VwGH 99/01/0117

VwGH99/01/011720.10.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des B S in S, geboren am 8. November 1979, vertreten durch Mag. Georg Derntl, Rechtsanwalt in 4320 Perg, Herrenstraße 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 24. November 1998, Zl. 205.748/0-XI/35/98, betreffend 1. Asylgewährung und

2. Feststellung gemäß § 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §7;
AVG §68 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §34 Abs1;
AsylG 1997 §7;
AVG §68 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger albanischer Nationalität aus dem Kosovo, reiste am 26. Juni 1998 in das Bundesgebiet ein und beantragte die Gewährung von Asyl.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 24. November 1998, erlassen am 3. Dezember 1998, wies der unabhängige Bundesasylsenat den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab und sprach aus, dass gemäß § 8 AsylG iVm § 57 FrG seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien zulässig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, das Verfahren über die Beschwerde als gegenstandslos geworden einzustellen, in eventu die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Den Antrag, das Verfahren über die Beschwerde als gegenstandslos geworden einzustellen, begründet die belangte Behörde unter Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1999, Zl. 98/01/0455, damit, dass infolge "zwischenzeitlicher wesentlicher sachverhaltsmäßiger Änderungen die materielle Rechtskraft des beschwerdegegenständlichen Bescheides erloschen zu sein scheint"; es liege daher keine Notwendigkeit mehr vor, in eine inhaltliche Prüfung des angefochtenen Bescheides einzutreten, zumal der einzige, im Fall der Einstellung des Beschwerdeverfahrens wider Abweisung der Beschwerde einerseits und der beantragten Aufhebung des angefochtenen Bescheides andererseits feststellbare Unterschied (Erfordernis eines neuen Antrages und Beginn des Verfahrens vor dem Bundesasylamt) "wohl von der Warte des an einem bestimmten Inhalt der endgültigen Entscheidung interessierten Beschwerdeführers keinen relevanten, ein fortdauerndes Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers an der dg. Prüfung des angefochtenen Bescheides begründenden Umstand darstellen dürfte".

In seinem angeführten Erkenntnis vom 12. Mai 1999 hat der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über die zugrunde liegende Beschwerde freilich nicht als gegenstandslos geworden erklärt; er hat bloß - in Form eines obiter dictum - ausgesprochen, dass auf Grund der gravierenden Änderung der Situation im Kosovo seit Mitte März 1999, die bei der Entscheidung über den angefochtenen Bescheid nicht mehr berücksichtigt werden dürfe, der neuerlichen Stellung eines Asylantrages nicht das Hindernis der entschiedenen Sache entgegenstehe, dessen ungeachtet die anhängige Beschwerde jedoch einer meritorischen Erledigung zugeführt. Diese Vorgangsweise ist auch im vorliegenden Fall einzuhalten. Eine allfällige Sachverhaltsänderung bewirkte zwar den Wegfall der Sperrwirkung der materiellen Rechtskraft, allein die Möglichkeit, einen neuen Asylantrag zu stellen, beseitigt jedoch nicht das rechtliche Interesse an einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes. Diese Möglichkeit verschafft dem Beschwerdeführer nämlich weder unmittelbar die begehrte Rechtsstellung, noch führt sie zum Erlöschen des subjektiven Rechts, dessen Verletzung der Beschwerdeführer bekämpft (Recht auf Asyl) oder kann gesagt werden, der Beschwerde komme nur mehr theoretische Bedeutung zu (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit (1983), 91 ff.).

In der Sache selbst gleicht der angefochtene Bescheid jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 8. September 1999, Zl. 99/01/0126, zugrunde liegt: Wie dort hat sich die belangte Behörde auch hier nicht ausreichend mit der Eskalation der Situation im Kosovo seit Februar 1998 - der Beschwerdeführer stammt gemäß seinen von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogenen Angaben aus dem Bezirk Vucitrn, welches Gebiet seit September 1998 von der besagten Verschärfung der Situation betroffen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1999, Zl. 99/01/0057) - auseinander gesetzt, in Verkennung der Rechtslage die von ihr festgestellte Veränderung der Verhältnisse ab dem 13. Oktober 1998 ungeachtet des zu kurzen Beobachtungszeitraumes für maßgeblich erachtet und ohne ausreichende Tatsachengrundlage das Gegebensein einer inländischen Fluchtalternative bejaht. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird daher auf die Begründung des zuvor genannten Erkenntnisses vom 8. September 1999 verwiesen. Aus den dort angeführten Gründen war auch hier der angefochtene Bescheid zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Oktober 1999

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