VwGH 99/13/0178

VwGH99/13/01784.6.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Kosch & Partner, Rechtsanwälte Kommanditpartnerschaft in 2700 Wr. Neustadt, Hauptplatz 31, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 6. Juli 1999, Zl. RV/303-16/17/99, betreffend Haftung und Zahlung von Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Säumniszuschläge für den Zeitraum 1. Jänner 1989 bis 31. Dezember 1993, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §257;
BAO §290;
EStG §82;
EStG §83;
BAO §257;
BAO §290;
EStG §82;
EStG §83;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides wurde mit diesem über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Finanzamtes für Körperschaften betreffend Haftung und Zahlung von Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag sowie Säumniszuschläge für den Zeitraum 1. Jänner 1989 bis 31. Dezember 1993 dahingehend entschieden, dass die Berufung abgewiesen wird.

Die Sachverhaltsdarstellung des angefochtenen Bescheides erschöpft sich in der Feststellung, dass strittig sei, ob das Finanzamt die Abfertigungszahlungen an den Beschwerdeführer als ehemaligen Geschäftsführer eines näher bezeichneten Institutes (in der Folge: Institut) zu Recht der Besteuerung gemäß §§ 67 Abs. 3, Abs. 6 und Abs. 10 EStG 1988 unterworfen habe.

Nach der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde habe das Finanzamt für Körperschaften die Lohnsteuerberechnungen des Institutes überprüft und "neu aufgerollt". Mit Bescheid vom 14. Juni 1994, dem Institut am 21. Juni 1994 zugestellt, sei die steuerliche Beurteilung der Abfertigung geändert und aus näher bezeichneten Gründen eine "Lohnsteuernachforderung von S 610.763,--

vorgeschrieben" worden. Von diesem Bescheid sei der Beschwerdeführer verständigt worden, wobei ihm mitgeteilt worden sei, dass eine Berufung nicht beabsichtigt sei, dem Beschwerdeführer aber "Ratenzahlungen in Aussicht gestellt" würden. Über Verlangen des Beschwerdeführers habe das Institut Berufung erhoben, welcher der Beschwerdeführer gemäß § 257 BAO mit eigenem Schriftsatz und eigenem Sachvorbringen beigetreten sei. Mit dem angefochtenen Bescheid habe die belangte Behörde die Berufung abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Die von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten enthalten im Wesentlichen folgende Schriftstücke: Die Kopie eines Prüfungsberichtes über eine beim Institut durchgeführte Lohnsteuerprüfung, die Kopie eines an das Institut gerichteten und diesem am 20. Juni 1994 zugestellten Haftungs- und Zahlungsbescheides vom 14. Juni 1994, das Original eines Schreibens des Beschwerdeführers vom 19. Dezember 1994 an das Finanzamt für Körperschaften, in welchem unter Bezugnahme auf eine Berufung vom 18. Juli 1994 unter anderem "nochmals" erklärt wurde, dass der Beschwerdeführer der beiliegenden Berufung des Institutes "vom 12. September 1994" beitrete, eine an den "der Berufung beigetretenen" Beschwerdeführer gerichtete Berufungsvorentscheidung betreffend die "Berufung vom 19. Dezember 1994" vom 13. Februar 1997 und einen Antrag des Beschwerdeführers auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz gegen den Haftungs- und Zahlungsbescheid.

Nach dem Beschwerdevorbringen und den erwähnten Teilen der Akten des Verwaltungsverfahrens erscheint jedenfalls gesichert, dass der Beschwerdeführer (als Arbeitnehmer) einer Berufung des Institutes (als Arbeitgeber) gegen einen diesem Institut gegenüber erlassenen Haftungs- und Zahlungsbescheid betreffend unter anderem Lohnsteuer spätestens am 19. Dezember 1994 beigetreten ist.

Ist ein Arbeitnehmer einer Berufung des Arbeitgebers beigetreten (zur Zulässigkeit eines solchen Beitrittes vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Rz 3 zu §§ 82, 83 EStG 1988, und Stoll, BAO, Kommentar, 2622), so ist die über die Berufung ergehende Erledigung vor dem Hintergrund des § 290 BAO, wonach im Berufungsverfahren nur einheitliche Entscheidungen getroffen werden können, dem Berufungswerber und dem Beigetretenen gegenüber einheitlich zu erlassen (vgl. auch Ritz2, BAO, Kommentar, Rz 17 zu § 257 BAO).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage eine Berufungserledigung jedoch unter Bezugnahme auf eine Berufung des Beschwerdeführers (wenngleich eine solche nach den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten nicht aktenkundig ist) ausschließlich gegenüber dem Beschwerdeführer getroffen und den angefochtenen Bescheid damit mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Umrechnung der entrichteten Stempelgebühren gründet sich auf § 3 Abs. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.

Wien, am 4. Juni 2003

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