VwGH 99/19/0223

VwGH99/19/02237.7.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, in der Beschwerdesache der 1971 geborenen FY in Tomarza, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bundesminister für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A.

Niederlassungsbewilligung, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §73 Abs2;
FrG 1997 §22;
NLV 1999 §3 Abs9 Z3;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
AVG §73 Abs2;
FrG 1997 §22;
NLV 1999 §3 Abs9 Z3;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte am 22. Dezember 1997 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit ihrem in Österreich lebenden Ehegatten. Dieser Antrag langte am 7. Jänner 1998 beim Landeshauptmann von Wien ein.

Aus dem Verwaltungsakt geht hervor, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin über eine Aufenthaltsbewilligung mit Geltungsdauer vom 4. Juli 1997 bis 4. Juli 1998 verfügte. Weiters ist den Verwaltungsakten eine Bestätigung eines inländischen Unternehmens angeschlossen, aus welcher hervorgeht, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin seit 23. Juni 1997 dort als Fliesenleger beschäftigt ist.

Mit einem am 26. April 1999 bei der belangten Behörde eingelangten Devolutionsantrag machte die Beschwerdeführerin den Übergang der Entscheidungspflicht über ihren Antrag vom 22. Dezember 1997 auf die belangte Behörde geltend.

Mit ihrer am 19. November 1999 überreichten Säumnisbeschwerde macht die Beschwerdeführerin nunmehr eine Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde in Ansehung des Antrages vom 22. Dezember 1997 in Verbindung mit dem am 26. April 1999 eingelangten Devolutionsantrag geltend. In ihrer Säumnisbeschwerde behauptet die Beschwerdeführerin insbesondere, sie habe bereits im gegenständlichen Antrag sämtliche anspruchsbegründenden Urkunden vorgelegt. Umstände, welche für die positive Erledigung des Antrages ein Hindernis darstellen könnten, seien der Beschwerdeführerin nicht bekannt. Sie vertrete weiters die Ansicht, für ihren Antrag bestehe gemäß § 7 Abs. 4 Z. 3 FrG 1997 keine Quotenpflicht.

Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes teilte die belangte Behörde mit, dass die Quote für den Familiennachzug betreffend Familienangehörige von Drittstaatsangehörigen, die sich vor dem 1. Jänner 1998 in Österreich niedergelassen haben, für das Kalenderjahr 1998 gemäß § 3 Abs. 9 Z. 3 der Niederlassungsverordnung 1998 (im Folgenden: NLV 1998) am 30. Juli 1998 und die entsprechende Quote für das Kalenderjahr 1999 gemäß § 3 Abs. 9 Z. 3 der Niederlassungsverordnung 1999 (im Folgenden: NLV 1999) am 26. März 1999 geschlossen wurde.

Mit Verfügung vom 5. Mai 2000 hielt der Verwaltungsgerichtshof diese Auskunft der Beschwerdeführerin vor und stellte ihr frei, binnen drei Wochen einen Arbeitsvertrag ihres Ehegatten mit einem international tätigen Dienstgeber vorzulegen, der ihn als eine der in § 7 Abs. 4 Z. 2 FrG 1997 genannten Personen ausweist. Weiters forderte der Verwaltungsgerichtshof die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf, binnen drei Wochen bekannt zu geben, ob der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung an die Beschwerdeführerin auf Grund ihres Antrages vom 22. Dezember 1997 in Verbindung mit ihrem Devolutionsantrag vom 26. April 1999, von § 22 FrG 1997 abgesehen, Hindernisse entgegenstanden.

Daraufhin äußerte sich die belangte Behörde am 16. Juni 2000 dahin, dass solche Hindernisse der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nicht entgegenstanden. Die Beschwerdeführerin äußerte sich zu diesem Vorhalt nicht.

§ 7, § 22 und § 112 FrG 1997 lauten (auszugsweise):

"§ 7. (1) Die Aufenthaltstitel werden als

  1. 1. Aufenthaltserlaubnis oder
  2. 2.

    Niederlassungsbewilligung

    erteilt.

    ...

(3) Auf Dauer niedergelassene Drittstaatsangehörige, das sind jene, die

1. in Österreich einen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen haben ...

brauchen außer in den in Abs. 4 genannten Fällen eine Niederlassungsbewilligung.

(4) Drittstaatsangehörige brauchen eine Aufenthaltserlaubnis, wenn

1. ihr Aufenthalt ausschließlich dem Zweck eines Studiums oder einer Schulausbildung dient;

2. sie unselbstständig erwerbstätig sind und ihr Arbeitsvertrag mit ihrem international tätigen Dienstgeber sie entweder

a) als leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind, oder

b) als der Unternehmensleitung zugeteilte qualifizierte Mitarbeiter, die zur innerbetrieblichen Aus- oder Weiterbildung (Führungskräftenachwuchs) verpflichtet sind, oder

c) als Vertreter repräsentativer ausländischer Interessenvertretungen ausweist

und Rotationen im Hinblick auf den Dienstort vorsieht;

3. sie Ehegatten oder minderjährige unverheiratete Kinder der in Z 1 und 2 genannten Fremden sind, sofern sie nicht erwerbstätig sein wollen;

...

§ 22. Eine quotenpflichtige Erstniederlassungsbewilligung darf nur erteilt werden, wenn die für den Fremden samt dem Familiennachzug nach § 21 Abs. 2 erforderlichen Bewilligungen in dem Land der beabsichtigten Niederlassung nach der Niederlassungsverordnung noch zur Verfügung stehen. Wird die Erstniederlassungsbewilligung erteilt, so vermindert sich diese Zahl entsprechend. Ist die Zahl bereits ausgeschöpft, so ist die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und über die danach einlangenden Anträge, denen im Falle noch zur Verfügung stehender Bewilligungen stattzugeben wäre, so lange aufzuschieben, bis in einer nachfolgenden Niederlassungsverordnung auf sie Bedacht genommen werden kann. § 73 AVG und § 27 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, sind nur insoweit anwendbar, als die Zeit des zulässigen Aufschubes überschritten wird.

...

§ 112. Verfahren zur Erteilung eines Sichtvermerkes sowie Verfahren zur Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, oder gemäß der §§ 113 und 114 anhängig werden, sind nach dessen Bestimmungen - je nach dem Zweck der Reise oder des Aufenthaltes - als Verfahren zur Erteilung eines Einreisetitels oder als Verfahren zur Erteilung eines Erstaufenthaltstitels oder eines weiteren Aufenthaltstitels fortzuführen. ..."

Die Beschwerdeführerin beabsichtigt, zum Zwecke der Aufnahme einer Familiengemeinschaft mit ihrem Ehegatten in Österreich einen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen zu begründen. Hiezu benötigt die Beschwerdeführerin aus dem Grunde des § 7 Abs. 3 Z. 1 FrG 1997 eine Niederlassungsbewilligung, es sei denn, es läge einer der in § 7 Abs. 4 FrG 1997 angeführten Fälle vor.

Die Beschwerdeführerin hat nun im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstmals die Behauptung aufgestellt, sie fiele unter die Ausnahmebestimmung des § 7 Abs. 4 Z. 3 FrG 1997. Hiefür ergaben sich aus den Verwaltungsakten keine wie immer gearteten Anhaltspunkte. Auch über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Beschwerdeführerin keinen Nachweis dahingehend erbracht, dass ihr Ehegatte zu den in § 7 Abs. 4 Z. 2 FrG 1997 angeführten Fremden zählte. Die Voraussetzungen der Z. 1 dieser Bestimmung erfüllte er schon deshalb nicht, weil er im Inland einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Wie die Beschwerdeführerin dazu kam, dieses geradezu mutwillige Vorbringen zu erstatten, ist unerfindlich. Der Beschwerdevertreter wird darauf aufmerksam gemacht, dass vorliegendenfalls nur deshalb von der Verhängung einer Mutwillensstrafe abgesehen wird, weil das Vorbringen in der gegenständlichen Säumnisbeschwerde vor Zustellung eines vergleichbaren Vorhaltes in dem zu den hg. Zlen. 99/19/0019, 0020 geführten Verfahren erfolgte.

Handelte es sich aber bei der Beschwerdeführerin um eine Fremde, die gemäß § 7 Abs. 3 FrG 1997 eine Niederlassungsbewilligung benötigte, so war ihr Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom 22. Dezember 1997 in Anwendung der Übergangsbestimmung des § 112 FrG 1997 ab dem 1. Jänner 1998 als solcher auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu werten.

Sowohl die Beschwerdeführerin als auch die belangte Behörde gehen davon aus, dass der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung auf Grund des Antrages der Beschwerdeführerin vom 22. Dezember 1997 in Verbindung mit ihrem Devolutionsantrag - von § 22 FrG 1997 abgesehen - kein Hindernis entgegenstand.

Damit gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aber auch davon aus, dass dieser Devolutionsantrag, und zwar ohne dass es hiezu einer abgesonderten Bescheiderlassung durch die belangte Behörde bedurft hätte (vgl. die bei Walter-Thienel,

Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, 2. Auflage, E. 238 zu § 73 AVG wiedergegebene Judikatur), den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über den in Rede stehenden Antrag vom 22. Dezember 1997 auf den Bundesminister für Inneres bewirkte, wogegen eine diesen Devolutionsantrag zurückweisende oder abweisende Entscheidung nicht zu ergehen hatte.

Gründe für eine Zurück- oder Abweisung des Devolutionsantrages kann auch der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, zumal der erstinstanzlichen Behörde bei offener Quote gemäß § 3 Abs. 9 Z. 3 NLV 1998 mehr als sechs Monate für die Erteilung der beantragten Niederlassungsbewilligung zur Verfügung standen. Auch der Umstand, dass der gegenständliche Devolutionsantrag zu einem Zeitpunkt gestellt wurde, als die Quote nach der NLV 1999 bereits geschlossen war, hätte nicht zu dessen Zurückweisung zu führen gehabt, weil die erstinstanzliche Behörde schon zuvor mehr als sechs Monate säumig war, also die Zeit des zulässigen Aufschubes im Verständnis des § 22 FrG 1997 im Zeitpunkt der Antragstellung bereits überschritten war (vgl. die entsprechenden Ausführungen zur Zulässigkeit der Einbringung einer Säumnisbeschwerde während geschlossener Quote nach § 9 Abs. 3 AufG idF der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 im hg. Beschluss vom 13. Juni 1997, Zl. 96/19/2208).

Gleichfalls gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einvernehmlich davon aus, dass eine Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin vom 22. Dezember 1997 durch die belangte Behörde nicht geboten war.

Von der Beschwerdeführerin unbestritten bleibt weiters die Behauptung der belangten Behörde, die Quote gemäß § 3 Abs. 9 Z. 3 NLV 1999 sei am 26. März 1999 bereits erschöpft gewesen.

Daraus ergibt sich aber, dass der der belangten Behörde nach dem Vorgesagten allein offen gestandenen Entscheidung, nämlich der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung in Stattgebung des Devolutionsantrages (eine abgesonderte Stattgebung desselben ohne gleichzeitige meritorische Entscheidung war nach dem Vorgesagten nicht geboten), im gesamten Zeitraum zwischen Einbringung des Devolutionsantrages am 26. April 1999 und Einbringung der Säumnisbeschwerde am 19. November 1999 § 22 FrG 1997 entgegenstand.

Die Säumnisbeschwerde wurde daher zu einem Zeitpunkt eingebracht, als der Lauf der sechsmonatigen Frist des § 27 VwGG noch gar nicht eingesetzt hat. Die Säumnisbeschwerde war daher zurückzuweisen.

Wien, am 7. Juli 2000

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