VwGH 99/01/0056

VwGH99/01/00566.10.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des MA in L, geboren am 16. April 1978, vertreten durch Mag. Rainer Hessenberger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Alter Markt 7/2, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 7. Juli 1998, Zl. 203.919/0-III/09/98, betreffend Zurückweisung einer Berufung als unzulässig (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §29 Abs1;
AVG §56;
AVG §63 Abs3;
AsylG 1997 §29 Abs1;
AVG §56;
AVG §63 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "Jugosl. Föderation", der am 6. Juni 1998 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 9. Juni 1998 die Gewährung von Asyl. Er wurde am 22. Juni 1998 niederschriftlich einvernommen.

Die Behörde erster Instanz wies den Asylantrag mit Bescheid vom 24. Juni 1998, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 4 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück.

Nach Zustellung dieses Bescheides richtete der Asylwerber in albanischer Sprache ein Schreiben an die Behörde erster Instanz. Diese ließ eine Übersetzung von Amts wegen durchführen. Das übersetzte Schriftstück lautet:

"Ich wende mich an den Albanisch-Dolmetscher, Herrn Kastrati, wegen meines Asylantrages, welcher am 22.06.1998 negativ beschieden wurde. Ich erhebe gegen diesen Bescheid Berufung.

Ich bedanke mich."

Die belangte Behörde wies diese Berufung als unzulässig zurück. Die Berufung lasse nicht erkennen, womit die Partei ihren Standpunkt vertreten zu können glaube. Der Berufung mangle es an einem begründeten Berufungsantrag. Auf dieses Erfordernis sei im Bescheid erster Instanz ausdrücklich hingewiesen worden.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 30. November 1998, B 1458/98-11, ihre Behandlung ab und trat sie sodann dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, § 29 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 - AsylG, enthalte eine von den allgemeinen Bestimmungen des AVG abweichende Regelung. Es seien einem Asylwerber der Spruch, die Rechtsmittelbelehrung und der Hinweis nach § 61a AVG in einer ihm verständlichen Sprache "zuzustellen". Werde ein Antrag - wie im gegenständlichen Fall - aus dem Grunde des § 4 AsylG zurückgewiesen, so sei dem Bescheid eine in dieser Sprache gehaltene Übersetzung der maßgeblichen Gesetzesbestimmung beizugeben. Im gegenständlichen Fall sei dem Bescheid der Behörde erster Instanz zwar eine Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung in die albanische Sprache angeschlossen gewesen, jedoch keine Übersetzung des Gesetzestextes nach § 4 AsylG. Wäre eine solche Übersetzung zugleich mit dem Bescheid übergeben worden, hätte er seine Berufung entsprechend ausführen und begründen können. Das weitere Vorbringen befasst sich damit aufzuzeigen, dass die belangte Behörde im Falle sie ihrer Verpflichtung zur Zurückstellung der Berufung zur Verbesserung nachgekommen wäre, zu einem anderen Bescheid gekommen wäre.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 29 Abs. 1 AsylG lautet:

"Bescheide haben den Spruch, die Rechtsmittelbelehrung und den Hinweis nach § 61a AVG in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten. Wird der Antrag als offensichtlich unbegründet abgewiesen oder aus den Gründen der §§ 4 und 5 wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen, so ist dem Bescheid eine in dieser Sprache gehaltene Übersetzung der maßgeblichen Gesetzesbestimmung (§§ 4 bis 6) beizugeben."

Dem Beschwerdeführer ist zunächst beizupflichten, dass es sich bei dieser Bestimmung um eine im Asylverfahren anzuwendende Sonderregelung handelt. Sie enthält unzweifelhaft aber keine speziellere Regelung zu § 63 Abs. 3 AVG, wonach die Berufung den Bescheid, gegen den sie sich richtet, zu bezeichnen und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten hat. Es kann aber im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, ob dem erstinstanzlichen Bescheid, so wie vom Beschwerdeführer behauptet, keine Übersetzung des § 4 AsylG beigelegt war, denn selbst wenn die Behauptung zuträfe, bewirkte dies nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Nach § 18 Abs. 1 zweiter Satz des Asylgesetzes 1991 war Bescheiden, die einem Asylwerber zuzustellen waren, eine Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung in diese Sprache anzuschließen. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung berührte nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder die Rechtswirksamkeit eines ohne die Beigabe der Übersetzung zugestellten Bescheides noch dessen Rechtmäßigkeit, da es sich dabei lediglich um eine Ordnungsvorschrift gehandelt hat (vgl. z.B. die in Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, 1999, Rz 880, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Im gegenständlichen Fall interessiert nicht, ob hiezu mit dem AsylG im Hinblick auf § 29 Abs. 1 erster Satz AsylG eine Änderung eingetreten ist. Denn es steht außer Streit, dass der Bescheid der Behörde erster Instanz den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache enthalten hat. Im Gegensatz zu der vom Gesetzgeber im ersten Satz gewählten Wortfolge "hat ... zu enthalten" ist die Übersetzung der maßgeblichen Gesetzesbestimmung in den Fällen des § 29 Abs. 1 zweiter Satz AsylG dem Bescheid nur beizugeben. Bei dieser Übersetzung handelt es sich daher - wie bei der Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung nach alter Rechtslage - um eine bloße "Bescheidbeigabe". § 29 Abs. 1 zweiter Satz enthält somit wie ehemals § 18 Abs. 1 zweiter Satz Asylgesetz 1991 eine Ordnungsvorschrift.

Die belangte Behörde handelte somit selbst bei Zutreffen der Behauptung des Beschwerdeführers, es sei keine Übersetzung der maßgeblichen Gesetzesbestimmung dem Bescheid erster Instanz beigelegen (Anm.: im Verwaltungsakt liegt der Bescheidausfertigung der Behörde erster Instanz auch eine Übersetzung des § 4 AsylG bei), nicht rechtswidrig, wenn sie die vom Beschwerdeführer eingebrachte Berufung inhaltlich an den Voraussetzungen des § 63 Abs. 3 AVG gemessen hat. Nach ständiger Rechtsprechung handelte es sich beim Fehlen eines begründeten Berufungsantrages um einen inhaltlichen (das bedeutet nicht verbesserungsfähigen) Mangel (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens5, Seite 509 f wiedergegebene hg. Rechtsprechung), was erst mit der Neufassung des § 13 Abs. 3 AVG durch die - hier noch nicht anzuwendende - AVG-Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 eine Änderung erfahren hat.

Die belangte Behörde war demnach zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zur Zurückstellung der bereits von Amts wegen übersetzten Berufung zur Verbesserung des inhaltlichen Mangels verpflichtet.

Dass die Berufung nach ihrem unbestrittenen Wortlaut keinen begründeten Berufungsantrag enthält, weil nicht zu erkennen ist, womit die Partei ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt, wird vom Beschwerdeführer nicht bezweifelt. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann diese Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 6. Oktober 1999

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