Normen
GewO 1994 §26 Abs2;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §26 Abs2;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführerin mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. Oktober 1999 die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Handelsgewerbes an einem näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen. Zur Begründung führte der Landeshauptmann im Wesentlichen aus, der Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 sei im vorliegenden Fall deswegen verwirklicht, weil ein Antrag der Wiener Gebietskrankenkasse auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gewerbeinhaberin mangels eines zur Deckung der Kosten eines Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden sei. Dies werde von der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung auch nicht bestritten. Der Konkursantrag sei wegen S 66.727,97 samt Nebengebühren deswegen erfolgt, weil für den Zeitraum von Mai 1997 bis Februar 1998 fällige Sozialversicherungsbeiträge nicht entrichtet worden seien. Auf Grund des Vorbringens in der Berufung sei von der belangten Behörde noch zu prüfen, ob die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe mit Schreiben vom 12. Juli 1999 mitgeteilt, dass auf dem Beitragskonto der Beschwerdeführerin ein Rückstand von S 69.024,16 bestehe. Eine Zahlungsvereinbarung sei nicht abgeschlossen worden. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sei an einer weiteren Gewerbeausübung nicht interessiert. Die Wiener Gebietskrankenkasse habe mit Schreiben vom 10. August 1999 bekannt gegeben, dass für die Beitragsmonate Mai 1997 bis November 1997 auf dem Beitragskonto Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von S 31.100,-- aushaften würden. Eine Ratenvereinbarung sei nicht abgeschlossen worden. Mit Schreiben vom 2. Juli 1997 sei das Bezirksgericht Favoriten um Mitteilung ersucht worden, ob gegen die Beschwerdeführerin Exekutionsverfahren anhängig seien, bejahendenfalls sei um Bekanntgabe der Geschäftszahlen und der betreibenden Gläubiger sowie über die Höhe der jeweiligen Forderungen gebeten worden. Der daraufhin übermittelte Registerauszug weise zahlreiche - in der Begründung des angefochtenen Bescheides näher dargestellte - gegen das Vermögen der Beschwerdeführerin geführte Verfahren aus. Der Beschwerdeführerin sei das Ergebnis der Beweisaufnahme nachweislich zur Kenntnis gebracht worden. Sie sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass Verbindlichkeiten, deren Berichtigung nicht im Zuge einer allfälligen Stellungnahme durch Vorlage von Zahlungsbelegen nachgewiesen werde, als weiterhin unberichtigt aushaftend angesehen werden müssten. In ihrer Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme vom 1. September 1999 habe die Beschwerdeführerin insbesondere ausgeführt, sie beabsichtige einen Zwangsausgleich abzuschließen und diesen auch zu erfüllen. Auf Grund eines Ersuchens der Beschwerdeführerin sei ihr eine weitere vierwöchige Frist zur Stellungnahme eingeräumt worden. In dieser von der Behörde gewährten weiteren Frist sei eine Stellungnahme in dieser Sache unterblieben. Die Beschwerdeführerin habe weder ein konkretes noch ein durch entsprechende Beweismittel gestütztes Vorbringen erstattet, aus dem ersichtlich wäre, inwieweit die gegen sie geführten Exekutionsverfahren ihren Grund nicht in ihrer Zahlungsunfähigkeit hätten. Entsprechende Raten- bzw. Stundungsvereinbarungen, aber auch vorhandene liquide Mittel, die "die Abdeckung neu entstehender gewerbeausübungskausaler Forderungen erwarten" ließen, seien nicht nachgewiesen worden. Es wäre an der Beschwerdeführerin gelegen, ein entsprechendes konkretes Vorbringen zu erstatten und Beweismittel anzubieten. Auf Grund der getroffenen Feststellungen sei zu befürchten, dass durch die Ausübung des Handelsgewerbes weitere Gläubiger geschädigt werden könnten. Angesichts der zahlreichen offenen Forderungen sei davon auszugehen, dass die weitere Gewerbeausübung durch die Beschwerdeführerin nicht vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihren Rechten auf Ausübung eines Gewerbes gemäß §§ 5, 38 GewO 1994 und auf Erteilung der Nachsicht vom Ausschluss der Gewerbeausübung gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994, sowie auf Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt sie vor, nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes komme es für die Anwendung der Bestimmung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 auf die Prognose an, ob mit der Ausübung des Gewerbes den laufenden Zahlungsverpflichtungen nachgekommen werden könne und die künftig zu erwartenden Verbindlichkeiten durch die Gewerbeausübung beglichen werden könnten. Hingegen sei es nicht allein entscheidungswesentlich, wie hoch der Schuldenstand sei und welche Rückzahlung aus dem vorhandenen Vermögen geleistet werden könne. Die belangte Behörde habe hingegen dieses Erfordernis einer Zukunftsprognose außer Acht gelassen und sich auf Feststellungen bezüglich des in der Vergangenheit aufgelaufenen Schuldenstandes beschränkt. Aus der eingeholten Auskunft des Bezirksgerichtes Favoriten sei aber nur zu erkennen, dass es in den vergangenen Jahren zur Einleitung von Exekutionen gekommen sei. Aktuell sei nur ein einziges neues Verfahren eingeleitet worden, welches aber ebenfalls eine ältere Verbindlichkeit betroffen habe. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Stellungnahme vom 1. September 1999 ausgeführt, dass sie wegen einer Totalrenovierung des Hauses, in welchem sich ihr Geschäft befinde, einen Umsatzrückgang von 70 % zu erleiden hatte und daher während dieser Zeit ihren Zahlungsverpflichtungen nicht entsprechend nachkommen habe können. Sie sei gewillt, neben den laufenden Verbindlichkeiten diese ausständigen Rückstände auszugleichen, dies allenfalls im Rahmen eines Ausgleichsverfahrens. In Verkennung der Bedeutung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 habe die belangte Behörde dieses Vorbringen ebenso unbeachtet gelassen wie den Umstand, dass die Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin von früher herrührten und es im Rahmen der Exekutionsverfahren laufend zu Zahlungen an die Gläubiger komme. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei somit schon aus der Aktenlage in Verbindung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin eine positive Prognose über den weiteren Geschäftsverlauf bei Ausübung ihres Gewerbes zu erstellen. Die Altschulden aus der Zeit des durch die Totalrenovierung erzwungenen Umsatzrückganges vermögen für sich allein nicht das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung zu hindern. Hingegen stütze sich die belangte Behörde in ihrer Begründung ausschließlich auf diese Altschulden. Sie wolle daraus die mangelnde Zahlungsfähigkeit der Beschwerdeführerin erkennen, obwohl diese alte Verbindlichkeiten laufend abbaue und keine neuen Verbindlichkeiten aufscheinen würden. Im Übrigen sei aus der Begründung des Bescheides zu schließen, dass die belangte Behörde irrtümlich davon ausgehe, dass ihr durch die angewendete Bestimmung freies Ermessen eingeräumt wäre. Hingegen wären konkrete Sachverhaltspunkte anzuführen gewesen, die sich den gesetzlichen Tatbestandselementen eindeutig zuordnen ließen. Deren Fehlen beweise nicht nur die unrichtige Auslegung der angewendeten Bestimmung, sondern lasse auch nicht die erforderliche Bindung der Entscheidung der belangten Behörde an diese Bestimmung erkennen. Gemäß § 361 Abs. 2 GewO 1994 habe die belangte Behörde vor Erlassung ihrer Entscheidung die zuständige Gliederung der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft zu hören. Entgegen dieser nach ihrem Wortlaut zwingenden Bestimmung habe die belangte Behörde die angeordnete Anhörung unterlassen. Auf Grund der Funktion der Kammern als Interessenvertretungen ihrer Mitglieder sei zu erwarten, dass diese Anhörung regelmäßig dazu beitrage, den maßgeblichen Sachverhalt sorgsam zu erheben, vor allem alle Aspekte einzubringen, die etwa im vorliegenden Sachverhalt für die Nachsicht von der Ausschließung und für ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gesprochen hätten. Vor allem sei zu erwarten gewesen, dass eine Prognose über die zu erwartende Geschäftstätigkeit aufgestellt worden wäre und die belangte Behörde durch eine entsprechende gutachterliche Stellungnahme der zuständigen Kammergliederung auf die Notwendigkeit derartiger Erhebungen und Überlegungen hingewiesen worden wäre und in weiterer Folge auch ihre rechtliche Beurteilung revidiert hätte. Durch die gebotene Beiziehung der zuständigen Gliederung wäre somit die Feststellung eines für die Beschwerdeführerin günstigeren Sachverhalts nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich gewesen. Dies qualifiziere die Unterlassung der angeordneten Anhörung als wesentlichen Verfahrensmangel gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG. Im Übrigen werde die offenbar rechtsirrtümliche Unterlassung der Erstellung einer Prognose über die zukünftige Geschäftsentwicklung der Beschwerdeführerin als wesentlicher Verfahrensmangel releviert.
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist von der Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegt.
Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
Die Beschwerdeführerin bestreitet mit ihrem Vorbringen nicht das Vorliegen eines Entziehungsgrundes im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 GewO 1994, sie meint aber, es seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. für das Absehen von der Entziehung gegeben. Dieser Ansicht vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden könnte, dass der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, dass die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, dass das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1996, Zl. 96/04/0098).
Die Beschwerdeführerin verkennt diese Rechtslage insofern, als sie offenbar meint, für das Vorliegen des Tatbestandselementes des "vorwiegenden Interesses der Gläubiger" genüge es, wenn der Gewerbetreibende trotzt Vorhandenseins älterer fälliger Zahlungsverpflichtungen seinen aus der laufenden Gewerbeausübung entstehenden neuen Zahlungsverpflichtungen nachkommt und gleichzeitig Beiträge zur Verringerung der bereits vorhandenen Forderungen leistet. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin aber, dass es in einer solchen Situation zB durch die Exekutionsführung eines "Altgläubigers" leicht dazu kommen kann, dass trotz entgegenstehender Absicht des Gewerbetreibenden die Erfüllung der aus der laufenden Geschäftsführung entstandenen Verbindlichkeiten verhindert wird. Die Erfüllung des Tatbestandselementes des vorwiegenden Interesses der Gläubiger im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1994 erfordert daher, dass der Gewerbetreibende hinsichtlich aller gegen ihn bereits bestehenden Forderungen Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat und diese auch pünktlich erfüllt (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1996).
Ausgehend von dieser Rechtslage und angesichts von der Beschwerdeführerin nicht bestrittener Verbindlichkeiten gegenüber näher genannten Gläubigern vermag der Verwaltungsgerichtshof die Beurteilung der belangten Behörde, auf Grund der zahlreichen offenen Forderungen sei davon auszugehen, dass die weitere Gewerbeausübung durch die Beschwerdeführerin nicht vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Daran vermag die in der Beschwerde behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde schon deshalb nichts zu ändern, weil, wie sich aus § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG ergibt, nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof zu führen hat, sondern nur eine solche, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ist diese Relevanz des Verfahrensmangels nicht offenkundig, ist deren Darlegung Sache des Beschwerdeführers. Diese Relevanz ist, im vorliegenden Fall deshalb nicht gegeben, weil nach der dargestellten Rechtslage die von der Beschwerdeführerin vermissten Feststellungen nicht entscheidungsrelevant sind.
Schließlich ist der Beschwerdeführerin, soweit sie sich in dem Recht "auf Erteilung der Nachsicht vom Ausschluss der Gewerbeausübung gemäß § 26 Abs. 2 GewO" als verletzt erachtet, entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde über einen solchen Nachsichtsantrag nicht entschieden hat und auch nicht zu entscheiden hatte. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige hg. Judikatur hinzuweisen, wonach die Bestimmung des § 26 Abs. 2 GewO 1994 im Entziehungsverfahren gemäß § 87 leg. cit. nicht anzuwenden ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. Februar 2000, Zl. 2000/04/0002, und vom 1. Juli 1997, Zl. 97/04/0049, mwN).
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 22. März 2000
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