Normen
StbG 1985 §10 Abs1 Z7;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte mit Eingabe vom 26. November 1998 die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und deren Erstreckung auf seine Gattin und die gemeinsamen Kinder. Über Aufforderung der belangten Behörde vom 19. April 1999 legte der Beschwerdeführer unvollständige Nachweise über sein Einkommen vor.
Über neuerliche Aufforderung der belangten Behörde vom 27. Juli 1999, in welcher sie auch ihre Ansicht bekannt gab, dass sie von der Nichterfüllung der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 7 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 idF.
BGBl. I Nr. 30/1998 - StbG -, ausgehe (der Lebensunterhalt sei nicht gesichert), führte der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 16. August 1999 aus, er beziehe eine Pension auf Grund eines Arbeitsunfalles von S 2.500,--, sei halbtätig in der Transportfirma seines Bruders beschäftigt, wobei er monatlich S 3.700,-- lukriere, verdiene zusätzlich durch Nebenbeschäftigungen "bei seinem Bruder sowie als Zeitungsaussteller und Werbemittelvertreiber" monatlich zwischen S 3.000,-- und S 4.000,-- und beziehe Familienbeihilfe für seine beiden Töchter in Höhe von S 4.000,--, "so dass er über ein gesichertes Einkommen zwischen S 13.000,-- und S 14.000,--" verfüge. Die Ehegattin beziehe keine Einkünfte. Er legte diesem Schriftsatz unter anderem Einkommensnachweise, aber auch ein Schreiben betreffend die Gewährung einer Wohnbeihilfe durch das Land Steiermark vom 11. Juni 1999 bei, in dem für die Berechnung der monatlichen Wohnbeihilfe von einem monatlichen Gesamteinkommen des Beschwerdeführers und seiner Familie von S 8.920,-- ausgegangen wurde.
Da weiterhin Unterlagen fehlten, forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13. September 1999 auf, sämtliche Einkommensnachweise für den Zeitraum September 1998 bis August 1999 sowie den Bescheid über die derzeitig bemessene Invalidenpension vorzulegen. Nunmehr legte der Beschwerdeführer weitere "Lohn/Gehaltsabrechnungen" vor, welche jeweils einen Monat im Zeitraum Jänner bis Mai 1999 betreffen. Einerseits sind diese Abrechnungen in EDV-gerechter Art erstellt, andererseits befindet sich darin jeweils eine handschriftliche Eintragung über den Bezug eines (in der Höhe den Monatslohn um ein Vielfaches übersteigenden) "Km-Geldes". Am Ende dieser "Lohn/Gehaltsabrechnungen" ist jeweils der Stempel "FA. KHALIL RAOUF" mit Paraphe angebracht. Andererseits wurde ein "Lohnzettel" für den gleichen Zeitraum beim gleichen Arbeitgeber, erstellt durch die Steuerberatungs-KEG Enzinger & Mosser über "Bruttobezüge gemäß Par 25" in Höhe von (insgesamt) S 15.484,-- vorgelegt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers gemäß §§ 10 Abs. 1 Z. 7, 16, 17 Abs. 1 Z. 1 und 18 StBG ab.
Die belangte Behörde führte in der Begründung aus, das monatliche Nettoeinkommen des Beschwerdeführers liege deutlich unter dem Einkommen, das er laut "Sozialhilfegesetz" (gemeint wohl: des Landes Steiermark) ins Verdienen bringen müsste. Zu der Einkommensberechnung bemerkte sie, dass die vorgelegten Einkommensnachweise handschriftliche "Km-Auszahlungen" enthielten, die auf den davor vorgelegten Lohnzetteln nicht angeführt worden seien. Die in den handschriftlichen Vermerken enthaltenen Beträge könnten nicht dem Einkommen hinzugerechnet werden.
Daher sei der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers im Hinblick auf sein Gesamteinkommen (inklusive Familienbeihilfe und Invalidenrente) "nicht ausreichend" gesichert.
In der dagegen erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer ausschließlich Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, weil die belangte Behörde die handschriftlichen Aufzeichnungen nicht hinzugerechnet habe. Der Beschwerdeführer legt nunmehr eine Lohnbestätigung über das gesamte Jahr 1999, erstellt durch die Steuerberatungs-KEG Enzinger & Mosser, vor, in welcher sowohl ein Jahresbruttolohn, aber auch der Bezug von Kilometergeld (in vielfacher Höhe des Jahresbruttolohnes) enthalten ist. Daraus ergebe sich ein Nettolohn von S 217.384,--. Zusammen mit seinen übrigen - von der Behörde herangezogenen - Einkünften übersteige das monatliche Nettoeinkommen den von der belangten Behörde errechneten Betrag nach dem "Sozialhilfegesetz".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 StBG kann die Staatsbürgerschaft einem Fremden verliehen werden, wenn
1. er seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat;
...
7. sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist oder ihn an seiner finanziellen Notlage kein Verschulden trifft ...
Insoweit sich der Beschwerdeführer gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob der Sachverhalt, der in diesem Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 549 ff abgedruckte hg. Judikatur). Die Beschwerdeausführungen lassen aber Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen. Denn angesichts der eigenen Angaben des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 16. August 1999 (die sich sohin auch auf den Verdienstzeitraum Jänner bis Mai 1999 bezog), dem "Lohnzettel" für den Zeitraum Jänner bis Mai 1999, erstellt durch die Steuerberatungs-KEG Enzinger & Mosser über (insgesamt)) S 15.484,--, der Gewährung der Wohnbeihilfe vom 11. Juni 1999, welche von einem monatlichen Gesamteinkommen von S 8.920,-- ausging und der auch im Beschwerdevorbringen nicht erklärten unterschiedlichen Gestaltung der "Lohn/Gehaltsabrechnungen" der Firma Khalil Raouf (einerseits EDV-mäßige Gestaltung mit niedrigem Betrag, andererseits handschriftliche Einfügung eines höheren Auszahlungsbetrages), ist es keineswegs unschlüssig, dass die belangte Behörde die handschriftlichen Einfügungen, welche ein höheres monatliches Einkommen des Beschwerdeführers aufzuzeigen suchen als nach den vorgenannten Unterlagen behauptet und belegt wird, nicht als richtig angesehen hat. Es ist noch hinzuzufügen, dass die belangte Behörde angesichts der vom Beschwerdeführer nach mehreren Vorhalten vorgelegten - einander widersprechenden - Beweismittel und seinen eigenen Angaben über sein Einkommen betreffend den strittigen Zeitraum nicht gehalten war, dem Beschwerdeführer einen neuerlichen Vorhalt zu machen.
Dennoch ist die Beschwerde im Ergebnis berechtigt. Denn nach dem Inhalt der Beschwerde ist eindeutig zu erkennen, dass sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und Erstreckung derselben auf seine Familie verletzt erachtet, obwohl er als Beschwerdepunkt ausdrücklich nur die Verletzung in seinen Rechten "infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (Verfahrensmangel der Nichtüberprüfung, dass der gesicherte Lebensunterhalt für meine Familie gewährleistet ist)" geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt hat.
Umfasst der Beschwerdepunkt auf Grund des gesamten Vorbringens in der Beschwerde aber auch die behauptete Verletzung im Recht auf Verleihung der Staatsbürgerschaft, so hat der Verwaltungsgerichtshof eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, welche den Beschwerdeführer in dem geltend gemachten Recht verletzt, auch dann aufzugreifen, wenn diese nicht ausdrücklich in der Beschwerde gerügt ist.
Nur eine selbstverschuldete Notlage kann ein Verleihungshindernis im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 7 StBG bilden. Eine Notlage liegt dann vor, wenn der Lebensunterhalt des Fremden nicht hinreichend gesichert ist (vgl. bereits das hg. Erkenntnis vom 29. März 1977, Zl. 2563/76 = VwSlg 9287 A/1977, und darauf aufbauend zahlreiche Folgejudikate). Kommt die Behörde daher auf Grund ihrer Ermittlungen in rechtlich einwandfreier Weise zur Auffassung, das Einkommen des Fremden reiche für die Sicherung des Lebensunterhaltes des Fremden und seiner Familie nicht aus, so ist vor Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 7 StBG amtswegig zu prüfen, ob die Notlage auf ein Verschulden des Fremden zurückzuführen ist (vgl.
das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1997, Zl. 95/01/0493).
Die belangte Behörde hat jedoch eine solche Prüfung
unterlassen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit
Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. Mai 2000
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