Spruch:
1.) den Beschluss gefasst:
Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben.
2.) zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der Verwaltungsgerichtshof verbindet den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Beschwerde auf Grund ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung.
ad 1.):
In dem am 14. Mai 1999 überreichten Antrag auf Wiedereinsetzung bringt der Antragsteller vor, am 29. April 1999 sei ihm der zur hg. Zl. 98/20/0283 ergangene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.März 1999 zugestellt worden, nach dessen Begründung die Frist zur Erhebung einer Amtsbeschwerde gemäß § 38 Abs. 5 AsylG in den Fällen der Eintragung des anzufechtenden Bescheides in das "Asylwerberinformationssystem" bereits mit dieser Eintragung beginne. Hievon sei der Antragsteller bisher nicht ausgegangen, weshalb er die zur hg. Zl. 99/01/0253 protokollierte Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. März 1999, Zl. 208.302/0-VIII/22/99, über die der Verwaltungsgerichtshof bisher nicht entschieden hat, erst zusammen mit dem gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung erhoben habe. Der angefochtene Bescheid sei ihm vom Bundesasylamt erst am 13. April 1999 mit einem Bericht zur Kenntnis gebracht, aber der Tenor dieses Bescheides schon "sehr kurze Zeit" nach dem 4. März 1999 (Tag der Zustellung an das Bundesasylamt) in das "Asylwerberinformationssystem" eingetragen worden.
Dem auf diese Begründung gestützten Wiedereinsetzungsantrag ist aus den im Beschluss vom 17. Juni 1999, Zl. 99/20/0253, dargestellten Gründen gemäß § 46 Abs. 1 VwGG stattzugeben. Gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG wird auf den genannten Beschluss verwiesen. ad 2.):
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde auf Grund der Berufung der mitbeteiligten Partei der Spruchteil I des Bescheides des Bundesasylamtes vom 28. September 1998 (mit welchem der Asylantrag der mitbeteiligten Partei vom 3. September 1998 gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 - AsylG -, abgewiesen worden war) hinsichtlich der mitbeteiligten Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben.
Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid damit, aus den Angaben der Mutter des Mitbeteiligten anlässlich ihrer Einvernahme vom 29. November 1998 lasse sich nicht ableiten, dass sie für ihr Kind einen Asylantrag gestellt habe. Adressat des erstinstanzlichen Bescheides sei neben der Mutter auch das Kind. Aus der Berufung gehe hervor, dass die Mutter den Bescheid auch als Vertreterin ihres Kindes in Berufung ziehe. Die belangte Behörde stelle fest, dass der Mitbeteiligte keinen Asylantrag gestellt habe. Ein Asylverfahren dürfe nur auf Antrag durchgeführt werden. Führe eine Behörde ohne zugrundeliegenden Antrag ein Verfahren durch, so verletze ein dieses Verfahren meritorisch erledigender Bescheid das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter. In einem solchen Fall sei die ersatzlose Behebung des erstinstanzlichen Bescheides vorzunehmen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art. 131 Abs. 2 B-VG iVm § 38 Abs. 5 zweiter Satz AsylG gestützte Beschwerde. Sie macht geltend, dass die Rechtsansicht der belangten Behörde objektiv rechtswidrig sei. Der Beschwerdeführer weist auf § 3 Abs. 2 und § 24 Abs. 2 AsylG hin, nach welchen für die Asylantragstellung kein formeller Akt gefordert sei, sondern ein Asylantrag gültig gestellt sei, wenn der Fremde, auf welche Weise auch immer, gegenüber einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes "zu erkennen" gebe, in Österreich Schutz vor Verfolgung zu suchen bzw. Anträge nach dem AsylG formlos in jeder geeignet erscheinenden Weise gestellt werden können.
Die Mutter des Mitbeteiligten habe "selbstverständlich" auch für ihr Kind um Schutz vor Verfolgung ersucht. Sie habe ihr Kind im "Datenblatt des Bundesasylamtes" angeführt, bei der sogenannten "Ersteingabe" den Wunsch nach Asyl für ihr Kind wiederholt, und bei ihrer Einvernahme hinsichtlich der Fluchtgründe habe ihre Aussage den Mitbeteiligten mitumfasst. Letztlich ergebe sich auch aus der Berufung, dass sie für sich und ihr Kind den Wunsch auf Anerkennung als Flüchtling bekräftige.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Sie beantragte, dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht stattzugeben und die Beschwerde "ab-, in eventu zurückzuweisen".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Beschwerdeführer richtig unter Hinweis auf § 3 Abs. 2 und § 24 Abs. 2 AsylG ausführt, werden im AsylG für die Gültigkeit eines Asylantrages keine Formerfordernisse aufgestellt. Gerade ein Asylantrag wird in der Regel von einer Person gestellt, welche der deutschen Sprache nicht kundig ist. Es ist daher bei der Beurteilung, ob ein in irgendeiner Form geäußerter Wunsch eines Fremden einen Asylantrag darstellt, ein großzügiger Maßstab anzulegen. (Vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1999, Zlen. 99/01/0248 bis 0251.)
Finden sich - wie im gegenständlichen Fall - in der Einvernahme der Mutter des Mitbeteiligten vom 29. November 1998 vor der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf aus Anlass des illegalen Grenzübertrittes in der Rubrik "aufgenommen mit" die Personalien des (minderjährigen) Kindes, des Weiteren im Text die Antwort "Wir sind wegen des Krieges geflüchtet. Ich möchte Asyl" und ergibt sich aus der vor der zuständigen Asylbehörde erster Instanz erfolgten niederschriftlichen Einvernahme, dass die von der Mutter vorgebrachten Fluchtgründe in gleicher Weise auch für ihr (vier! Jahre altes) Kind gegeben seien, so kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die Mutter damit einen Asylantrag nicht nur für sich, sondern auch für ihr Kind gestellt hat.
Dies hat die Behörde erster Instanz bereits richtig erkannt und das Asylverfahren sowohl hinsichtlich der Mutter, als auch des Mitbeteiligten - erkennbar durch Vergabe gesonderter Aktenzahlen - geführt und den erstinstanzlichen Bescheid dementsprechend auch an den Mitbeteiligten adressiert.
Es sei noch hinzugefügt, dass auch die übrigen Hinweise des Beschwerdeführers auf Aussagen und Handlungen der Mutter des Mitbeteiligten im Verfahren das obige Verständnis ihres Handelns in der Richtung bestärken, dass sie hiemit den Wunsch "in geeigneter Weise" zu erkennen gegeben habe, sowohl für sich als auch für den Mitbeteiligten Asyl zu beantragen.
Es sei noch angemerkt, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid zwar durch Zustellung an das Bundesasylamt, das Verfahrenspartei im Berufungsverfahren ist, gegenüber diesem rechtsgültig erlassen hat, weshalb die Erhebung der Beschwerde durch den Bundesminister für Inneres zulässig ist. Hingegen wurde die Ausfertigung an den Mitbeteiligten direkt an diesen (und nicht an seine gesetzliche Vertreterin) gerichtet und zugestellt. Dieser offenkundige Mangel der Erlassung des angefochtenen Bescheides an den Mitbeteiligten hat auf den Ausgang der gegenständlichen Beschwerde aber keine Auswirkung.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Wien, am 8. September 1999
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