VwGH 99/03/0029

VwGH99/03/002926.5.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des Norbert H in A, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Stefan Hornung, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Neutorstraße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 4. November 1998, Zl. UVS-5/10.138/5-1998, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist in einer Angelegenheit betreffend Übertretung des Tiertransportgesetzes - Straße, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1297;
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ABGB §1297;
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 17. Dezember 1996 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung "nach §§ 16 (3) Zif. 4, 2. Fall und 5 (2) Tiertransportgesetz 1994" (richtig wohl: Tiertransportgesetz - Straße) mit einer Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe sechs Tage) bestraft. Mit dem im Instanzenzug angefochtenen Bescheid wurde dem am 23. Februar 1998 zur Post gegebenen Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen dieses Straferkenntnis nicht stattgegeben. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, dass das erstinstanzliche Straferkenntnis dem Beschwerdeführer am 26. Jänner 1998 zugestellt worden sei. Am 27. Jänner 1998 sei es von der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Hofer in Regensburg mittels Fax an den Beschwerdevertreter übermittelt worden. Am 28. Jänner 1998 habe die Kanzleiangestellte Isabella Hager des Beschwerdevertreters über dessen Auftrag telefonisch bei der Kanzlei Dris. Hofer nach dem Zustellzeitpunkt nachgefragt. Auf Grund der telefonischen Auskunft habe sie den Zustellzeitpunkt 27. Jänner 1998 vermerkt und daraus den Ablauf der Berufungsfrist mit 10. Februar 1998 berechnet. Am 10. Februar 1998 habe die Kanzleiangestellte den Auftrag zur Erfragung des Dienstgebers des Beschwerdeführers erhalten. Im Zuge des Telefongespräches mit einer Sekretärin in der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Hofer habe sich ergeben, dass der Zeitpunkt der Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses nicht der 27. Jänner 1998, sondern der 26. Jänner 1998 gewesen sei. "In der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Hofer" sei in der Folge strikt die Ansicht vertreten worden, dass bereits im Telefongespräch vom 28. Jänner 1998 das richtige Zustelldatum bekannt gegeben worden sei. Die vor der belangten Behörde als Zeugin vernommene Isabella Hager gehe daher davon aus, dass es sich um einen Hörfehler beim Telefongespräch gehandelt haben müsse. In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass den Beschwerdevertreter ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden am Eintritt des als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemachten Ereignisses treffe. Er habe insbesondere nicht dargelegt, welche Maßnahmen getroffen worden seien, um Übertragungsfehler, die bei telefonischer Übermittlung von Daten nichts Ungewöhnliches seien, auszuschließen bzw. auf ein unvermeidbares Maß zu reduzieren.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei. Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1995, Zl. 95/03/0015).

Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei der der Zeugin Isabella Hager unterlaufene Hörfehler "jedenfalls als ein minderer Grad von Versehen zu werten". Auch den Beschwerdevertreter treffe - wenn überhaupt - nur ein minderer Grad des Versehens, da Anhaltspunkte für ein auffallend sorgloses Handeln nicht zu erkennen seien. Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizutreten:

Nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 8. Juli 1992, Zl. 92/03/0093) ist der Fristenkontrolle bezüglich Rechtsmitteln von Rechtsvertretern ein besonderes Augenmerk zu widmen. Dabei unterliegt auch das Zustelldatum einer besonderen Prüfungspflicht, zumal es ein wesentlicher Umstand für das Ende der Rechtsmittelfrist ist. Im hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1989, Zl. 89/03/0091, wurde in Bezug auf einen Hörfehler der Kanzleiangestellten eines Rechtsvertreters bei der Übermittlung des Datums der Zustellung einer Strafverfügung ausgesprochen, dass sowohl die Übermittlung des Datums - durch den dortigen Beschwerdeführer - als auch die Übernahme einer diesbezüglichen Information - durch die Kanzleiangestellte seines Rechtsvertreters - besondere Sorgfalt erfordere. Um derartige Fehler auszuschließen, hätte sich der - dortige - Beschwerdeführer daher schon bei, aber jedenfalls nach Übermittlung des Datums davon überzeugen müssen, dass dieses von der Kanzleikraft auch richtig verstanden worden sei. Aber auch der Vertreter des - dortigen - Beschwerdeführers hätte die Information nicht ungeprüft von seiner Kanzleikraft übernehmen dürfen.

Dass der Beschwerdevertreter die auch im vorliegenden Fall erforderliche und zumutbare Sorgfalt zur Verifizierung des Datums der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides angewendet habe, wurde im Wiedereinsetzungsantrag nicht dargetan. Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass bei telefonischer Übermittlung von Daten Hör- oder andere Fehler und Missverständnisse nicht ausgeschlossen werden könnten; der Beschwerdevertreter hat jedoch nicht dargelegt, dass er Maßnahmen getroffen habe, um derartige Fehlerquellen auszuschließen und solcherart die Verlässlichkeit der die Grundlage für die Prüfung des Zustelldatums bildenden Information sicherzustellen. Dies hätte etwa durch Einholung einer schriftlichen Bestätigung des telefonisch durchgegebenen Zustelldatums durch die deutsche Rechtsanwaltskanzlei erfolgen können. Dass der Kanzleiangestellten des Beschwerdevertreters noch nie ein derartiger Fehler passiert sei und sie bisher fehlerfrei gearbeitet habe, vermag den Beschwerdevertreter nicht der dargelegten Kontrollpflicht zu entheben, zumal Hörfehler auch ansonsten verlässlichen Kräften unterlaufen können.

Das Außerachtlassen der aufgezeigten Sorgfalt ist bei Anlegung des bei beruflichen rechtskundigen Parteienvertretern gebotenen strengen Maßstabes angesichts der besonderen Wichtigkeit des Zustelldatums eines mit Berufung anzufechtenden Straferkenntnisses als ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden des Parteienvertreters anzusehen.

Schon aus diesem Grund erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen; ein Eingehen auf das übrige, die Vorgangsweise des Beschwerdevertreters hinsichtlich der Fristvormerkung und deren Überwachung betreffende Beschwerdevorbringen erübrigte sich.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Mai 1999

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