VwGH 98/18/0318

VwGH98/18/03189.5.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des K, geboren 1975, vertreten durch Dr. Stefan Petrofsky, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Pyrkergasse 36, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. Juli 1998, Zl. SD 507/98, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z6;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z6;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzanzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. Juli 1998 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bangladesh, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Die Gründe des angefochtenen Bescheides seien auch für die Berufungsentscheidung maßgebend. Der Beschwerdeführer habe am 20. August 1997 über den Flughafen-Sozialdienst einen schriftlichen Asylantrag gestellt. Bei der Vernehmung im Asylverfahren habe er zunächst behauptet, nach einem am 25. Juli 1997 erfolgten Zusammenstoß zwischen Moslems und Hindus über Indien und Moskau (wohin er mit einem gefälschten, auf den Namen Abdul R. lautenden Reisepass eingereist sei) am 18. August 1997 in einem LKW und dann mit einem Taxi nach Österreich gelangt zu sein. Da jedoch festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführer schon am 8. August 1997 von Wien aus einen Brief an die Botschaft von Bangladesh in Bonn aufgegeben gehabt habe, habe er schließlich zugeben müssen, schon am 16. Juli 1997 mit einem auf Ruhul A. lautenden Reisepass von Singapur aus direkt über Wien-Schwechat eingereist zu sein. Dieser Reisepass sei allerdings gefälscht gewesen und sein richtiger Name laute Kumar Das A. Auch Babul Kumar D. sei richtig. Von seinem Geburtsdatum wisse er nur, dass es das Jahr 1970 sei. Bei der Botschaft von Bangladesh habe er mit dem Geburtsdatum 3. April 1968 um einen Reisepass angesucht.

Der Beschwerdeführer habe also bei der Einreise nach Österreich durch die Vorlage des Reisepasses unrichtige Angaben über seine Person gemacht, um sich die Einreise zu verschaffen. Er habe auch bei der Vernehmung im Asylverfahren unrichtige Angaben über die Art und den Zeitpunkt der Einreise nach Österreich gemacht, um sich eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinn des Asylgesetzes (§ 31 Abs. 1 Z. 4 FrG) zu verschaffen. Damit liege jedenfalls auch eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 36 Abs. 2 Z. 6 FrG vor.

Der Asylantrag sei vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 13. Oktober 1997 abgewiesen und die dagegen eingebrachte Berufung mit Bescheid vom 28. November 1997 als verspätet zurückgewiesen worden. Im Zuge des eingeleiteten Ausweisungsverfahrens habe der Beschwerdeführer angegeben, er sei Zeitungskolporteur. Er habe im April 1998 eine Bestätigung vorgelegt, der zufolge er in der Zeit von September 1997 bis März 1998 durchschnittlich S 6.300,-- brutto monatlich verdient habe. Bei einer Anhaltung Ende Juni 1998 habe sich herausgestellt, dass der Beschwerdeführer seit zwei Monaten seine Unterkunft (S 700,--) nicht bezahlt habe. Dazu habe er angegeben, es handle sich beim Unterkunftgeber zwar nicht um einen Freund, wohl aber um einen Landsmann, dem er nichts zu bezahlen brauche. Er verkaufe jetzt weniger Zeitungen, esse und rauche viel, sodass ihm nichts übrig bleibe. Die Höhe des von ihm behaupteten Einkommens habe der Beschwerdeführer nicht genannt und auch einen Nachweis für dieses nunmehr zumindest geringere Einkommen habe er nicht erbracht. Ein Fremder habe jedoch auf Verlangen von sich aus (initiativ) den Nachweis dafür zu erbringen, dass er über die für seinen Unterhalt ausreichenden Mittel verfüge. Abgesehen davon, dass jene Mittel, über die der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge verfüge, offensichtlich den Sozialhilferichtsatz nicht erreichten, habe er selbst diese Mittel nicht nachgewiesen. Es sei daher jedenfalls auch eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG gegeben.

Hinzu komme, dass sich der Beschwerdeführer seit seiner Einreise unerlaubt und ohne Ausweisdokumente im Bundesgebiet aufhalte. In Anbetracht aller dieser Umstände könne kein Zweifel bestehen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung, konkret ein geordnetes Fremdenwesen gefährde. Die belangte Behörde habe keinen Grund gesehen, im Rahmen des Ermessens von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes abzusehen.

Ein Eingriff im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK liege nicht vor.

§ 37 FrG stehe der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegen. Dass das Feststellungsverfahren gemäß § 75 FrG bisher nicht abgeschlossen sei, stehe der Erlassung des Aufenthaltsverbotes ebenfalls nicht entgegen. Die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes entspreche den zu seiner Erlassung führenden Umständen.

2. Gegend diesen Bescheid richtet sich die inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer bringt im Grund des § 36 Abs. 2 Z. 6 FrG vor, er sei nach Österreich als Flüchtling eingereist und seither bemüht, als solcher anerkannt zu werden. Die Verschaffung der Einreise und die vorläufige Aufenthaltsberechtigung seien Voraussetzung und Folge eines Asylantrages. Der "letztlich gelungene Versuch, einen Asylantrag zu stellen" könne nicht als Begründung für ein Aufenthaltsverbot herangezogen werden.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er - wie im angefochtenen Bescheid näher festgehalten - vor der Asylbehörde unrichtige Angaben über seine Einreise nach Österreich gemacht habe, um sich eine (zunächst vorläufige und sodann dauernde) Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zu verschaffen. Von daher bestehen gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass im Beschwerdefall der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 6 FrG erfüllt sei, keine Bedenken. Dem oben wiedergegebenen Einwand des Beschwerdeführers ist entgegenzuhalten, dass es nach § 36 Abs. 2 Z. 6 FrG nicht darauf ankommt, auf Grund welcher Absicht oder aus welchem Motiv heraus unrichtige Angaben im Sinn dieser Bestimmung gemacht werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 2002, Zl. 99/18/0134).

1.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint. Der von der belangten Behörde getroffenen Feststellung, dass der Beschwerdeführer seine Miete nicht mehr bezahle und auch sonst für den Zeitraum ab Mai 1998 keine Mittel zu seinem Unterhalt nachzuweisen vermocht habe, tritt dieser in der Beschwerde nicht entgegen. Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG ist daher ebenfalls erfüllt.

2. Durch die Täuschung von österreichischen Behörden oder ihren Organen zum Zweck der Erlangung einer Aufenthaltsberechtigung (nach dem Asylgesetz) hat der Beschwerdeführer das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, gravierend beeinträchtigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 2002, Zl. 99/18/0134). Dazu kommt die aus der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers resultierende Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft. Die Ansicht der belangten Behörde, dass die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, begegnet daher keinen Bedenken.

3. Im Blick auf den zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides doch ca. knapp einjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland hätte die belangte Behörde einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privatleben nicht verneinen dürfen. Dadurch wurde der Beschwerdeführer allerdings nicht in subjektiven Rechten verletzt, überwiegt doch das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen und an einer Vermeidung der mit der Mittellosigkeit des Fremden verbundenen Gefahren die wenig ausgeprägte Integration des Beschwerdeführers im Inland beträchtlich. Es ist somit auch kein Umstand ersichtlich, der die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen.

4. Die Ansicht des Beschwerdeführers, das Aufenthaltsverbot sei unzulässig, weil im Zeitpunkt seiner Erlassung das Feststellungsverfahren gemäß § 75 FrG noch nicht abgeschlossen gewesen sei, ist unrichtig. § 75 Abs. 2 FrG bestimmt lediglich, dass ein Antrag gemäß § 75 Abs. 1 FrG nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden kann. Die belangte Behörde war jedoch durch keine Norm dazu verpflichtet, vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides den Ausgang des Feststellungsverfahrens gemäß § 75 FrG abzuwarten.

5. Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 9. Mai 2003

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