VwGH 99/20/0125

VwGH99/20/012522.11.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Hinterwirth, Dr. Strohmayer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des H in M, vertreten durch Mag. Thomas Mayer, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Döblinger Hauptstraße 7/63, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 19. Februar 1999, Zl. Wa-167/98, betreffend Entziehung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
StGB §42;
StPO §90 Abs1;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffG 1996 §8 Abs3 Z3;
WaffG 1996 §8 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs4;
WaffG 1996 §8 Abs5;
WaffG 1996 §8;
AVG §52;
StGB §42;
StPO §90 Abs1;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffG 1996 §8 Abs3 Z3;
WaffG 1996 §8 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs4;
WaffG 1996 §8 Abs5;
WaffG 1996 §8;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Mödling entzog dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 17. Juni 1998 (Spruchpunkt II) gemäß § 25 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Z 2 Waffengesetz 1996 (WaffG) mangels Verlässlichkeit den am 2. November 1971 von der Bundespolizeidirektion Wien ausgestellten Waffenpass. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Behörde sei durch eine Strafanzeige der Gendarmerie bekannt geworden, dass der Beschwerdeführer am 1. August 1997 gegen 18.00 Uhr außerhalb des Ortsgebietes von Harmanschlag bei einem Schuss auf einen Rehbock das Jagdgewehr auf das Dach eines PKW aufgelegt, das Fahrzeugdach durchschossen und eine auf dem Fahrersitz sitzende Person durch einen Geschoßsplitter am Hinterkopf verletzt habe, sodass diese im Krankenhaus Gmünd ärztlich habe versorgt werden müssen. Dieser Sachverhalt sei vom Beschwerdeführer im Wesentlichen nicht bestritten worden. Der Beschwerdeführer habe jedoch ausgeführt, dass sein Verschulden nur geringfügig und die Strafanzeige zurückgelegt worden sei. Nach Ansicht der Behörde sei er aber "mit der Waffe nicht sachgemäß umgegangen", weil er "statt auf das Wild in das Autodach geschossen und dadurch einen Menschen verletzt" habe. Gerade als Jäger wäre er verpflichtet, mit Waffen vorsichtig umzugehen und ihre Eigenarten zu berücksichtigen.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid bestritt der Beschwerdeführer, dass er mit der Waffe "nicht sachgemäß umgegangen" sei. Es sei "in Niederösterreich zweckmäßig und üblich, auf dem Autodach aufzulegen". Dieses Vorgehen ermögliche ein ruhigeres Visieren und einen sicheren, "das Wild schneller tötenden" Schuss und sei "daher fachgemäß und zweckmäßig". Der Beschwerdeführer sei damit auch einer Anordnung des (bei dem Vorfall verletzten) Jagdleiters gefolgt. Dass er "dennoch dabei das Autodach durchschoss", stelle "eine leichte Ungeschicklichkeit" dar, wie sie jedem Menschen, der Jahrzehnte lang mit Waffen oder anderen gefährlichen Gegenständen umgehe, passieren könne. Es liege daher "keineswegs ein unsachgemäßer Umgang mit Waffen vor". Das Strafverfahren sei "wegen Geringfügigkeit sowie geringem Verschulden" eingestellt worden. Auf Grund "eines einzigen bedauerlichen, aber trotzdem geringfügigen Unfalles" dürfe dem Beschwerdeführer die Verlässlichkeit, die er Jahrzehnte lang bewiesen habe, nicht abgesprochen werden. Der Beschwerdeführer könne auf Erfolge im Schießsport verweisen und habe freiwillig einen Kurs für den sicheren Umgang mit Faustfeuerwaffen besucht. Auch ein (im April 1998 mit Rücksicht auf den Vorfall eingeholtes) Gutachten des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (Verlässlichkeitsprüfung gemäß § 3 Abs. 4 WaffV) habe ergeben, dass keine Hinweise auf mangelnde Verlässlichkeit (nach dem Inhalt des mit den Akten vorgelegten Gutachtens: keine "wesentlichen" Hinweise auf mangelnde Verlässlichkeit "im Sinne des § 8 Abs. 7" WaffG) vorlägen.

Die belangte Behörde holte jagdfachliche Stellungnahmen des Niederösterreichischen Landesjagdverbandes und des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung, Gruppe Land- und Forstwirtschaft - Abteilung Forstwirtschaft, ein.

In der Stellungnahme des Landesjagdverbandes vom 2. Oktober 1998 wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei "grundsätzlich nicht unüblich oder dem Jagdbetrieb fremd, auf einem Autodach oder einer Auto-Motorhaube aufzulegen". Das Autodach behindere dabei den Schuss nicht, "normalerweise" entstehe auch auf dem Autodach keinerlei Schaden, Rückstand oder Kratzer. Es sei aber "schon passiert", dass ein Schütze - obgleich er im Zielfernrohr das Wildstück völlig frei erkennen könne - das Autodach mit dem Geschoß streife, es sogar auch durchschieße. Das komme vor, wenn das Stück "ziehe", der Schütze mit der Optik "nachfahre" und er dabei "den Abstand zwischen optischer Achse und tatsächlicher Laufachse" unterschätze. Obgleich die optische Achse keinerlei Hindernis erkennen lasse, könne die Laufachse das Autodach berühren oder sogar in Verlängerung durchschneiden. Es komme dann zu dem im Sachverhalt geschilderten Durchschuss des Autodaches.

Von vornherein stelle "dieser Vorfall keine schwer wiegende oder unverlässliche Verfehlung" des Schützen dar. Dies wäre "nur dann" der Fall, wenn er etwa an einen Pirschstock gelehnt hinter dem Auto gestanden wäre und aus kurzer Entfernung in das Autodach geschossen hätte. Dann könnte man dem Schützen den Vorwurf machen, er hätte das Hindernis (oder einen Umriss oder Schatten) sehen und den Schuss unterlassen müssen. Im vorliegenden Fall aber habe der Schütze das als Auflage dienende Autodach nicht sehen können. Er habe "bloß den Abstand zwischen optischer Achse des Zielfernrohres und Laufachse (Flugbahn des Geschoßes) unterschätzt". Dies sei aber - ungeachtet der eingetretenen Verletzung des im Fahrzeug wartenden anderen Jägers - "eine entschuldbare Fehlleistung, die ja auch in der Praxis nicht oft, aber doch hin und wieder vorkommt".

Zum Berufungsvorbringen sei festzuhalten, dass das Auflegen auf dem Dach eines Pirschfahrzeuges der jagdlichen Praxis entspreche und im Jagdbetrieb vorkomme. Es sei auch üblich, den Anordnungen des Jagdleiters zu folgen, wenn keine objektiv gefährlichen Umstände oder Rechtsnormen dagegen sprächen. Die Anordnung, auf dem Autodach aufzulegen, sei "eine ganz normale, durchaus zu erwartende, übliche Anordnung". Das Durchschießen des Autodaches stelle "für uns keine Ungeschicklichkeit dar (der Schütze hat ja die Waffe nicht fallen gelassen), sondern eine entschuldbare Fehlleistung". Der Schütze habe "damit rechnen dürfen, dass er kein Hindernis mit dem Geschoß durchschlägt", habe "aber eben das unmittelbar unter ihm befindliche Hindernis, das er durch die Optik nicht sehen konnte, unterschätzt". Ein unsachgemäßer oder leichtfertiger Umgang mit der Jagdwaffe liege "nicht vor, da der Schütze ja keinen Schuss 'abfahren' ließ, sondern gezielt auf ein Wildstück von einer Auflage aus schoss". Der Vorfall möge "grotesk oder tragisch sein", sei aber "für beide beteiligten Personen nicht vorhersehbar" gewesen. Das Verhalten des Schützen habe "auch keineswegs eine Verletzung des Jagdleiters provoziert" und die "Fehlleistung des Schützen (Laufachse-optische Achse)" falle "in den Bereich der Entschuldbarkeit".

In der Stellungnahme des Amtes der Landesregierung vom 18. Dezember 1998 wurde im Wesentlichen ausgeführt, einer der wichtigsten Grundsätze bei der Ausübung der Jagd sei die Sicherheit bei Abgabe von Schüssen. Durch die Schussabgabe dürfe keine Gefährdung von Personen und Sachen eintreten. Der Schütze habe sich zu vergewissern, dass sich im möglichen Gefährdungsbereich keine Personen befänden, die durch die Schussabgabe gefährdet werden könnten, und dass ein entsprechender Kugelfang vorhanden sei. Im Rahmen einer Pirschjagd gelte diese Vorsicht gegenüber dem Pirschführer im besonderen Maße, zumal sich dieser bei der Jagdausübung in unmittelbarer Nähe des Schützen im möglichen Gefährdungsbereich aufhalte. Der Beschwerdeführer habe sich vor allem darauf konzentriert, dass er den Rehbock im Zielfernrohr gut sehe, und nicht ausreichend darauf geachtet, dass der Gewehrlauf durch den Abstand zwischen Zieleinrichtung und Gewehrlauf auf das Autodach gerichtet gewesen sei. Ein ungehinderter Schuss auf den Rehbock sei durch die Lage des Gewehrlaufes nicht möglich gewesen. Durch die Schussabgabe ohne ausreichende Bedachtnahme auf den möglichen Gefährdungsbereich sei die Jagdwaffe "zumindest leichtfertig" verwendet worden.

Zur Verantwortung des Beschwerdeführers werde festgestellt, dass es "in Niederösterreich keinesfalls üblich" sei, "bei der Ausübung der Jagd auf einem Autodach aufzulegen". Dies stelle "eher eine Ausnahmesituation" dar und sei im gegenständlichen Fall auch zufällig begründet gewesen, zumal bei der Fahrt im Jagdrevier eben der Rehbock "in Anblick gekommen" und "offensichtlich aus Zeitdruck" das Autodach als Auflage für das Jagdgewehr gewählt worden sei. Die in Niederösterreich übliche Art der Bejagung des Rehbockes sei die Ansitzjagd von einem Hochstand oder Bodensitz aus. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Befolgung der Anordnungen des Jagdleiters beziehe sich darauf, dass dieser anordne, welchen Rehbock der Jagdgast schießen dürfe. Die Anordnungen des Jagdleiters könnten nie so weit gehen, dass dieser die Verantwortung für die Sicherheit bei der Schussabgabe übernehmen könne. Dafür sei nur der jeweilige Schütze verantwortlich. Die Anordnung, das Gewehr auf dem Autodach aufzulegen, sei als jagdfachliche Hilfestellung zu werten, um dem Schützen eine bessere Schussposition zu ermöglichen.

Dass Durchschießen des Autodaches könne aus jagdfachlicher Sicht nicht als "leichte Ungeschicklichkeit" dargestellt werden, wie sie jedem Menschen, der Jahrzehnte lang mit Waffen oder anderen gefährlichen Gegenständen umgehe, passieren könne. Sie sei "ein leichtfertiger und unsachgemäßer Umgang mit der Jagdwaffe", der "nicht passieren" dürfe. Dass der Durchschuss durch das Autodach nur eine kleine Wunde am Hinterkopf des Jagdleiters verursacht habe, sei ein glücklicher Zufall und könne aus jagdfachlicher Sicht nicht als mildernd gewertet werden. Der Beschwerdeführer habe "die grundsätzlichen Sicherheitsbestimmungen bei der Ausübung der Jagd nicht befolgt" und dadurch "eine Jagdwaffe unsachgemäß und zumindest leichtfertig verwendet".

Der Beschwerdeführer stimmte in seiner Äußerung vom 8. Februar 1999 der Stellungnahme des Landesjagdverbandes zu und bezeichnete die Ausführungen des Amtes der Landesregierung als "nicht nachvollziehbar". Die damit befasste Abteilung kümmere sich "offensichtlich mehr um die landwirtschaftlichen Belange", wobei "natürlich von Seiten der Landwirtschaft zum Schutz der Fluren ein Sitzen auf dem Hochstand verträglicher" sei. Im Übrigen wiederholte er, ihm sei "kein bewusstes Verschulden", sondern "nur eine Ungeschicklichkeit" vorzuwerfen. Dadurch, dass der Rehbock immer in Bewegung gewesen sei, habe es passieren können, dass der Beschwerdeführer den Abstand vom Lauf zum Zielfernrohr unterschätzt habe. Demgegenüber sei es "beim Schießen auf eine Zielscheibe ohne Zeitdruck ... leicht jederzeit möglich, auch noch einmal außerhalb des Zielfernrohres" nach dem Lauf zu sehen, "um ein gefahrloses Schießen zu ermöglichen". Der Beschwerdeführer habe "jedoch aus der Sache gelernt" und werde "nie mehr im Leben einen Schuss abgegeben, mit dem auch nur die geringste Gefahr verbunden ist".

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit den §§ 8 Abs. 1 Z 1 und 2 und 25 Abs. 2 und 3 WaffG ab. Zur Begründung dieser Entscheidung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der anzuwendenden Vorschriften aus, dem Beschwerdeführer sei vorzuwerfen, dass er "durch unvorsichtigen Umgang mit einer Waffe bzw. deren leichtfertige Verwendung" einen Jagdunfall herbei geführt habe, bei dem ein Mensch verletzt worden sei. Dies ergebe sich aus der jagdfachlichen Stellungnahme des Amtes der Landesregierung, die von der belangten Behörde "als schlüssig erachtet und daher der Berufungsentscheidung zu Grunde gelegt" werde. Demgegenüber habe der Landesjagdverband den Vorfall "derart verharmlosend beurteilt", dass darin keine "unparteiische, sachverständige Beurteilung" gesehen werden könne, weshalb "dieses Gutachten bei der Entscheidungsfindung außer Betracht" bleibe. Die belangte Behörde gelange "daher im Ergebnis zur Überzeugung", dass der Beschwerdeführer mit seiner Jagdwaffe "unvorsichtig umgegangen" sei und sie "leichtfertig verwendet" habe, sodass bestimmte Tatsachen vorlägen, welche die waffenrechtliche Verlässlichkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 1 und 2 WaffG ausschlössen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der u.a. ausgeführt wird, die belangte Behörde gehe davon aus, "dass der Unfall nicht 'passieren' darf". Im "täglichen Leben" kämen "jedoch Unfälle vor". Der Beschwerdeführer habe nicht "gegen konkrete Sicherheitsvorschriften oder Sicherheitsregeln verstoßen". Es liege "eine 'Ungeschicklichkeit' vor, die auch einem sehr sorgfältigen Menschen (Waffenbesitzer) einmal passieren" könne. Es handle sich um eine "singuläre Fehlreaktion" vor dem Hintergrund einer jahrzehntelangen unfallfreien Ausübung des Schieß- und Jagdsportes. Als Verfahrensfehler wird u.a. gerügt, dass kein Sachverständiger aus dem Gebiet "Waffen und Schiessen" beauftragt worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Nach § 8 Abs. 1 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden (Z 1), mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren (Z 2) oder Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind (Z 3).

Gemäß § 8 Abs. 3 WaffG gilt ein Mensch u.a. dann als nicht verlässlich, wenn er wegen einer durch fahrlässigen Gebrauch von Waffen erfolgten Verletzung oder Gefährdung von Menschen verurteilt worden ist (§ 8 Abs. 3 Z 3 WaffG).

Gemäß § 8 Abs. 4 zweiter Satz WaffG kann ein Mensch "trotz einer nicht getilgten Verurteilung im Sinne des Abs. 3 ... verlässlich" sein, wenn (abgesehen von näher genannten Fällen des Jugendgerichtsgesetzes) die Strafe - außer bei Freiheitsstrafen von mehr als sechs Monaten - ganz oder teilweise bedingt nachgesehen wurde und kein Widerruf der bedingten Strafnachsicht erfolgte.

Im vorliegenden Fall wirft die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor, er habe durch Sorgfaltswidrigkeit bei der Abgabe eines Schusses ("unvorsichtigen Umgang mit einer Waffe bzw. deren leichtfertige Verwendung") einen Jagdunfall verursacht, bei dem ein Mensch verletzt worden sei, sodass die waffenrechtliche Verlässlichkeit des Beschwerdeführers durch "Tatsachen" im Sinne des § 8 Abs. 1 WaffG ausgeschlossen werde. Die wegen dieses Vorfalls - auf den allein sich die Verneinung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit des Beschwerdeführers gründet - erstattete Strafanzeige wurde nach der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Verständigung des Bezirksanwaltes gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt.

Letzteres schließt - ebenso, wie dies auch bei einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des § 8 Abs. 3 Z 3 WaffG der Fall wäre, wenn die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 zweiter Satz WaffG vorlägen - eine auf § 8 Abs. 1 WaffG gestützte Verneinung der Verlässlichkeit nicht aus. Hiezu und in Bezug auf die grundsätzlichen Probleme, die sich in diesem Zusammenhang ergeben, kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die zusammenfassende Darstellung in dem hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 98/20/0139, verwiesen werden. In diesem Erkenntnis und der dort angeführten Vorjudikatur hat der Verwaltungsgerichtshof hervorgehoben, dass auch der Gesetzgeber des WaffG 1996 sich nicht dazu entschlossen habe, Straftäter mit ungetilgten Verurteilungen grundsätzlich vom Erwerb waffenrechtlicher Berechtigungen auszuschließen, und selbst die Verurteilung wegen einer unter Anwendung oder Androhung von Gewalt begangenen oder mit Gemeingefahr verbundenen vorsätzlichen strafbaren Handlung, wegen eines Angriffes gegen den Staat oder den öffentlichen Frieden, wegen Zuhälterei, Menschenhandels und anderer derartiger Delikte für die Verneinung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit nicht ohne weiteres ausreicht, wenn es sich um die erste derartige Verurteilung handelt und die Strafe eine bestimmte Höhe nicht übersteigt.

Davon ausgehend hat der Verwaltungsgerichtshof in dem erwähnten Erkenntnis u.a. ausgeführt, dass in Bezug auf Verurteilungen, für die der Gesetzgeber in § 8 Abs. 3 bis 5 WaffG näher geregelt hat, unter welchen Voraussetzungen sie der Annahme der waffenrechtlichen Verlässlichkeit jedenfalls entgegenstehen, die ihnen - falls die erwähnten Voraussetzungen nicht erfüllt sind - zu Grunde liegenden Tathandlungen allein nur der Annahme waffenrechtlicher Verlässlichkeit entgegenstehen, wenn diesen Tathandlungen in ihrer konkret festzustellenden Ausprägung ein waffenrechtlicher Bezug im Sinne der in dem Erkenntnis dargestellten Rechtsprechung eigen ist. Ist dies nicht der Fall, so können sie im Rahmen einer auf die Gesamtpersönlichkeit oder einen anderen, letztlich ausschlaggebenden Vorfall abstellenden Beurteilung von Bedeutung sein, für sich allein aber noch nicht ausreichen, um die waffenrechtliche Verlässlichkeit zu verneinen.

Diese Überlegungen können nicht ohne Auswirkungen für Fälle sein, in denen eine strafgerichtliche Verfolgung wegen eines der in § 8 Abs. 3 WaffG umschriebenen Delikte unterbleibt oder nicht zur Verurteilung führt. Die für die Beurteilung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit zuständige Behörde ist an die dem zu Grunde liegenden Erwägungen der Strafverfolgungsbehörden zwar nicht gebunden und ihrerseits auch nicht dazu berufen, spezifisch strafrechtliche Betrachtungen anzustellen. Bei der Gewichtung der Umstände, aus denen auf das Fehlen der waffenrechtlichen Verlässlichkeit geschlossen werden soll, ist aber auch in diesen Fällen auf die vom Gesetzgeber für den Fall der Verurteilung gesetzten Maßstäbe Bedacht zu nehmen. Ist etwa davon auszugehen, dass eine Verurteilung wegen mangelnder Strafwürdigkeit der Tat im Sinne des § 42 StGB zu unterbleiben hatte, so bedarf es - zumindest in der Regel - eines konkreten waffenrechtlichen Bezuges im Sinne der zuvor erwähnten Rechtsprechung, wenn ein auf § 8 Abs. 1 WaffG gestützter Schluss von dem strafrechtlich unsanktioniert gebliebenen Vorfall auf den Wegfall der waffenrechtlichen Verlässlichkeit nicht den im Gesetz zum Ausdruck kommenden Wertungen widersprechen soll. Ein solcher Bezug kann sich - anders als etwa im Falle einer Drohung (vgl. dazu das Erkenntnis vom 30. September 1998, Zl. 98/20/0287) - bei der Verletzung oder Gefährdung eines Menschen durch den fahrlässigen Gebrauch einer Waffe freilich nicht schon aus Letzterem ergeben. Der Gesetzgeber hat dieses Merkmal in § 8 Abs. 3 Z 3 WaffG bereits berücksichtigt und die Fälle einer Verurteilung wegen einer solchen Tat dessen ungeachtet nicht von der Regelung des § 8 Abs. 4 zweiter Satz WaffG ausgenommen. Hat der Gesetzgeber somit ausdrücklich angeordnet, ein wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilter Straftäter könne gerade auch dann im waffenrechtlichen Sinn "verlässlich" sein, wenn er die Verletzung "durch fahrlässigen Gebrauch von Waffen" herbeigeführt hat, so bedarf es einer näheren Begründung, wenn in einem Fall, in dem das Gewicht einer solchen Tat zumindest nach Meinung der damit befassten Behörden nicht ausreichte, um eine Strafverfolgung zu rechtfertigen, aus ihr allein der gegenteilige Schluss gezogen werden soll.

Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass die Ansicht, das "Auflegen" des Gewehres auf dem Autodach sei "unvorsichtig" bzw. "leichtfertig" gewesen, ohne nähere Gewichtung dieses Vorwurfs nicht ausreicht, um die Verneinung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit in einer mit den dargestellten Maßstäben des Gesetzgebers vereinbaren Weise zu begründen. Gab es im Vorleben und in der Gesamtpersönlichkeit des Beschwerdeführers keine anderen Gesichtspunkte, aus denen sich Zweifel an seiner waffenrechtlichen Verlässlichkeit ableiten ließen, so setzte ein derartiges Urteil - in Ermangelung spezifisch prognostischer Erwägungen zum konkreten Fall - nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass das Verschulden des Beschwerdeführers über das für die Bejahung eines Sorgfaltsverstoßes erforderliche Mindestmaß hinaus ging (vgl. in diesem Sinn etwa schon die Bezugnahmen auf das "Gewicht" des Verschuldens in dem gleichfalls einen Jagdunfall betreffenden Erkenntnis vom 21. Jänner 1999, Zl. 98/20/0321, auf eine "gravierende" Fehlleistung bzw. eine "besondere" Unvorsichtigkeit in dem eine Selbstverletzung betreffenden Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 98/20/0391, und auf "gravierende" Sorgfaltsverletzungen in dem Erkenntnis vom 14. Dezember 2000, Zl. 2000/20/0323).

Die belangte Behörde hätte daher - mangels eigener Sachkenntnis - im Sinne der diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde einen geeigneten Sachverständigen beiziehen müssen, um nicht nur zu klären, ob dem Beschwerdeführer wegen des Vorfalls ein Vorwurf zu machen ist, was er im Ergebnis gar nicht bestreitet, sondern auch das Gewicht dieses Vorwurfes genauer abschätzen zu können. Dazu wäre nicht so sehr - wie dies in den eingeholten Stellungnahmen, abgesehen von den darin geäußerten Rechtsmeinungen, vor allem geschehen ist - auf die Frage der Üblichkeit des "Auflegens" auf einem Autodach an sich als vielmehr darauf einzugehen gewesen, mit welcher Deutlichkeit dem Benützer eines Zielfernrohres klar sein muss, dass er ein nahe gelegenes Hindernis damit nicht immer sehen kann, und ob ein verantwortungsbewusster Jäger sich daher jemals dazu entschlossen hätte, mit dem Gewehr des Beschwerdeführers aus der auf den Fotos im Akt ersichtlichen Position auf ein unterhalb der Straße gelegenes Ziel zu schießen, solange sich eine Person im Fahrzeug befand. Dass die zuletzt erwähnte Frage zu verneinen sein könnte, wird im Übrigen durch die Stellungnahme des Landesjagdverbandes, wonach es "hin und wieder" zum Durchschießen des Autodaches komme, nahe gelegt. Ergäbe sich somit auf der Grundlage eines nachvollziehbaren Sachverständigengutachtens, dass dem Beschwerdeführer nicht nur - wie er meint - ein Missgeschick unterlaufen ist, das auch einem an sich sehr sorgfältigen Jäger passieren konnte, so käme im Besonderen dem Umstand, dass die Strafverfolgungsbehörden dies allenfalls anders beurteilten, für das vorliegende Verfahren, in dem die hier zuständigen Behörden ihre Verantwortung für die Eindämmung der mit dem Besitz und dem Führen genehmigungspflichtiger Waffen verbundenen Gefahren wahrzunehmen haben, keine Bedeutung zu.

Da die belangte Behörde der demnach entscheidenden Frage nach der Gewichtung des Verschuldens aus der Sicht des vom Beschwerdeführer erwartbaren Gefahrenbewusstseins in Verkennung der Rechtslage nicht auf geeignete Weise nachgegangen ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. November 2001

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