VwGH 99/08/0072

VwGH99/08/007221.9.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller , Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der S in M, vertreten durch Mag.Dr. Franz Hafner, Rechtsanwalt in 4813 Altmünster, Marktstraße 1, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 12. April 1999, Zl. 4/1289/Nr.0187/99-12, betreffend Widerruf und Rückforderung von Sondernotstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §36a Abs3 idF 1999/I/087;
AlVG 1977 §36a Abs3;
AlVG 1977 §36a;
AlVG 1977 §81 Abs5 idF 1999/I/087;
NotstandshilfeV §2;
VwRallg;
AlVG 1977 §36a Abs3 idF 1999/I/087;
AlVG 1977 §36a Abs3;
AlVG 1977 §36a;
AlVG 1977 §81 Abs5 idF 1999/I/087;
NotstandshilfeV §2;
VwRallg;

 

Spruch:

Der Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in Beschwerde gezogenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid hat die belangte Behörde den Bezug der Sondernotstandshilfe der Beschwerdeführerin im Zeitraum vom 11. Juli bis 31. Dezember 1998 widerrufen und die Beschwerdeführerin zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Sondernotstandshilfe in der Höhe von S 21.419,-- verpflichtet. Nach der wesentlichen Begründung dieses Bescheides habe die Beschwerdeführerin anlässlich der Zuerkennung der Sondernotstandshilfe am 24. Juli 1998 niederschriftlich erklärt, von ihrem geschiedenen Gatten zur Zeit keinen Unterhalt zu bekommen. In einer Niederschrift vom 13. Jänner 1999 habe sie eingeräumt, seit 11. Juli 1998 einen monatlichen Unterhalt von S 6.000,-- bekommen zu haben, den sie dem Arbeitsmarktservice nicht gemeldet hätte, da sie angenommen habe, der Unterhalt sei bei der Berechnung des Sondernotstandshilfeanspruches bereits berücksichtigt worden.

Gestützt auf diesen Sachverhalt erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, gegen den sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde richtet.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. März 1999, Zl. 97/08/0554, mit näherer Begründung ausgeführt hat, sah das Arbeitslosenversicherungsrecht (vor der Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977, BGBl. Nr. 609, durch die Novelle BGBl. I Nr. 87/1999) bei der (auch im Beschwerdefall vorzunehmenden) Beurteilung der Notlage eine Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen nicht vor; auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses wird gem. § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen entgegnet die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift lediglich durch einen Hinweis auf die mittlerweile in Kraft getretene Änderung des § 36a Abs. 3 Z. 1 AlVG in Verbindung mit der Übergangsbestimmung des § 81 AlVG, welche - so die belangte Behörde - nunmehr klarstelle, dass Bezüge, die im Sinne des § 29 Z. 1 Einkommensteuergesetz 1988 freiwillig oder an eine gesetzliche unterhaltsberechtigte Person gewährt würden, als Hinzurechnungsbeträge im Sinne des § 36a Abs. 3 Z. 1 AlVG auf die Sondernotstandshilfe anzurechnen seien. "Gemäß § 81 Abs. 5 AlVG" sei in Fällen, in denen eine Berufung gegen die Anrechnung von Unterhaltsleistungen des geschiedenen Gatten vor dem 23. April 1999 eingebracht worden und am 23. April 1999 noch nicht entschieden worden sei, nach der Kundmachung der geänderten Fassung des § 36 AlVG eine stattgebende Verfügung für die gebührende Bezugsdauer zu treffen. Die Beschwerdeführerin habe am 17. Februar 1999 Berufung gegen die Anrechnung des Unterhaltes auf die Sondernotstandshilfe eingebracht, über die bereits mit Bescheid vom 12. April 1999 negativ entschieden worden sei. Im Sinne des nunmehr in Kraft getretenen Übergangsrechtes sei daher von der Rechtmäßigkeit der "Anrechnung der Sondernotstandshilfe" (gemeint wohl: des Unterhaltes auf diese) im gegenständlichen Fall auszugehen.

Diese Rechtsauffassung der belangten Behörde vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht nachzuvollziehen:

Nach dem vorzitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes kam eine Anrechnung von Unterhaltsansprüchen bei Beurteilung der Notlage im Zusammenhang mit Ansprüchen auf Notstandshilfe oder Sondernotstandshilfe für Zeiträume vor der Änderung des § 36a Abs. 3 Z. 1 AlVG durch die Novelle BGBl. I Nr. 87/1999 nicht in Betracht (zur zeitraumbezogenen Beurteilung von Geldleistungsansprüchen des Arbeitslosenversicherungsrechts vgl. die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, aus jüngerer Zeit etwa das Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 98/08/0310). Dies bedeutet, dass der Verwaltungsgerichtshof eine von der Behörde für die maßgeblichen Zeiträume entgegen dieser Rechtsauffassung vorgenommene Unterhaltsanrechnung im Falle der Bekämpfung des jeweiligen Berufungsbescheides als Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wahrzunehmen und diesen aufzuheben hat.

Die Beschwerdeführerin hat die Sondernotstandshilfe im Zeitraum vom 11. Juli 1998 bis 31. Dezember 1998 (also vor Inkrafttreten der genannten Gesetzesänderung) bezogen, weshalb - bei zeitraumbezogener Anwendung der im Bezugszeitraum geltenden Rechtslage - die (wenn auch im Zusammenhang mit dem Widerruf und der Rückforderung der Sondernotstandshilfe) erfolgte Anrechnung der Unterhaltszahlungen des Ehegatten zu Unrecht vorgenommen wurde.

Daran hat die Novelle BGBl. I Nr. 87/1999 nichts geändert, die keine Bestimmung über den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens enthält, am 24. Juni 1999 im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde und daher mit Ablauf dieses Tages in Kraft getreten ist.

Nach der Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 5 leg. cit. können Ansprüche aufgrund des § 36a Abs. 3 in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 87/1999 geltend gemacht werden, wenn dies vor dem 23. April 1999 beantragt und noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Diese Übergangsbestimmung hat - anders als die belangte Behörde offenbar meint - nicht die Aufgabe, klarzustellen, was sich schon aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, nämlich, dass Unterhaltszahlungen für Bezugszeiträume vor dem 24. Juni 1999 bei Beurteilung der Notlage nicht zu berücksichtigen sind, oder gar anzuordnen, dass der Verwaltungsgerichtshof bei rechtskräftig entschiedenen Ansprüchen den letztinstanzlichen Bescheid nunmehr nicht anhand der im Vorerkenntnis zum Ausdruck gebrachten Rechtsanschauung, sondern - gleichsam rückwirkend -nach der neuen Rechtslage zu beurteilen hätte; diese Übergangsbestimmung will vielmehr die Behörden der Arbeitsmarktverwaltung verpflichten, bei Ansprüchen, die vor dem 23. April 1999 beantragt und im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle noch nicht rechtskräftig erledigt worden sind, auch weiterhin, dh auch für jene Zeiträume des laufenden Anspruchs, welche über den 23. Juni 1999 hinausgehen, die frühere Rechtslage anzuwenden. Dies kommt auch in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck, wenn darin ausgeführt wird, es sei "im Sinne des verfassungsgesetzlich gebotenen Vertrauensschutzes eine Kontinuität bei der Berücksichtigung der Einkommenssituation sicherzustellen"

(AB 1844 Blg. Sten. Prot. NR XX.GP,1). Damit wird vermieden, dass bis einschließlich zum Tag der Einbringung des Initiativantrages zur Änderung des § 36a Abs. 3 AlVG am 22. April 1999 gestellten Anträge im Falle ihrer rechtskräftigen Erledigung nach dem Inkrafttreten der Änderung teils nach der alten und teils nach der neuen Rechtslage beurteilt werden.

Eine Anordnung einer Rückwirkung der Änderung des § 36a Abs. 3 Z. 1 AlVG für Zeiträume vor seinem Inkrafttreten kann der genannten Bestimmung hingegen nicht entnommen werden.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. September 1999

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