VwGH 99/02/0155

VwGH99/02/015519.10.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des JK in K, vertreten durch Dr. Josef Preissl und Mag. Klaus Rieger, Rechtsanwälte in Köflach, Judenburgerstraße 1, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 20. April 1999, Zl. LGS600/RALV/1218/1999-Mag. Ed/S, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §10 Abs1 idF 1996/201;
AlVG 1977 §9 Abs1 idF 1993/502;
AVG §37;
AVG §58 Abs2;
AlVG 1977 §10 Abs1 idF 1996/201;
AlVG 1977 §9 Abs1 idF 1993/502;
AVG §37;
AVG §58 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 20. April 1999 sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 in Verbindung mit § 10 AlVG für die Zeit vom 30. Dezember 1998 bis zum 23. Februar 1999 verloren habe.

In der Begründung dieses Bescheides wurde nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer laut Niederschrift vom 21. Oktober 1998 von der Behörde erster Instanz aufgetragen worden sei, alle vierzehn Tage Stellenbewerbungen in seinem Beruf beziehungsweise als Helfer selbst zu tätigen und als Nachweis jeweils am Mittwoch eine Kopie seiner Stellenbewerbung vorzulegen beziehungsweise die Kontaktperson bei den betreffenden "Firmen" bekannt zu geben. Der Beschwerdeführer sei belehrt worden, dass es sich bei diesen Terminen um Kontrollmeldungen im Sinne des § 49 AlVG handle und er bei Nichtbeibringung der entsprechenden Nachweise mit einem Verlust des Anspruches gemäß § 10 Abs. 1 AlVG rechnen müsse. Weiters sei mit dem Beschwerdeführer am 30. Dezember 1998 eine Niederschrift aufgenommen worden, weil er keinen Nachweis zur Erlangung einer Beschäftigung vorgelegt habe. Er habe dazu erklärt, nicht in der Lage beziehungsweise nicht bereit zu sein, die vereinbarten Nachweise bezüglich seiner Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung vorzulegen, weil auf der Terminkarte am 16. Dezember 1998 keine Eigenbewerbung vorgemerkt worden sei. Als berücksichtigungswürdigen Grund habe er angegeben, dass er am 16. Dezember 1998 nicht aufgefordert worden sei, eine Eigenbewerbung über Weihnachten durchzuführen.

Mit Bescheid vom 23. Februar 1999 habe die Behörde erster Instanz ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe für die Zeit vom 30. Dezember 1998 bis zum 13. Jänner 1999 verloren habe, weil er am 30. Dezember 1998 keinen Nachweis über eine Stellenbewerbung vorgelegt habe. Ebenfalls mit erstinstanzlichen Bescheid vom 23. Februar 1999 sei mit der gleichen Begründung ausgesprochen worden, dass der Beschwerdeführer auch für die Zeit vom 14. Jänner 1999 bis zum 23. Februar 1999 den Anspruch auf Notstandshilfe verloren habe. In seiner Berufung gegen beide Bescheide habe er vorgebracht, bei der Behörde erster Instanz sei am 21. Oktober 1998 mit ihm eine Niederschrift gefertigt worden, dass er alle vierzehn Tage eine mündliche Stellenbewerbung bei einer "Firma" bekannt geben müsse. Am 16. Dezember 1998 habe ein Mitarbeiter der Behörde erster Instanz seine "Eigeninitiative eingestellt" und mit ihm sodann eine Niederschrift gemäß § 10 AlVG aufgenommen. Dies obwohl er mitgeteilt habe, dass er zwei schriftliche und eine mündliche Bewerbung vorgenommen habe. Den Termin am 11. Februar 1999 habe er auf Grund einer Erkrankung nicht wahrnehmen können. Die belangte Behörde führte sodann weiters aus, dass sich auf der Terminkarte beim Termin 16. Dezember 1998 unter der Rubrik "Anmerkung" nur die Eintragung "KM" befinde, dies jedoch nicht bedeute, dass der Beschwerdeführer deshalb seine Eigeninitiative habe einstellen sollen. Da von der erstinstanzlichen Behörde bereits mit Bescheid vom 16. September 1998 eine Ausschlussfrist vom 5. August 1998 bis 15. September 1998 verhängt worden sei, verlängere sich der nunmehrige Anspruchsverlust auf acht Wochen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. Abs. 2 AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 idF BGBl. I Nr. 78/1997, ist eine Voraussetzung des Anspruches auf Arbeitslosengeld, dass der Arbeitslose arbeitswillig ist.

Nach § 9 Abs. 1 AlVG idF BGBl. Nr. 314/1994, ist unter anderem arbeitswillig, wer bereit ist, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und auch sonst alle gebotenen Anstrengungen von sich aus unternimmt, eine Beschäftigung zu erlangen, soweit ihm dies nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

Wenn der Arbeitslose auf Aufforderung durch das Arbeitsmarktservice nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung glaubhaft zu machen, so verliert er gemäß § 10 Abs. 1 AlVG (idF BGBl. Nr. 201/1996) für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Liegt im Zeitraum eines Jahres vor dem Beginn eines Anspruchsverlustes bereits ein früherer Anspruchsverlust, so beträgt der im ersten Satz genannte Zeitraum acht Wochen.

Gemäß § 38 AlVG sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Arbeitslosengeldes sinngemäß anzuwenden.

Im Beschwerdefall wurde die Aufforderung der Regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG glaubhaft zu machen dahingehend konkretisiert, dass der Beschwerdeführer zu bestimmten Terminen persönlich bei der Behörde vorsprechen müsse (Kontrollmeldungen) und dabei Eigenbewerbungen nachzuweisen habe. Dies konnte aber nichts daran ändern, dass der Beschwerdeführer nur glaubhaft machen musste, er habe ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung unternommen. Es ist Aufgabe der Behörde zu beurteilen, ob die glaubhaft gemachten Anstrengungen unter den konkreten Verhältnissen vor dem Hintergrund des - ebenfalls darzustellenden -

Umfeldes auf dem konkret in Frage kommenden Teil des Arbeitsmarktes und nach den persönlichen Verhältnissen (Stand, Alter, Ausbildung) des Beschwerdeführers "ausreichend" waren oder nicht. Kommt sie zum Ergebnis, die glaubhaft gemachten Anstrengungen seien nicht ausreichend, hat sie ihre diesbezüglichen Erwägungen in der Begründung des Bescheides darzulegen. Die Bescheidbegründung hat eine Würdigung der glaubhaft gemachten Anstrengungen zu enthalten. Hiebei ist das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers von der Aufforderung bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zu beurteilen. Bedeutsam sind nicht nur Art und Ausmaß, sondern auch die Ernsthaftigkeit der unternommenen Anstrengungen. Hingegen kommt es auf das Verhältnis der auf dem Arbeitsmarkt angebotenen freien Stellen und der Zahl der Arbeitslosen nicht an. Dem Arbeitslosen wird vielmehr - je nach der Zahl der angebotenen Stellen - zugemutet, mit den anderen Arbeitslosen im Bemühen um Erlangung einer solchen Stelle zu konkurrieren (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 8. September 1998, Zl. 96/08/0241, sowie vom 26. Jänner 2000, Zl. 95/08/0030).

Solche Ausführungen enthält der angefochtene Bescheid, ausgehend von der Rechtsauffassung, die zu Protokoll gegebenen drei Bewerbungsversuche seien unbeachtlich und das (dem Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbare) Zuwiderhandeln gegen die Aufforderung, zu einem bestimmten Termin Bewerbungen nachzuweisen, sei für den Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe ausreichend, nicht. Dadurch belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. Oktober 2001

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