VwGH 99/17/0188

VwGH99/17/018824.1.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde der C Ges.m.b.H., vertreten durch Dr. M und Mag. S, Rechtsanwälte in S, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 9. Juli 1997, Zl. IVW3-BE-201-22/3-97, betreffend Vorstellung i.A. Kanaleinmündungsabgabe (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

KanalG NÖ 1977 §12 Abs1;
KanalG NÖ 1977 §13;
KanalG NÖ 1977 §14 Abs1;
KanalG NÖ 1977 §2 Abs4;
KanalG NÖ 1977 §3 Abs2;
KanalG NÖ 1977 §3 Abs6;
KanalG NÖ 1977 §5 Abs9;
KanalG NÖ 1977 §56 Abs2;
KanalG NÖ 1977 §12 Abs1;
KanalG NÖ 1977 §13;
KanalG NÖ 1977 §14 Abs1;
KanalG NÖ 1977 §2 Abs4;
KanalG NÖ 1977 §3 Abs2;
KanalG NÖ 1977 §3 Abs6;
KanalG NÖ 1977 §5 Abs9;
KanalG NÖ 1977 §56 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 3. Mai 1988 wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, näher bezeichnete Grundstücke an einen neu gelegten Mischwasserkanal anzuschließen.

Dieser Bescheid erwuchs im Mai 1988 in Rechtskraft.

Mit Abgabenbescheid vom 24. Oktober 1989 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Beschwerdeführerin aus diesem Anlass gemäß §§ 2 und 3 des Niederösterreichischen Kanalgesetzes 1977, LGBl. 8230 (im Folgenden: NÖ KanalG), eine Kanaleinmündungsabgabe im Betrag von S 368.134,37 vor.

Begründend führte die erstinstanzliche Abgabenbehörde aus, die Berechnungsfläche gemäß § 3 Abs. 2 NÖ KanalG sei in der Weise zu ermitteln, dass die Hälfte der bebauten Fläche mit der um 1 erhöhten Zahl der an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoße multipliziert und das Produkt um 15 % der unbebauten Fläche, höchstens jedoch um 15 % von 500 m2 vermehrt werde.

Auf den in Rede stehenden Grundstücken befänden sich folgende Gebäude:

Bürogebäude 345,51 m2

Lager I 667,11 m2

Lager II 1260,56 m2

Das Bürogebäude weise zwei "angeschlossene Geschoße" auf. Das Lager I sei nicht angeschlossen, das eingeschoßige Lager II hingegen schon.

Die Berechnungsfläche für die Kanaleinmündungabgabe errechne sich daher wie folgt:

"angeschlossene

Flächenhälfte Geschoße" Fläche

172,75 m2 x (2 + 1) = 518,26 m2

333,55 m2 x (0 + 1) = 333,55 m2

630,28 m2 x (1 + 1) = 1.260,56 m2

2.112,37 m2

Anteil der unbebauten Fläche

15 % von 500 m2 (maximal) 75,00 m2

2.187,37 m2

Der Einheitssatz betrage S 153,--, woraus sich ein Betrag von S 334.667,61 ergebe, zu dem die 10 %ige Umsatzsteuer von S 33.466,76 hinzutrete, woraus sich der Gesamtbetrag errechne.

Eine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit einem im Instanzenzug im zweiten Rechtsgang ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 30. April 1991 als verspätet zurückgewiesen.

Eine dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin blieb erfolglos.

Mit Eingabe vom 4. August 1993 beantragte die Beschwerdeführerin "ein Beweisverfahren hinsichtlich der tatsächlichen Ausmaße der Liegenschaft und der Zahl der angeschlossenen Geschoße zur Feststellung der Grundlagen für die Neufestsetzung der Kanalmündungsabgabe" einzuleiten, sowie "die Abgabenschuld gemäß den Bestimmungen der NÖ LAO (insbesondere §§ 217 ff) nach Vornahme einer richtigen Berechnung neu festzusetzen".

In dieser Eingabe vertrat die Beschwerdeführerin zunächst die Auffassung, der herangezogene Einheitssatz von S 153,-- sei "nicht in dieser Höhe vom Gesetz gedeckt".

Auch sei die erstinstanzliche Abgabenbehörde bei der Ermittlung der Berechnungsflächen und bei der Zahl der angeschlossenen Geschoße von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Das Bürogebäude habe nur ein angeschlossenes Geschoß, die Lagergebäude hätten keine Geschoße.

In diesem Zusammenhang sei zu bemerken, dass das laufende Bauverfahren hinsichtlich der Kanaleinmündung noch nicht abgeschlossen und der Baubeginn erst vor kurzer Zeit erfolgt sei.

Am 12. August 1993 übermittelte die Beschwerdeführerin einen Auswechslungsplan betreffend die Stilllegung einer WC-Anlage in der Lagerhalle II, "wie der Bauverhandlung vom 2. Mai 1989 zu Grunde gelegt". Die Bauarbeiten seien ordnungsgemäß durchgeführt worden.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 5. Oktober 1993 wurde in Ansehung der Hauskanalisation auf der betreffenden Liegenschaft die Benützungsbewilligung erteilt.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde wertete die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 4. August 1993 als neuerliche Berufung und wies diese mit Bescheid vom 16. November 1993 zurück.

Über Vorstellung der Beschwerdeführerin hob die belangte Behörde diesen Bescheid am 19. April 1994 auf.

Sie ging davon aus, dass die in Rede stehende Eingabe der Beschwerdeführerin nicht als Berufung, sondern als Antrag auf Neufestsetzung der Kanaleinmündungsabgabe zu werten sei. Zur Entscheidung über diesen Antrag sei die erstinstanzliche Abgabenbehörde zuständig. Diese hätte den Antrag gemäß §§ 217 ff NÖ AO zurückweisen müssen, weil die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht gegeben seien.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 27. April 1994 wies dieser den Antrag der Beschwerdeführerin vom 4. August 1993 auf Neufestsetzung der Kanaleinmündungsabgabe als unzulässig zurück.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Darin machte sie geltend, dass sich im Zuge der nach Rechtskraft des Abgabenbescheides vom 24. Oktober 1989 durchgeführten Bauarbeiten zur Herstellung des Kanalanschlusses die tatsächlichen Verhältnisse dahingehend geändert hätten, dass das Lager II nicht an den Kanal angeschlossen wurde. Angeschlossen seien lediglich die beiden Geschoße des Bürogebäudes.

Mit einem im dritten Rechtsgang ergangenen Berufungsbescheid vom 19. Dezember 1996 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde schließlich die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 27. April 1994 als unbegründet ab.

Begründend führte die Berufungsbehörde aus, der Abgabentatbestand trete mit Rechtskraft des Bescheides zur Aufforderung zum Anschluss an die Kanalisation ein. Die in diesem Zeitpunkt vorliegenden Verhältnisse seien für die Abgabenbemessung maßgebend. Die Voraussetzungen des § 217 NÖ AO für eine Neufestsetzung der Abgabe lägen nicht vor.

Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung. Sie bestritt die Rechtsauffassung der Berufungsbehörde, es sei kein Fall des § 217 NÖ AO gegeben. Die in Rede stehende Bestimmung sei "jedenfalls" so zu interpretieren, dass auch bei den Abgabepflichtigen belastenden Bescheiden die Abgabenbehörde, die den Bescheid erlassen habe, eine Änderung des Bescheides vornehmen könne. Schließlich seien die für die Erlassung des Bescheides maßgeblichen Verhältnisse erst nach Abschluss des Bauverfahrens gegeben gewesen. Nicht entscheidend seien die "theoretischen Verhältnisse" zum Zeitpunkt der Erlassung des ursprünglichen Abgabenbescheides.

Im Übrigen hätten die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Stadtgemeinde gemäß § 224 Abs. 3 NÖ AO eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung der Kanaleinmündungsabgabe zu verfügen gehabt. Über wesentliche Vorfragen sei von der Baubehörde erst nach Erlassung des Bescheides entschieden worden, die Endbeschau sei erst im August 1993 erfolgt, erst dann sei eine Benützungsbewilligung erlassen worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. Juli 1997 wurde diese Vorstellung als unbegründet abgewiesen.

Ein Fall des § 217 NÖ AO liege nicht vor, weil diese Bestimmung lediglich auf Änderungen oder Zurücknahmen eines Bescheides, der Begünstigungen, Berechtigungen oder die Befreiung von Pflichten betreffe, anzuwenden sei. Hier stehe jedoch die Vorschreibung einer Kanaleinmündungsabgabe in Rede.

Eine Aufhebung des Bescheides in Ausübung des Aufsichtsrechts gemäß § 220 NÖ AO sei im gegenständlichen Fall nicht mehr möglich, weil eine solche Maßnahme gemäß § 223 leg. cit. nur bis zum Ablauf eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides zulässig sei.

Auch ein Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 224 NÖ AO liege nicht vor. Maßgebend sei die Sachlage im Zeitpunkt der Anschlussverpflichtung gewesen. Es sei daher bei der Berechnung der Kanaleinmündungsabgabe von den zum damaligen Zeitpunkt herrschenden Gegebenheiten auszugehen gewesen. Spätere Änderungen der Berechnungsfläche erfüllten nicht den Vorfragetatbestand des § 224 Abs. 1 lit. c NÖ AO.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof.

In dieser Beschwerde beharrte die Beschwerdeführerin auf ihrer Auffassung, § 217 NÖ AO wäre in ihrem Fall im Hinblick auf die Änderung der Verhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt des Ausspruches der Anschlussverpflichtung anzuwenden gewesen.

Überdies hätte eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt werden müssen. Erst mit der endgültigen Benützungsbewilligung sei die endgültige Flächengröße festgestellt worden. Diese Flächengröße sei aber Vorfrage für die Abgabenbemessung gewesen. Es sei daher vom Vorliegen des Vorfragentatbestandes gemäß § 224 Abs. 1 lit. c NÖ AO auszugehen gewesen.

Schließlich äußerte die Beschwerdeführerin Normbedenken gegen § 217 NÖ AO und gegen § 12 NÖ KanalG.

Mit Beschluss vom 23. Februar 1999, B 2178/97-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der in Rede stehenden Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Unter Hinweis auf Stoll, BAO, III, 2840, 2849, vertrat der Verfassungsgerichtshof die Auffassung, die Beschwerdeführerin verkenne den Regelungsgehalt des § 217 NÖ AO. Auch ihre Bedenken gegen § 12 NÖ KanalG bestünden nicht zu Recht.

Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte die Beschwerdeführerin die abgetretene Beschwerde.

Sie erachtet sich in ihrem subjektiv öffentlichen Recht auf "sachliche Erledigung der Vorstellung", sowie "im Besonderen" in ihrem subjektiv öffentlichen Recht "auf Neufestsetzung (Änderung bzw. Herabsetzung) der im Sinne von § 13 Abs. 1 NÖ KanalG 'seinerzeit' mit Bescheid der Stadtgemeinde Korneuburg vom 24. Oktober 1989 festgesetzten Kanaleinmündungsabgabe auf Grund der mit Eingabe vom 4. August 1993 angezeigten, nach der Zustellung des Bescheides vom 24. Oktober 1989 eingetretenen 'Veränderungen', die dazu führen, dass die von der Stadtgemeinde Korneuburg dem Bescheid vom 24. Oktober 1989 zu Grunde gelegten Voraussetzungen nicht mehr zutreffen", verletzt. Im Übrigen sei alles als Beschwerdepunkt aufzufassen, was sich inhaltlich aus den Beschwerdeausführungen ergebe.

Die Beschwerdeführerin vertritt insbesondere die Auffassung, ihrem Vorbringen im Verfahren über den Antrag vom 4. August 1993 sei zu entnehmen gewesen, dass sich der für die Abgabenbemessung maßgebliche Sachverhalt gegenüber jenem bei Bescheiderlassung insoweit verändert hätte, als die Sanitäranlage im Lager II nach Erlassung des Abgabenbemessungsbescheides stillgelegt worden sei.

Ihre Eingabe vom 4. August 1993 wäre daher richtigerweise als Veränderungsanzeige im Sinne des § 13 Abs. 1 NÖ KanalG aufzufassen gewesen. Die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Stadtgemeinde wären verpflichtet gewesen, auf Grund dieser Veränderungsanzeige eine Neufestsetzung der Kanaleinmündungsabgabe vorzunehmen, wobei bei der Berechnung dieser neu zu bemessenden Abgabe für das Lager II von null angeschlossenen Geschoßen auszugehen gewesen wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 3, § 217, § 220 Abs. 2, § 222 und § 224 Abs. 1 NÖ AO lauten

(auszugsweise):

"§ 3

(1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft.

...

§ 217

(1) Eine Änderung oder Zurücknahme eines Bescheides, der Begünstigungen, Berechtigungen oder die Befreiung von Pflichten betrifft, durch die Abgabenbehörde, die den Bescheid erlassen hat, ist - soweit nicht Widerruf oder Bedingungen vorbehalten sind - nur zulässig,

a) wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben, die für die Erlassung des Bescheides maßgebend gewesen sind, oder

b) wenn das Vorhandensein dieser Verhältnisse auf Grund unrichtiger oder irreführender Angaben zu Unrecht angenommen worden ist.

...

§ 220

...

(2) Ferner kann ein Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

...

§ 222

Auf die Ausübung der gemäß den §§ 220 und 221 der Behörde

zustehenden Rechte steht niemandem ein Anspruch zu.

...

§ 224

(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

...

b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder

c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde und so die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte."

Im Zeitpunkt der Rechtskraft des Anschlussverpflichtungsbescheides (Mai 1988) stand das NÖ KanalG in der Fassung der Novelle LGBl. 8230-2 in Geltung.

§ 1 Abs. 1, § 2 Abs. 4, § 3 Abs. 1, 2, 3 und 6, § 5 Abs. 1 und 9, § 12 Abs. 1, § 13, § 14 Abs. 1 und § 17 Abs. 3 NÖ KanalG in dieser Fassung lauteten (auszugsweise):

"§ 1

Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren

(1) Die Gemeinden werden gemäß § 8 Abs. 5 Finanzverfassungsgesetz 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, Kanalerrichtungsabgaben (Kanaleinmündungs-, Kanalergänzungs-, Kanalsonderabgabe) und Kanalbenützungsgebühren nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erheben.

...

§ 2

Kanaleinmündungsabgabe, Ergänzungsabgabe

...

(4) Bei einer späteren Änderung der seinerzeit der Bemessung zu Grunde gelegten Berechnungsgrundlagen (§ 3 Abs. 2) ist eine Ergänzungsabgabe zu der bereits entrichteten Kanaleinmündungsabgabe zu entrichten, wenn sich durch diese Änderung gegenüber dem ursprünglichen Bestand nach den Bestimmungen des § 3 Abs. 6, eine höhere Abgabe ergibt. ...

...

§ 3

(1) Die Höhe der Kanaleinmündungsabgabe ergibt sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche (Abs. 2) mit dem Einheitssatz (Abs. 3).

(2) Die Berechnungsfläche wird in der Weise ermittelt, dass die Hälfte der bebauten Fläche mit der um 1 erhöhten Zahl der an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoße multipliziert und das Produkt um 15 v.H. der unbebauten Fläche vermehrt wird. ...

(3) Der Einheitssatz (Abs. 1) ist vom Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung (§ 6) festzusetzen; ...

...

(6) Die Ergänzungsabgabe ergibt sich aus dem Differenzbetrag zwischen der Abgabe für den Bestand nach der Änderung und der Abgabe für den Bestand vor der Änderung, wobei beide Abgaben nach dem bei Entstehung der Abgabenschuld geltenden Einheitssatz zu berechnen sind.

...

§ 5

Kanalbenützungsgebühren

(1) Für die Benützung der öffentlichen Kanalanlage ist eine Kanalbenützungsgebühr für jedes Jahr zu entrichten, wenn der Gemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen hat.

...

(9) Wenn der Beginn der Abgabenpflicht während des Jahres eintritt, ist die Gebühr für dieses Jahr nur in dem verhältnismäßigen Anteil der Jahresgebühr zu entrichten. Dasselbe gilt sinngemäß im Falle einer Veränderung der bisherigen Gebühr.

...

§ 12

Entstehung der Abgabenschuld, Zahlungstermine

(1) Ist die Kanaleinmündungsabgabe (Ergänzungsabgabe, Sonderabgabe) anlässlich einer Bauführung zu entrichten, entsteht die Abgabenschuld mit Eintritt der Rechtskraft der Benützungsbewilligung, wenn aber eine solche nicht erforderlich ist, mit Ablauf des Tages, an dem die Bauführung tatsächlich beendet wurde; in allen anderen Fällen mit der Rechtskraft des Bescheides über die Verpflichtung zum Anschluss (§ 17 Abs. 3) bzw. bei der Ergänzungsabgabe mit dem Eintritt der Änderung.

...

§ 13

Veränderungsanzeige

(1) Treten nach Zustellung des Abgabenbescheides (§ 14) derartige Veränderungen ein, dass die der seinerzeitigen Festsetzung der Kanalerrichtungsabgabe und Kanalbenützungsgebühr oder der Fäkalienabfuhrgebühr zu Grunde gelegten Voraussetzungen nicht mehr zutreffen, so hat der Abgabepflichtige diese Veränderungen binnen zwei Wochen nach dem Eintritt der Veränderung bzw. nach dem Bekanntwerden derselben dem Bürgermeister (Magistrat) schriftlich anzuzeigen (Veränderungsanzeige).

(2) Eine auf Grund einer im Abs. 1 genannten Veränderung festgestellte niedrigere oder höhere Gebühr (§ 14 Abs. 1 lit. c) ist, soferne sich nicht aus § 12 etwas anderes ergibt, ab dem Monatsersten des dem Tage des Eintrittes der Veränderung zunächst folgenden Monates zu entrichten.

§ 14

Abgabenbescheid

(1) Den Abgabepflichtigen ist die Abgabenschuld mit Abgabenbescheid vorzuschreiben. Durch je einen besonderen Abgabenbescheid sind vorzuschreiben:

a) die Kanaleinmündungsabgaben, Ergänzungsabgaben und Sonderabgaben (§§ 2 und 4);

b) die Kanalbenützungsgebühren und die Fäkalienabfuhrgebühren (§§ 5 und 8);

c) Änderungen der im Abgabenbescheid nach lit. b festgesetzten Gebühren;

...

§ 17

Hauskanäle, Anschlussleitungen

...

(3) Bei Neulegung eines Hauptkanales der Gemeinde hat der Bürgermeister (Magistrat) den Liegenschaftseigentümern, für die dadurch eine Anschlusspflicht eintritt, rechtzeitig durch Bescheid den Anschluss aufzutragen."

Gemäß § 3 Abs. 1 NÖ AO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft.

Entgegen der diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof erfolgte die hier in Rede stehende Vorschreibung der Kanaleinmündungsabgabe nicht aus Anlass einer Bauführung durch den Liegenschaftseigentümer, sondern aus Anlass der Neulegung eines Hauptkanales durch die Gemeinde und der in diesem Zusammenhang ausgesprochenen Verpflichtung zum Anschluss. Gemäß § 12 Abs. 1 letzter Halbsatz NÖ KanalG entstand daher der Abgabenanspruch mit der Rechtskraft des Bescheides über die Verpflichtung zum Anschluss.

Das war hier mit Zustellung des Berufungsbescheides vom 3. Mai 1988 am 26. Mai 1988.

Demgegenüber ist die Herstellung des tatsächlichen Anschlusses zur Entstehung des Abgabenanspruches nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 94/17/0419).

Zur Frage, wie bei der Berechnung der Höhe der Abgaben gemäß § 3 Abs. 2 NÖ KanalG in diesem Fall vorzugehen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis Folgendes ausgeführt:

"Es trifft zwar zu, dass bei wörtlicher Interpretation nur der zitierten Gesetzesbestimmung die Berechnungsfläche vor Herstellung des faktischen Anschlusses unabhängig von der Aufteilung zwischen bebauter und unbebauter Fläche stets 15 v.H. der Gesamtfläche betragen würde. Wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Vorstellungsbescheides jedoch selbst erkennt, lässt sich diese - von ihr selbst als dem Sinn des Gesetzes widersprechend erkannte - Konsequenz durch systematisch-teleologische Interpretation der Norm dahingehend vermeiden, dass auf Grund der Anordnung des § 12 Abs. 1 NÖ KanalG Geschoße, Gebäude oder Gebäudeteile auch im Sinne des § 3 Abs. 2 leg. cit. als angeschlossen gelten, wenn sie sich auf der im Anschlussverpflichtungsbescheid angeführten Liegenschaft befinden und infolge des in ihnen auftretenden Anfalles von Abwässern in Erfüllung der Bestimmung des § 56 Abs. 2 NÖ BauO 1976 mit der öffentlichen Kanalanlage in Verbindung zu bringen sind."

Davon ausgehend hätte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde bei Erlassung des Abgabenbescheides vom 24. Oktober 1989 (zu welchem Zeitpunkt nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin der tatsächliche Anschluss noch nicht hergestellt war), der Berechnung der Höhe der Abgabe also die Anzahl jener Geschoße zu Grunde zu legen gehabt, die infolge des in ihnen auftretenden Anfalles von Abwässern im Zeitpunkt der Rechtskraft des Anschlussverpflichtungsbescheides in Erfüllung der Bestimmung des § 56 Abs. 2 NÖ BauO 1976 mit der öffentlichen Kanalanlage in Verbindung zu bringen gewesen wären.

Dass aber im Zeitpunkt der Rechtskraft des Anschlussverpflichtungsbescheides auch im Lager II infolge der dort vorhandenen WC-Anlage Abwässer anfielen, wird von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt.

Die Beschwerdeführerin meint jedoch, infolge der nachträglichen Änderung dieser Verhältnisse hätte eine Neubemessung der Abgabe gemäß § 13 NÖ KanalG zu erfolgen gehabt.

Dieser Auffassung vermag sich der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht anzuschließen:

§ 13 Abs. 1 NÖ KanalG regelt zunächst lediglich die Verpflichtung des Abgabepflichtigen, jene Veränderungen anzuzeigen, die dazu führen, dass die der seinerzeitigen Festsetzung der Kanalerrichtungsabgabe und Kanalbenützungsgebühr zu Grunde gelegten Voraussetzungen nicht mehr zutreffen. Dem § 13 Abs. 1 NÖ KanalG ist jedoch nicht zu entnehmen, dass diese Veränderungen in jedem Fall zu einer Neubemessung der Abgabe zu führen hätten.

Dem § 13 Abs. 2 NÖ KanalG ist ebenfalls keine Rechtsgrundlage für eine Neubemessung der Kanaleinmündungsabgabe infolge nachträglicher Änderung der Verhältnisse zu entnehmen, bezieht sich diese Bestimmung doch, wie der Verweis auf § 14 Abs. 1 lit. c NÖ KanalG zeigt, lediglich auf die Kanalbenützungsgebühr und die Fäkalienabfuhrgebühr.

Ob eine Änderungsanzeige zu einer Abgabenbemessung zu führen hat, ist - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt - dem § 14 NÖ KanalG zu entnehmen. Gemäß § 14 Abs. 1 lit. a leg. cit. kann daher (im Falle der Vergrößerung der Bemessungsgrundlage) die in § 13 NÖ KanalG vorgesehene Anzeige zur Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe, wie sie in § 2 Abs. 4 und § 3 Abs. 6 NÖ KanalG vorgeschrieben ist, führen.

Hinsichtlich der Kanalbenützungsgebühr und der Fäkalienabfuhrgebühr ist auf Grund einer Veränderungsanzeige gemäß § 14 Abs. 1 lit. c leg. cit. ein Bescheid über die Änderung (also - im Gegensatz zur Kanaleinmündungsabgabe - sowohl über die Erhöhung als auch über die Herabsetzung) der im Abgabenbescheid festgesetzten Gebühren zu erlassen.

Konsequenterweise spricht auch § 5 Abs. 9 NÖ KanalG im Zusammenhang mit der Kanalbenützungsgebühr von einer "Veränderung der bisherigen Gebühr", während in § 3 Abs. 6 im Zusammenhang mit der Kanaleinmündungsabgabe lediglich von einer "Ergänzungsabgabe" die Rede ist.

Diese Interpretation findet ihre Stütze insbesondere auch darin, dass es sich bei der Kanaleinmündungsabgabe um eine einmalige Abgabe handelt, die im Zusammenhang mit der Zurverfügungstellung der Anschlussmöglichkeit zu entrichten ist.

Die der Gemeinde für diese Zurverfügungstellung erwachsenen Kosten fallen, anders als die Kosten für die laufende Entsorgung der Abwässer, typischerweise nicht ganz oder zum Teil weg, wenn sich die Verhältnisse nach dem Ausspruch der Anschlussverpflichtung tatsächlich ändern, etwa weil sich die bebaute Fläche oder die Zahl der angeschlossenen Geschoße in der Folge reduziert. Diese Überlegung trifft auch dann zu, wenn, wie die Beschwerdeführerin hier behauptet, eine solche Änderung zwar nach Ausspruch der Anschlussverpflichtung (anlässlich der Neulegung des Hauptkanales), aber noch vor der faktischen Herstellung der Verbindung der Liegenschaft mit dem öffentlichen Kanal eintritt. Auch böte das Gesetz keine Handhabe dafür, hinsichtlich der Zulässigkeit einer Neubemessung der Kanaleinmündungsgebühr bei Änderung der Verhältnisse nach Verwirklichung des Abgabentatbestandes danach zu unterscheiden, ob diese Änderung nun vor oder nach dem tatsächlichen Anschluss der Liegenschaft an den Kanal (welcher eben nicht Abgabentatbestand ist) erfolgt.

Nach dem Vorgesagten war die Erlassung eines (veränderten) Abgabenbescheides betreffend die Festsetzung der Kanaleinmündungsabgabe auf Grund der Behauptungen der Beschwerdeführerin, die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich nach Entstehen des Abgabentatbestandes (und nach Vorschreibung der Abgabe) geändert, nicht zulässig.

Durch die Abweisung der Vorstellung (welche eine Sacherledigung der Vorstellungsbehörde darstellt) gegen die im Instanzenzug erfolgte Zurückweisung des darauf gerichteten Antrages der Beschwerdeführerin vom 4. August 1993 wurde letztere in dem vor dem Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich als Beschwerdepunkt formulierten Recht daher nicht verletzt.

Aber auch insoweit die Beschwerdeführerin in ihrer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde die Auffassung vertrat, die Neubemessung hätte in Anwendung des § 217 NÖ AO zu erfolgen gehabt, ist sie nicht im Recht. Von der in Rede stehenden Bestimmung sind nämlich Bescheide, mit denen nur ein auf Grund des Gesetzes bereits entstandener Abgabenanspruch festgestellt wird (und um einen solchen handelt es sich beim Abgabenbescheid vom 24. Oktober 1989), nicht umfasst. In diesem Zusammenhang genügt es, auf die schon vom Verfassungsgerichtshof zitierten Literaturstellen zu verweisen.

Ob der Abgabenbescheid vom 24. Oktober 1989 schließlich inhaltlich rechtswidrig war und eine Aufhebung desselben gemäß § 220 Abs. 2 NÖ AO zulässig gewesen wäre, kann hier dahingestellt bleiben, weil der Beschwerdeführerin auf die Ausübung derartiger Aufsichtsmaßnahmen aus dem Grunde des § 222 NÖ AO kein subjektives Recht zusteht.

Schließlich lag auch kein Wiederaufnahmetatbestand gemäß § 224 Abs. 1 lit. b oder c NÖ AO vor. Änderungen, die - wie hier von der Beschwerdeführerin behauptet - erst nach Erlassung des Abgabenbemessungsbescheides eintraten, stellen keine neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel dar.

Zutreffend ist zwar die Auffassung der Beschwerdeführerin, die Berechnungsfläche stelle eine Vorfrage für die Bemessung des Abgabenanspruches dar. Über die insofern maßgebliche Berechnungsfläche ist aber vorliegendenfalls nicht von einer anderen hiefür zuständigen Behörde rechtskräftig anders entschieden worden. Die Erteilung der Benützungsbewilligung stellt keine derartige rechtskräftige Feststellung der für die Abgabenbemessung maßgeblichen Berechnungsfläche dar.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. Jänner 2000

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