VwGH 99/02/0081

VwGH99/02/008123.7.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des TS in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien VI, Mariahilfer-Straße 49, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 2. März 1999, Zl. UVS-01/25/00021/99, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §61 Abs1;
FrG 1997 §66 Abs1;
FrG 1997 §61 Abs1;
FrG 1997 §66 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. März 1999 wurde die an diese gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers unter Berufung auf § 73 Abs. 2 und 4 des Fremdengesetzes 1997 (FrG) abgewiesen und die Festnahme, die bisherige Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft sowie die Fortsetzung der Schubhaft für rechtmäßig erklärt. Ferner wurde der Beschwerdeführer zum Kostenersatz verpflichtet.

Die belangte Behörde führt in der Begründung u.a. aus, die Bundespolizeidirektion Wien habe mit Bescheid vom 22. April 1998 gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot auf unbestimmte Zeit erlassen, weil er mehrfach von Strafgerichten rechtskräftig verurteilt worden sei. Bei den zugrundeliegenden Delikten handelt es sich nach Ausweis der Verwaltungsakten um das Verbrechen des betrügerischen Datenmißbrauches (zwei Jahre Freiheitsstrafe, bedingt auf drei Jahre) sowie um die Vergehen der fahrlässigen Krida, der Nichtablieferung von Sozialversicherungsbeiträgen und falscher Angaben zum Zweck der Eintragung in das Handelsregister (Zusatzfreiheitsstrafe drei Monate bedingt). Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. Juni 1998 sei der Berufung des Beschwerdeführers gegen den zuletzt genannten Bescheid vom 22. April 1998 keine Folge gegeben worden. Gleichzeitig sei der Beschwerdeführer darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass er sich nicht mehr erlaubterweise im Bundesgebiet aufhalte und dass gegen ihn bei Fortsetzung des unerlaubten Aufenthaltes mit Zwangsmaßnahmen - insbesondere der Verhängung der Schubhaft - vorgegangen werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof habe dem - mit der gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion erhobenen Beschwerde verbundenen - Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit der Begründung nicht stattgegeben, dass vom Beschwerdeführer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung ausgehe, weshalb die für den Vollzug des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen höher zu bewerten seien als die vom Beschwerdeführer geltend gemachten gegenläufigen Interessen.

Der Beschwerdeführer sei am 18. Februar 1999 um 01.55 Uhr an einem näher genannten Ort in Wien gemäß § 32 FrG einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen worden, wobei festgestellt worden sei, daß er seiner Verpflichtung, auf Grund eines rechtskräftigen und durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes das Bundesgebiet zu verlassen, nicht nachgekommen sei. Die sodann gemäß § 110 Abs. 3 FrG vorgenommene Festnahme des Beschwerdeführers sei zu Recht erfolgt, weil das die Festnahme durchführende Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes annehmen habe können, dass sich der Beschwerdeführer einem Verwaltungsstrafverfahren werde entziehen wollen, und weil der Beschwerdeführer selbst angegeben habe, in Kenntnis über das aufrechte Aufenthaltsverbot zu sein, sodass kein Grund ersichtlich gewesen sei, dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet unverzüglich verlassen werde. Der dringende Verdacht, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung auch weiterhin nicht nachkommen und trachten werde, sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen, um seine Abschiebung zu verhindern oder erheblich zu erschweren, rechtfertige die Verhängung der Schubhaft. Die Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ergebe sich daraus, dass der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge unangemeldet in Wien wohne und nicht bereit sei, sein bei einer Bank deponiertes Geld zu holen, weil er in Österreich bleiben wolle. Auch habe der Beschwerdeführer sich mit der Einholung eines für die Durchführung seiner Abschiebung erforderlichen Reisedokumentes nicht einverstanden erklärt. Zufolge des Vorhandenseins einer Ablichtung des Reisepasses des Beschwerdeführers könne die Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, sodass der Zweck der Schubhaft (Abschiebung) nach wie vor erreicht werden könne. Auf Grund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers komme die Anwendung gelinderer Mittel nicht in Betracht, weil zufolge seiner eigenen Angaben, das Bundesgebiet nicht verlassen zu wollen, zu befürchten sei, dass er sich für den Fall der Gewährung des Aufenthaltes auf freiem Fuß im Verborgenen aufhalten werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

§ 61 FrG lautet:

"(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

..."

Der Beschwerdeführer macht geltend, seine Festnahme wegen mangelnder Ausweisleistung sei zu Unrecht erfolgt. Demgegenüber ergibt sich aus der in den Verwaltungsakten befindlichen Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien vom 18. Februar 1999, dass die Festnahme nicht nur wegen unzureichender Ausweisleistung, sondern insbesondere auch deshalb erfolgte, weil der Beschwerdeführer trotz eines gegen ihn verhängten aufrechten Aufenthaltsverbotes sich in Österreich aufhielt bzw. nicht fristgerecht ausgereist war. Dass aber das Aufenthaltsverbot nicht aufrecht wäre, hat der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet. Vielmehr wurde dem Antrag, der gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshof vom 8. September 1998, Zl. AW 98/18/0225, nicht stattgegeben. Die Festnahme zur Sicherung der - infolge der Nichtbefolgung des Aufenthaltsverbotes erforderlichen - Abschiebung des Beschwerdeführers erweist sich somit durch § 61 Abs. 1 FrG gedeckt.

Soweit der Beschwerdeführer ausführt, der Bescheid der belangten Behörde sei deshalb rechtswidrig, weil der Schubhaftbescheid erst am 19. Februar 1999 - also am Tag nach seiner Festnahme - erlassen worden sei und er sich somit bei Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits in Schubhaft befunden habe, ist ihm zu entgegnen, daß darin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erblicken ist. Eine Bestimmung des Inhalts, daß ein Schubhaftbescheid in jedem Fall bereits vor der Festnahme erlassen werden müsse, ist dem FrG nicht zu entnehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Mai 1994, Zl. 93/18/0498). Insoweit ist aber insbesondere auf den Umstand zu verweisen, daß der Beschwerdeführer zunächst wegen des Verdachtes mehrerer Verwaltungsübertretungen festgenommen wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 96/02/0043).

Soweit der Beschwerdeführer unter Beibringung eines Original-Meldezettels geltend macht, er sei in Wien XVII aufrecht gemeldet, ist festzuhalten, dass er im Verwaltungsverfahren selbst angegeben hat, an der genannten Adresse unangemeldet wohnhaft zu sein, wobei auch in der Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid keine Ausführungen darüber enthalten sind, dass er aufrecht gemeldet sei. Das nunmehrige diesbezügliche Vorbringen stellt sich daher als gemäß § 41 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar.

Der Umstand der aufrechten Meldung hätte aber - selbst wenn er im Verwaltungsverfahren ins Treffen geführt worden wäre - für sich allein auch nicht dazu führen können, dass gegen den Beschwerdeführer gegenüber der Schubhaft gelindere Mittel gemäß § 66 FrG anzuwenden gewesen wären.

§ 66 FrG lautet:

"(1) Die Behörde kann von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, daß deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, daß der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

(2) Als gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen. Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, daß der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese hätte bereits aus dem Grunde des § 96 Abs. 1 Z 1 von amtswegen zu erfolgen.

..."

Der von der belangten Behörde in dieser Hinsicht eingenommene Standpunkt, dass die mangelnde Bereitschaft des Beschwerdeführers, trotz Bestehen eines aufrechten Aufenthaltsverbotes und trotz Ausreiseaufforderung Österreich zu verlassen, die Annahme zulasse, der Beschwerdeführer werde sich angesichts der ihm drohenden Abschiebung im Verborgenen aufhalten, erweist sich im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden Überprüfung der Beweiswürdigung, die in der Richtung eingeschränkt ist, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die hiebei angestellten Erwägungen schlüssig sind (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053), als stichhältig. Diese Argumentation kann auch durch den Hinweis, der Beschwerdeführer verfüge über einen Restaurationsbetrieb in Wien I, nicht entkräftet werden, weil der Beschwerdeführer einerseits keine familiären Bindungen zu Österreich aufweist (seinen Angaben zufolge lebt seine Tochter in Ungarn, seine Ehefrau in Ägypten), und er andererseits angesichts der wegen der Schwere der von ihm begangenen Straftaten gegebenen beachtlichen Minderung der für eine Integration wesentlichen sozialen Komponente keinen hohen Grad an Integration erkennen läßt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/1126, mit weiteren Verweisen).

Die Befürchtung, der Beschwerdeführer werde dem sich aus dem Aufenthaltsverbot ergebenden Ausreisegebot nicht entsprechen, erweist sich zufolge der oben dargestellten Überlegungen als berechtigt, sodass der belangten Behörde auch nicht der Vorwurf rechtswidrigen Vorgehens gemacht werden kann, wenn sie auch die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft für rechtmäßig erklärt hat.

Aus dem in der Beschwerde ins Treffen geführten Umstand, dass für den Beschwerdeführer bislang kein Heimreisezertifikat ausgestellt worden sei, kann für sich allein nicht abgeleitet werden, daß der Zweck der Schubhaft nicht erreicht werden könnte. Vielmehr erweisen sich die Ausführungen der belangten Behörde in dieser Hinsicht, dass im Hinblick auf eine dem Ansuchen um Ausstellung eines solchen Zertifikates beigelegte Fotokopie des Reisepasses des Beschwerdeführers mit der Ausstellung dieses Dokumentes gerechnet werden könne, als schlüssig.

Soweit der Beschwerdeführer die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltsverbotes in Zweifel zieht, ist ihm entgegenzuhalten, daß diese Frage im Verfahren über eine Schubhaftbeschwerde nicht zu prüfen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/02/0409, mit weiteren Nachweisen).

Die sich somit insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Juli 1999

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