befänden, sei irrig. Bei gehöriger Würdigung der vom Berufungswerber angebotenen Beweismittel und Berücksichtigung der von ihm angebotenen Mitwirkung hätte die Behörde festgestellt, dass sich die Waffen gesichert vor dem Zugriff Dritter in einem Banksafe befänden. Erstmals wurde in der Berufung angegeben, dass sich dieser Banksafe bei der Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien, Michaelerplatz 3, 1010 Wien, befinde; dieser Safe, so wurde nun vorgebracht, hätte bei entsprechender Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles jederzeit überprüft werden können.

Mit dem angefochtenen, ohne weitere Ermittlungen erlassenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Berufung keine Folge gegeben. Die belangte Behörde begründete die fehlende waffenrechtliche Verlässlichkeit damit, dass sich im gegenständlichen Verfahren der Verdacht ergeben habe, dass der Beschwerdeführer seine Waffen nicht sorgfältig verwahre. Da die Erhebungen an der vom Beschwerdeführer genannten Adresse in Mödling ebenso wie telefonische Erhebungen beim Beschwerdeführer nicht zur Feststellung des Aufbewahrungsortes der Waffen geführt hätten und der Beschwerdeführer der Bundespolizeidirektion Schwechat und der Bezirkshauptmannschaft Mödling lediglich einen nicht genauer definierten Banksafe angegeben habe, habe er sich in keiner Weise gewillt gezeigt, an der Klarstellung des Aufbewahrungsortes seiner Waffen mitzuwirken und sei lediglich ständig in "unsubstanzielle Angaben" über den Aufbewahrungsort geflüchtet. In Bezug auf den Verlauf des Telefonates am 21. November 1997 sei die Darstellung in dem darüber vorliegenden Aktenvermerk glaubwürdig. Es gebe keinen Grund für die Annahme, dass die Beamten der Bundespolizeidirektion Schwechat einen nicht den Tatsachen entsprechenden Aktenvermerk über dieses Gespräch angelegt haben sollten, und ihre Angaben würden durch die bloße Gegenbehauptung des Beschwerdeführers in seinem Schreiben vom 4. Dezember 1998 nicht widerlegt. Der Beschwerdeführer habe schwerstens seine Mitwirkungspflicht nach § 8 Abs. 6 WaffG 1996 verletzt. Daran, dass der Beschwerdeführer nach dieser Gesetzesstelle als nicht verlässlich gelte, ändere auch der Umstand nichts, dass er in der Berufung einen "nicht näher definierten Banksafe" der Raiffeisenbank in Wien an der in der Berufung angeführten Adresse als Aufbewahrungsort der Waffen genannt habe. Die Behörde habe "nicht ohne weiteres Zugang zu diesem Banksafe"; der Beschwerdeführer habe auch keine Aussagen und Zugeständnisse an die Behörde gemacht, wie und wann eine diesbezügliche Nachschau gehalten werden könne. Die Behörde müsse nicht über Monate bzw. Jahre warten, bis der Beschwerdeführer - der ausreichend die Möglichkeit gehabt hätte, mit der Behörde in Verbindung zu treten und dieser konkrete Daten bekannt zu geben - die sichere Verwahrung der Waffen nachweise. Somit habe die sorgfältige Verwahrung der Waffen aus Gründen, die in der Person des Beschwerdeführers lägen, nicht eruiert werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerde gelingt es nicht, der Annahme der belangten Behörde, auf den Aktenvermerk vom 21. November 1997 sei mehr Verlass als auf die bloße Gegenbehauptung des Beschwerdeführers in dessen Schreiben vom 4. Dezember 1998, in ihrer Schlüssigkeit zu erschüttern.

Davon ausgehend ist der Sachverhalt aber dadurch gekennzeichnet, dass die Verweigerung der Auskunft über den Ort, an dem sich der Safe befinde, zunächst folgenlos blieb und die Behörde erster Instanz sich mit der waffenrechtlichen Verlässlichkeit des Beschwerdeführers erst wieder zu beschäftigen begann, nachdem dieser im Juni 1998 die Erweiterung der Waffenbesitzkarte beantragt hatte. Der Beschwerdeführer wurde nun - mit dem Schreiben vom 17. November 1998 - nicht etwa aufgefordert, an der neuerlichen Überprüfung der Verwahrung seiner Faustfeuerwaffen mitzuwirken und den Verwahrungsort zu diesem Zweck bekannt zu geben. Es wurde ihm vielmehr vorgehalten, dass die Überprüfung der sicheren Verwahrung der Waffen nicht möglich sei, "da Sie sich in Österreich nicht aufhalten und auch die Waffen offensichtlich nicht an der von Ihnen angegebenen Adresse aufbewahren", und deshalb die Abweisung seines Antrages und die Entziehung der Waffenbesitzkarte beabsichtigt seien. Der Umstand, dass sich die Waffen nicht an der inländischen Wohnadresse des Beschwerdeführers in Mödling befanden, konnte angesichts der von ihm selbst abgegebenen Erklärung, sie in einem Banksafe zu verwahren, und mangels einer rechtlichen Verpflichtung, Waffen am Wohnort zu verwahren, allerdings nicht von Bedeutung sein, zumal dem Beschwerdeführer im Schreiben vom 17. November 1998 auch nicht vorgehalten wurde, dass auf Grund bestimmter Tatsachen davon auszugehen sei, dass er die Waffen nach Deutschland verbracht habe. Wenn der Beschwerdeführer in seiner Reaktion auf dieses Schreiben geltend machte, die Verwahrung im Banksafe sei sicher und er sei "gerne bereit", den Verwahrungsort "auf Anfrage" zu benennen, so mag die Behörde erster Instanz dies - in Verbindung mit dem Ton seiner übrigen Äußerungen - zwar nicht als entgegenkommend empfunden haben. Von der in § 8 Abs. 6 erster Satz WaffG vorausgesetzten Unmöglichkeit, den für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhalt festzustellen, konnte bei diesem Stand der Dinge aber noch nicht die Rede sein. Dass der Beschwerdeführer etwa im Sinne des § 8 Abs. 6 Z. 2 WaffG aufgefordert würde, auf Grund bestimmter Tatsachen - etwa deshalb, weil bezweifelt werde, dass sich die Waffen in einem Banksafe befänden - seinerseits den Nachweis anzutreten, dass die Waffen sicher verwahrt seien, war dem Vorhalt vom 17. November 1998 im Übrigen nicht zu entnehmen, und sein Schreiben vom 4. Dezember 1998 konnte in dieser Hinsicht - wie immer man es in anderer Hinsicht bewerten mag - auch nicht als "Weigerung" verstanden werden. Auf diesen Tatbestand haben die Behörden des Verwaltungsverfahrens ihre Entscheidungen auch nicht gestützt.

Da die Sachlage, von der die Behörde erster Instanz - zu Unrecht - annahm, sie rechtfertige bereits ihr Vorgehen, sich durch das Verhalten des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren jedenfalls nicht in einer die Voraussetzungen des § 8 Abs. 6 WaffG nachträglich erfüllenden Weise veränderte, beruht auch der Bescheid der belangten Behörde auf einer nicht zutreffenden Beurteilung der Rechtslage.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Der zuerkannte Betrag setzt sich aus dem Schriftsatzaufwand (EUR 908,--) und der Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG in der tatsächlich entrichteten Höhe von S 2.500,-- (das sind EUR 181,68) zusammen.

Wien, am 21. März 2002

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