VwGH 99/15/0240

VwGH99/15/024026.11.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde 1. der S GmbH und 2. der J GmbH, beide in W, beide vertreten durch Mag. Werner Tomanek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Neutorgasse 13/7, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom 26. März 1999, Zl MD-VfR-S 4/99, betreffend Vergnügungssteuer nach dem Wiener Vergnügungssteuergesetz samt Säumniszuschlag für die Zeit November 1997 bis März 1998, zu Recht erkannt:

Normen

VergnügungssteuerG Wr 1987 §6 Abs4;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §6 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben der Bundeshauptstadt Wien (dem Bund) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid schrieb der Magistrat der Stadt Wien den Beschwerdeführerinnen gemäß § 6 Abs. 4 Wiener Vergnügungssteuergesetz 1987 (VGSG), LGBl. für Wien Nr. 43/87, in der geltenden Fassung, für das Halten des Spielapparates der Type "Pachinko Sakyo" im Betrieb der Zweitbeschwerdeführerin für November 1997 bis März 1998 Vergnügungssteuer im Betrag von S 90.000,-- vor (zuzüglich Säumniszuschlag in Höhe von S 1.500,--).

In der Begründung wurde der Spielverlauf wie folgt dargestellt:

"Bei einmaliger Betätigung des Drehknopfes schießt eine Kugel, ähnlich wie bei einem Flipper, in das Sichtfenster und sucht sich ihren Weg durch fix montierte Hindernisse (Metallstifte). Bei längerem Halten des Drehknopfes werden nacheinander mehrere Kugeln ausgeworfen. Nach Durchlauf der Kugel wird entweder eine Reaktion des Apparates ausgelöst oder die Kugel fällt einfach in den Apparat zurück."

Hinsichtlich einer von den Beschwerdeführerinnen vorgelegten Untersuchung des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Statistischer Dienst, vom 7. Juli 1994, welche mit "Statistische Beurteilung der Pachinko-Spielautomaten" überschrieben war, wurde festgestellt, dass bei dieser andere Modelle der Herstellerfirma "Pachinko", nicht aber der verfahrensgegenständliche Spielapparat geprüft worden seien. Es handle sich bei diesem Spielapparat keineswegs um einen solchen, dessen Spielergebnis ausschließlich von der Geschicklichkeit, Merkfähigkeit oder Kombinationsgabe des Spielers beeinflussbar sei. Der Spieler könne auf den Verlauf des Spieles nur durch Variation der Einwurfstärke der Kugel Einfluss nehmen. Befinde sich die Kugel jedoch einmal im Spiel, sei eine weitere Einflussnahme nicht mehr möglich und der Lauf nicht exakt vorhersehbar, sodass hier ein großes Zufallselement bestehe. Für die Beurteilung des Spieles nach den Bestimmungen des Wiener VGSG bedeute dies, dass das Spiel zumindest vorwiegend vom Zufall abhängig sei. Daran vermöge auch der Umstand, das ein geübter Spieler statistisch betrachtet im Durchschnitt durch die Variation der Einwurfstärke bessere Spielergebnisse erzielen könne, als ein ungeübter Spieler, nichts zu ändern. Weiters zitierte der angefochtene Bescheid einen mit "Zusätzlichen Überlegungen zur Beurteilung von Spielapparaten" überschriebenen Abschnitt der von den Beschwerdeführerinnen vorgelegten Untersuchung des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung wie folgt:

"Ein weiterer Aspekt ist die Erkennbarkeit von möglichen Gewinnen oder Verlusten. Es gibt in der Statistik den Begriff des 'fairen Spieles'. Dies ist dann gegeben, wenn vor dem Spiel eindeutig die Wahrscheinlichkeiten für Gewinn und Verlust offen liegen (z. B. Roulett, Würfeln, ...). Man spricht hier auch von eindeutig berechenbaren 'a priori' Wahrscheinlichkeiten. Automaten, hier vor allem die elektronischen Automaten, ermöglichen dieses Erkennen der Chancen nicht mehr bzw. beeinflussen (hier ist ein Beeinflussen durch den Automaten selbst gemeint, meist durch fix installierte Programme) diese Chancen so, dass sie in keiner Weise mehr abschätzbar sind. Sie werden dadurch zu 'unfairen Automaten'. Bei dieser Art von Automaten kann selbst durch ein Experiment die 'a posteriori Wahrscheinlichkeit' kaum mehr ermittelt werden. Es ist jedoch anzunehmen, dass der Hersteller beim Verkauf dem Betreiber Amortisierungsrechnungen anbieten wird, um diese Apparate verkaufen zu können. Aus diesen Gewinn- und Verluststrategien wären die Möglichkeiten von Verlusten und Gewinnen für den Spieler ziemlich genau abschätzbar.

Da anzunehmen ist, dass die Hersteller diese Daten nicht herausrücken, könnten nur durch lange Versuchsreihen - und eine Offenlegung der internen Programmierbarkeit dieser Automaten - die notwendigen Erkenntnisse gewonnen werden."

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

§ 6 Abs. 1 bis 4 VGSG, LGBl. Nr. 43/1987, i.d.F. LGBl. Nr. 41/1992, lautet auszugsweise:

"(1) Für das Halten von Flippern, Spielapparaten mit Bildschirmen, Fußballspiel- und Hockeyautomaten und Dartspielapparaten beträgt die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat 1.500 S, sofern nicht die Voraussetzungen nach den Abs. 2 bis 4 zutreffen.

...

(3) Für das Halten von in Abs. 1 genannten Apparaten, bei denen ein Spielergebnis angezeigt wird, ausgenommen Fußballspiel- und Hockeyautomaten, beträgt die Steuer je Apparat und angefangenem Kalendermonat 3.000 S, sofern nicht die Voraussetzungen des Abs. 4 zutreffen.

(4) Für das Halten von Apparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so z. B. Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann oder bei denen das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist, oder von Apparaten, durch deren Betätigung optisch bzw. akustisch eine aggressive Handlung, wie beispielsweise die Verletzung oder Tötung von Menschen oder die Bekämpfung von Zielen, womit üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist, dargestellt wird, beträgt die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat S 18.000,--."

Strittig ist, ob beim Spielapparat der Type "Pachinko Sakyo" das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist.

Ein Zufall liegt vor, wenn der Erfolg weder von zielbewusstem Handeln oder der Geschicklichkeit oder allein vom Belieben der beteiligten Personen abhängt, sondern wenn noch weitere Bedingungen dazutreten müssen, die außerhalb des Willens der beteiligten Personen liegen. Die Frage, ob ein Glücksspiel vorliegt oder ein Geschicklichkeitsspiel, kann immer nur im Einzelfall beurteilt werden, gegebenenfalls nach Einholung eines Sachverständigengutachtens (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1995, 95/16/0047).

Die Beschwerdeführerinnen rügen, dass die Überlegungen der belangten Behörde hinsichtlich der Zufallsabhängigkeit des gegenständlichen Spielapparates unverständlich seien und bringen vor, dass die im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen (einen Teil der seitens der Beschwerdeführerinnen vorgelegten "Statistischen Beurteilung der Pachinko-Spielautomaten" bildenden) "Zusätzlichen Überlegungen zur Beurteilung von Spielautomaten" in keinem Zusammenhang mit dem vorliegenden Spielapparat stünden, da bei diesem der Spielablauf lediglich durch mechanische Elemente bestimmt werde. Diesem Vorbringen, dass bei dem gegenständlichen Spielapparat der Spielablauf lediglich durch mechanische Elemente bestimmt sei (und deshalb die Ausführungen in den "Zusätzlichen Überlegungen" nicht auf den Beschwerdefall übertragbar seien), ist das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 41 Abs. 1 VwGG geltende Neuerungsverbot entgegenzuhalten, weil diesbezüglich im Verwaltungsverfahren keinerlei Behauptungen aufgestellt wurden. Die belangte Behörde durfte daher beispielsweise auch von den im Gutachten angestellten Überlegungen betreffend "unfaire Automaten" ausgehen.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen, dass die bloße Feststellung, dass ein Spieler auf den Spielverlauf nur durch Variation der Einwurfstärke der Kugel Einfluss nehmen könne, nicht bereits den Schluss zulasse, dass das Spiel vorwiegend vom Zufall abhängig sei, vermag der Verwaltungsgerichtshof die von der belangten Behörde vorgenommenen Feststellungen zur Zufallsabhängigkeit des gegenständlichen Spielapparates nicht als unschlüssig erkennen, zumal die Beschwerdeführerinnen selbst sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in ihrer Beschwerde unterlassen haben, konkret weitere Einflussmöglichkeiten des Spielers auf den Spielverlauf zu nennen. Auch die im Verwaltungsakt einliegende Spielbeschreibung lässt eine solche Einflussmöglichkeit nicht erkennen. Auf Grund der Spielbeschreibung muss im Gegenteil davon ausgegangen werden, dass der gegenständliche Spielapparat selbst mit einer Vielzahl von Reaktionsmöglichkeiten den Spielverlauf in hohem Maße beeinflussen kann. Mag auch "Geschick und Konzentration" für ein gutes Spielergebnis wichtig sein und auch für geübte Spieler ein solches eher möglich sein, ist doch auch nach dem Beschwerdevorbringen nicht erkennbar, warum die Beurteilung der belangten Behörde, dass bei dem verfahrensgegenständlichen Spielapparat das Spielergebnis zumindest vorwiegend vom Zufall abhängig ist, unschlüssig wäre.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 26. November 2002

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