VwGH 99/12/0011

VwGH99/12/00112.5.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde der H in G, vertreten durch Dr. Bernhard Grillitsch, Rechtsanwalt in Graz, Schiffgasse 6/1, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadt Graz vom 12. November 1998, Zl. Präs. K- 125/1998-1, betreffend Dienstunfall, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1939 geborene Beschwerdeführerin steht als Obersekretärin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz; sie war als Archivarin in der Registratur des Baupolizeiamtes beschäftigt.

Am Freitag, dem 20. Juni 1997, ereignete sich nach den Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer "Unfallanzeige" vom 1. Juli 1997 beim "Heben eines schweren Kartons voller Bauakten" ein "Bandscheibenvorfall", der schließlich zu einem Krankenhausaufenthalt der Beschwerdeführerin vom 21. Juni bis 1. Juli 1997 führte.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens entschied der Unfallfürsorgeausschuss mit Erledigung vom 26. Mai 1998 wie folgt:

"Gemäß § 54 Abs. 1 der Unfallfürsorgesatzung 1967 (UFS 1967) hat der Unfallfürsorgeausschuss mit Sitzungsbeschluss vom 11.4.1996, GZ. Zu A 1-P-2379/1995-31, festgestellt:

Es wird festgestellt, dass das von der Bediensteten des Baupolizeiamtes Obersekretär B... H... (Beschwerdeführerin) gemeldete Ereignis vom 20.6. 1997 keinen Dienstunfall darstellt und daher auch keine Leistungen aus dem Titel der Unfallfürsorge zu erbringen sind."

Diese Erledigung ist bescheidmäßig gegliedert (Spruch, Begründung, Rechtsmittelbelehrung) und wie folgt gezeichnet:

"Für den Unfallfürsorgeausschuss:

Der Vorsitzende"

unleserliche Unterschrift

Gegen diese als Bescheid bezeichnete Erledigung erhob die Beschwerdeführerin mit 24. Juni 1998 eine umfangreiche Berufung, über die die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid wie folgt entschied:

"Der Berufung von OSekr. B... H... (Beschwerdeführerin) gegen den Bescheid des Unfallfürsorgeausschusses vom 26.5.1998, GZ A 1 - P - 1091/1997-52 wird gem. § 66 Abs. 4 AVG iVm § 1 DVG und § 54 Abs. 1 der Unfallfürsorgesatzung 1967 (UFS 1967) als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird. In der Beschwerde wird geltend gemacht, dass die erstinstanzliche Erledigung mangels leserlicher Beifügung des Namens des Genehmigenden, der auch sonst der Erledigung nicht zu entnehmen ist, gar keinen Bescheid darstellt. Eine Kopie dieser Erledigung wurde nachträglich vorgelegt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift, in der sie aber auf das Vorbringen des mangelnde Bescheidcharakters der erstinstanzlichen Erledigung überhaupt nicht einging und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem auf Grund der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz in Verbindung mit dem B-KUVG 1967 und der Verordnung des Gemeinderates vom 17. Juli 1969 über die Unfallfürsorge für die Beamten der Stadt Graz, ihre Hinterbliebenen und Angehörigen (Unfallfürsorgesatzung 1967) gegebenen Recht auf Anerkennung des Ereignisses vom 20. Juni 1997 als Dienstunfall und den damit einhergehenden Leistungen aus dem Titel der Unfallfürsorge verletzt.

Vor der Auseinandersetzung mit den im Wesentlichen die Kausalität des Ereignisses vom 20. Juni 1997 für den Leidenszustand der Beschwerdeführerin betreffenden Fragen ist zu klären, ob der von der Beschwerdeführerin mit Berufung bekämpften Erledigung der Behörde erster Instanz vom 26. Mai 1998 überhaupt Bescheidcharakter zukommt oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18 Abs. 4 AVG (in der Fassung vor der ab 1. Jänner 1999 geltenden Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 - vgl. beispielsweise hg. Erkenntnis vom 21. März 2001, Zl. 2000/12/0148, oder hg. Beschluss vom 17. September 1997, Zl. 97/12/0292, jeweils mwH) muss die Identität des einen Bescheid Genehmigenden für die Parteien des Verfahrens erkennbar sein. Sollte daher eine Unterschrift unleserlich sein, so muss in anderer leserlicher Form der Name des Genehmigenden der Erledigung entnehmbar sein. Fehlt es an einer Unterschrift im Sinne des Gesetzes und ergibt sich aus der Erledigung auch sonst kein Anhaltspunkt dafür, wer die Erledigung genehmigt hat, also scheint auch keine "leserliche Beifügung des Namens" des Genehmigenden auf, so liegt kein Bescheid vor. Die Angabe der Funktion reicht bei Unleserlichkeit der Unterschrift des Genehmigenden nicht aus, dem gesetzlichen Erfordernis der leserlichen Beifügung des Namens zu genügen.

Zutreffend verweist die Beschwerdeführerin darauf, dass im vorliegenden Fall die Unterschrift des die erstinstanzliche Erledigung Genehmigenden weder leserlich ist noch sonst sein Name dem Schriftstück entnommen werden kann. Die Berufung der Beschwerdeführerin wäre daher durch die belangte Behörde wegen Unzulässigkeit im Hinblick auf das Fehlen eines rechtlich mit Berufung bekämpfbaren Verwaltungsaktes zurückzuweisen gewesen.

Der angefochtene Bescheid ist daher inhaltlich rechtswidrig und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG schon deshalb zu beheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Für das fortgesetzte Verfahren wird auf das in einer Angelegenheit der Unfallfürsorge aus dem Bereich der belangten Behörde ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1992, Zl. 91/12/0016, hingewiesen. Weiters wird bemerkt, dass die im Verwaltungsverfahren erfolgte Bezeichnung der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen lediglich mit "in der geltenden Fassung" unter Berücksichtigung vielfacher Novellierungen völlig ungenügend ist (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 27. September 2000, Zl. 98/12/0057, mwH). Wien, am 2. Mai 2001

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