VwGH 98/21/0123

VwGH98/21/012324.4.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl,

Dr. Rosenmayr, Dr. Baur und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des SL (geboren am 17. Jänner 1967) in Wien, vertreten durch Dr. Christoph Horvath, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stadiongasse 6-8, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 30. Oktober 1997, Zl. IV-836.581/FrB/97, betreffend Abschiebungsaufschub, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 1991;
AVG §37;
AVG §46;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
FrG 1993 §36 Abs2;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54;
VwGG §41 Abs1;
AsylG 1997 1991;
AVG §37;
AVG §46;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
FrG 1993 §36 Abs2;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus dem angefochtenen Bescheid, dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus der Beschwerde ergibt sich, daß der Asylantrag des Beschwerdeführers, eines algerischen Staatsbürgers, mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. August 1995 sowie sein Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Algerien gemäß § 54 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992 (FrG), mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 12. September 1995 abgewiesen wurden. Beide Bescheide sind - angesichts der verspäteten Einbringung der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufungen - in Rechtskraft erwachsen.

Spruch und Begründung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 12. September 1995 haben folgenden Wortlaut:

"Bescheid

Die Bezirkshauptmannschaft Baden stellt über Ihren Antrag vom 31.08.1995, fest, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, daß Sie in dem von ihnen bezeichneten Staat (Algerien) gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 Fremdengesetz bedroht sind.

Rechtsgrundlage:

§ 54 Abs. 1 - 4 und § 37 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes über die Einreise und den Aufenthalt von Fremden (Fremdengesetz - FrG), BGBl. Nr. 838/1992.

Begründung

Sie wurden am mit ha. Bescheid Zl. 11/T-9503541 zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen.

Über Sie wurde von ha. unter Zl. 11/T-9503541 vom 31.08.1995 ein Ausweisungsbescheid erlassen, der sich auf § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6, sowie Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Einreise und den Aufenthalt von Fremden (Fremdengesetz - FrG), BGBl. Nr. 838/1992 stützt.

Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme am gleichen Tag haben Sie einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 54 ff. des Fremdengesetzes eingebracht.

Maßgebliche Rechtsvorschrift:

Bundesgesetz über die Einreise und den Aufenthalt von Fremden (Fremdengesetz - FrG), BGBl. Nr. 838/1992.

§ 54 Abs. 1

Auf Antrag eines Fremden hat die Behörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 Fremdengesetz bedroht ist.

Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß er Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

§ 37 Abs. 2

Die Zurückweisung oder Zurückschiebung eines Fremden in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre. (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolles über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974).

Sie stellen den Antrag festzustellen, ob bzw. daß stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß Sie in Gefahr liefen, den Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 und § 37 Abs. 2 FrG zu unterliegen.

Hiezu stellt die Behörde fest:

Zufolge einer Information des Bundesasylamtes wurde das über Ihren Antrag durchgeführte Asylverfahren mit Bescheid Zl. 9503541 BAT vom 30.08.1995 negativ abgeschlossen. Der Bescheid ist vollstreckbar.

Sie wurden im Zuge des von Ihnen beantragten Asylverfahrens bereits schriftlich einvernommen.

Das Bundesasylamt hat zu Ihrem Vorbringen im angeführten Bescheid u.a. folgende Schlußfolgerungen getroffen.

"Im Jahre 1992 hätten Sie durch Ihre Ersparnisse ein Geschäft und eine Konzession für den Lebensmittelhandel erworben. Seither hätten Sie in Ramadan Jamal ein Lebensmittelgeschäft betrieben.

In diesem Geschäft hätten die verschiedensten Leute, darunter auch Angehörige der islamischen Opposition, eingekauft. Am 5. oder 6. Juni 1995 seien drei Gendarmeriebeamte in Zivil zu Ihnen nach Hause gekommen. Diese hätten Sie auf den Posten nach Sakikdah mitgenommen. In einem Büro seien Sie dort befragt worden. Man hätte von Ihnen wissen wollen, welche Islamisten zu welchen Zeiten jeweils in Ihr Geschäft kämen. Nach der Befragung, welche etwa drei Stunden gedauert hätte, seien Sie wieder entlassen worden.

Etwa um den 30.06.1995 seien Sie abermals durch Gendarmeriebeamte von zu Hause abgeholt worden und zum Posten gebracht worden. Man hätte Ihnen wieder die gleichen Fragen gestellt und Sie nach etwa vier Stunden wieder entlassen. Am 10.07.1995 gegen 21.00 Uhr seien Sie abermals durch Gendarmen abgeholt und zum Posten gebracht worden. Wieder seien die gleichen Fragen gestellt worden. Die Befragung hätte bis Mitternacht gedauert. Im Zuge dieser Befragung seien Sie auch beschimpft und mißhandelt worden. Die Mißhandlung sei derart erfolgt, daß man Sie mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen hätte. Sie hätten dann die Nacht am Posten verbracht und seien in der Früh, bevor Sie entlassen worden seien, abermals kurz befragt worden. Man hätte ihnen gedroht, daß Sie ins Gefängnis kommen würden oder Sie mit dem Tod rechnen müssen, falls sich herausstellen würde, daß Sie Beziehungen zu den Islamisten unterhalten, welche diese nützten. Auf abermalige Befragung, ob Sie derartige Beziehungen unterhalten, gaben Sie an, daß in Ihrem Geschäft, wie auch in allen anderen Geschäften die verschiedensten Leute einkaufen würden, darunter seien wie auch in allen Geschäften eine Anzahl von Mitgliedern der islamischen Opposition. Sie hätten Angst vor der Gendarmerie und auch vor den Islamisten, daß Sie diese verdächtigen würden, mit der Gendarmerie zusammenzuarbeiten. In beiden Fällen müßten Sie mit dem Tod rechnen.

Auf den Vorhalt, daß Sie sich mehr als einen Monat unbehelligt in Tunesien aufgehalten hätten und dort sowohl vor Verfolgung durch tunesische Behörden als auch durch Behörden Ihres Heimatlandes sicher waren, antworten Sie, in Tunesien würden die gleichen politischen Ziele verfolgt werden wie in Algerien, außerdem würden diese beiden Staaten zusammenarbeiten. Auf den abermaligen Vorhalt, gaben Sie an, daß Sie glauben würden, daß diese Staaten zusammenarbeiten. Sie hätten lediglich flüchten wollen. Von der Möglichkeit einen Asylantrag zu stellen, hätten Sie erst am Flughafen Wien-Schwechat erfahren.

Falls Sie nach Algerien zurückkehren würden, müßten Sie, wenn Sie von den Islamisten unbehelligt blieben, mit einer Verfolgung durch die dortigen Behörden rechnen.

Sie seien nie Mitglied einer politischen Partei oder einer terroristischen Organisation gewesen und hätten sich auch nie für eine solche betätigt. Sie seien nicht vorbestraft. Sie wüßten nicht, ob Sie von der Polizei gesucht werden, da Sie seit 14.07.1995 keinen Kontakt mehr mit Ihrer Familie gehabt hätten.

Durch andere Behörden Ihres Heimatlandes würden Sie jedenfalls nicht gesucht werden."

Sonstige Fluchtgründe haben Sie nicht anzugeben.

Bei der hsg. Behörde haben Sie folgende Stellungnahme abgegeben:

"Es entspricht den Tatsachen, daß ich völlig mittellos bin und die Einreise in das Bundesgebiet illegal erfolgte.

Ich halte die vor dem Bundesasylamt - Außenstelle Traiskirchen im Asylverfahren gemachten niederschriftlichen Angaben auch im ggst. Verfahren aufrecht und habe nichts hinzuzufügen.

Ich stelle daher den Antrag auf die Überprüfung der Unzulässigkeit der Abschiebung."

Wenngleich die erk. Behörde an Ihre Angaben im Asylverfahren und die Beurteilung Ihres Vorbringens durch das Bundesasylamt nicht gebunden ist, wären die dort von Ihnen gemachten Angaben heranzuziehen, zumal Sie auch bei der Einvernahme vor der hsg. Behörde ausdrücklich darauf Bezug nehmen.

Aus dem von Ihnen dargelegten Verhalten läßt sich nicht ableiten, daß Sie im Falle Ihrer Abschiebung nach Algerien einer unmenschlichen Behandlung oder gar der Todesstrafe unterworfen würden.

Die Behörde sieht daher das Vorliegen eines Zurückschiebungsverbotes als nicht gegeben an und war der Antrag mit vorliegendem Bescheid abzuweisen."

Dem Beschwerdeführer war jedoch mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 30. April 1997 gemäß § 36 Abs. 2 FrG ein bis zum 30. September 1997 gültiger Abschiebungsaufschub erteilt worden. Mit am 11. September 1997 bei der Bundespolizeidirektion Wien eingelangtem Antrag ersuchte der Beschwerdeführer "um einen neuerlichen Aufschub im größtmöglichen zeitlichen Umfang" und begründete dies damit, daß sich an den für die Erteilung des bisherigen Abschiebungsaufschubes maßgeblichen Voraussetzungen nichts geändert habe. Mit am 20. Oktober 1997 eingelangter Stellungnahme an die belangte Behörde bekräftige der Beschwerdeführer seinen Antrag und führte wie folgt aus:

"Meine Abschiebung nach Algerien ist aus Gründen des Refoulementverbotes unzulässig.

Ich wurde vor meiner Flucht von den algerischen Behörden dreimal festgenommen, brutal mißhandelt und somit auf intensive Art in meiner Menschenwürde und meiner körperlichen Integrität verletzt. Dies stellt sehr wohl eine Verfolgungshandlung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sowie im Sinne von § 37 Abs. 1 FrG dar.

Ich wurde überdies nicht nur von den algerischen Behörden, sondern zugleich auch von der islamistischen Opposition, der FIS, bedroht.

Jedesmal nach den genannten drei Fest- und Einvernahmen durch die algerischen Behörden wurde ich anschließend auch von der FIS verhört. Ich wurde gefragt, was ich den Beamten gesagt hätte, ob ich ihnen etwas verraten hätte; überdies verlangte die FIS von mir eine große Geldsumme (2,100.000 alger. Dinar) als Schutzgeld. Da ich dies nicht bezahlte, drohten sie mir mich umzubringen; beim dritten Mal wurde mir eine Frist von 14 Tagen gesetzt, um diese Summe zu zahlen, sonst würde ich umgebracht. Diese Frist wartete ich nicht ab, sondern flüchtete aus dem Land.

Es ist offensichtlich, daß die algerischen Behörden weder in der Lage noch auch nur gewillt waren und sind, mich gegen den Terror der FIS zu schützen; im Gegenteil, diese Behörden üben selbst gegen mich Terror aus, sodaß ich von beiden Seiten bedroht war und nirgends in meinem Heimatland Schutz zu finden in der Lage war.

In Tunesien habe ich keinerlei Schutz gefunden, da dieses Land Algerien benachbart ist und die algerischen Islamisten völlig ungehindert dort ein- und ausreisen können, sodaß ich auch dort fortwährend berechtigte Furcht hatte, umgebracht zu werden, so wie es einer Reihe von anderen Menschen in Tunesien bereits geschah, die den Haß der FIS auf sich gezogen hatten.

Ich selber sah während meines kurzen Aufenthaltes in Tunesien immer wieder algerische Autos, in denen Männer mit den für die islamischen Fundamentalisten typischen Bärten saßen. Dieser Anblick vergrößerte noch meine Furcht. Aus diesem Grunde war es mir nicht zumutbar, in Tunesien zu bleiben, sodaß ich nach Österreich weiterflüchtete. Ebenso darf ich aus diesen Gründen auch nicht nach Tunesien abgeschoben werden.

Aus diesen Gründen wurde mir bereits ein Abschiebungsaufschub bis 30.9.1997 erteilt.

Da sich an diesen Gründen nichts geändert hat, bekräftige ich meinen Antrag:

mir eine Verlängerung des Abschiebungsaufschubes auf die Dauer eines Jahres zu gewähren."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen und dies wie folgt begründet:

"Sie sind Fremder im Sinne des § 1 Fremdengesetzes, da Sie die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen.

Gemäß § 36/2 FrG ist die Abschiebung eines Fremden auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit nicht aufzuschieben (Abschiebungsaufschub), wenn sie unzulässig ist (§ 37) oder aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint.

Sie stellten nun am 10.09.1997 einen Antrag auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes gem. § 36/2 FrG und beriefen sich im wesentlichen auf die von Ihnen bereits im Asylverfahren vorgebrachten Aussagen.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß seitens der Bezirkshauptmannschaft Baden am 12.09.1995 feststellte, daß keine stichhaltigen Gründe vorliegen um in Ihr Heimatland zurückzukehren. Es stellte auch weiters das Bundesasylamt, sowie die Berufungsbehörde fest, daß Sie keiner Verfolgung in Ihrem Heimatland ausgesetzt sind.

Aufgrund des feststehenden Sachverhaltes müssen Ihre Angaben als Schutzbehauptung gewertet werden, dieses Vorbringen, um der Abschiebung um jeden Preis zu entgehen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde; eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde macht der Beschwerdeführer zusammengefaßt geltend, die belangte Behörde habe ihre Verpflichtung, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen und dem Beschwerdeführer Gelegenheit zu geben, zu dessen Ergebnissen Stellung zu nehmen, verletzt. Sie habe bloß Vorbescheide zitiert, welche im Zeitpunkt ihrer Entscheidung bereits zwei Jahre alt gewesen seien, somit die vom Gesetzgeber durch die Schaffung des § 36 Abs. 2 FrG gewollte Aktualität der Prüfung der Zulässigkeit der Abschiebung eklatant vermissen lassen. Angesichts der in letzter Zeit zunehmenden Menschenrechtsverletzungen in Algerien wäre die belangte Behörde auf jeden Fall gehalten gewesen, zumindest ansatzweise eigene Feststellungen dahingehend zu treffen, warum die Abschiebung des Beschwerdeführers ungeachtet seines von ihm als bedrohlich empfundenen individuellen Schicksals, das in Anbetracht der in Algerien vorherrschenden Zustände auch aus objektiver Sicht wohl nicht als offensichtlich unbegründet bezeichnet werden könne, zulässig sei. In der Beschwerde werden weiters Berichte über die Menschenrechtssituation in Algerien zitiert.

Gemäß § 36 Abs. 2 FrG ist die Abschiebung eines Fremden auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben (Abschiebungsaufschub), wenn sie unzulässig ist (§ 37) oder aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint.

Die Abschiebung eines Fremden in einen Staat ist gemäß § 37 Abs. 1 FrG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß er Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

§ 37 Abs. 2 FrG sieht vor, daß die Zurückweisung oder Zurückschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig ist, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention). Gemäß § 37 Abs. 4 FrG ist die Abschiebung eines Fremden in einen Staat, in dem er im Sinne des Abs. 2 bedroht ist, nur zulässig, wenn der Fremde aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder wenn er nach rechtskräftiger Verurteilung wegen eines Verbrechens, das mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist, eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet.

Im Verfahren über einen Antrag auf Gewährung eines Abschiebungsaufschubes kann vom Antragsteller nicht verlangt werden, gegen ihn gerichtete Mißhandlungen oder Verfolgungen "nachzuweisen"; es trifft ihn aber die Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes durch Erstattung eines mit Beweisanboten untermauerten konkreten Vorbringens zumindest bezüglich jener Umstände beizutragen, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0214, vom 17. Mai 1995, Zl. 95/21/0103, und vom 22. November 1995, Zl. 95/21/0886).

Zwar ist es der zur Entscheidung über einen Abschiebungsaufschub zuständigen Behörde aufgrund des im § 46 AVG verankerten Grundsatzes der Unbeschränktheit der Beweismittel nicht verwehrt, die Ergebnisse eines denselben Fremden betreffenden Asylverfahrens zu berücksichtigen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. November 1995, Zl. 95/21/0886). Eine derartige Verwertung der Ergebnisse des Asylverfahrens - welche im übrigen bloß im Hinblick auf die in § 37 Abs. 2, nicht aber ohne weiteres im Hinblick auf die in § 37 Abs. 1 FrG genannten Gefahren möglich ist - entbindet die Behörde aber nicht von ihrer Verpflichtung, im Fall der Abweisung eines Antrages gemäß § 36 Abs. 2 FrG zu begründen, aus welchen Erwägungen in bezug auf den Antragsteller die in § 37 Abs. 1 und 2 FrG genannten Gefahren nicht vorliegen. Auch die Fremdenbehörden erster Instanz, welche über die Berechtigung von Anträgen auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes gemäß § 36 Abs. 2 FrG zu befinden haben, sind vielmehr verpflichtet, in der Begründung ihres Bescheides in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise aufzuzeigen, von welcher konkreten Sachverhaltsannahme sie bei ihrem Bescheid ausgegangen sind und worauf sich die getroffenen Tatsachenfeststellungen im einzelnen stützen. Dieser Rechtspflicht nicht entsprechende Bescheidbegründungen werden nicht nur dem Sinn und Zweck der §§ 58 und 60 AVG nicht gerecht, sondern hindern im Falle seiner Anrufung auch den Verwaltungsgerichtshof, seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie in § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als nicht oder unzureichend begründete Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "aufgrund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1987, Zl. 86/01/0125, Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage 1996, 437 ff und 461 ff, sowie Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Auflage 1995, Rz 417 ff).

Im vorliegenden Fall hat zwar die Bezirkshauptmannschaft Baden mit Bescheid vom 12. September 1995 festgestellt, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, daß der Beschwerdeführer in Algerien gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei, dieser Bescheid ist im Hinblick auf die Verspätung der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung in Rechtskraft erwachsen. Ebenso wie im Asylverfahren ist jedoch bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefahr gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG auch im Verfahren gemäß § 54 FrG die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 95/21/0399, m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG nicht bloß dann vor, wenn diese von staatlichen Stellen selbst, sondern auch dann, wenn eine solche Gefahr von Privatpersonen oder nicht-staatlichen Stellen ausgeht und von staatlichen Stellen zumindest gebilligt oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbar ist (vgl. auch dazu das genannte hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998 m.w.N.). Dies gilt auch im Verfahren gemäß § 36 Abs. 2 FrG hinsichtlich der in diesem Verfahren vorzunehmenden Beurteilung von Gefahren gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG. Die belangte Behörde durfte daher angesichts der bereits im Verwaltungsverfahren vorliegenden Informationen über die allgemeinen Verhältnisse in Algerien, die nach den Behauptungen des Beschwerdeführers zu einer für ihn verschärften Bedrohungssituation geführt hätten, sowie angesichts des Zeitablaufs seit Erlassung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Baden nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß die von der Bezirkshauptmannschaft Baden im September 1995 getroffene Feststellung, es lägen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vor, daß der Beschwerdeführer in Algerien gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG gefährdet sei, wegen unveränderter maßgeblicher Sachlage für sie hinsichtlich der Beurteilung dieser Gefahr bindend sei, zumal sie selbst dem Beschwerdeführer ungeachtet des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 12. September 1995 mit Bescheid vom 30. April 1997 einen Abschiebungsaufschub erteilt hatte.

Die belangte Behörde ist somit ihrer Begründungspflicht hinsichtlich der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Algerien nicht nachgekommen, wenn sie sich im vorliegenden Fall überhaupt nicht konkret mit den vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren behaupteten, ihm im Fall seiner Rückkehr in seine Heimat dort drohenden Gefahren auseinandergesetzt hat. Somit ist mangels ausreichender Begründung eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit nicht möglich, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

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