VwGH 99/12/0108

VwGH99/12/010826.5.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, in der Beschwerdesache des Dr. G in G, vertreten durch Dr. Johannes Dörner, Dr. Alexander Singer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Brockmanngasse 91, gegen die Erledigung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 18. Februar 1999, Zl. 222.321/1-I/A/2a/99, betreffend Abweisung eines Antrages auf Definitivstellung als Universitätsassistent (§ 178 BDG 1979), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §18 Abs4 idF 1998/I/158 ;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
VwGG §34 Abs1;
AVG §18 Abs4 idF 1998/I/158 ;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach der Beschwerde und dem vorgelegten angefochtenen "Bescheid" geht der Verwaltungsgerichtshof von Folgendem aus:

Der Beschwerdeführer wurde am 1. Dezember 1988 zum Universitätsassistenten an der Universität Graz ernannt. Mit Bescheid vom 30. November 1992 wurde sein zeitlich begrenztes Dienstverhältnis gemäß § 176 BDG 1979 in ein Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit umgewandelt. Am 25. November 1997 beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 178 Abs. 1 BDG 1979 die bescheidmäßige Feststellung seiner Definitivstellung.

Nach Einholung einer Reihe von Gutachten, der Stellungnahme der Personalkommission der naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz und nach Einräumung des Parteiengehörs erging die angefochtene, als Bescheid bezeichnete Erledigung, mit der der Antrag des Beschwerdeführers vom 25. November 1997 auf Definitivstellung abgewiesen wurde. Diese bescheidmäßig gegliederte Erledigung ist für den Bundesminister mit einer unleserlichen Unterschrift gefertigt; der Name des Genehmigenden ist der Erledigung auch sonst in keiner Weise zu entnehmen.

Auf das vorliegende Verfahren findet verfahrensrechtlich das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 (DVG) Anwendung. Nach § 1 Abs. 1 DVG ist auf das Verfahren in Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Dienst-, Ruhe- oder Versorgungsverhältnisses zum Bund das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) mit bestimmten, für den Beschwerdefall nicht entscheidenden Abweichungen, anzuwenden.

Mit Wirkung vom 1. Jänner 1999 steht das AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 in Geltung. Nach § 18 Abs. 4 AVG in dieser Fassung (= nF) hat jede schriftliche Erledigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Soweit im Folgenden nicht Anderes bestimmt ist, haben schriftliche Erledigungen auch die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten. An die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Erledigung mit dem Erledigungstext des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die Genehmigung im Sinne des Abs. 2 aufweist; das Nähere wird durch Verordnung geregelt. Werden schriftliche Erledigungen vervielfältigt, so bedarf nur das Original der Unterschrift oder der Beglaubigung. Schriftliche Erledigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt worden sind oder die telegraphisch, fernschriftlich, mit Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise übermittelt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung.

§ 18 Abs. 4 AVG in der bis 1. Jänner 1999 geltenden Fassung BGBl. Nr. 357/1990, der zweite Satz in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 471/1995, lautete:

"Alle schriftlichen Ausfertigungen müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der nach Abs. 2 genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt. Das Nähere wird durch Verordnung geregelt. Bei Mitteilungen gemäß Abs. 3 zweiter und dritter Satz und bei Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, genügt die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich. Bei vervielfältigten Ausfertigungen oder in Fällen, in denen der Inhalt einer Erledigung in einer solchen technischen Weise mitgeteilt wird, die eine genaue Wiedergabe des Originals ermöglicht, ist die Unterschrift oder deren Beglaubigung auf der zu vervielfältigenden Ausfertigung oder auf dem Original anzubringen."

Als wesentliche Fehler, die zur absoluten Nichtigkeit eines (erlassenen) "Bescheides" führen, sind die mangelnde Behördenqualität der "bescheiderlassenden" Stelle, die mangelnde Ermächtigung der den Akt genehmigenden Person, für die Behörde durch die Erlassung von Bescheiden tätig zu werden, das Fehlen eines normativen Gehalts (Spruch) des Aktes, das Fehlen eines Adressaten und das Fehlen der ordnungsgemäßen Unterfertigung anzusehen (vgl. Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, II. Teil, 10. Kapitel, VI. Die Fehlerhaftigkeit von Bescheiden, insbesondere Rz 440).

Im Sinne einer solchen absoluten Nichtigkeit hat der Verwaltungsgerichtshof zu § 18 Abs. 4 AVG (aF) in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, durch die sogenannte "Fertigung" der Ausfertigung einer behördlichen Erledigung solle gewährleistet werden, dass die von ihr Betroffenen die Identität des Genehmigenden erkennen können (vgl. z.B. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1987, Zl. 85/12/0236, und die Ausführungen zur Fertigung und Unterschrift bei Walter-Mayer aaO, Rz 193 ff, die aber auf die diesbezüglichen Änderungen des AVG mit BGBl. I Nr. 158/1998 nicht eingehen). Demnach hat sich aus der Ausfertigung für den Bescheidadressaten in leserlicher Form der Name des Genehmigenden zu ergeben. Sollte daher eine Unterschrift unleserlich sein, so muss in anderer leserlicher Form der Name des Genehmigenden entnehmbar sein. Fehlt es an einer Unterschrift im Sinne des Gesetzes und ergibt sich aus der Erledigung auch sonst kein Anhaltspunkt dafür, wer die Erledigung genehmigt hat, also erscheint auch keine "leserliche Beifügung des Namens" des Genehmigenden auf, so liegt kein Bescheid vor (vgl. auch Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1986, Zl. 86/01/0072).

Der Gesetzgeber hat mit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 im § 18 Abs. 4 (nF) auf die leserliche Beifügung des Namens des Genehmigenden bei der Ausfertigung verzichtet, aber den Namen des Genehmigenden als neues, eigenes Erfordernis normiert. Die Erläuterungen geben keinen Grund für diese gesetzliche Änderung an (AB 1167 der Beilagen NR XX. GP). Der Gesetzgeber ist aber zweifellos bei dieser Änderung in Kenntnis der vorstehenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Wertung als Nichtbescheid gewesen. Weiters ist zu bedenken, dass in der Frage des mit der Nichtangabe des Namens des Genehmigenden verbundenen Fehlerkalküls (vgl. Walter-Mayer, Rz 433 ff) im Verhältnis zur früheren Rechtslage keine Änderung vorgenommen worden ist.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen sieht der Verwaltungsgerichtshof trotz der Neufassung des § 18 Abs. 4 AVG keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber den Mangel der Angabe des Namens des Genehmigenden (- dieses Erfordernis ist an die Stelle der Formulierung "... unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat ...") lediglich als unwesentlichen, berichtigungsfähigen Fehler hätte sehen wollen. Es muss daher auch ab 1. Jänner 1999 eine schriftliche Erledigung, um im Sinne des § 18 Abs. 4 erster Satz AVG Bescheidqualität zu haben, den Namen des Genehmigenden enthalten. Diesem Erfordernis kann durch eine leserliche Unterschrift, durch die leserliche Beifügung des Namens des Genehmigenden bei der Unterschrift oder durch eine andere geeignete namentliche Angabe des Genehmigenden auf der Ausfertigung entsprochen werden.

Der im vorliegenden Beschwerdefall vom Beschwerdeführer bekämpften schriftlichen Erledigung, die für den Bundesminister mit unleserlichem Schriftzug gefertigt ist und der der Name des Genehmigenden im Sinne der vorstehenden Ausführungen auch sonst nicht zu entnehmen ist, mangelt es daher an der Bescheidqualität.

Da der vom Beschwerdeführer angefochtenen Erledigung also kein Bescheidcharakter zukommt, fehlt es an einer Grundvoraussetzung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren (Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG).

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 26. Mai 1999

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