VwGH 99/16/0349

VwGH99/16/03499.11.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführer Mag. Valenta, über die Beschwerde der B AG in W, vertreten durch Dr. Gertraud Fuchs, Rechtsanwalt in Wien I, Johannesgasse 2, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Korneuburg vom 25. August 1999, Zl Jv 3302-33a/99, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

AVG;
BAO;
GEG §6;
GEG §7;
WFG 1984 §53 Abs4;
AVG;
BAO;
GEG §6;
GEG §7;
WFG 1984 §53 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 31. August 1998 erwarben die Bausparer Jürgen und Sally F. bestimmte Anteile an der Liegenschaft EZ 52 Grundbuch Schwechat, mit welchen Wohnungseigentum der Wohnung top Nr. 12 verbunden war.

Mit einer Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 24./25. November 1998 zählte die beschwerdeführende Bausparkasse den Bausparern ein Bauspardarlehen in Höhe von S 1,209.000,-- zu.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Schwechat vom 24. Februar 1999 wurde - neben der Einverleibung des Eigentumsrechtes für Jürgen und Sally F. - auch die Einverleibung des Pfandrechtes für die Forderung von S 1,209.000,-- für die Beschwerdeführerin bewilligt. Nach einem auf diesem Beschluss angebrachten handschriftlichen Vermerk wurde die Benützungsbewilligung für die Wohnung top Nr. 12 von der "Baupolizei Schwechat" am 18. Juli 1996 erteilt. Die Familie F. sei nach Auskunft des Meldeamtes seit 11. November 1998 in Schwechat wohnhaft.

Nach Ausweis der Akten wurde die Gerichtsgebühr für die Einverleibung des Pfandrechtes in Höhe von S 17.410,-- am 6. April 1999 entrichtet.

In einem Schriftsatz vom 16. Juni 1999 machte die Beschwerdeführerin hinsichtlich des Gerichtsgebührenbetrages von S 17.410,-- die Befreiungsbestimmung nach § 53 Abs. 4 WFG geltend. Nach einem dieser Eingabe angeschlossenen Schriftsatz des Baumeisters Ing. Manfred L. (des Verkäufers der in Rede stehenden Liegenschaftsanteile) vom 31. Mai 1999 sei die Liegenschaft ein "Erstbezug" gewesen. Das Wohnobjekt sei im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages noch nicht bezugsfertig gewesen. Die Fertigstellungsarbeiten (Bodenbeläge, Malerarbeiten, Sanitär- und Elektroinstallationen) seien erst nach der Vertragsunterzeichnung durchgeführt worden.

In einem weiteren Schreiben vom 27. Juli 1999 wurde neuerlich die Rückzahlung der Gerichtsgebühren beantragt. Die "bautechnische Abnahme" der Wohnung habe erst am 6. Juli 1999 stattgefunden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Rückzahlungsantrag abgewiesen. In der Begründung wurde von der belangten Behörde ausgeführt, das Wohnungseigentum sei bereits 1994 begründet worden. Bei den nach Vertragsabschluss durchgeführten Arbeiten könne es sich nur um Adaptierungsarbeiten gehandelt haben, weil die Wohnung seit mindestens 11. November 1998 bewohnt gewesen sei. Das Pfandrecht könne daher nicht der Errichtung, sondern nur dem Kauf der Wohnung gedient haben.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtete sich die Beschwerdeführerin durch die Abweisung ihres Rückzahlungsantrages in ihren Rechten verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 53 Abs 4 Wohnbauförderungsgesetz 1984 ist ein Bausparkassendarlehen von den Gerichtsgebühren befreit, das eine Bausparkasse einem Bausparer zur Errichtung einer zur Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses des Bausparers oder seines Ehegatten, Lebensgefährten sowie seiner Verwandten in gerader Linie einschließlich der Wahlkinder bestimmten Wohnung in normaler Ausstattung gewährt. Diese Gebührenbefreiung kann nicht gewährt werden, wenn das Bausparkassendarlehen nicht unmittelbar zur Errichtung der Wohnung, sondern nur zum Erwerb (Kauf) einer bereits errichteten Wohnung dient. Ebenso kommt die Gebührenbefreiung nicht zum Tragen, wenn ein anderer als der Bausparer die Wohnung errichtet (vgl z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, Zl. 98/16/0173, mwH).

Auch wenn für das in den §§ 6 und 7 GEG 1962 hinsichtlich der Erhebung der Gerichtsgebühren nur bruchstücksweise geregelte Verwaltungsverfahren weder die Bestimmungen des AVG noch die der BAO anzuwenden sind, müssen mangels gesetzlicher Regelungen doch die allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens herangezogen werden (vgl z.B. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1987, Zl. 86/16/0096). Insbesondere ist im Beschwerdefall der belangten Behörde der Vorwurf zu machen, dass sie den Sachverhalt nicht ausreichend geklärt hat und dass sie den Grundsatz des Parteiengehörs außer Acht gelassen hat. So hat sich die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung im Wesentlichen auf zwei telefonische Auskünfte über den Zeitpunkt der Benützungsbewilligung und den Zeitpunkt der Anmeldung der Bausparer gestützt. Abgesehen davon, dass eine Anmeldung bei der Meldebehörde kein ausreichendes Anzeichen für den Zeitpunkt der Errichtung eines Gebäudes darstellt, hat es die belangte Behörde unterlassen, der Beschwerdeführerin das Ergebnis ihrer Ermittlungen zur Stellungnahme vorzuhalten. Die Auskunft über den Zeitpunkt der Benützungsbewilligung stand überdies im Widerspruch zum Vorbringen der Beschwerdeführerin über die "bautechnische Abnahme" , sodass die belangte Behörde gehalten gewesen wäre, diesen Widerspruch durch entsprechende Ermittlungen - etwa durch Einsichtnahme in die Akten der Baubehörde sowie einen entsprechenden Vorhalt an die am Rechtsvorgang beteiligten Personen - aufzuklären. Der Schluss, es habe sich bei den von der Beschwerdeführerin behaupteten Errichtungsarbeiten bloß um Adaptierungsarbeiten gehandelt, kann entgegen der Meinung der belangten Behörde aus dem Meldedatum der Bausparer allein nicht gezogen werden.

Daraus folgt aber, dass die belangte Behörde mit der Erlassung des angefochtenen Bescheides Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abzusehen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 9. November 2000

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte