VwGH 99/07/0205

VwGH99/07/020513.4.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des A C, vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien I, Elisabethstraße 22, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 20. Oktober 1999, Zl. 514.110/02-I 5/99, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
VwGG §27 Abs1;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
VwGG §27 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 2. Juli 1998 erteilte der Landeshauptmann von Niederösterreich (LH) unter Berufung auf die §§ 11, 12, 13, 14, 15, 32, 38, 99, 105 und 111 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) der beschwerdeführenden Partei die wasserrechtliche Bewilligung

1. zur Erweiterung der bestehenden mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 8. Oktober 1969 und vom 18. Februar 1977 wasserrechtlich bewilligten Nassbaggerung auf Grundstück Nr. 1105/1 der KG Kritzendorf von derzeit 1,65 ha auf 2,85 ha unter der Bedingung, dass das abgebaute Material zur Aufhöhung jener durch die Räumung der Altlasten "Geschirrwasser" (Grundstücke Nr. 1104/2 und 1144/20, KG Kritzendorf), "Stiftsdeponie" (Grundstücke Nr. 1105/1, KG Kritzendorf) und "Grünabfalldeponie" (Grundstück Nr. 1105/4, KG Klosterneuburg) entstandenen Flächen verwendet wird und

2. zur Benutzung des bestehenden oder erweiterten Teiches auf Grundstück Nr. 1105/1, KG Kritzendorf, dahingehend, dass dieser ohne Zufüttern und ohne Besatz, ausgenommen einen möglichen Besatz mit Raubfischen im Umfang von 80 kg/ha/Jahr zum Fischen benützt wird.

Die Bewilligung wurde nach Maßgabe der im Abschnitt A des Bescheides enthaltenen Projektsbeschreibung und bei Einhaltung der im Abschnitt B angeführten Auflagen erteilt.

Im Abschnitt C des Bescheides wurde eine Sicherstellung in Form eines jederzeit fälligen Bankhaftbriefes in der Höhe von S 70.000,-- vorgeschrieben.

In der Begründung heißt es im Anschluss an die Wiedergabe der eingeholten Gutachten, von den Amtssachverständigen sei übereinstimmend dargelegt worden, dass aus zwei Gründen das Vorhaben positive wasserwirtschaftliche Auswirkungen habe. Durch die Erweiterung des Teiches, insbesondere durch die Tiefe der Teicherweiterung, werde die Selbstreinigungskapazität und die Stabilität des Teiches wesentlich verbessert. Die bestehende Nassbaggerung sei wasserrechtlich bewilligt gewesen und sei für erloschen erklärt worden. Damit sei der Teich in einen "Naturzustand" übergegangen und die Behörde habe - abgesehen von der Nutzung - keine weiteren Maßnahmen vorschreiben können. Mit der vorliegenden Bewilligung werde der Teich den Richtlinien des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft im Wesentlichen angepasst. Der bestehende Teich grenze unmittelbar an die Altlast "Stiftsdeponie" an. Die geräumten Altlastenflächen seien mit einwandfreiem Material wieder aufzuhöhen, da diese Bereiche im Hochwasserabfluss der Donau lägen. Überdies befänden sie sich im Zustrombereich zur Wasserversorgung der Stadt Klosterneuburg und es sei daher von großem Vorteil, wenn zur Aufhöhung bodenständiges Material verwendet werde. Zwar könne auch zugeführtes Material einwandfrei sein, eine Kontrolle dieses Materials könne jedoch immer nur Stichproben erfassen, sodass ein Restsrisiko bestehen bleibe. Dieses würde durch die Verwendung von Material, das vor Ort gewonnen werde, ausgeschlossen. Andererseits liege die Nassbaggerung am Rande des Schutzgebietes - wenn auch außerhalb - und stelle damit keinen idealen Standort dar. Durch die Baggerung selbst werde auch eine Störung verursacht. Dieses Gefährdungspotential sei aber auch bei der unumgänglichen Räumung der Altlasten vorhanden. Es sei daher vorgeschrieben worden, dass die Räumung mit der Nassbaggerung zeitlich so zu koordinieren sei, dass kein zusätzliches Gefährdungspotential entstehe. Eine Abwägung der Vor- und Nachteile ergebe, dass bei dem Vorhaben unter Einhaltung der Rahmenbedingungen in Summe die positiven wasserwirtschaftlichen Aspekte überwiegen. Insbesondere sei zu bedenken, dass für den bestehenden, keinesfalls den Richtlinien entsprechenden Teich von der Wasserrechtsbehörde kein Auftrag mehr erlassen werden könne. Da die Verwendung des Materials zur Aufhöhung eine wesentliche Voraussetzung für die Genehmigung sei, sei sie als Bedingung in den Spruch aufgenommen worden. Könne diese nicht erfüllt werden oder auch die zeitliche Abwicklung nicht entsprechend dem Bescheid vorgenommen werden, dürfe die Nassbaggerung nicht durchgeführt werden. Durch die eingeschränkte Nachnutzung (kein Füttern, nur Besatz mit Raubfischen) sei eine Erhaltung einer guten Wasserqualität zu erwarten. Die Bewilligung für die Nachnutzung gelte auch für den bestehenden Teich, falls die Erweiterung nicht durchgeführt werde.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung. Sie bekämpfte die Bedingung, dass das abgebaute Material zur Auffüllung der durch die Räumung bestimmter Altlasten entstandenen Flächen zu verwenden sei sowie eine weitere Auflage und die Vorschreibung einer Sicherstellung im Abschnitt C.

Die belangte Behörde holte ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Wasserbautechnik ein.

Dieser führte in seiner Stellungnahme vom 16. August 1999 aus, einleitend werde darauf hingewiesen, dass nach seinem Kenntnisstand die Aufhöhung der durch die Räumung der Altlasten im Bereich der Klosterneuburger Au entstandenen Flächen bereits abgeschlossen sei. Da aber ein wesentlicher Teil der gegenständlichen Erweiterungsfläche der Nassbaggerung auf Gst. Nr. 1105/1 im Bereich der geräumten "Stiftsdeponie" zu liegen kommen solle, sei fraglich, ob und in welchem Umfang die beantragte Nassbaggerung unter dieser Randbedingung überhaupt noch sinnvoll sei und daher durchgeführt werden solle. So wäre nunmehr auch jenes Material zu entfernen, das für die Aufhöhung der geräumten Stiftsdeponie erst kürzlich in diesem Bereich eingebracht worden sei. Es werde daher angeregt, Erkundigungen bei der beschwerdeführenden Partei über die beabsichtigte weitere Vorgangsweise anzustellen. Unabhängig davon werde zum Vorhaben der beschwerdeführenden Partei wie folgt Stellung genommen:

Das Vorhaben der Erweiterung der auf Grundstück Nr. 1105/1 der KG Kritzendorf befindlichen Teichanlage könne aus fachlicher Sicht nicht positiv beurteilt werden. Im Hinblick auf mögliche qualitative und quantitative Veränderungen im Abstrom von Nassbaggerungen seien Freilegungen des Grundwassers aus der Sicht des Grundwasserschutzes überaus kritisch zu betrachten. Dies gelte naturgemäß vor allem für jene Vorhaben, die im Einzugsbereich von Anlagen, die der Wasserversorgung dienten, zu liegen kämen. Ebenso sei das erhöhte Gefährdungspotential für das Grundwasser bzw. die Wasserversorgungsanlage infolge von Stör- oder Unfällen bei der fachlichen Beurteilung derartiger Vorhaben im Besonderen zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall handle es sich um eine relativ alte Nassbaggerung, bei der die letzten Kiesentnahmen bereits mehr als 20 Jahre zurücklägen. An Hand der Erfahrung ähnlich gelagerter Fälle könne aus fachlicher Sicht davon ausgegangen werden, dass sich der gegenständliche Grundwasserteich auf Grund seines Alters und seiner Lage in einem Hochwasserabflussgebiet (vermehrter Eintrag von Feinteilen) gegenüber dem umgebenden Grundwasser in einem bestimmten Maße abgedichtet habe. Damit sei aber der Wasseraustausch zwischen Grundwasser und Teichwasser nur mehr eingeschränkt möglich. Unter dieser Voraussetzung seien mögliche Beeinträchtigungen der qualitativen Grundwasserverhältnisse infolge einer Verschlechterung der Wasserqualität im Teich als eher gering zu beurteilen. Bei einer entsprechenden extensiven Nutzung (Landschaftsteich) könne unabhängig von Stör- oder Unfallbetrachtungen das vorhandene Gefährdungspotential für die im Abstrombereich der gegenständlichen Nassbaggerung gelegene Brunnenanlage "Kuhau" der Stadtgemeinde Klosterneuburg aus fachlicher Sicht somit derzeit als überschaubar bzw. tolerierbar angesehen werden.

Bei einer Realisierung des gegenständlichen Vorhabens komme es aber zu einer Änderung der vorhandenen und oben beschriebenen Situation. Mit der geplanten Erweiterung der bestehenden Teichanlage (Nassbaggerung) werde natürlich die das Grundwasser schützende Deckschichte gänzlich entfernt. Das derart entstandene Oberflächengewässer weise jedoch gegenüber dem Grundwasser eine wesentlich höhere Immissionsneigung auf. So komme es zu atmosphärischem, oberflächlichem und direktem Eintrag unterschiedlicher Stoffe, die zu einer qualitativen Belastung des Teichwassers führen könnten. Aber auch auf Grund der örtlichen Lage der gegenständlichen Nassbaggerung in einem Hochwasserabflussgebiet sei ein vermehrter Stoffeintrag in die Grundwasserfreilegung gegeben. Gleichzeitig komme es auf Grund der vorhandenen Durchlässigkeit der Teichsohle und der Teichböschungen sowie der gegebenen hydrologischen Verhältnisse zu intensiven Austauschvorgängen zwischen Teich- und Grundwasser. Es sei daher auch mit einem vermehrten Eintrag von Schad- bzw. Fremdstoffen in das den Teich umgebende Grundwasser zu rechnen. Dieser werde erst mit zunehmendem Alter des Teiches infolge der bereits beschriebenen Vorgänge (teilweise Abdichtung) geringer werden. Unter Berücksichtigung allfälliger Stör- bzw. Unfälle sei das zu erwartende künftige Gefährdungspotential für das Grundwasser und damit auch für die im Abstrom gelegene Trinkwassergewinnungsanlage der Stadtgemeinde Klosterneuburg, die immerhin die Versorgung von etwa 25.000 Einwohnern sicherstelle, erheblich höher als derzeit zu bewerten. Aus fachlicher Sicht werde daher die gegenständliche Erweiterung der bestehenden Nassbaggerungen auf

Grundstück Nr. 1105/1 der KG Kritzendorf negativ beurteilt.

Zu den Ausführungen der Amtssachverständigen der Vorinstanz ergäben sich aus Sicht des Amtssachverständigen der belangten Behörde folgende Anmerkungen:

Die Sachverständigen der Vorinstanz stimmten dem gegenständlichen Vorhaben unter der Prämisse zu, dass das im Zuge der Erweiterung der Nassbaggerung anfallende Aushubmaterial für die Wiederaufhöhung der durch die Altlastensanierung im Bereich der Klosterneuburger Au betroffenen Flächen verwendet werde. Mit dieser Bedingung solle u.a. sichergestellt werden, dass die erforderliche Wiederverfüllung im Schutzgebiet bzw. in dessen Nahebereich für die Brunnenanlage "Kuhau" mit autochthonem Material erfolge. Aus fachlicher Sicht sei dazu festzuhalten, dass mit dieser Bedingung zwar die Gefahr der Einbringung qualitativ ungeeigneten Materials minimiert werde, aber gleichzeitig, wie bereits ausgeführt, das Gefahrenpotential für das Grundwasser durch die Erweiterung der Nassbaggerung erheblich erhöht werde. Der mit der Verwirklichung des gegenständlichen Vorhabens verbundene Nachteil für das Grundwasser überwiege die Vorteile bei weitem.

Zusammenfassend sei somit festzuhalten, dass im Hinblick auf den aus fachlicher Sicht vor allem im Einzugsbereich von Brunnen zur Trinkwasserversorgung zu fordernden nachhaltigen Schutz des Grundwassers vor qualitativen Beeinträchtigungen das gegenständliche Vorhaben der Erweiterung der auf

Grundstück Nr. 1105/1 der KG Kritzendorf befindlichen Teichanlage fachlicherseits grundsätzlich nicht positiv beurteilt werden könne.

In ihrer Stellungnahme zu diesem Gutachten brachte die beschwerdeführende Partei vor, der Amtssachverständige dürfte übersehen haben, dass sich die Berufung ausschließlich gegen Teile des erstinstanzlichen Bescheides richte, weshalb der Amtssachverständige zu der Frage, ob die Bewilligung der Nassbaggerung hätte erteilt werden dürfen oder nicht, gar nicht mehr hätte Stellung nehmen dürfen. Die Wasserrechtsbehörde erster Instanz habe mehrere Sachverständigengutachten eingeholt und diese dahingehend gewürdigt, dass das Vorhaben positive wasserwirtschaftliche Auswirkungen habe. Darüber hinaus werde mit der erteilten Bewilligung der Teich den Richtlinien des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft im Wesentlichen angepasst. Es sei zwar richtig, dass ursprünglich vorgesehen gewesen sei, auf einer Teilfläche des geräumten Altlastenareals die Teicherweiterung durchzuführen und mit dem gewonnenen Kiesmaterial die Wiederauffüllung der restlichen Altlastenflächen durchzuführen. Die Absicht, mit dem gewonnen Kiesmaterial die Wiederauffüllung der restlichen Altlastflächen durchzuführen, stehe jedoch in keinerlei Zusammenhang mit den zu prüfenden Voraussetzungen für die beantragte und bewilligte Nassbaggerung. Es sei für die Nassbaggerung letztlich völlig gleichgültig, ob das durch sie gewonnene Material in einer Entfernung von 100 m oder in einer Entfernung von 500 m oder mehreren Kilometern Verwendung finde, dies jedenfalls aus wasserrechtlicher Sicht. Im vorliegenden Verfahren seien aber ausschließlich wasserrechtliche Aspekte zu prüfen. Insoweit sei die Einholung des Sachverständigengutachtens durch die belangte Behörde völlig überflüssig gewesen, weil sich bereits aus den in erster Instanz vorliegenden Sachverständigengutachten ergebe, dass die Nassbaggerung als solche wasserrechtlich zulässig und sogar wünschenswert sei. Die Berufungsbehörde hätte sich lediglich damit auseinander setzen dürfen, ob es für die von der Erstinstanz vorgenommene Verknüpfung zwischen der Bewilligung der Nassbaggerung und der Auflage, das abgebaute Material zur Auffüllung der durch die Räumung der Altlasten entstandenen Flächen irgendeine sachliche Grundlage gebe. Eine derartige Grundlage sei weder der Begründung des bekämpften Bescheides noch den darin erwähnten Sachverständigengutachten zu entnehmen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 20. Oktober 1999 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei keine Folge und hob aus Anlass der Berufung den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos auf.

In der Begründung heißt es nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des eingeholten Sachverständigengutachtens, § 66 Abs. 4 AVG enthalte kein Verbot der reformatio in peius. Der Amtssachverständige der belangten Behörde habe sich in seiner Stellungnahme vom 12. August 1999 zweifelsfrei grundsätzlich gegen das beantragte Projekt einer Erweiterung bestehender Teiche ausgesprochen. Diesen Überlegungen habe sich die Behörde angeschlossen, zumal klar gewesen sei, dass bereits die Erstbehörde die Bewilligung nur unter einer ganz bestimmten Bedingung erteilt habe bzw. habe erteilen können. Diese Bedingung erscheine nicht mehr erfüllbar. Dies sei auch der Grund für die Berufung der beschwerdeführenden Partei. Somit bestehe auch kein Widerspruch zu der positiven Beurteilung des Projektes in der ersten Instanz, da diese in enger Verknüpfung mit der umweltrelevanten Bedingung zu sehen sei. Das Projekt sei nicht mehr bewilligungsfähig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, die belangte Behörde habe weder eine Zurückverweisung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG noch eine Entscheidung in der Sache selbst im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG vorgenommen, sondern sei einen dritten, im Gesetz nicht vorgesehenen Weg gegangen. Dadurch werde die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf Sachentscheidung verletzt. Dass eine solche Vorgangsweise unzulässig sei, ergebe sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere aus dessen Erkenntnis vom 18. Dezember 1986, Zl. 85/08/0044. Das Wort "ersatzlos" im angefochtenen Bescheid hindere eine Umdeutung dahin, dass mit der Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides gleichzeitig eine Abweisung des Anbringens der beschwerdeführenden Partei verbunden sei. Im Übrigen wäre auch eine Abweisung dieses Antrages nicht gerechtfertigt, hätten doch die in erster Instanz beigezogenen Sachverständigen das Vorhaben positiv beurteilt. Die belangte Behörde habe sich im angefochtenen Bescheid über die Wiedergabe des von ihr eingeholten Gutachtens eines anonymen und damit hinsichtlich seiner Qualifikation nicht nachprüfbaren Sachverständigen hinaus nicht mit den im Verfahren erster Instanz eingeholten Sachverständigengutachten auseinander gesetzt. Für den Fall, dass der angefochtene Bescheid als in der Sache ergangene Entscheidung über das Anbringen des Beschwerdeführers im Sinne einer Abweisung desselben zu verstehen sei, leide der Bescheid an einem Begründungmangel.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Auf Grund der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den erstinstanzlichen Bescheid war die belangte Behörde berechtigt, den erstinstanzlichen Bescheid nach jeder Richtung hin abzuändern. Dass die beschwerdeführende Partei nur gegen einzelne Teile dieses Bescheides Berufung erhoben hat, stand dem nicht entgegen, da diese Bescheidteile vom Rest des Bescheides nicht trennbar sind und der übrige Bescheid daher auch nicht in Rechtskraft erwachsen konnte.

Das von der belangten Behörde eingeholte Amtssachverständigengutachten hat ergeben, dass vom Vorhaben der beschwerdeführenden Partei eine Gefährdung des Grundwassers ausgeht. Das Vorhaben ist daher nicht bewilligungsfähig.

Die beschwerdeführende Partei hat es unterlassen, dem Amtssachverständigengutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten. Es trifft im Übrigen auch nicht zu, dass eine Auseinandersetzung mit den Gutachten der in erster Instanz beigezogenen Amtssachverständigen unterblieben sei; vielmehr hat der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige dargelegt, warum er zu einem anderen Ergebnis kommt als die Sachverständigen des LH.

Wenn die beschwerdeführende Partei von einem "anonymen und damit hinsichtlich seiner Qualifikation nicht nachprüfbaren Sachverständigen" spricht, dann ist ihr zu erwidern, dass es ihr im Verwaltungsverfahren möglich gewesen wäre, von der belangten Behörde die Bekanntgabe des Amtssachverständigen zu fordern.

Da das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben hat, dass das Vorhaben der beschwerdeführenden Partei nicht bewilligungsfähig ist, war der erstinstanzliche Bescheid zu beheben und der Antrag der beschwerdeführenden Partei abzuweisen.

Die belangte Behörde hat im Spruch ihres Bescheides den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben, ohne gleichzeitig eine ausdrückliche Abweisung des Antrages der beschwerdeführenden Partei auszusprechen. Der angefochtene Bescheid beinhaltet aber trotzdem auch eine Abweisung dieses Antrages.

Die ersatzlose Behebung des erstinstanzlichen Bescheides bedeutet im vorliegenden Fall, dass die in I. Instanz erteilte Bewilligung aus dem Rechtsbestand beseitigt und es der Erstbehörde unmöglich gemacht wird, in dieser Sache einen neuen Bescheid zu erlassen. Damit ist im Ergebnis der Antrag der beschwerdeführenden Partei abgewiesen und es liegt keine Verletzung des Rechtes auf Sachentscheidung vor (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. März 1995, 94/07/0084). Daran ändert auch der Hinweis der beschwerdeführenden Partei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1986, 85/08/0044, nichts. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die ersatzlose Behebung eines erstinstanzlichen Bescheides nach § 66 Abs. 4 AVG zur Folge hatte, dass damit die Verpflichtung einer näher genannten Person zur Entrichtung von Sonderbeiträgen und Umlagen auch dem Grunde nach beseitigt und nicht mehr neuerlich darüber entschieden werden durfte. Diese (endgültige) Beseitigung der Verpflichtung zur Entrichtung von Sonderbeiträgen und Umlagen entsprach aber nicht den anzuwendenden (materiellen) Rechtsvorschriften, führte also zu einem rechtlich unrichtigen Ergebnis. Im Gegensatz dazu führt aber im vorliegenden Fall die mit der Aufhebung des erstinstanzlichen Bewilligungsbescheides verbundene Konsequenz, dass kein neuer Bewilligungsbescheid mehr erlassen werden darf, zu einem rechtlich richtigen Ergebnis.

Überdies ergibt sich aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides im Zusammenhang mit seiner Begründung ohnehin deutlich, dass der angefochtene Bescheid auch eine Abweisung des Antrages der beschwerdeführenden Partei beinhaltet, da die getroffene Entscheidung damit begründet wird, dass das Vorhaben der beschwerdeführenden Partei nicht bewilligungsfähig sei. Der Aufhebung des erstinstanzlichen Bewilligungsbescheides in Verbindung mit dieser Begründungsaussage kommt die Bedeutung einer Abweisung des Bewilligungsantrages zu.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die objektiv verfehlte verfahrensrechtliche Vorgangsweise der belangten Behörde Rechte der beschwerdeführenden Partei nicht verletzt hat.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 13. April 2000

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