Normen
11992E005 EGV Art5;
11992E059 EGV Art59;
11992E177 EGV Art177;
11997E010 EG Art10;
11997E049 EG Art49;
11997E234 EG Art234;
31991Q070402 VerfahrensO EuGH 1991 Art103 §1;
31991Q070402 VerfahrensO EuGH 1991 Art104 §5;
61997CJ0224 Ciola VORAB;
EURallg;
LSchG Vlbg 1982 §34 Abs1 litf;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs2;
VwGG §38a;
VwGG §47 Abs1;
VwGG §48 Abs1;
11992E005 EGV Art5;
11992E059 EGV Art59;
11992E177 EGV Art177;
11997E010 EG Art10;
11997E049 EG Art49;
11997E234 EG Art234;
31991Q070402 VerfahrensO EuGH 1991 Art103 §1;
31991Q070402 VerfahrensO EuGH 1991 Art104 §5;
61997CJ0224 Ciola VORAB;
EURallg;
LSchG Vlbg 1982 §34 Abs1 litf;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs2;
VwGG §38a;
VwGG §47 Abs1;
VwGG §48 Abs1;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 25.840,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit in den Jahren 1974, 1977 und 1983 erlassenen Bescheiden wurde einer in Fussach (Vorarlberg) ansässigen Gesellschaft gemäß § 4 Abs. 2 des Vorarlberger Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982 (LSchG), die Bewilligung zur Errichtung von (zuletzt) 200 Bootsliegeplätzen auf bestimmten, im Uferbereich des Bodensees gelegenen Grundstücken unter der Vorschreibung näher dargelegter Bedingungen erteilt. Im Jahre 1990 beantragte die A-Gesellschaft m. b.H. unter Berufung darauf, dass sie die Grundstücke von der oben erwähnten Gesellschaft in Bestand genommen habe, eine Abänderung der mit den seinerzeitigen Bescheiden vorgeschriebenen Beschränkungen. Über diesen Antrag erließ die Bezirkshauptmannschaft B. gegenüber der A-Gesellschaft m.b.H. den Bescheid vom 9. August 1990, dessen Spruchpunkt 2. wie folgt lautet:
"Ab 1.1.1996 dürfen maximal 60 Boote, deren Eigner ihren Wohnsitz im Ausland haben, im Hafen untergebracht werden. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Anteil der Boote mit Eignern, die ihren Wohnsitz im Ausland haben, kontinuierlich zu verringern. Die Neuvergabe von Liegeplätzen an Bootseigner mit Wohnsitz im Ausland bzw. die Verlängerung abgelaufener Bestandsverträge mit solchen Bootseignern ist bis zum Erreichen des festgelegten maximalen Ausländerkontingentes nicht gestattet. Jeweils vor Beginn der Schifffahrtssaison ist der Behörde unaufgefordert eine wahrheitsgemäße Aufstellung der an Personen mit Wohnsitz im Ausland vergebenen Liegeplätze vorzugeben. Dieser Bescheid tritt mit Ablauf des 31.12.1999 außer Kraft. Mit diesem Zeitpunkt erlangt der ursprüngliche Landschaftsschutzbescheid wieder volle Gültigkeit."
Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben.
Mit Bescheiden vom 10. Juli 1996 wurde der Beschwerdeführer vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg schuldig erkannt, er habe es als Geschäftsführer der A-Gesellschaft m.b.H. bzw. der AB-Gesellschaft m.b.H. zu verantworten, dass am 25. Jänner 1995 und 12. Mai 1995 an zwei namentlich genannte Bootseigner mit dem Wohnsitz im Ausland, nämlich im Fürstentum Liechtenstein und in der Bundesrepublik Deutschland, Bootsliegeplätze "vergeben" worden seien, obwohl das maximale Ausländerkontingent von 60 Booten, deren Eigner ihren Wohnsitz im Ausland hätten, überschritten gewesen sei. Zu den genannten Zeitpunkten hätten zirka 70 bzw. mindestens 75 Boote, deren Eigner ihren Hauptwohnsitz im Ausland hätten, ihren Liegeplatz im Hafen der Gesellschaft gehabt. Der Beschwerdeführer habe somit die im Punkt 2 des Bescheides vom 9. August 1990 enthaltene Vorschreibung nicht befolgt und dadurch die Verwaltungsübertretung nach § 34 Abs. 1 lit. f LSchG begangen. Es wurden Geldstrafen von je S 75.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, die Vorschreibung eines "Ausländerkontingentes" habe nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union unangewendet zu bleiben, bemerkte der Unabhängige Verwaltungssenat in der Begründung seiner Bescheide, die Auflage stelle nicht auf die Staatsangehörigkeit ab, sondern auf den Wohnsitz im Ausland. Bootseigner mit dem Wohnsitz im Ausland könnten österreichische oder "ausländische" Staatsangehörige sein. Es liege kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vor, weil keine Ungleichbehandlung "aus Gründen der Staatsangehörigkeit" erfolge. Weiters verwies der Unabhängige Verwaltungssenat auf die Darlegungen eines am 17. Juli 1995 gegenüber dem Beschwerdeführer erlassenen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Bregenz. Darin wird u.a. die Auffassung vertreten, der Beschwerdeführer könne sich nicht mit Erfolg auf Vorschriften des Gemeinschaftsrechts berufen. Das Landschaftsschutzgesetz stelle nicht auf eine unterschiedliche Behandlung von Inländern und Ausländern ab. Ein Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts komme nur im Verhältnis zu generellen Regelungen (Gesetze, Verordnungen) in Betracht, nicht aber gegenüber individuellen Normen der Verwaltung (Bescheiden, Weisungen).
Diese Bescheide bekämpft der Beschwerdeführer mit Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof. Er macht (sinngemäß) geltend, das "Ausländerkontingent" ziele darauf ab, die Vergabe von Bootsliegeplätzen an Schweizer und Deutsche zu beschränken. Bei jenen Bootseignern, die von der Behörde dem "Ausländerkontingent" zugezählt worden seien, handle es sich um Schweizer und überwiegend um deutsche Staatsbürger.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 26. Mai 1997 gemäß Art. 177 EG-Vertrag (jetzt Art. 234 EG) dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
"1. Sind die Vorschriften über die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs dahin auszulegen, dass sie einen Mitgliedstaat darin hindern, dem Betreiber eines Bootshafens bei sonstiger Strafverfolgung zu verbieten, Bootsliegeplätze über ein bestimmtes Kontingent hinaus an Bootseigner zu vermieten, die in einem anderen Mitgliedsstaat ansässig sind?
2. Räumt das Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Vorschrift über die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs in Verbindung mit Art. 5 EG-Vertrag und Art. 2 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, Nr. C 241, S 21; ABl. 1995, Nr. L 1, S 1) dem in Österreich ansässigen Erbringer der in Frage 1 erwähnten Dienstleistung das Recht ein, geltend zu machen, das im Sinne von Frage 1 erlassene, in einer im Jahre 1990 ergangenen individuell-konkreten Verwaltungsentscheidung (Bescheid) bestehende Verbot müsse bei nach dem 1. Jänner 1995 ergehenden Entscheidungen der österreichischen Gerichte und Behörden unangewendet bleiben?"
Mit Urteil vom 29. April 1999, C-224/97 , erkannte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften über das erwähnte Ersuchen um Vorabentscheidung für Recht:
"1. Art. 59 EG-Vertrag ist dahin auszulegen, dass er es nicht zulässt, dass ein Mitgliedstaat dem Betreiber eines Bootshafens unter Androhung der Strafverfolgung verbietet, Bootsliegeplätze über ein bestimmtes Kontingent hinaus an Bootseigner zu vermieten, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind.
2. Ein gegen die Dienstleistungsfreiheit verstoßendes Verbot, das vor dem Beitritt eines Mitgliedstaats zur Europäischen Union nicht durch eine generell-abstrakte Rechtsvorschrift, sondern durch eine individuell-konkrete, bestandskräftig gewordene Verwaltungsentscheidung eingeführt wurde, muss bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Geldstrafe, die nach dem Zeitpunkt des Beitritts wegen der Nichtbeachtung dieses Verbots verhängt wurde, unangewendet bleiben."
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Bestrafung des Beschwerdeführers beruht auf § 34 Abs. 1 lit. f LSchG. Danach begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die
... in Bescheiden, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen worden
sind, enthaltenen Verfügungen nicht befolgt. "Verfügung" im Sinne der soeben zitierten Vorschrift war das oben wiedergegebene "Ausländerkontingent". Das in dem "Ausländerkontingent" bestehende Verbot muss, wie der Europäische Gerichtshof im oben wiedergegebenen Spruch seines Urteiles dargelegt hat, bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Geldstrafe, die nach dem Zeitpunkt des Beitritts der Republik Österreich zur Europäischen Union wegen der Nichtbeachtung dieses Verbots verhängt wurde, unangewendet bleiben. Die Bestrafung des Beschwerdeführers beruht somit auf dem Zuwiderhandeln gegen eine Verbotsnorm, die wegen des Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht nicht anzuwenden war. Dies hat die belangte Behörde verkannt; die angefochtenen Bescheide waren daher wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Antrag des Beschwerdeführers, ihm den Ersatz der Kosten seiner Beteiligung am Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof zuzuerkennen, war abzuweisen. Aus der Sicht des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens handelt es sich beim Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof um einen Zwischenstreit. Eine unmittelbar anwendbare gemeinschaftsrechtliche Regelung, die einen Anspruch der Parteien des Ausgangsverfahrens auf Ersatz der Kosten des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof begründet, besteht nicht. Ebensowenig kennt das Kostenersatzrecht des VwGG, das eine abschließende Regelung darstellt, einen Anspruch der obsiegenden Partei auf Ersatz jener Kosten, die ihr auf Grund der Beteiligung an Zwischenverfahren vor anderen Gerichten und Behörden entstanden sind. Der Kostenersatzanspruch des obsiegenden Beschwerdeführers ist in § 48 Abs. 1 VwGG geregelt. Die soeben erwähnte Vorschrift begründet den Anspruch des Beschwerdeführers auf Ersatz der Gebühren, die er im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu entrichten hat, sowie der Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes, für die er aufzukommen hat; der Reisekosten, die für ihn mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgerichtshof verbunden waren; des sonstigen Aufwandes, der für ihn mit der Wahrnehmung seiner Parteienrechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgerichtshof verbunden war. Es besteht somit keine gesetzliche Grundlage für den Ersatz des Aufwandes, der dem Beschwerdeführer auf Grund seiner Beteiligung an einem Zwischenverfahren, das nicht vor dem Verwaltungsgerichtshof geführt wurde, entstanden ist. Das Mehrbegehren war daher abzuweisen.
Wien, am 20. September 1999
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