VwGH 99/06/0009

VwGH99/06/000926.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der Gemeinde G, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid der Stmk. Landesregierung vom 1. Dezember 1998, GZ. 03-12.10 G 96 - 98/34, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: C), zu Recht erkannt:

Normen

BauG Stmk 1995 §4 Z22;
BauG Stmk 1995 §4 Z23;
BauG Stmk 1995 §4 Z33;
VwRallg;
BauG Stmk 1995 §4 Z22;
BauG Stmk 1995 §4 Z23;
BauG Stmk 1995 §4 Z33;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte kann auf das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 97/06/0172, verwiesen werden. Gegenstand des vorliegenden Bauverfahrens ist das Ansuchen der Mitbeteiligten vom 12. August 1996 auf Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses auf dem näher angeführten Grundstück. Es ist ein erdgeschoßiges Wohnhaus mit einem Mansarddach geplant, das ein weiteres Geschoß mit der Besonderheit umschließt, dass die Außenmauern des Erdgeschoßes in dieses Geschoß hochgezogen werden und der untere Teil des Mansarddaches mit einer Neigung von 75 Grad an der Fassade darübergezogen wird. Über diesem Geschoß liegt der obere Teil des Daches mit einer Neigung der Dachflächen von 25 Grad. Im Obergeschoß (im unteren Teil des Mansarddaches) ist ein Balkon geplant, der auf einer Seite der Balkontür und über der Balkontür von Mauerwerk bis zum Knick des Daches umgeben ist. Die Balkonfläche ragt ca. 1,20 m über die Fassade dieser Gebäudefront.

Im erstinstanzlichen Verfahren wurde ein Austauschplan betreffend den Bereich des Daches über dem Geschoß im Mansardendach (eingelangt bei der erstinstanzlichen Behörde am 6. November 1996) vorgelegt.

Mit Schreiben vom 23. Jänner 1997 erging an die Mitbeteiligte der weitere Verbesserungsauftrag, dass der Balkon im Obergeschoß entweder auf die Breite der Balkontüre zu verkleinern oder die Balkontüre auf die Balkonbreite zu verbreitern und die Umrandung mit dem gleichen Dachdeckungsmaterial zu versehen sei, damit die Dachfläche eine Einheit bilde. Zu diesem Zwecke wurde der Austauschplan mit dem Ersuchen um entsprechende Änderung (allerdings ohne Fristsetzung) übermittelt.

Der Bürgermeister bzw. der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde wiesen das Bauansuchen in der Folge ab. Mit dem Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 18. Juni 1997 (der Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens Zl. 97/06/0172 war) wurde der Berufungsbescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 11. April 1997 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde verwiesen. Aufhebungsgründe dieser Entscheidung waren, dass für den neuerlichen Auftrag zur Verbesserung des eingereichten Bauvorhabens mit Schreiben vom 23. Jänner 1997 keine Frist für die Vorlage geänderter Pläne gesetzt worden war; die Mitbeteiligte hat daher jedenfalls nicht ausreichend Gelegenheit zur Projektmodifikation unter Einräumung einer angemessenen Frist gehabt. Das von der Berufungsbehörde angezogene bautechnische Gutachten vom 20. März 1997, das der Entscheidung der Berufungsbehörde zugrundegelegt worden sei, sei der Mitbeteiligten nicht zur Kenntnis gebracht worden. Dies stelle einen Verstoß gegen den § 37 und den § 45 Abs. 3 AVG dar. Weiters sei die Berufungsbehörde zu Unrecht davon ausgegangen, dass keine rechtlich gesicherte Zufahrt im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 6 Stmk. BauG 1995 vorliege.

Mit dem angeführten hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 97/06/0172, wurde die von der beschwerdeführenden Gemeinde gegen den angeführten aufhebenden Vorstellungsbescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof definierte u.a. gestützt auf Literatur den Begriff des Mansarddaches als ein geknicktes Dach mit steilerer Neigung im unteren Teil und einer flacheren Neigung im oberen Teil. Das Mansarddach könne in seinem unteren Teil eine Dachwohnung (Mansarde) enthalten (Mansardendach). Das "Dach" schließe nach der angeführten Literatur ein Bauwerk nach oben ab und schütze es gegen Witterungseinflüsse. Ein Mansardendach umschließe nach dieser Definition die Wohnung zur Gänze. Ein Balkon mit aufgehendem Mauerwerk, durch das die Dachfläche unterbrochen werde, ohne dass die der Belichtung der Dachwohnung dienende Öffnung (im vorliegenden Fall die Balkontür) von der Dachfläche (insbesondere vom Dachsaum gemäß § 4 Z. 23 Stmk. BauG 1995) zur Gänze umgeben sei, widerspreche jedenfalls diesem Begriff des Mansardendaches. Der zweite Verbesserungsauftrag vom 23. Jänner 1997 entspreche dieser Auffassung grundsätzlich und sei daher zu Recht ergangen. Die belangte Behörde habe zutreffend angenommen, dass keine ausreichende Frist zur Projektänderung gewährt worden sei.

Im fortgesetzten Verfahren wurde mit Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 20. März 1998 der Berufung der Mitbeteiligten Folge gegeben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verwiesen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. April 1998 wurde der Berufungsbescheid vom 20. März 1998 mangels Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben.

Mit Schreiben der Berufungsbehörde vom 25. Mai 1998 wurde der Auftrag erteilt, das Mansardendach entsprechend der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Feber 1998, Zl. 97/06/0172, zu gestalten. Der Verwaltungsgerichtshof habe dargelegt, dass ein Balkon mit aufgehendem Mauerwerk, durch das die Dachfläche unterbrochen wird, ohne dass die der Belichtung der Dachwohnung dienende Öffnung , im vorliegenden Fall die Balkontür, von der Dachfläche - im vorliegenden Fall insbesondere auch von dem Dachsaum gemäß § 4 Z. 23 Stmk BauG 1995 - zur Gänze umgeben ist, jedenfalls dem Begriff des Mansardendaches widerspreche. Im Folgenden wurde noch die Definition des Dachsaumes gemäß § 4 Z. 23 Stmk BauG 1995 wiedergegeben. Es wurde eine Frist von 14 Tagen ab Zustellung zur Verbesserung eingeräumt. Es erfolgte keine weitere Verbesserung des Bauvorhabens der Mitbeteiligten.

Mit neuerlichem Berufungsbescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 15. Juni 1998 wurde der Berufung der Mitbeteiligten wiederum keine Folge gegeben und das Bauansuchen abgewiesen. In der Begründung wurde unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 1998 ausgeführt, dass die auf der Südseite im Obergeschoß zur Belichtung der Dachwohnung dienende Öffnung (Balkontür) die Dachfläche des Mansardendaches unterbreche, ein Mansardendach jedoch die unter diesem Dach gelegene Wohnung zur Gänze zu umschließen habe und die der Belichtung der Dachwohnung dienenden Öffnungen von der Dachfläche (Mansardendach) zur Gänze umgeben sein müssten. Diesem Erfordernis widerspreche das eingereichte Projekt. Der mehrmaligen Aufforderung zur entsprechenden Projektmodifikation sei die Mitbeteiligte nicht nachgekommen.

Der dagegen erhobenen Vorstellung der Mitbeteiligten wurde mit dem angefochtenen Bescheid Folge gegeben, der Berufungsbescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 15. Juni 1998 wegen Verletzung von Rechten der Mitbeteiligten behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde verwiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass Rechtsmeinungen der Aufsichtsbehörde, die in einem aufhebenden Vorstellungsbescheid ausgedrückt seien und den aufhebenden Spruch dieses Bescheides trügen, bindende Wirkung zukäme. In diesem Umfang erstrecke sich die Bindung auf alle beteiligten Parteien und Behörden, einschließlich der Aufsichtsbehörde. Für das fortzusetzende Berufungsverfahren sei der Gemeinderat daher an die die Aufhebung tragenden Gründe in den Bescheiden der belangten Behörde vom 18. Juni 1997 sowie vom 15. April 1998 gebunden gewesen. Eine Bindungswirkung an die Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 1998, mit dem die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den aufsichtsbehördlichen Bescheid vom 18. Juni 1998 abgewiesen worden sei, sei demgegenüber nicht gegeben. Die Versagung der Baubewilligung stütze die Berufungsbehörde darauf, dass ein Mansardendach die unter diesem Dach gelegene Wohnung zur Gänze zu umschließen hätte und die der Belichtung der Dachwohnung dienenden Öffnungen von der Dachfläche (Mansardendach) zur Gänze umgeben sein müssten. Diesem Erfordernis werde das eingereichte Projekt unter Berücksichtigung des Austauschplanes vom 30. März 1998 nicht gerecht. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. Februar 1998 dargelegt habe, enthalte das Steiermärkische Baugesetz keine Definition eines Mansardendaches. Es sei aus diesem Grunde auf die Literatur (vgl. Hans Koepf, Bildwörterbuch der Architektur2, 1968, 102) verwiesen worden, wonach als Mansardendach ein geknicktes Dach mit steilerer Neigung im unteren Teil und einer flacheren Neigung im oberen Teil definiert sei. Das Mansarddach sei danach meist als Walmdach ausgebildet und könne in seinem unteren Teil eine Dachwohnung (Mansarde) enthalten (Mansardendach). Das "Dach" schließe nach diesem "Bildwörterbuch der Architektur" ein Bauwerk nach oben ab und schütze es gegen Witterungseinflüsse. Entscheidungswesentlich sei im vorliegenden Fall die Frage, ob durch den im Projekt vorgesehenen Balkon (in der Fassung des Austauschplanes vom 30. März 1998) die Dachfläche des Mansardendaches derart unterbrochen werde, dass nicht mehr von einem Mansardendach gesprochen werden könne. Zur Klärung dieser Frage habe die Aufsichtsbehörde zunächst eine Stellungnahme eines bautechnischen Amtssachverständigen eingeholt, die sowohl der Mitbeteiligten als auch der beschwerdeführenden Gemeinde zur Kenntnisnahme übermittelt worden sei. Dieser Stellungnahme sei zu entnehmen, dass ein Mansardendach auch dann als solches gegeben sei, wenn es Trakte besitze, die höher gezogen seien, wie auch Satteldächer weiterhin Satteldächer blieben, selbst wenn diese in Teilbereichen Schleppgaupen aufwiesen. Aus fachtechnischer Sicht werde dazu festgestellt, dass die Anforderungen der Gemeindebehörden ausschließlich nur einen gestalterischen für das Ortsbild relevanten Sinn ergäben, wenn das Mansardendach im Bereich des Balkons durch eine - allenfalls vergrößerte - Glastüre unterbrochen und der Balkon - ebenfalls auf die einfache Glastürbreite verkürzt - den Mansardendachkörper als selbstständiges Architekturelement vorgelagert werde. Weder eine dachartige Verkleidung der Brüstung mit dem Dachdeckstoff oder in der Form des Traufengesimses noch eine loggiaartige Ausschneidung der Dachfläche mit einer relativ tiefen Lochwirkung würden demgegenüber eine Verbesserung darstellen. Der bautechnische Amtssachverständige komme letztlich zum Schluss, dass die ergänzenden Forderungen der Baubehörde vom 23. Jänner 1997 mit dem Austauschplan vom 30. März 1998 vollinhaltlich erfüllt worden seien. Der Typus des Mansardendaches sei gegeben und die geforderte Umrandung des Balkones könne sich sinngemäß nur auf das unmittelbare Anschließen von Dachflächen rechts, links und oberhalb der Balkontüre beziehen, um die ursprünglich vorgesehene verputzte Wandfläche neben der Balkonglastüre zu vermeiden. Ausgehend von der Definition der Begriffe "Dach" und "Dachformen" im Bildwörterbuch der Architektur sei aus aufsichtsbehördlicher Sicht auszuführen, dass das Dach auf Grund der im vorliegenden Projekt vorgesehenen Balkonausgestaltung noch immer dem Typus Mansardendach entspreche. Insbesondere könne auch nach der Dachdefinition im angesprochenen Bildwörterbuch ein Dach für Wohnzwecke ausgebaut sein, wobei zu seiner Belichtung und räumlichen Ausweitung Dachaufbauten zulässig seien, die als stehende Dachfenster, Dacherker oder als Zwerchhaus (hiebei handle es sich um eine Unterbrechung der Dachfläche in giebelartiger Ausführung) ausgebildet sein könnten. Schließlich sei selbst bei der Annahme, wonach die Mansardendachfläche nicht unterbrochen werden dürfe, davon auszugehen, dass der Austauschplan vom 30. März 1998 diesem strengen Erfordernis entspreche. Ausgehend von der Definition des Dachsaumes gemäß § 4 Z. 23 Stmk. BauG liege der im Bereich des Balkones höherliegende Dachsaum innerhalb der höchstzulässigen Gebäudehöhe von 6 m gemäß dem Bebauungsgrundlagenbescheid. Insgesamt ergebe sich somit, dass die Berufungsbehörde die Zulässigkeit der Errichtung eines Balkones im Bereich des Mansardendaches (siehe den Ausführungsplan vom 30. März 1998) nicht unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Baufreiheit beurteilt habe, obgleich für die Ausführung eines Mansardendaches keine gesetzliche Regelung bzw. Beschränkung gegeben sei. Dadurch seien Rechte der Mitbeteiligten verletzt worden.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei erstattete im verwaltungsgerichtlichen Verfahren weitere Äußerungen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter Hinweis auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in dem angeführten hg. Erkenntnis Zl. 97/06/0172 wendet sich die beschwerdeführende Gemeinde gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass das Bauvorhaben i.d.F. des Austauschplanes vom 30. März 1998 dem vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Begriff des Mansardendaches entspreche. Das Ersetzen eines aufgehenden Mauerwerks durch eine Fensterfläche könne an dem grundsätzlichen Erfordernis, dass diese aufgehenden Flächen zur Gänze vom Dach umschlossen werden müssen, nichts ändern. Das Bauvorhaben in der abgeänderten Form weise an der Südansicht des Objektes keine durchgehende Traufe auf und werde der Dachsaum eindeutig auf eine größere Länge durch den Balkon unterbrochen. Damit sei das Erfordernis für ein Mansardendach, wonach das Dach die darin liegenden Räumlichkeiten zur Gänze ummanteln müsse, jedenfalls nicht erfüllt. Ein Vergleich mit Giebeln und Dachtraufen sei nicht zulässig, weil im zur Beurteilung vorliegenden Falle eine gänzliche Unterbrechung des Dachsaumes gegeben sei und nicht dieser einfach einem Giebel folge. Die Ansicht der belangten Behörde sei jedenfalls in keiner Weise den vom Verwaltungsgerichtshof im angeführten Erkenntnis vorgegebenen Erfordernissen entsprechend.

Mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Gemeinde im Recht. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Zusammenhang mit der Frage, ob der verfahrensgegenständliche zweite Verbesserungsauftrag vom 23. Jänner 1997 überhaupt zu Recht ergangen ist, mit der Frage der Ausgestaltung eines Balkones in einem Mansardendach auseinander gesetzt und aus den in der Literatur definierten Begriffen des Mansardendaches und des Daches abgeleitet, dass ein Mansardendach die unter einem solchen Dach gelegene Wohnung zur Gänze umschließt. Ein Balkon mit aufgehendem Mauerwerk, so stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, durch das die Dachfläche durchbrochen wird, ohne dass die der Belichtung der Dachwohnung dienende Öffnung (im vorliegenden Fall die Balkontür) von der Dachfläche (im vorliegenden Fall insbesondere auch von dem Dachsaum gemäß § 4 Z. 23 Stmk. BauG 1995) zur Gänze umgeben ist, widerspricht jedenfalls dem Begriff des Mansardendaches. Die Aussage dieses letzten Satzes aus dem angeführten Erkenntnis bedarf zwar insofern der Präzisierung, als sie dahin verstanden werden muss, dass der Dachsaum bzw. die Dachfläche nicht an die untere Begrenzung der Balkontür unmittelbar angrenzen muss, da dann ein balkonähnliches Gebilde im Mansardendach überhaupt nicht möglich wäre, sondern dass zumindest der Dachsaum als Teil der Dachfläche unter der vor der Balkontür befindlichen, üblicherweise mit einem Geländer versehenen Fläche verlaufen muss.

Daraus ergab sich, dass die von der erstinstanzlichen Behörde geforderte zweite Verbesserung des Bauvorhabens im Hinblick auf den Balkon im Obergeschoß - wie der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich festgestellt hat - grundsätzlich zu Recht ergangen ist. Der Verwaltungsgerichtshof musste sich mit dieser Frage auseinander setzen, um die weitere Frage zu klären, ob von den Gemeindebehörden zu Recht angenommen worden war, dass für diesen zweiten Verbesserungsauftrag, ohne ausdrücklich eine Frist zu setzen, tatsächlich eine ausreichende Frist gewährt worden sei. Es ist zwar der belangten Behörde Recht zu geben, dass u.a. ihrem aufhebenden Vorstellungsbescheid vom 18. Juni 1997 im Hinblick auf die tragenden Gründe der Aufhebung Bindungswirkung zukommt. Diese Bindungswirkung betraf neben der festgestellten Parteiengehörverletzung und neben der Frage des Vorliegens einer rechtlich gesicherten Zufahrt den zweiten Verbesserungsauftrag insofern, dass der Mitbeteiligten jedenfalls nicht ausreichend Gelegenheit zur Projektsänderung unter Einräumung einer angemessenen Frist gegeben worden war. Dieser bindende Aufhebungsgrund sagte nichts darüber aus, dass ein allfälliger, von der Behörde für notwendig erachteter, weiterer Auftrag zur Verbesserung des Bauvorhabens im fortgesetzten Verfahren nicht mehr zulässig wäre. Auf Grund der angeführten Überlegungen des Verwaltungsgerichtshofes in dem Vorerkenntnis Zl. 97/06/0172 zur zulässigen Ausgestaltung eines Balkones in einem Mansardendach war - wie dies die Berufungsbehörde zutreffend angenommen hat - ein neuerlicher Verbesserungsauftrag im Bauverfahren erforderlich, der auch tatsächlich im Berufungsverfahren mit Schreiben vom 25. Mai 1998 erfolgte und zur Entsprechung des Auftrages eine Frist von 14 Tagen (ab Zustellung des Schreibens) gesetzt wurde. Wenn die belangte Behörde gestützt auf den im Verfahren herangezogenen Sachverständigen meint, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Vorerkenntnis grundsätzlich die Zulässigkeit eines Balkones in einem Mansardendach anerkannt habe, weil, wenn man einen durch einen solchen Balkon nicht durchbrochenen Dachsaum entlang der Traufe verlange, nur mehr eine Art Loggia, aber kein Balkon entstehen könnte, ist dem entgegenzuhalten, dass im Lichte der Überlegungen des Verwaltungsgerichtshofes in dem Vorerkenntnis auch ein Balkon in der Form eines Deckenvorsprungs vor die Fassade zulässig ist, wenn dieser nur von der Dachfläche bzw. dem Dachsaum umgeben ist.

Mit dem von der Mitbeteiligten vorgelegten Austauschplan vom 30. März 1998 wurde das die Balkontür umgebende Mauerwerk in der Form beseitigt, dass die senkrechte Fläche bis zur Dachfläche nunmehr mit Glasflächen (insgesamt nunmehr drei, eine größere in der Mitte und zwei in etwa gleich große, kleinere an den Seiten des Balkones) versehen ist (wobei aus dem Plan nicht ersichtlich ist, ob dabei nun drei Glastüren vorgesehen sind oder es sich bei den beiden jeweils an der Seite befindlichen weniger breiten Glasflächen lediglich um Fenster handelt) und weiters der untere Teil des Mansarddaches vom Knick zum oberen Teil des Daches weg bis zur oberen Begrenzung der Balkontür herangeführt wurde. Gemäß diesem Austauschplan wird der Dachsaum entlang der Traufe an dieser Gebäudefront durch die 1,20 m vorspringende Balkonfläche unterbrochen. Der beabsichtigte Balkon ist an seiner äußersten Begrenzung nicht durch den Dachsaum umschlossen. Der so geplante Balkon entspricht nicht der dargelegten Ausgestaltung eines balkonähnlichen Gebildes in einem Mansardendach im Sinne des Vorerkenntnisses. Gemäß dem Bebauungsgrundlagenbescheid vom 29. Mai 1996 war als Dachform ein Mansardendachstuhl vorgesehen. Die Berufungsbehörde hat die Berufung somit zu Recht im Lichte des Austauschplanes vom 30. März 1998 abgewiesen. Indem die belangte Behörde diesbezüglich die gegenteilige Auffassung vertrat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die beschwerdeführende Gemeinde ist weiters der Auffassung, dass auch deshalb kein Mansardendachstuhl vorliege, weil der untere Teil des vorliegenden Daches ein "Vollgeschoß" lediglich ummantele. Eine solche Ausführung könne jedenfalls nicht als Dach gewertet werden.

Dieser Auffassung der beschwerdeführenden Gemeinde kann - wie sich dies schon aus dem angeführten hg. Erkenntnis Zl. 97/06/0172, wenn auch lediglich aus einem obiter dictum ergibt - im Lichte der Regelungen des Stmk. BauG nicht gefolgt werden. Das Stmk. BauG 1995 enthält weder eine Definition des Mansardendaches noch eine solche des Daches. Wie bereits ausgeführt, wird in der Literatur (Hans Koepf, Bildwörterbuch der Architektur2, 1968, 102) als Mansarddach ein geknicktes Dach mit steilerer Neigung im unteren Teil und flacherer Neigung im oberen Teil definiert. Das Mansarddach ist danach meist als Walmdach ausgebildet und kann in seinem unteren Teil eine Dachwohnung (Mansarde) enthalten (Mansardendach). Das "Dach" schließt nach diesem "Bildwörterbuch der Architektur" (98) ein Bauwerk nach oben ab und schützt es gegen Witterungseinflüsse. Seine Ausführung ist abhängig vom Klima, von den Baustoffen, von Form und Größe des zu überdachenden Baukörpers. Ein Dachgeschoß ist gemäß § 4 Z. 22 Stmk. BauG 1955 ein für Aufenthalts-, Lagerräume u. dgl. ganz oder teilweise ausgebauter Dachraum und der Dachsaum, der im Zusammenhang mit der Gebäudehöhe eine maßgebliche Rolle spielt, ist gemäß § 4 Z. 23 Stmk. BauG 1995 die Linie des Dachrandes in der Ebende der Dachhaut entlang von Traufen und Giebeln, bei Flachdächern, Grabendächern etc. die Oberkante der Außenwände. Ein Geschoß ist gemäß § 4 Z. 33 Stmk. BauG 1995 der Gebäudeabschnitt zwischen Fußboden und der darüberliegenden Decke, zwischen zwei übereinander liegenden Decken oder zwischen Fußboden und der obersten Decke oder der Unterfläche des Daches, wenn die jeweils geforderte Raumhöhe erreicht wird. Für die Auslegung der belangten Behörde spricht, dass das Stmk. BauG 1995 einerseits nicht definiert, was unter einem Dach zu verstehen ist, und andererseits, dass der Dachsaum die Linie des unteren Dachrandes entlang der Dachhaut entlang von Traufen und Giebeln ist. Das vorliegende Mansarddach, das ein Geschoß umschließt, bei dem die Außenmauern des Gebäudes unverändert hochgezogen werden, schließt im Sinne der Definition "Bildwörterbuch der Architektur" das Bauwerk nach oben ab und schützt es gegen Witterungseinflüsse. Die Ausführung eines Daches richtet sich u.a. nach der Form und Größe des zu überdachenden Baukörpers (im vorliegenden Fall die Überdachung einer Dachwohnung, wobei die Außenmauern des Gebäudes unter dem Dach unverändert hochgezogen werden). Als Dachrand im Sinne des Dachsaumes gemäß § 4 Z. 23 leg. cit. ist die untere Begrenzung des unteren, steileren Dachteiles anzusehen. Zu diesem Ergebnis führt - unter Beachtung des Grundsatzes der Baufreiheit, sofern der Gesetzgeber keine Beschränkungen dieser vorsieht - eine am Wortlaut orientierte Auslegung (insbesondere im Hinblick auf § 4 Z. 23 Stmk. BauG), die weiters berücksichtigt, dass der Landesgesetzgeber den Begriff "Dach" nicht ausdrücklich in einer bestimmten Weise festgelegt hat, etwa indem er auf die Funktion als Dach maßgeblich abstellt. An diesem Ergebnis ändert auch nichts, dass in dem im vorliegenden Fall maßgeblichen Bebauungsgrundlagenbescheid von der Zulässigkeit eines Mansardendachstuhles die Rede ist.

Die beschwerdeführende Gemeinde ist weiters der Auffassung, dass, sofern man davon ausgeht, dass der Dachsaum jeweils seitlich und über der Balkontür verläuft, dieser Dachsaum aber die zulässige Gebäudehöhe von 6 m nicht einhalte. Im Hinblick auf die bereits aufgezeigte inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides konnte diese Auffassung der belangten Behörde jedenfalls nicht mehr von Bedeutung sein. Es musste auf sie daher nicht mehr näher eingegangen zu werden.

Der angefochtene Bescheid war im Hinblick auf die aufgezeigte Rechtswidrigkeit des Inhaltes betreffend einen die Aufhebung tragenden Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Angemerkt wird abschließend, dass der Umstand, dass der Mitbeteiligten am 5. Mai 1999 auf dem unmittelbar benachbarten, in der Nachbargemeinde gelegenen Grundstück die Baubewilligung für die Errichtung eines Gebäudes unmittelbar an der Grundgrenze des verfahrensgegenständlichen Grundstückes genehmigt wurde, mit dem nach dem Vorbringen auch bereits begonnen wurde, wodurch das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben die Abstandsbestimmungen des § 13 Abs. 1 Stmk. BauG 1995 nicht mehr einhält, im vorliegenden Fall nicht berücksichtigt werden konnte, da im vorliegenden Beschwerdeverfahren die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides vom 15. Juni 1998 maßgeblich ist.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Mai 2000

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