VwGH 99/14/0131

VwGH99/14/013119.10.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde der T in I, vertreten durch Dr. Othmar Mair, Rechtsanwalt in Innsbruck, Fallmerayerstraße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 2. März 1999, RV 82/1-T6/98 , betreffend Arbeitnehmerveranlagung 1995, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §20 Abs1 Z2 impl;
EStG 1972 §4 Abs4 impl;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;
EStG 1988 §4 Abs4;
EStG 1972 §20 Abs1 Z2 impl;
EStG 1972 §4 Abs4 impl;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;
EStG 1988 §4 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Dienstnehmerin des Bundes im Bereich des Landesschulrates und zuständig für die Fächer Pädagogik, Heilpädagogik, Psychologie und wissenschaftliche Arbeiten. Sie ist auch Dienstnehmerin des SOS-Kinderdorfs; im Rahmen dieser Beschäftigung betreut sie als Psychologin die Kinder in den sozialpädagogischen Stationen, ist für die psychologische Fortbildung der Mitarbeiter zuständig und als wissenschaftliche Mitarbeiterin von SOS-Kinderdorf-International tätig.

In der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 1995 machte die Beschwerdeführerin Werbungskosten von 161.303 S geltend, darunter Fachliteratur von 32.939 S, Kursbeiträge von 90.291 S sowie Taggelder für Großbritannien von 11.154 S. Die Position Kursbeiträge beinhalten u.a. ein Englisch-Intensivseminar in Malta vom 3. bis zum 17. Februar 1995 (samt Flug- und Aufenthaltskosten) sowie ein Englisch-Intensivseminar in Großbritannien vom 30. Juli bis zum 20. August 1995 (samt Flug- und Übernachtungskosten). Die Taggelder betreffen diesen Aufenthalt in Großbritannien.

Auf Vorhalt legte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt folgende Unterlagen über die Kursbeiträge vor:

Englisch - Abendkurs 1.500 S

Englisch - Intensivtraining, 24 Einheiten 9.331 S

Englisch - Intensivtraining, 21 Einheiten 8.164 S

Englisch - Intensivtraining mit Schwerpunkt

"Conversation", 37 Einheiten 13.586 S

Englisch - Intensivstunden, 24 Einheiten 11.520 S

Sprachkursarrangement Malta 16.490 S

Sprachkursarrangement Torbay 27.300 S

Seminar "Angstkrankheiten, Klinik und

Behandlungstechnik" 2.400 S

90.291 S

Im Einkommensteuerbescheid anerkannte das Finanzamt die Kurskosten und einen Teil der Fachliteraturkosten nicht als Werbungskosten. Zur Begründung führte es aus, gemäß § 20 EStG seien Ausgaben für die Lebensführung nicht als Werbungskosten abzugsfähig. Daher könnten die Kurskosten (Englisch-Intensivseminare), die Reisekosten und die damit verbundenen Taggelder nicht anerkannt werden. Zu den Ausgaben für Literatur wird ausgeführt, allgemein bildende Nachschlagwerke zählten nicht zur Fachliteratur.

Die Beschwerdeführerin brachte Berufung ein und führte aus, die Berufung richte sich gegen die Nichtanerkennung von Werbungskosten betreffend die Positionen Fachliteratur sowie Fortbildung mit den damit zusammenhängenden Reisekosten. Es werde begehrt, der Veranlagung 1995 die eingereichte Erklärung zugrundezulegen. In der Begründung wird zur Fachliteratur ausgeführt, sie sei zur Gänze berufsspezifisch. In der Begründung wird weiters ausgeführt: Die Versagung der Anerkennung der Kurskosten für zwei Englisch-Intenivseminare samt Reisekosten und Taggeldern als Werbungskosten sei eine grobe Missachtung des wirtschaftlichen Sachverhalts. Die Beschwerdeführerin sei als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei SOS-Kinderdorf-International für die psychologische Fortbildung und Betreuung von Mitarbeitern zuständig. Dies sei mit einer intensiven Befassung mit dem Fachschrifttum, das vorwiegend in englischer Sprache verfasst sei, sowie mit Vortragstätigkeiten in Englisch (als Konferenzsprache) verbunden. Die Erlangung dieser beruflichen Stellung setze die intensive Auseinandersetzung mit bestimmten Fachbereichen der englischen Sprache voraus. Die Intensivkurse auf Malta bzw. in Großbritannien seien einseitig auf medizinisch-psychologische Bereiche und Konferenz- und Vortragsenglisch ausgerichtet. Ein Drittel der Kurszeiten sei mit Einzelunterricht zu spezifischen Fachthemen aus den Tätigkeitsschwerpunkten der Beschwerdeführerin im Bereich der Pädagogik und Psychologie belegt. Es handle sich niemals um Sprachkurse zur Erlernung von Alltagsenglisch, sondern ausschließlich um Fortbildung in einer Spezialsparte des unendlich breiten Spektrums der wissenschaftlichen Betätigung. Ohne diese Fortbildung wäre es der Beschwerdeführerin nicht möglich, der allseits propagierten Internationalisierung von Forschung und Lehre Rechnung zu tragen. Ebenso wäre es unmöglich, die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter ohne diese Studienaufenthalte auf dem jeweils letzten Stand der Forschung zu halten und auf internationalen Fachkongressen die aktuellen Forschungsergebnisse vermittelt zu erhalten bzw. selbst vorzutragen. Es mute eigenartig an, wenn allseits Internationalisierung, Flexibilisierung und ständiger Fortbildung im Berufsleben das Wort geredet werde, es aber nicht möglich sei, ohne größte Schwierigkeiten und immensen Arbeitsaufwand wenigstens die steuerliche Absetzbarkeit von ausschließlich beruflich veranlassten Aufwendungen durchzusetzen. Die Nichtanerkennung von Fortbildungskosten stelle eine klare Missachtung des Leistungsfähigkeitsprinzips dar. Es bestehe der eindeutige und ursächliche Zusammenhang zwischen der Einkunftserzielung im Rahmen der Tätigkeit bei den SOS-Kinderdörfern und den getätigten Ausgaben für eine Spezialausbildung. Ohne diese Aufwendungen wäre das Erreichen der jetzigen Stellung bzw. das berufliche Fortkommen nicht möglich gewesen.

Auf Vorhalt teilte die Beschwerdeführerin mit, für die Intensivseminare auf Malta und in Großbritannien existierten keine Kursprogramme.

Mit der Berufungsvorentscheidung wurden wiederum die geltend gemachten Fortbildungskosten nicht und die Literaturkosten nur zum Teil als Werbungskosten anerkannt.

Mit dem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz legte die Beschwerdeführerin als Beilage ein "Gedächtnisprotokoll bzl. Besuch von ausländischen Sprachschulen" vor, aus dem sich ergibt:

Sprachkursarrangement des Institut of English Language Studies

in Malta:

"Kursverlauf

Variante a) Tage ohne Exkursion

2 Stunden Theorie

2 Stunden freies Sprechen / und berufsspezifische

Wortschatzübungen

2 Stunden Lesen von berufsspezifischer Lektüre / Tageszeitungen bzw. Ansicht spezieller Videofilme mit anschließender Diskussion bezüglich der darin enthaltenen Themenstellungen.

Variante b) Tage mit Exkursion

2 Stunden Theorie und Wortschatzübungen bezüglich Exkursionsort 3-4 Stunden werden für die Exkursion verwendet Bleibt noch Zeit über, wird vor Ort nachbesprochen."

Sprachkursarrangement des Institut of English Language Studies in England:

"Kursverlauf

Variante a) Tage ohne Exkursion

2 Stunden Theorie

2 Stunden freies Sprechen / und berufsspezifische

Wortschatzübungen

2 Stunden Lesen von berufsspezifischer Lektüre / Tageszeitungen bzw. Ansicht spezieller Videofilme mit anschließender Diskussion bezüglich der darin enthaltenen Themenstellungen.

Variante b) Tage mit Exkursion

1-2 Stunden Theorie und Wortschatzübungen bezüglich

Exkursionsort

3-5 Stunden werden für die Exkursion verwendet Bleibt noch Zeit über, wird vor Ort nachbesprochen."

In dieser Beilage führt die Beschwerdeführerin auch aus, Mini-Intensivkurse im Ausland und laufende Einzelstunden in Österreich (in I.) würden der Beschwerdeführerin helfen, sich intensiv mit der Sprache zu beschäftigen und im Berufsleben daraus Gewinn zu ziehen. Die Teilnehmer der Mini-Intensivkurse seien 3 bis 4 Personen aus ähnlichen Berufen und Interessen. Die einzelnen Themenschwerpunkte würden vor Ort von den Gruppenmitgliedern entschieden. Die Exkursionen würden zu Schulen mit Integrationsklassen, Institutionen im sozialen Bereich, Universitäten, große Bibliotheken, Krankenhäusern und Heimen für psychisch Kranke führen. Die Beschwerdeführerin benötige die Sprache für Kongresse zum Arbeitsgebiet Psychotherapie (Kongresssprache Englisch), internationale Schulungen im SOS-Kinderdorf (Kommunikationssprache Englisch), Psychotherapiemaßnahmen, Fachliteratur in englischer Sprache und den schriftlichen Austausch von Informationen (per Post oder per Internet).

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die Berufung und berücksichtigte dabei die gesamten beantragten Literaturkosten, während sie den Fortbildungskosten die Anerkennung versagte. Zu den Literaturkosten wird ausgeführt, im Sinne einer verwaltungsökonomischen Vorgangsweise verzichte die belangte Behörde auf weitere Sachverhaltsfeststellungen und anerkenne die als Werbungskosten geltend gemachten Beträge uneingeschränkt. Die Bücher könnten Fachliteratur darstellen. Zudem könnten beispielsweise Bücher mit dem Titel "Kleine Helden in Not" - sollte es sich um Kinderliteratur handeln - bei einer 48-jährigen ledigen Pädagogin als Arbeitsmittel zu beurteilen sein, weil eine private Verwendung nahezu ausgeschlossen sein dürfte. Im weiteren wird in der Bescheidbegründung ausgeführt: Die Fortbildungskosten beträfen einen Englischkurs in Österreich (in I.) , ein Englisch Intensivtraining in Österreich beim E-Sprachinstitut sowie Sprachkursarrangements auf Malta und in England. Aufwendungen zum Erwerb von Sprachkenntnissen stellten keine Werbungskosten da, wenn es sich bloß um Kenntnisse handle, die allgemein, z.B. auf Urlaubsreisen von Interesse und Nutzen seien. Hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der in Österreich absolvierten Kurse sei seitens der Beschwerdeführerin kein Einwand erhoben worden, weshalb davon auszugehen sei, dass nur die abweisende Erledigung für die im Ausland besuchten Kurse strittig sei. Auslandsreisen seien nur dann als nahezu ausschließlich beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Reise im Rahmen einer lehrgangsmäßigen Organisation geplant worden sei, der Steuerpflichtige durch die Reise Kenntnisse erwerben könne, die eine einigermaßen konkrete Verwertung in seinem Beruf zuließen, das Reiseprogramm und seine Durchführung einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Steuerpflichtigen abgestellt sei und allgemein interessierende Programmpunkte zeitlich gesehen nicht mehr Raum einnehmen würden als jenen, der während der laufenden Berufsausübung als Freizeit zur Verfügung stehe. Die von der Beschwerdeführerin übermittelten Belege (zwei Rechnungen) würden in keiner Weise auf einen berufsspezifischen Unterricht und eine einseitige und ausschließliche Ausrichtung auf Psychologen und Pädagogen hinweisen. Auch sei aus keiner der beiden vorgelegten Rechnungen zu ersehen, dass im Kursarrangement - wie dies die Beschwerdeführerin behaupte - neben 30 Lektionen pro Woche in Form eines Minigruppen-Intensivkurses 10 Lektionen Einzelunterricht enthalten seien, in welchen Fachthemen aus der Psychologie und Pädagogik behandelt würden. Es seien auch keine anderen Unterlagen vorgelegt worden, die beweisen könnten, dass das Kursprogramm einseitig auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe der Beschwerdeführerin abgestellt gewesen wäre. Die Behauptungen in Richtung einer einschlägigen Fortbildung seien unbewiesen. Im Gedächtnisprotokoll der Beschwerdeführerin werde der Tagesablauf der Kurse in Malta und in England beschrieben. Aus diesen Auflistungen lasse sich keinesfalls eine rein berufsspezifische Ausrichtung ableiten. Es stehe aber fest, dass die tägliche Kursdauer maximal 6 bis 7 Stunden betragen habe. Somit sei das für die steuerliche Anerkennung von Auslandsreisen erforderliche Pensum von täglich 8 Stunden nicht erfüllt. Ein Reiseprogramm, welches ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe der Beschwerdeführerin abgestellt sei, und bei welchem allgemein interessierende Programmpunkte der Reise nicht mehr Zeit einnehmen würden, als der Freizeit neben der laufenden Berufsausübung entspräche, liege nicht vor. Es gehe daher um Englischkurse, die für eine große Allgemeinheit bestimmt gewesen seien, die ihre Englischkenntnisse im Rahmen eines Auslandsaufenthaltes hätten verbessern wollen. Zudem sei außerhalb des organisierten Kursprogrammes, welches regelmäßig weniger als acht Stunden umfasst habe, genügend Zeit für andere Aktivitäten, wie Besichtigungen und Ähnliches, verblieben. Die Aufwendungen beträfen daher den Bereich der Lebensführung und wären daher nicht abzugsfähig.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. April 1997, 93/15/0069, und vom 16. Juli 1996, 92/14/0133), stellen Aufwendungen für eine Studienreise grundsätzlich nur dann nicht Aufwendungen für die Lebensführung iSd § 20 Abs 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 dar, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte