VwGH 99/10/0015

VwGH99/10/001531.5.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde der Mag. pharm. G in Klagenfurt, vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag und Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwälte in Klagenfurt, Alter Platz 19, gegen die Bescheide des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales 1. (zu Zl. 99/10/0016) vom 18. Dezember 1998, Zl. 262.368/0-VIII/A/4/98, betreffend Verfahrensaussetzung, und

2. (zu Zl. 99/10/0015) vom 14. Dezember 1998, Zl. 262.368/1-VIII/A/4/98, betreffend Apothekenkonzession (mitbeteiligte Partei: Mag. pharm. K in Villach),

Normen

ApG 1907 §10 Abs1 Z2;
ApG 1907 §10 Abs2 idF 1998/I/053;
ApG 1907 §10 Abs4 idF 1990/362;
ApG 1907 §10 Abs4;
ApG 1907 §10 Abs5 idF 1998/I/053;
ApG 1907 §10 Abs5;
VwGG §34 Abs1;
ApG 1907 §10 Abs1 Z2;
ApG 1907 §10 Abs2 idF 1998/I/053;
ApG 1907 §10 Abs4 idF 1990/362;
ApG 1907 §10 Abs4;
ApG 1907 §10 Abs5 idF 1998/I/053;
ApG 1907 §10 Abs5;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 18. Dezember 1998, Zl. 262.368/0-VIII/A/4/98, wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen;

2. zu Recht erkannt:

Der Bescheid vom 14. Dezember 1998, Zl. 262.368/1-VIII/A/4/98, wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mag. pharm. E.P. beantragte im Jahr 1990 beim Landeshauptmann von Kärnten (LH) die Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Klagenfurt. Dieser Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 4. Juli 1994 abgewiesen. Mit Erkenntnis vom 23. Jänner 1995, 94/10/0123, hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Ab dem Zeitpunkt der Zustellung dieses Erkenntnisses war der Konzessionsantrag des Mag. pharm. E.P. wieder bei der belangten Behörde anhängig.

Im Jahr 1997 beantragte die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beim LH die Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Klagenfurt.

Nachdem der LH die Bewerbung der mitbeteiligten Partei kundgemacht hatte, erhoben mehrere Inhaber bestehender öffentlicher Apotheken, darunter auch die Beschwerdeführerin, sowie Mag. pharm. E.P. Einspruch.

Der LH holte zur Frage des Bedarfes nach der beantragten neuen öffentlichen Apotheke ein Gutachten der österreichischen Apothekerkammer ein. Diese kam zu dem Ergebnis, Bedarf nach der neuen Apotheke bestehe nicht. Bezüglich der Auswirkungen der beantragten neuen Apotheke der mitbeteiligten Partei auf die Kreuzbergl-Apotheke der Beschwerdeführerin wurde im Gutachten der Apothekerkammer ausgeführt, für den Fall der Neuerrichtung der beantragten öffentlichen Apotheke würden der Kreuzbergl-Apotheke

4.750 ständige Einwohner als Kunden verbleiben. Es handle sich dabei um die ständigen Einwohner der Zählsprengel 513, 521, 811, 812, 814, 841, 842, 1251 und 1262 der Stadt Klagenfurt. Die Zuteilung der Personen sei unter Berücksichtigung sämtlicher maßgeblicher örtlicher Verhältnisse erfolgt. Es seien keine geographischen oder verkehrstechnischen Besonderheiten zu beachten gewesen, sodass bei der Zuteilung die Entfernung, die von den zu versorgenden Personen zur jeweils nächstliegenden öffentlichen Apotheke zurückzulegen sein werde, ausschlaggebend gewesen sei.

Im Zuge des Verfahrens beantragten Inhaber bestehender öffentlicher Apotheken, der LH möge das Konzessionserteilungsverfahren der mitbeteiligten Partei bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Konzessionserteilungsverfahrens des Mag. pharm. E.P. aussetzen. Die Beschwerdeführerin schloss sich diesem Antrag an.

Mit Bescheid vom 3. August 1998 entschied der LH, dass das Konzessionsverfahren nicht ausgesetzt wird.

Gegen diesen Bescheid erhoben zwar die (ursprünglichen) Antragsteller, nicht aber die Beschwerdeführerin, Berufung.

Mit Bescheid vom 25. September 1998 gab der LH dem Ansuchen der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 9 und 10 in Verbindung mit § 51 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 (ApG) Folge und erteilte ihr die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke in Klagenfurt. Der Einspruch der Beschwerdeführerin wurde als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung heißt es - so weit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung - zur Frage nach dem Weiterbestehen des Bedarfes nach der Kreuzbergl-Apotheke (der Beschwerdeführerin) sei festzustellen, dass diese Apotheke weiterhin die Einwohner der Zählsprengel 513, 521, 811, 812, 814, 841, 842, 843 zur Hälfte, 1262, 1254 und 1251, somit

5.583 Personen, zu versorgen haben werde. Der von der österreichischen Apothekerkammer vorgenommenen Zuteilung der ständigen Einwohner der Zählsprengel 513, 521, 811, 812, 814, 841, 842, 1251 und 1262 der Stadt Klagenfurt zum Versorgungsgebiet der Kreuzbergl-Apotheke, der sich die Beschwerdeführerin angeschlossen habe, werde auch seitens der Behörde gefolgt. Zusätzlich würden vom Zählsprengel 843 die Hälfte der Einwohner der Kreuzbergl-Apotheke, die andere Hälfte der Löwen-Apotheke zugerechnet. Die Einwohner des Zählsprengels 843 könnten sowohl die Kreuzbergl-Apotheke als auch die Löwen-Apotheke gleich gut erreichen, sodass davon ausgegangen werde, dass beide Apotheken je zur Hälfte aufgesucht würden. Der Zählsprengel 1254, der nördlich der Bahnlinie liege, sei zum Einzugsgebiet der Kreuzbergl-Apotheke gerechnet worden, da diese für die dortigen Einwohner die nächstgelegene sei. Der Kreuzbergl-Apotheke seien somit jene Zählsprengel zugeordnet worden, die bei realistischer Betrachtung der verkehrsmäßigen und geographischen Situation als Versorgungsgebiete in Betracht kämen.

Die Beschwerdeführerin berief. Sie führte aus, was den Stadtteil St. Martin (Zählsprengel 1254) betreffe, so sei anzuführen, dass keine einzige öffentliche Verkehrsverbindung von St. Martin kommend zur Kreuzbergl-Apotheke oder an dieser vorbei führe. Der städtische Omnibus, der das Wohngebiet Kreuzbergl mit der Stadtmitte, dem Ausgangsort der Omnibusse Heiligengeist-Platz verbinde, habe seine Endstation vor dem Sanatorium Mariahilf. Ein Anschluss eines öffentlichen Verkehrsmittels in Richtung Kreuzbergl-St. Martin bestehe nicht. Der Stadtteil St. Martin habe seine ordnungsgemäße Zufahrt über die Steinerne Brücke von der Villacher Straße kommend, allenfalls durch die August-Jaksch-Straße, die Koschatstraße, lauter Verkehrsverbindungen, die weit südlich der Kreuzbergl-Apotheke lägen und beim Verkehrsfluss zur Stadtmitte hin jedenfalls nicht an der Kreuzbergl-Apotheke vorbeiführten, wozu noch komme, dass die einzig vorbeiführende Radetzkystraße an ihrem Ende in einer in Wohngebiete führende Verkehrsbeschränkung münde, sodass die Weiterfahrt in dieser Richtung für einen Verkehrsteilnehmer, der sich etwa doch entschließen würde, dort zur Kreuzbergl-Apotheke zuzufahren, nicht möglich sei und ein Abstellen eines Fahrzeuges schon daran scheitere, dass im dortigen "Schulbereich des Sanatoriums und der Konsulate" Abstellplätze nicht vorhanden seien. Ein Fußgänger könne sich aus diesen westlichen Bereichen kommend, gar nicht zur Kreuzbergl-Apotheke verirren; dass er absichtlich dorthin gehen würde, sei nicht anzunehmen, denn selbst die Fußgängerwege führten in diesem Bereich nicht zur Radetzkystraße, sondern zum Villacher Ring bzw. der Villacher Straße. Der städtische Omnibus, der St. Martin befahre, sei in eine Linie eingebunden, die die Verbindung zum Wörther See herstelle. Es wäre den Omnibusbenützern in dieser Richtung also die Zufahrt ebenfalls durch die Koschatstraße ermöglicht, eine Verkehrsverbindung zwischen St. Martin und der Kreuzbergl-Apotheke bestehe überhaupt nicht. Eine Rezeptzählung würde beweisen, dass aus dem Wohngebiet des Zählsprengels 1254 (St. Martin) keine Kunden die Kreuzbergl-Apotheke aufsuchten und diese Kunden, sofern sie nicht ihren Bedarf in Apotheken im Stadtinneren deckten, von der neu gegründeten Universitätsapotheke, allenfalls von der Apotheke in der Luegerstraße versorgt würden. Es sei schon die Zuordnung des Zählsprengels 1251 zum Einzugs- und Versorgungsgebiet der Kreuzbergl-Apotheke problematisch, doch sei hier vielleicht die Geh-Entfernung noch etwas geringer, sodass es möglich sei, dass Personen zu Fuß die Kreuzbergl-Apotheke aufsuchten. Der Zählsprengel 1254 hingegen könne der Kreuzbergl-Apotheke nicht zugeordnet werden. Da es nicht möglich gewesen sei, die nur geringfügig entfernte Löwen-Apotheke bei der Beurteilung des Versorgungsgebietes ganz auszunehmen, da diese Apotheke an der Villacher Straße und direkt im Verkehrsfluss des Zählsprengels 843 liege, habe die Behörde mit der Begründung, es würde dieselbe geographische Entfernung zur Kreuzbergl-Apotheke und zur Löwen-Apotheke bestehen, der Apotheke der Beschwerdeführerin die Hälfte der Bewohner des Zählsprengels 843 zugeteilt, ohne sich an den tatsächlichen Gegebenheiten, der Verkehrslage, dem Verkehrsfluss etc. zu orientieren. Insbesondere werde auf das Gutachten der Apothekerkammer verwiesen, welches diesen Zählsprengel zur Gänze nicht dem Versorgungsgebiet der Kreuzbergl-Apotheke zugeordnet habe.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 14. Dezember 1998 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin ab.

In der Begründung heißt es, der Kreuzbergl-Apotheke verblieben als Versorgungspotential die ständigen Einwohner der Zählsprengel 513, 521, 811, 812, 814, 841, 842, 843, 1251, 1254 und 1262, zusammen 5.895 Personen. Der Beschwerdeführerin sei entgegenzuhalten, dass der LH nicht an das Gutachten der Apothekerkammer gebunden gewesen sei. Die belangte Behörde stimme aber insofern diesem Gutachten bei, "als dieselben Zählsprengel der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke zugeordnet werden." Hinsichtlich der Kreuzbergl-Apotheke habe der LH nur in Bezug auf die Zählsprengel 1254 und 843 eine andere Zuteilung vorgenommen, wobei jedoch der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten sei, dass sie in ihrer Stellungnahme vom 23. Juni 1998 im Verfahren zur Erteilung der Apothekenkonzession an Mag. pharm. E.P. selbst davon ausgegangen sei, dass der Zählsprengel 843 zu ihrem Versorgungsbereich gehöre. In dieser Eingabe habe sie bezweifelt, dass die Zählsprengel 1262 und 1254 noch in den Einzugsbereich ihrer Apotheke gehörten, während sie in der Berufung betreffend den Bescheid des LH über die Konzessionserteilung an die mitbeteiligte Partei keine Zweifel hinsichtlich des Zählsprengels geäußert habe. Auf Grund dieses widersprüchlichen Vorbringens komme die Berufungsbehörde zu dem Schluss, dass die vorgebrachten Argumente tatsächlich nicht stichhaltig seien. Beim Studium des Stadtplanes von Klagenfurt werde unter Berücksichtigung der Enfernungen klar, dass der Bereich westlich der Feldkirchner Straße und St. Martin von der Kreuzbergl-Apotheke am günstigsten versorgt werden könne. Die Tatsache, dass sich nicht unmittelbar bei der öffentlichen Apotheke eine Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels befinde, könne bei dem hohen Motorisierungsgrad der Bevölkerung nicht als Indiz verwendet werden, dass diese Apotheke nicht erreichbar sei.

Mit einem weiteren Bescheid vom 14. Dezember 1998 erteilte die belangte Behörde Mag. pharm. E.P. die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Klagenfurt.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 18. Dezember 1998 wies die belangte Behörde die von Inhabern bestehender öffentlicher Apotheken und von Mag. pharm. E.P. gegen den Bescheid des LH vom 3. August 1998, mit dem der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens abgelehnt worden war, erhobene Berufung als unzulässig zurück.

In ihrer gegen die Bescheide der belangten Behörde vom 14. Dezember 1998 (Konzessionserteilung an die mitbeteiligte Partei) und vom 18. Dezember 1998 (Zurückweisung von Berufungen) erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht, gegen die Erteilung der Konzession zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke durch die mitbeteiligte Partei wirksam Einspruch zu erheben, sowie in ihrem Recht auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens, insbesondere auf ordnungsgemäße Begründung des Bescheides, als verletzt.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die belangte Behörde habe über den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens zur Erteilung einer Apothekenkonzession an die mitbeteiligte Partei bis zur Entscheidung über den Konzessionsantrag des Mag. pharm. E.P. nicht nur negativ entschieden, sondern diese Entscheidung zeitlich so gelegt, dass zuerst das Konzessionsansuchen bewilligt und erst dann über die Aussetzung abschlägig abgesprochen worden sei. Diese Vorgangsweise sei als willkürlich zu bezeichnen, ebenso wie die Führung jeweils nur eines Ermittlungsverfahrens zur Prüfung der Existenzgefährdung ohne Einbeziehung der Auswirkungen der zweiten erteilten Konzession. Jede der neuen Apotheken habe Negativauswirkungen auf das von der Apotheke der Beschwerdeführerin zu versorgende Bevölkerungspotential. Durch die Erlassung von zwei Bewilligungsbescheiden an einem Tag bei Aberkennung der jeweiligen gegenseitigen Parteistellung habe die belangte Behörde eine Beurteilung, wie sich die gleichzeitige Eröffnung von zwei weiteren Apotheken auf die Konkurrenzsituation auswirke, unmöglich gemacht. Aber auch die Zuordnung von Zählsprengeln im angefochtenen Bescheid sei rechtswidrig. Wie schon im Verwaltungsverfahren dargestellt worden sei, seien die Zählsprengel 1254 und 843 nicht der Apotheke der Beschwerdeführerin zuzuordnen. Die Kreuzbergl-Apotheke liege am oberen Ende der Radetzkystraße in jenem geschlossenen Stadtgebiet, welches sich im Norden der Koschatstraße befinde und vom Stadtteil St. Martin (Zählsprengel 1254) vor allem durch den Verlauf der Verkehrsanlagen und Einrichtungen völlig abgeschlossen sei. Durch die Koschatstraße führe die Zufahrt zur Autobahn. Alle anderen parallel dazu verlaufenden Verkehrswege seien mit Geschwindigkeitsbegrenzungen versehene Villenstraße und wiesen nur sehr beschränkten Durchzugsverkehr auf. Der Ortsteil St. Martin sei durch die Kohldorfer Straße über den Egger-Lienz-Weg mit der Villacher Straße und dem anschließenden Ortsteil Waidmannsdorf, in dem sich zwei Apotheken befänden (Obir-Apotheke, Universitätsapotheke) verbunden. Es gäbe keine einzige öffentliche Verkehrsverbindung aus St. Martin zum Stadtteil Kreuzbergl. Die einzige Omnibuslinie, die an der Kreuzbergl-Apotheke vorbeifahre, habe ihre letzte Haltestelle auf Höhe des Sanatoriums Mariahilf in etwa 80 m Entfernung; sie werde durch die Sterneckstraße, Jergitsch-Straße, Radetzkystraße stadtwärts geführt, sodass sie keine Verkehrsverbindung für jemand sei, der aus dem Zählsprengel 1254 in den Stadtbereich Kreuzbergl kommen wolle. Dasselbe gelte auch für einen Bereich südlich der Koschatstraße, der in seiner gesamten Situation zweifellos der Löwen-Apotheke zuzuzählen sei. Die Entscheidungen beider Instanzen gäben zu, dass dieses Gebiet zum Einzugsbereich der Löwen-Apotheke zähle. Es sei unmöglich, dass, wie die belangte Behörde dies gemacht habe, ohne Rezeptzählung oder sonstige Beweismittel festgestellt werde, dass die Einwohner des Zählsprengels 843 zur Hälfte der einen und zur Hälfte der anderen Apotheke zustrebten. Verkehrsmäßig sei die Lage so, dass die Apothekenkunden stadtauswärts gehen müssten, um zur Kreuzbergl-Apotheke zu kommen, während sie sonst den kurzen Weg stadteinwärts zur Löwen-Apotheke gehen könnten. Es sei auch der Weg dorthin rein geographisch wesentlich kürzer, zumal die Zufahrtsstraßen zur Koschatstraße alle in Nordsüdrichtung als Einbahnstraßen gestaltet seien und eine Zufahrt mit dem Auto von der Koschatstraße aus (südlicher Teil) nur über den Villacher Ring möglich sei, sodass man faktisch, um zur Kreuzbergl-Apotheke zu gelangen, an der Löwen-Apotheke vorbeifahren müsse. Dies seien Umstände, die vom LH und von der belangten Behörde nicht berücksichtigt worden seien. Die Zuteilungen seien daher willkürlich. Zum Beweis der Richtigkeit der Darstellung in der Beschwerde sei eine Kopie des Stadtplanes angeschlossen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls in einer Gegenschrift

die Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I.

Zur Zurückweisung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 18. Dezember 1998:

Die Beschwerdeführerin hat den Bescheid des LH vom 3. August 1998, mit dem der Antrag auf Verfahrensaussetzung abgelehnt worden war, nicht bekämpft. Die angefochtene Entscheidung erging auf Grund der Berufung anderer Personen und besteht in einer Zurückweisung dieser Berufungen, ändert also den erstinstanzlichen Bescheid nicht ab.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat eine Verfahrenspartei, die den erstinstanzlichen Bescheid nicht bekämpft hat, nicht das Recht, den Berufungsbescheid, mit dem der erstinstanzliche Bescheid unverändert bestätigt wurde, mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu bekämpfen (vgl. den hg. Beschluss vom 14. September 1993, 92/07/0050, u.a.).

Schon aus diesem Grund war daher die Beschwerde gegen den Bescheid vom 14. Dezember 1998 zurückzuweisen.

II. Zur Aufhebung des Bescheides vom 14. Dezember 1998:

Nach § 10 Abs. 1 Z. 2 ApG ist die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke zu erteilen, wenn ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

Nach § 10 Abs. 2 leg. cit. besteht ein Bedarf nicht, wenn

  1. 1. (aufgehoben)
  2. 2. die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt, oder

    3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken weiterhin zu versorgenden Personen sich infolge der Neuerrichtung verringert und weniger als

5.500 betragen wird.

Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z. 3 sind nach § 10 Abs. 4 ApG die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von 4 Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.

Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs. 4 weniger als 5.500, so sind nach § 10 Abs. 5 ApG die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen.

Keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zeigt die Beschwerde mit ihrem Hinweis darauf auf, dass die belangte Behörde mit gleichem Datum zwei Konzessionen erteilt habe; dies schon deswegen, weil in der Beschwerde nicht dargestellt wird, welche Auswirkungen sich dadurch auf das Versorgungspotential der Apotheke der Beschwerdeführerin ergeben.

Im Ergebnis im Recht ist die Beschwerdeführerin hingegen mit ihren Einwänden gegen die Zuordnung von Zählsprengeln zu ihrem Versorgungspotential.

Bei der Bedarfsermittlung hat die Behörde festzustellen, wie viele der ständigen Einwohner im Umkreis von 4 km um die Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke(n) nach Errichtung der geplanten Apotheke ihren Arzneimittelbedarf auf Grund der örtlichen Verhältnisse voraussichtlich weiterhin aus der (den) bestehenden öffentlichen Apotheke(n) decken werden. Diese unter dem Gesichtspunkt der leichteren Erreichbarkeit vorzunehmende Zuordnung hat in erster Linie an Hand der Straßenentfernungen zu der (den) bestehenden öffentlichen Apotheke(n) im Vergleich zur beantragten Apotheke zu erfolgen. Ergibt sich für eine bestehende öffentliche Apotheke die kritische Zahl zu versorgender Personen nicht schon aus den ständigen Einwohnern des 4-km-Umkreises, so ist weiters zu prüfen, ob diese Zahl unter Berücksichtigung der auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet weiterhin zu versorgenden Personen erreicht wird. Das Ergebnis dieser Prüfung hat in einer auf entsprechende Erhebungen gestützten prognostischen Zuordnung konkreter Kundenpotentiale zu der (den) bestehenden Apotheke(n) zu bestehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 1999, 98/10/0070, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Wohnt die zu versorgende Bevölkerung im 4-km-Umkreis zweier (oder mehrerer) Apotheken, so ist für die Zuordnung des Kundenpotentials zur einen oder anderen Apotheke nach dem Kriterium "örtliche Verhältnisse" im Sinne des § 10 Abs. 4 ApG in erster Linie die leichtere Erreichbarkeit ausschlaggebend, wobei es vor allem auf die zurückzulegende Entfernung unter Berücksichtigung der vorhandenen Verkehrsmöglichkeiten ankommt. Die Zuordnung der Wohnbevölkerung zu den in Betracht kommenden Apotheken hat sich im Überschneidungsbereich der 4-km-Polygone an einer gedachten, nach den Gesichtspunkten der räumlichen Nähe und Erreichbarkeit zu ziehenden örtlichen Trennlinie zu orientieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1996, 96/10/0015, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Was den Sprengel 843 betrifft, so wurde dieser von der Apothekerkammer überhaupt nicht, vom LH zur Hälfte und von der belangten Behörde zur Gänze dem Versorgungspotential der Apotheke der Beschwerdeführerin zugeschlagen. Zwar trifft es zu, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, dass der LH und auch die belangte Behörde selbst nicht an das Gutachten der Apothekerkammer gebunden waren. Dies entband die Verwaltungsbehörden aber nicht von der Notwendigkeit, eine vom Apothekerkammergutachten abweichende Zuordnung von Zählsprengeln, welche die Beschwerdeführerin als unrichtig bekämpft hat, ausreichend zu begründen. Eine solche Begründung fehlt.

Der LH hat die Zuordnung der Hälfte der Einwohner des Zählsprengels 843 zur Apotheke der Beschwerdeführerin damit begründet, dass die Einwohner dieses Zählsprengels diese Apotheke und die Löwen-Apotheke gleich gut erreichen könnten. Dem gegenüber hat die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung behauptet, auf Grund der örtlichen Gegebenheiten, insbesondere der Verkehrslage, des Verkehrsflusses, etc., seien die Einwohner des Zählsprengels 843 nicht ihrer Apotheke zuzuordnen. Gleiches gilt für den Zählsprengel 1254, bezüglich dessen die Beschwerdeführerin ebenfalls konkret aufgelistet hat, dass eine leichtere Erreichbarkeit anderer Apotheken gegeben sei. Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde nicht in nachvollziehbarer Weise auseinander gesetzt. Jegliche Begründung fehlt auch dafür, warum die belangte Behörde im Gegensatz zum LH den gesamten Zählsprengel 843 der Apotheke der Beschwerdeführerin zuordnet. Auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren wären die jeweils zurückzulegenden Entfernungen unter Berücksichtigung der gegebenen Verkehrsmöglichkeiten zu erheben und erforderlichenfalls eine konkrete Zuordnung der in bestimmten Straßenzügen und Häusern der beiden strittigen Sprengel wohnhaften Bevölkerung zum Versorgungspotential der in Betracht kommenden Apotheken vorzunehmen gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1996, 95/10/0072 und die dort angeführte Vorjudikatur).

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 31. Mai 1999

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