VwGH 99/11/0226

VwGH99/11/022620.3.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des H in B, vertreten durch Dr. Hanns Forcher-Mayr, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Colingasse 8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 26. Mai 1999, Zl. IIb2-3-7-1- 403/1, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem FSG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §57 Abs1;
AVG §57 Abs2;
AVG §63 Abs1;
VwRallg;
AVG §57 Abs1;
AVG §57 Abs2;
AVG §63 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 24. März 1999 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Imst dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen der BRD, "gemäß

§ 30 Abs. 1 Führerscheingesetz, BGBl. Nr. 120/1997 (FSG) i.V.m.

§ 57 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) wegen

mangelnder Verkehrszuverlässigkeit im Sinne des § 7 Abs. 3 Ziff. 1 FSG" auf die Dauer von vier Wochen (gerechnet ab Zustellung) das Recht ab, von seinem Führerschein im Bundesgebiet der Republik Österreich Gebrauch zu machen. In der Rechtsmittelbelehrung wurde ausgeführt, gegen diesen Bescheid könne binnen zwei Wochen, gerechnet vom Tag der Zustellung an, die Vorstellung schriftlich (auch telegraphisch, fernschriftlich, per Telefax oder Teletex) bei der Bezirkshauptmannschaft Imst eingebracht werden. Die Vorstellung habe den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Vorstellungsantrag zu enthalten. Der Vorstellung komme kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zu, d.h. die Aberkennung, vom ausländischen Führerschein Gebrauch zu machen, bleibe bis zum Abschluss des Verfahrens aufrecht. In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, die Lenkberechtigung sei gemäß § 57 AVG zu entziehen, wenn das Verhalten des Besitzers der Lenkberechtigung unmittelbar befürchten lasse, dass dieser auch in Hinkunft als Lenker von Kraftfahrzeugen der Klasse(n), für die er die Lenkberechtigung besitzt, eine Gefahr für die öffentliche Verkehrssicherheit bildet. Dies sei insbesondere dann anzunehmen, wenn er durch besonders gefährliche strafbare Handlungen, wie etwa durch das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Verweigerung der Alkoholuntersuchung) einen schwerwiegenden Mangel der Verkehrszuverlässigkeit dargetan hat.

Am 12. April 1999 gab der nunmehr anwaltlich vertretene Beschwerdeführer einen als "BERUFUNG" bezeichneten Schriftsatz zur Post. Unter Punkt I heißt es:

"In umseits bezeichneter Verwaltungssache erhebt der Berufungswerber durch seinen Vertreter, welcher sich gemäß § 10 Abs. 1 AVG auf die ihm erteilte Vollmacht beruft, gegen den Bescheid der BH Imst vom 24.03.1999, zugestellt am 30.03.1999, sohin innerhalb offener Frist, nachstehende

BERUFUNG

an den Landeshauptmann von Tirol.

...

Aus all diesen Gründen stellt daher der Beschuldigte durch

seinen Vertreter an den Landeshauptmann von Tirol als

Berufungsbehörde die nachfolgenden

ANTRÄGE,

1. in Stattgebung dieser Berufung den angefochtenen Bescheid der BH Imst vom 24.03.1999, 3-FSE-143/99, allenfalls nach Verfahrensergänzung, ersatzlos zu beheben; in eventu

2. den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der Ausspruch über den Entzug des Führerscheines von vier Wochen widerrufen und eine Verwarnung erteilt wird."

Unter einem beantragte der Beschwerdeführer, "dieser Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen".

Der Landeshauptmann von Tirol wies den von ihm als Berufung gewerteten Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 12. April 1999 mit Bescheid vom 26. Mai 1999 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurück. In der Begründung führte der Landeshauptmann von Tirol aus, gegen einen sogenannten "Mandatsbescheid" könne bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Im vorliegenden Fall sei der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 24. März 1999 auf § 57 AVG gestützt worden und somit als Mandatsbescheid anzusehen. Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst wäre das Rechtsmittel der Vorstellung einzubringen gewesen. Die Vorstellung sei das ordentliche Rechtsmittel im Mandatsverfahren, welches sich an die bescheiderlassende Behörde richte, also nicht aufsteigend sei wie die Berufung. Im gegenständlichen Fall sei vom Beschwerdeführer ausdrücklich das Rechtsmittel der Berufung erhoben worden. Das Rechtsmittel sei nicht nur als Berufung bezeichnet worden, es sei auch eindeutig eine Entscheidung durch den Landeshauptmann von Tirol begehrt worden. Wäre das Rechtsmittel nur fälschlich als "Berufung" statt als "Vorstellung" bezeichnet worden, so wäre dieser Umstand als bloß unrichtige Bezeichnung des Rechtsmittels irrelevant gewesen. Da der vorliegende Fall jedoch völlig anders liege, dürfe auf die "gängige" Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgeführt habe, sei im Falle der Erlassung eines Mandatsbescheides keine Wahlmöglichkeit zwischen Einbringung einer Vorstellung und der Erhebung einer Berufung gegeben. Wie insbesondere im Rechtsmittelschriftsatz eindeutig zum Ausdruck gebracht werde, werde nicht eine Entscheidung der den Mandatsbescheid erlassenden Behörde, sondern eine solche der Berufungsbehörde begehrt. Das Rechtsmittel der Berufung könne daher nicht in eine Vorstellung umgedeutet werden. Die Berufung sei daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Für die Beurteilung, ob ein Mandatsbescheid vorliegt, kommt es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 AVG vorlagen und sich die Behörde daher mit Recht auf diese Gesetzesstelle stützen durfte. Maßgebend ist vielmehr, ob der Bescheid sich unmissverständlich auf diese Gesetzesstelle gestützt hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/11/0146). Das war hier der Fall, wie sich aus der Zitierung des § 57 Abs. 1 AVG im Spruch des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Imst, der Begründung für ihre Anwendung und der damit übereinstimmenden Rechtsmittelbelehrung zweifelsfrei ergibt.

Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 24. März 1999 wäre demnach nur mit Vorstellung bekämpfbar gewesen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung, ob ein gegen einen Mandatsbescheid erhobenes Rechtsmittel als Vorstellung oder als unzulässige Berufung zu werten ist, nicht ausschließlich auf seine Bezeichnung an. Lässt sich das Rechtsmittel aufgrund des darin gestellten Begehrens (auch) als Vorstellung deuten, hat dies zu geschehen. Entscheidend ist dabei, ob sich aus dem Begehren eindeutig ergibt, die Entscheidung welcher Behörde der Rechtsmittelbewerber beantragt. Lässt sich aus dem Begehren nichts anderes schließen, als dass eine Entscheidung der Berufungsbehörde beantragt wird, so ist eine Deutung des Rechtsmittels als Vorstellung ausgeschlossen (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 21. April 1998, Zl. 98/11/0019).

Im vorliegenden Fall wurde ein als Berufung bezeichnetes Rechtsmittel erhoben. Der Beschwerdeführer hatte nach der Formulierung seiner Anträge eindeutig eine Entscheidung der Berufungsbehörde vor Augen. Dies ergibt sich insbesondere aus der ausdrücklichen Formulierung der Antragstellung, der Landeshauptmann von Tirol als Berufungsbehörde wolle in Stattgebung der Berufung den angefochtenen Erstbescheid, allenfalls nach Verfahrensergänzung, ersatzlos beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid abändern. Eine Deutung des Rechtsmittels als von der Bezirkshauptmannschaft Imst zu erledigende Vorstellung scheidet damit aus. Es liegt nicht ein bloß unrichtig bezeichnetes, sondern ein unrichtiges Rechtsmittel vor. Ob der einschreitende Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bei der Abfassung des Rechtsmittels allenfalls nicht über genügend Information über die Art des zu bekämpfenden Bescheides verfügte, ist für die Wertung des eingebrachten Rechtsmittels als Berufung nicht maßgeblich.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. März 2001

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