VwGH 99/11/0365

VwGH99/11/036511.7.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des M in R, vertreten durch Dr. Stefan Holter, Rechtsanwalt in 4710 Grieskirchen, Roßmarkt 21, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10. November 1999, Zl. VerkR-393.692/4-1999-Si/Sei, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

FSG 1997 §7 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs3 Z3;
KFG 1967 §66 Abs2 litf idF 1994/654 impl;
StVO 1960 §20 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs3 Z3;
KFG 1967 §66 Abs2 litf idF 1994/654 impl;
StVO 1960 §20 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 28. September 1999 wurde die dem Beschwerdeführer für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung gemäß "§§ 7, 24, 25 FSG, BGBl. Nr. 120/1997 idgF, § 57 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz" für die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides entzogen und es wurde ihm aufgetragen, nach § 29 Abs. 3 FSG den Führerschein nach Zustellung dieses Bescheides sofort entweder bei seinem zuständigen Gendarmerieposten oder bei der "hiesigen Behörde" abzuliefern, "ansonsten Zwangsmaßnahmen hiezu eingeleitet werden müssen". Über die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Vorstellung erließ die Bezirkshauptmannschaft Schärding den Bescheid vom 8. Oktober 1999, mit dem sie aussprach, dass die dem Beschwerdeführer erteilte Lenkberechtigung für die Klassen A und B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen werde und dass dem Beschwerdeführer auf die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides (29. September 1999, Entzugsende somit 29. Dezember 1999, 24.00 Uhr) keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe. Die aufschiebende Wirkung im Falle einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde "im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzuge" ausgeschlossen.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. November 1999 wurde der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Die belangte Behörde ging nach der Begründung des angefochtenen Bescheides - in dem sie auch auf den erstinstanzlichen Bescheid verwies - im Wesentlichen davon aus, dass der Beschwerdeführer am 31. Mai 1999 um 17.20 Uhr einen nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw an einer näher bezeichneten Örtlichkeit gelenkt habe, wobei die von ihm eingehaltene Geschwindigkeit mit einem geeichten Geschwindigkeitsmessgerät (Lasermessgerät) mit 173 km/h gemessen worden sei. Bei Abzug der Fehlergrenze ergebe sich eine Fahrgeschwindigkeit von 167 km/h, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit in diesem Bereich (Freilandstraße) habe jedoch lediglich 100 km/h betragen. Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, dass der Beschwerdeführer eine gemäß § 7 Abs. 3 Z. 3 FSG die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache verwirklicht habe, indem er ein Verhalten gesetzt habe, das an sich geeignet sei, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen. Die belangte Behörde führte dazu Folgendes aus:

Die belangte Behörde verwies auf die Ausführungen des von der Erstbehörde eingeholten Gutachtens eines technischen Sachverständigen. Daraus gehe hervor, dass die vom Beschwerdeführer eingehaltene hohe Geschwindigkeit unter Berücksichtigung der Tatörtlichkeit geeignet gewesen sei, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen. Insbesondere auch im Hinblick auf die in die Straße einbiegenden Verkehrsteilnehmer sei die Situation geeignet gewesen, diese gefährlichen Verhältnisse zu schaffen. Die Geschwindigkeitsüberschreitung werde selbst bei gutem Bremsverhalten des Fahrzeuges nicht weniger gefährlich gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern.

Die belangte Behörde führte weiter aus, dass der Ansicht der Erstbehörde beigetreten werde, dass nicht eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG vorliege, sondern eine solche nach Z. 3. Im Rahmen der Wertung gemäß § 7 Abs. 5 FSG berücksichtigte die belangte Behörde eine im Jahr 1997 erfolgte Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Geschwindigkeitsüberschreitung und eine über ihn verhängte Geldstrafe im Jahr 1998 wegen Nichterteilung einer Lenkerauskunft sowie eine Entziehung der Lenkerberechtigung im Jahr 1992 in der Dauer von vier Wochen wegen "nachweislicher Alkoholisierung".

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist dem Beschwerdeführer, insoweit er den Ausspruch der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im erstinstanzlichen Bescheid und die Bestätigung dieses Ausspruches durch den angefochtenen Bescheid rügt und hiezu ausführt, es sei nicht Gefahr im Verzug vorgelegen, zu entgegnen, dass sich dieses Vorbringen der Sache nach gegen die Bestätigung dieses Ausspruches durch die belangte Behörde richtet. Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid in der Sache selbst abschließend entschieden, indem sie den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid wie auch den Ausspruch nach § 64 Abs. 2 AVG bestätigte. Es ist nicht ersichtlich, dass dadurch Rechte des Beschwerdeführers verletzt wären (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. August 1999, Zl. 99/11/0145). Die Frage, ob rund vier Monate nach der Tat Gefahr im Verzug vorlag, kann daher auf sich beruhen.

Auch im Übrigen kommt der Beschwerde keine Berechtigung zu:

Gemäß § 7 Abs. 1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

Gemäß § 7 Abs. 3 Z. 3 FSG gilt als eine - die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende - bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

Die Überschreitung der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h (und Feststellung dieser Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel) ist - als bestimmte Tatsache - gemäß § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG erfasst. Die belangte Behörde stützte sich nicht auf diesen Tatbestand sondern vertrat im Wesentlichen (unter Verweis auf die Begründung des Erstbescheides) die Auffassung, dass die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im festgestellten Ausmaß schlechthin geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, dies insbesondere unter Bedachtnahme auf die verminderte Beherrschbarkeit des Fahrzeuges bei einer derart hohen Geschwindigkeit, auf die Möglichkeit, dass die Reaktion auf Hindernisse eingeschränkt ist, und den Umstand, dass das Unfallrisiko ansteigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - zur insoweit gleichen Rechtslage nach § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 in der Fassung der 17. KfG-Novelle - in einem vergleichbaren Fall ausgesprochen, dass ein derartiger Geschwindigkeitsexzess geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Feber 1996, Zl. 95/11/0290). Auch im vorliegenden Fall ist, nach den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid übernommenen Feststellungen der Erstbehörde zu berücksichtigen, dass es sich um eine Straße in der Breite von 6,1 m handelte, wobei die Breite zwischen den Randlinien 5,5 m betrug, sodass auch hier bloß zwei Fahrstreifen zur Verfügung standen. Ferner ist hier zu berücksichtigen, dass mehrere Straßen, Wege und Hofzufahrten im Bereich der vom Beschwerdeführer befahrenen Straße einmünden, sodass sich auch hieraus für allfällige andere Verkehrsteilnehmer, die darauf hätten vertrauen dürfen, dass der Beschwerdeführer eine Geschwindigkeit von maximal 100 km/h einhält, bei der vom Beschwerdeführer eingehaltenen Geschwindigkeit von 167 km/h eine Gefahrensituation hätte ergeben können. Insoweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass im Hinblick auf die Bauart des Pkws und den Umstand, dass er sein Fahrzeug "mit äußerster Konzentration und Aufmerksamkeit gelenkt" habe, eine Gefahrensituation nicht auftreten konnte, ist ihm zu entgegnen, dass es nach der Rechtslage nicht darauf ankommt, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Gefahrensituation geschaffen hat, sondern lediglich, dass sein Verhalten (bloß) an sich geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse im Sinne der in § 7 Abs. 3 Z. 3 FSG beispielhaft angeführten Verhaltensweisen zu schaffen, was bei den hier zu beurteilenden Umständen gegeben war.

Insoweit der Beschwerdeführer rügt, dass vor Erlassung des Mandatsbescheides ein Sachverständigengutachten eingeholt worden sei, ist ihm zu entgegnen, dass dies keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hat. Seinem Einwand, es sei ihm nicht hinreichend Parteiengehör gewährt worden, insbesondere weil er nicht zum Sachverständigengutachten habe Stellung nehmen können, ist zu entgegnen, dass er - lange nach Einholung des Sachverständigengutachtens - in seiner Berufung hinreichend Gelegenheit hatte, seinen Standpunkt zu vertreten und er im Übrigen auch gegen das Sachverständigengutachten in der Berufung Stellung genommen hat, sodass das Parteiengehör gewahrt war. Ein relevanter Verfahrensmangel wird daher vom Beschwerdeführer nicht aufgezeigt.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. Juli 2000

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